Als Totenhütten werden in der deutschen Ur- und Frühgeschichtsforschung - je nach Epoche - verschiedene Formen von Bauten bezeichnet, die im Zusammenhang mit Bestattungen benutzt worden sind.
Neolithikum
Südlich der megalithischen waren im Neolithikum die Gruppen der unmegalithischen Trichterbecherkulturen (TBK) beheimatet, darunter die Bernburger Kultur. Ihre als Totenhütten bezeichneten Bauten sind zwischen Weser und Saale, insbesondere in Thüringen verbreitet.
Diese Art von Kultbauten bezeichnet H.-J. Beier als Pseudomegalithik. Die eingesenkte „mitteldeutsche Mauerkammer“ stellt er den hessisch-westfälischen Galerieanlagen gleich und sieht in ihr eine Megalith-Imitation. Zu dieser Gattung zählt er neben der Anlage von Odagsen, Kreis Northeim, etwa ein Dutzend weiterer Anlagen.
Von ihrer Bauart her werden sie von ihm in Mauerkammer und Trockenmaueranlagen geschieden. Bis Anfang der 1970er Jahre lagen Befunde hauptsächlich aus dem Gebiet der Bernburger- und Walternienburger Kultur, also aus Thüringen und Sachsen-Anhalt vor. Neun Exemplare wurden in Niedersachsen erkannt, wo Totenhütten bis an die Leine verbreitet sind. Diese Ausgangslage änderte sich durch Neufunde. Dazu zählen die Holzkammer der Wartberg Kultur (WBK) von Warburg II, Kreis Höxter in Westfalen, die Mauerkammer von Remlingen, Kreis Wolfenbüttel und die Totenhütten bei Großenrode und Odagsen im Kreis Northeim in Südniedersachsen. Letztere ist aufgrund der C14-Datierung der Knochen mit der Endphase der TBK zu parallelisieren. Im Zuge des Neubaus der Bundesstraße (B 6) auf der Gemarkung Benzingerode, Landkreis Wernigerode, gelang es, eine Totenhütte in außergewöhnlich guter Erhaltung zu untersuchen und zu dokumentieren. In Moringen-Großenrode begann man im Herbst 2004, eine rund 5.000 Jahre alte "Totenhütte" originalgetreu nachzubauen.
Merkmal der aus Baumstämmen errichteten Anlagen ist ihre zum Teil mehrlagige steinerne Bodenpflasterung, auf der sich Relikte und die Skelettreste fanden. Einige Anlagen wurden mit Steinpackungen verblendet, um den Eindruck einer Steinanlage zu erwecken. Nicht alle sind dachförmig gebaut. Die meisten Hütten bestehen aus einem von der Grubensohle ausgehenden Satteldach (Nurdachhaus). Das aus Baumstämmen oder Spaltbohlen gebildete Dach wurde letztlich mit einem Erdhügel bedeckt. Der Zugang befand sich an der Schmalseite, die den Bau rechtwinkelig abschloß. Die rückwärtige Seite war oft als Apsis ausgebildet, so daß sich ein bautechnisch schwer herzustellender kiefer- oder D-förmiger Grundriss ergab. Diese Gestaltung besitzt ihr megalithisches Pendant in der Einfassung der Megalithtanlage von Blankensee, Stadt Lübeck und kommt im europaweiten Megalithbereich häufiger vor.
Literatur
- Hans-Jürgen Beier: Die megalithischen, submegalithischen und pseudomegalithischen Bauten sowie die Menhire zwischen Ostssee und Thüringer Wald Band 1 in Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas, 1991
- Gunther K.: Die Kollektivgräber-Nekropole Warburg I-IV 1997. ISBN 3-8053-2451-0
- Walkowitz J.E.: Das Megalithsyndrom. Band 36 in Beitraege zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas, 2003. ISBN 3-930036-70-3