Chemische Evolution

Entstehung von Lebewesen aus anorganischen und organischen Stoffen
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Juli 2004 um 12:05 Uhr durch 80.135.8.202 (Diskussion) (Ausblick). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Unter chemischer Evolution versteht man all diejenigen Hypothesen, die den Übergang von anorganischer Materie zu zellulärem Leben erklären wollen. Man spricht auch von Hypothesen zur Entstehung des Lebens.

Bis heute gibt es keine zusammenhängende Theorie, die erklären kann, wie Leben entsteht. Die im Folgenden angeführten Experimente und Vorschläge gelten als gute Diskussionsgrundlagen. Sie machen plausibel, dass Leben mittels solcher Prozesse entstanden sein kann. Es gibt zur Zeit keine experimentellen Hinweise darauf, dass die genannten Hypothesen richtig sind. Man kann auch nicht erwarten, Fossilien aus der Zeit, zu der die ersten Lebensformen entstanden sein sollen, zu finden. Diese hypothetischen ersten Lebens(vor)formen waren einfache Moleküle, die keine geologischen Spuren hinterlassen.

Das Miller-Experiment

1953 simulierte Stanley Miller zusammen mit Harold Clayton Urey im Labor der University Chicago eine hypothetische frühe Erdatmosphäre. Das Experiment beschrieb er in seiner Veröffentlichung: Herstellung von Aminosäuren unter möglichen Bedingungen einer einfachen Erde.

Im Miller-Experiment (auch Miller-Urey-Experiment oder Urey-Miller-Experiment genannt) mischt man einfache chemische Substanzen einer hypothetischen frühen Erdatmosphäre – Wasser (H2O), Methan (CH4), Ammoniak (NH3) und Wasserstoff (H2) – und setzt diese Mischung elektrischen Entladungen aus. Dabei entstehen nach einer gewissen Zeit organische Moleküle (z.B. Aminosäuren).

Ursprünglich im Jahr 1953 durchgeführt, hat dieses Experiment seitdem in vielen Varianten vergleichbare Ergebnisse gegeben. Es wird als Beweis dafür angesehen, dass die frühe Erdatmosphäre organische Moleküle in nicht zu vernachlässigenden Konzentrationen enthielt. Das Experiment kann aber keine Aussagen darüber machen, wie sich diese Moleküle etwa zu großen Strukturen verbunden hätten.

In anderen Experimenten (Juan Oro, 1961) gelang die Synthese von Adenin, eine der 4 RNS-Basen.

Literatur: Miller, Stanley L.: A production of amino acids under possible primitive earth conditions. Sience 1953, 117, 528-529

Weblinks: http://abenteuer-universum.vol4u.de/miller1.html - Facharbeit: Das Miller-Experiment

Meteore

Aminosäuren müssen nicht unbedingt alleine nach dem Miller-Modell entstanden sein. Die Erde ist seit Anbeginn ihrer Existenz dem Bombardement von Meteoren ausgesetzt, von denen etliche auch einfache organische Moleküle beinhalten, u.A. Aminosäuren. Beachtet man die Homochiralität irdischer Biomoleküle (L-Aminosäuren und D-Zucker), so wird dieser Ursprung noch plausibler, da die Aminosäuren aus dem Weltall ebenfalls überwiegend vom L-Typ sind. (Rubenstein et al. (1983, Nature 306, 118).

Siehe auch: Astrobiologie, Xenobiologie, Bonner-Rubenstein-Hypothese

Membransynthese

Im Jahr 1970 konnte Sydney Fox nachweisen, dass eine geeignete Mischung von Proteinen unter Erhitzung spontan Membranen in Kugelform, so genannte Mikrosphären, bildet. Da viele als ursprünglich angesehenen Archaebakterien in der Nähe heißer (vulkanischer) Quellen im Ozean vorkommen, gilt diese Beobachtung als ein Hinweis auf die Entstehung zellähnlicher Strukturen.

Siehe auch: Proteinoide

Die RNA-Welt

Die RNA-Welt-Hypothese (erstmals 1986 von Walter Gilbert vorgeschlagen) besagt, dass, bevor erste Zellen existierten, RNA-Moleküle die vorherrschende (oder einzige) Lebensform waren.

Die Hypothese lässt sich aus der Fähigkeit der RNA zur Speicherung, Übertragung, und Vervielfältigung genetischer Informationen sowie aus ihrer Fähigkeit, durch Ribozyme Reaktionen zu katalysieren, ableiten. In einer Evolutionsumgebung würden diejenigen RNA-Moleküle gehäuft vorkommen, die sich selbst bevorzugt vermehren. Sollte die RNA-Hypothese zutreffen, müsste man eine Neudefinition des Begriffs Leben erwägen.

2001 wurde entdeckt, dass die wichtigen katalytischen Zentren der Ribosomen von RNA (und nicht, wie vorher angenommen, von Proteinen) gestellt werden. Dies zeigt, dass eine katalytische Funktion der RNA, wie sie in der RNA-Welt-Hypothese vorgeschlagen wurde, heute von Lebewesen genutzt wird. Da Ribosomen als sehr ursprüngliche Zellbausteine gelten, gilt diese Entdeckung als wichtiger Beitrag zur Untermauerung der RNA-Welt-Hypothese. Man ist nun sicher, dass RNA-Moleküle – zumindest prinzipiell – in der Lage sind, Aminosäuren zu Proteinen zu verketten. In diesem Zusammenhang ist auch die PNA (Peptid-Nucleinsäure) von Interesse.

Siehe auch: Hyperzyklus, Manfred Eigen


Ausblick

Die Ansicht vieler Religionen, dass das Leben notwendigerweise einen übernatürlichen Ursprung habe, wird aufgrund der oben angeführten (und einer Reihe weiterer) Konzepte von den meisten Naturwissenschaftlern nicht mehr ernsthaft in Betracht gezogen, obwohl trotz 50 Jahren Experimentierens kein durchbrechender Fortschritt erzielt worden ist.

Siehe auch

Paläontologie