Tomer Gardi

Schriftsteller aus Israel
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Tomer Gardi (Hebräisch: תומר גרדי, geboren 1974 in Dan) ist ein israelischer Schriftsteller.

Tomer Gardi beim Bachmannpreis 2016

Leben

Gardi wurde 1974 im Kibbuz Dan in Galiläa geboren und lebt in Tel Aviv. Als er 12 Jahre alt war, zog er mit seinen Eltern und Brüdern für drei Jahre nach Wien, wo er die amerikanische Schule besuchte. Sein damals erlerntes Deutsch bezeichnet Gardi als "sehr mündlich", da er die Sprache vom Hören und Sprechen gelernt habe und nicht vom Lesen und Schreiben[1]. Er studierte Literatur- und Erziehungswissenschaft in Jerusalem, Berlin und Be’er Scheva. Er war Herausgeber der Zeitschrift Sedek: A Journal on the Ongoing Nakba und der begleitenden Buchreihe. Die Zeitschrift ist ein Projekt der israelisch-jüdischen Initiative Zochrot, die sich mit der Vertreibung der Palästinenser befasst.

Sein erstes Buch Stein, Papier: Eine Spurensuche in Galiläa erschien 2011 auf Hebräisch und 2013 in deutscher Übersetzung im Rotpunktverlag. In dem Buch befasst Gardi sich mit der Geschichte des Kibbuz, in dem er aufgewachsen ist.

Der zweite Roman Broken German, den Gardi in fehlerhaftem, jedoch durchaus verständlichem Deutsch verfasste, erschien 2016 bei Droschl.[2] Es enthält Kapitel, die Tomer Gardi beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2016 vorgetragen hat. Die Jury diskutierte, ob ein Text, der die deutsche Sprache nicht beherrsche, überhaupt zulässig sei. Die Literaturkritikerin des Bayerischen Rundfunks, Cornelia Zetzsche, urteilte, dass dieser eigentlich interessanteste Text des Wettbewerbs völlig leer ausgegangen sei, sei eine Kapitulation vor der berührendsten, riskantesten, nachhaltigsten Geschichte dieser drei Lesetage gewesen. Wo Avantgardisten lange tüfteln, sei Tomer Gardis Sprache hinreißend und spielerisch kreativ[3]. Mit "Broken German" sei Gardi "etwas ganz Eigenes gelungen" urteilte Alex Rühle in der Süddeutschen Zeitung[4], der Roman sei "Ein Schatz. (...) Ein einmaliges Buch".

In einem Interview in der Zeitung Die Welt[1] erklärt Tomer Gardi: „Ich habe meine Sprache von überall her genommen. Wenn man in Berlin ist, hört man so viele verschiedene Arten und Weisen zu reden. Jeder sollte auf Deutsch schreiben dürfen.“

Im Februar 2018 wurde im WDR Gardis Hörspiel Die Feuerbringer - Eine Schlager-Operetta gesendet, in der ein abgehalfterter Schlager-Sänger von einem Gericht zu einem "Schlager-Workshop für Migranten" verurteilt wird und in einem Kölner Café auf vier Musiker trifft. Dabei entsteht "deutsche Heimatmusik" mit "ganz neuen Tönen".[5]

Veröffentlichungen

Theateradaptionen

Hörspiele und Hörspieladaptionen

Auszeichnungen

  • Tomer Gardi war zweimal Stipendiat von Styrian Artist in Residence, Graz.
  • Gardi war 2016 auf Einladung Klaus Kastbergers Kandidat beim Ingeborg-Bachmann-Preis. Er las einen in fehlerhaftem Deutsch verfassten Text ohne Titel über einen namenlosen Ich-Erzähler, dessen Mutter und eine Kofferverwechslung am Flughafen.[7][8]

Literatur

  • Hannah Lühmann: Kafka wäre der bessere Chef, Interview, in: Literarische Welt, 13. August 2016, S. 1
  • Anne Betten: BROKEN GERMAN -Tomer Gardis Berlinroman über Migration, Sprache und deutsch-jüdische Geschichte. Academia.edu, 3 Juni 2019.

Einzelnachweise

  1. a b Hannah Lühmann: Tomer Gardi im Interview über sein Buch „Broken German“. In: welt.de. 18. August 2016, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  2. Autorenporträt auf der Homepage des Ingeborg-Bachmann-Preises, abgerufen am 4. August 2016
  3. cdn-storage.br.de (Memento des Originals vom 19. August 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cdn-storage.br.deVorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt
  4. SZ, 13.12.2016, S. 15 http://www.sueddeutsche.de/kultur/migrationsroman-bar-zum-roten-faden-1.3290746?reduced=true
  5. WDR 3, Die Feuerbringer - Eine Schlager-Operetta vom 24. Februar 2018 [1] abgerufen am 29. Januar 2019
  6. http://www.deutschlandfunk.de/deutscher-hoerspielpreis-auszeichnung-fuer-swr-produktion.1939.de.html?drn:news_id=814478
  7. Dokumentation der Jury-Diskussion beim Bachmann-Preis 2016, abgerufen am 4. August 2016
  8. Wem gehört die deutsche Sprache?, FAZ-Blog-Bericht vom 3. Juli 2016, abgerufen am 4. August 2016