Ein Mord ist die perverse Form einer FOlter, welche nach einiger zeit und nach schrecklichen Schmertzen zum Tode fuehrt
Die Umgangssprache unterscheidet nicht immer exakt zwischen Mord und Totschlag oder sonstigen Tötungsdelikten. „Mord und Totschlag“ ist zwar eine geläufige Redensart; sie wird aber inzwischen mehr als ironische Umschreibung für ungeordnete Verhältnisse benutzt. Dass eine exakte Begriffsbeschreibung fehlt, liegt schon an der unterschiedlichen Umschreibung der Mordmerkmale in den Rechtssystemen der Staaten. Durch den Einfluss von Kriminalromanen und Polizeiserien ist der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch eher noch unschärfer geworden.
Die Kennzeichnung einer Handlung als Mord wird in politischen Auseinandersetzungen zum Ausdruck besonderer Missachtung genutzt: Abtreibungsgegner, Tierschützer und Pazifisten verwenden den Begriff manchmal über die juristische Bedeutung hinaus, um damit die nach ihrer Meinung bestehende Verwerflichkeit der beanstandeten Tötungen deutlich herauszuheben.
Gelegentlich kann sogar die fahrlässige Tötung als Mord missverstanden werden, besonders in Kriminalstücken, in denen das Vertuschen der Tat durch den Täter breit dargestellt wird, ohne dass die Bestrafung am Ende noch zur Sprache kommt.
Begriff
Die Bezeichnung Mord ist aus dem Indogermanischen *mer- entstanden (diese Wortform ist extrapoliert, da das Indogermanische nicht überliefert ist). Der deutsche Begriff Mord ist daher kein Lehnwort des lateinischen mors (Tod), sondern weist mit diesem gemeinsame Ursprünge auf. Auch der griechische Begriff βροτος [brotos] (sterblich) zeigt durch die Lautverschiebung Bezüge zum Ursprung auf. Altgermanisch ist bereits die Tötungshandlung als murdan überliefert. Das gotische „maurþr“ ist daher Ursprung sowohl des deutschen Wortes Mord als auch des englischen murder (hier ist aus dem Altenglischen die sprachlich eng zum Gotischen zu zählende Form morther überliefert). Der Begriff des „Mordes“ in seiner heutigen Schreibweise taucht 1224 in der Treuga Henrici auf.
Soziologie
Alle Staaten, Gesellschaften und Religionen verurteilen die Tötung von Menschen im allgemeinen Fall, unterscheiden jedoch nach den Umständen und machen Ausnahmen. Die Qualifizierung einer Tötungstat an einem Menschen als Mord ist mit einer starken Ausgrenzung des Täters aus der jeweiligen Gemeinschaft verbunden und deshalb oft Gegenstand heftiger emotionaler Auseinandersetzungen.
Mord ist ein relativ seltenes Delikt. Im Jahr 2003 wurden in Deutschland (alte Bundesländer) 215 Personen wegen versuchten oder vollendeten Mordes verurteilt.
Recht
Rechtshistorische Betrachtung
Die rechtshistorische Entwicklung knüpft an die archaischen Überlieferungen aus dem Codex Hammurapi und an die Bibel an. Gemeinsames Prinzip ist dabei das oder die Talion. Der Tod wird mit dem Tod des Täters bestraft. Ein Rückgriff auf Vorsatzregeln wird noch nicht vorgenommen. Der Übergang vom Sippen- zum gesellschaftlichen Begriff des Mordes wird eindrucksvoll an der Lex Numae 16 ersichtlich: Wer einen freien Menschen tötet, soll wie ein Verwandtenmörder bestraft werden (um 600 v. Chr.).
In der spätrepublikanischen Zeit Roms (100 v. Chr.) zeigt die sullanische Gesetzgebung erste Stufungen eines moralischen Tötungstatbestandes, nämlich des Giftmordes (veneficium) und des Gewaltmordes (sicarium). Später in der Regentschaft des Kaisers Hadrian werden subjektive Merkmale wie der Vorbedacht (propositum) und der Affekt (impetus) ausschlaggebend. Diese annähernd 2000 Jahre alte Entwicklung wird heute noch im Schrifttum nachgezeichnet.
Die germanische Rechtslehre entwickelte die Dichotomie von Mord und Totschlag. Der Mord als Begriff bezeichnete generell zunächst die Tötung eines anderen. Bis ins 12. Jahrhundert hinein wurde den Tätern nur ein gestuftes „Wergeld“ (ahd. wer Mann, Mensch; lat. vir Mann) abverlangt. Als Werwolf (der Wortbestandteil „wolf“ leitet sich vom germanischen „vargr“ ab, was sowohl „Wolf“ als auch „geächtet“ bedeuten konnte) wurde in der vorchristlich-germanischen Tradition ein Täter bezeichnet, dessen Tat mit der gesetzlichen Folge der Friedlosigkeit geahndet wurde. Er wurde damit zu einem geächteten und nicht mehr an die Sippe gebundenen Menschen, der von jedermann erschlagen werden durfte; diese todesstrafenähnliche Sanktion fand auch bei – aus heutiger Sicht – marginaleren Vergehen wie etwa Eigentumsdelikten Anwendung.
Im Hochmittelalter galt der Mord als verheimlichte Tötung, wobei der Täter die Leiche zwecks Verdeckung der Tat versteckte. Dieses Merkmal findet sich abgewandelt noch heute im Mordtatbestand des deutschen Strafgesetzbuches wieder.
Mit dem ausgehenden Mittelalter wurde die römische Lehre wieder rezipiert, so dass Mord schließlich in der Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. (Constitutio Criminalis Carolina [Art. 134, 137 CCC]) als Tötung mit Vorbedacht erschien. Der dort erwähnte „fursetz“ war nicht der Vorsatz, sondern der Vorbedacht.
Diese Regelung setzte sich über das Preußische Allgemeine Landrecht hinweg in das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes („Thötung durch Überlegung“) fort. Im Reichsstrafgesetzbuch lautet der § 211 dann: „Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung mit Ueberlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft.“ Erst 1941 wurde diese Regelung durch das nationalsozialistische Regime mit der heutigen Tatbestandsregelung (ursprünglich eine Schweizer Entwicklung unter Carl Stooß) geändert. Die Formulierung des § 211, die sich von allen anderen Tatbeständen unterscheidet, ist Ausfluss der nationalsozialistischen Tätertypenlehre.
1969 beschloss die Große Koalition im Deutschen Bundestag eine Gesetzesänderung, nach der Völkermord gar nicht und Mord nach 30 Jahren verjährt. 1979 wurde die Verjährung für Mord gänzlich abgeschafft. Anlass war jeweils die drohende Verjährung von Taten, die während des Dritten Reichs begangen worden waren.
Gesetzliche Grundlage in Deutschland
Wortlaut
§ 211 des Strafgesetzbuches (StGB) der Bundesrepublik Deutschland lautet:
- (1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
- (2) Mörder ist, wer
- aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
- heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
- um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
- einen Menschen tötet.
Mordmerkmale
Im deutschen Recht unterscheidet sich der Mord vom Totschlag (§ 212 StGB) dadurch, dass mindestens eines der in § 211 Abs. 2 StGB genannten Mordmerkmale im Rahmen der Tötung verwirklicht wird.
Strittig ist, wie Mord und Totschlag rechtsdogmatisch zueinander stehen. Die Rechtsprechung (allen voran der BGH) sieht in § 211 einen eigenen Straftatbestand, während die herrschende Lehre § 211 als Qualifikation zu § 212 begreift. Relevanz hat der Streit, wenn ein Teilnehmer der Tat ein personenbezogenes Mordmerkmal nicht aufweist, da dieser nach der Ansicht der Rechtsprechung über § 28 Abs. 1 StGB nur in den Genuss einer Strafmilderung kommt.
Die Mordmerkmale müssen auf Grund der absoluten Strafandrohung aus Absatz 1 sehr restriktiv ausgelegt werden. Dies ist schon verfassungsrechtlich geboten. Die Literatur und die Rechtsprechung haben verschiedene Rechtsfiguren geschaffen, um dieser restriktiven Auslegung gerecht zu werden, dazu gehören 1. die positive und die negative Typenkorrektur und 2. die sog. Rechtsfolgenlösung. Diese Figuren können jedoch alle nicht in jeder Hinsicht überzeugen. Diesen Zustand zu beseitigen ist der Gesetzgeber gefordert. Unterschieden werden drei Merkmalsgruppen (zwei täterbezogene und eine tatbezogene):
- Gruppe 1: Niedrige Beweggründe (täterbezogen)
Der Täter handelt aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder aus einem anderen niedrigen Beweggrund heraus.- Mordlust
Allein die Tötung eines Menschen an sich ist Zweck der Tathandlung. Die Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens bzw. der Wunsch, jemanden sterben zu sehen, treibt den Täter zur Tat. Mögliche Ursachen sind beispielsweise Langeweile, Neugier oder Angeberei. - Befriedigung des Geschlechtstriebes
Hier will sich der Täter durch die Ermordung eines Menschen sexuell befriedigen („Lustmord“). Die Befriedigung erfolgt entweder direkt durch den Akt der Tötung oder im Nachhinein an der Leiche. Ebenfalls erfüllt ist das Merkmal, wenn der Täter den Tod seines Opfers bei einer Vergewaltigung billigend in Kauf nimmt, d. h. Gewalt anwendet und sich darüber im Klaren ist, dass sein Opfer dadurch möglicherweise stirbt. Auch ist das Mordmerkmal dann gegeben, wenn man sich erst nach dem Mord anhand von Videos, Fotos oder Tonaufnahmen, die bei der Tat hergestellt wurde, sexuell erregt. - Habgier
Darunter wird das rücksichtslose Streben nach Vermögensmehrung oder Besitzerhaltung um jeden Preis (höchst strittig!) verstanden. Dem Täter geht es also darum, sein Vermögen durch die Tötung seines Opfers zu vermehren (z. B. eine Erbschaft oder Lebensversicherung zu kassieren, Auftragsmord) oder zu behalten (z. B. einen bestimmten Betrag - Unterhalt, Schadenersatz - nicht zahlen zu müssen). - Sonstige niedrige Beweggründe
Die herrschende Meinung versteht unter diesem Begriff solche Motive, die sittlich auf niedrigster Ebene angesiedelt sind und nach den Wertmaßstäben des deutschen Kulturkreises besonders verwerflich oder gar verachtenswert sind. Darunter fallen z.B. Neid, Rassenhass und Rachsucht. So genannte normal-psychologische Verhaltensweisen wie zum Beispiel Wut und Eifersucht sind dann niedrige Beweggründe, wenn die Motive, auf die sie sich gründen, als niedrige Beweggründe einzustufen sind, also wenn z.B. Grund der Eifersucht eine erhebliche Eigensucht ist. Auch die sog. "Ehrenmorde" können unter "sonstige niedrige Beweggründe" subsumiert werden, da zur Bestimmung dieses Mordmerkmals nicht der ausländische, sondern der inländische Kulturkreis entscheidend ist.
- Mordlust
- Gruppe 2: Besonders verwerfliche Begehungsweise (tatbezogen)
Die Tat selbst muss dieses Merkmal erfüllen, und zwar indem sie entweder heimtückisch oder grausam war oder mit gemeingefährlichen Mitteln durchgeführt wurde.- Heimtücke
Der Heimtückebegriff ist umstritten. Der Mörder muss die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzen und geht gegen dieses in feindlicher Willensrichtung vor. Arglos ist derjenige, der sich im Moment der Tat keines Angriffs bewusst ist. Die Wehrlosigkeit ist Folge der Arglosigkeit, da die Verteidigungsbereitschaft und -möglichkeit eines arglosen Opfers eingeschränkt ist. Schwierig ist die Abgrenzung bei Kleinstkindern, welche keinen Argwohn entwickeln können, und Bewusstlosen. In solchen Fällen wird die Arglosigkeit dann angenommen, wenn der Täter den natürlichen Schutz- und Abwehrinstinkt beim Kind überwindet, indem er z. B. das bittere Gift mit Zucker süßt, damit es genießbar wird. Bei Schlafenden wird angenommen, dass diese ihre Arglosigkeit „mit in den Schlaf nehmen“. Ein Bewusstloser kann hingegen nicht arglos sein. Aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die lebenslange Freiheitsstrafe vorgesehene restriktive Auslegung dieses Mordmerkmals werden in der Literatur und Rechtsprechung umstrittene Einschränkungsversuche gemacht. Einerseits wird auf Tatbestandsseite zusätzlich ein "besonderer Vertrauensbruch", eine "besondere Verwerflichkeit" oder ein "tückisch verschlagenes Vorgehen" gefordert . Die Rechtsprechung versucht die Rechtsfolge durch Strafmilderung abzufedern. - Grausamkeit
Das Opfer ist körperlichen oder seelischen Qualen ausgesetzt, die nach Intensität und Dauer über das „normale Maß“ einer Tötung hinausgehen, wobei der Täter aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung heraus handelt. Dies trifft beispielsweise zu, wenn der Sterbeakt des Opfers vom Täter verlängert oder anderweitig intensiviert wird (z. B. Tötung durch dauerhaften Nahrungs- bzw. Flüssigkeitsentzug oder Folter). - Gemeingefährliche Mittel
Mittel sind dann gemeingefährlich, wenn der Täter sie im Einzelfall nicht sicher zu beherrschen vermag und sie geeignet sind, Leib und Leben mehrerer Menschen zu gefährden. Die Gefahr beschränkt sich also nicht nur auf eine Einzelperson, sondern wird auf die Allgemeinheit ausgeweitet. Beispiele sind u. a. der Einsatz von Sprengstoff, mehrere, unkontrollierte Schüsse aus einer Waffe oder Feuer in der Nähe einer Menschenmenge.
- Heimtücke
- Gruppe 3: Verwerflichkeit der deliktischen Zielsetzung (täterbezogen)
- Ermöglichung oder Verdeckung einer Straftat
Wenn das dritte Mordmerkmal erfüllt sein soll, so muss es das maßgebliche Ziel des Täters gewesen sein, entweder eine Tat zu ermöglichen oder eine solche zu verdecken. Darunter fällt nicht nur eine eigene, sondern auch die Tat eines Dritten. Sie muss allerdings nicht strafbar und auch nicht tatsächlich begangen worden sein, es reicht, wenn der Täter dies irrigerweise annimmt. Beispiele hierfür sind das Töten eines Zeugen oder Ermittlers, wobei entscheidend ist, dass die Straftat aus Sicht des Täters noch verheimlicht werden kann.
- Ermöglichung oder Verdeckung einer Straftat
Abgrenzung zu verwandten Rechtsbegriffen
Die Abtreibung wird von den Gegnern ihrer Legalisierung mit der politischen Kampfparole „Abtreibung ist Mord“ dem Mord gleichgesetzt. § 218 StGB stellt jedoch klar, dass nach geltendem deutschen Recht ungeborene Kinder keine tauglichen Tatobjekte eines Mordes (und eines Totschlags sowie darüber hinaus einer fahrlässigen Tötung und von Körperverletzungsdelikten) sein können. Die Existenz eines „Menschen“ als taugliches Tatobjekt im Sinne der o. g. Vorschriften beginnt - anders als im BGB, das für die Rechtsfähigkeit auf die Vollendung der Geburt abstellt (§ 1 BGB) - mit dem Beginn des Geburtsvorgangs. Maßgeblich ist der Eintritt der Eröffnungswehen; bei einer Geburt durch operative Methoden (Kaiserschnitt) ist der relevante Zeitpunkt die Öffnung der Gebärmutter.
Sterbehilfe findet regelmäßig ohne Verwirklichung eines Mordmerkmals statt. Eine echte Tötung auf Verlangen ist meist nur gem. § 216 StGB als privilegierter Fall des Totschlags zu bestrafen.
Die von Soldaten vorgenommenen Tötungen gegnerischer Soldaten werden vom Kriegs-Völkerrecht nicht als Mord angesehen. Es gibt jedoch Aussagen aus pazifistischen Kreisen, die Soldaten als Mörder bezeichnen. Siehe auch Soldaten sind Mörder.
Genauso wird von einzelnen Kirchen und Menschenrechtsgruppen der Vollzug der Todesstrafe als Mord angesehen, auch wenn dieser nicht unter die staatliche Definition von Mord fällt.
Schließlich ist auch die Bezeichnung „Selbstmord“ juristisch unzutreffend, da der Mord die Tötung eines anderen Menschen voraussetzt. Im deutschen Recht sind die Selbsttötung und ihr Versuch nicht strafbar.
Rechtsfolgen
Auf Mord steht in Deutschland zwingend lebenslange Freiheitsstrafe (sofern nicht Jugendstrafrecht eingreift oder der Täter nicht voll schuldfähig war). Diese absolute Strafandrohung ist mit dem Rechtsstaatsprinzip nur vereinbar, wenn der Richter in Härtefällen auf eine zeitige Freiheitsstrafe ausweichen kann. Die mithin gebotene Korrektur wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich vorgenommen. Teilweise wird vertreten, die einzelnen Mordmerkmale müssten restriktiv ausgelegt werden, teilweise wird - beispielsweise bei der Heimtücke - noch ein zusätzliches Moment der Tücke oder ein Vertrauensbruch gefordert. Nach der Rechtsprechung (sogenannte Rechtsfolgenlösung) soll in Ausnahmefällen, insbesondere bei den sog. „Haustyrannenmorden“, in denen eine Frau sich nicht mehr anders zu helfen weiß, als ihren (Ehe-)Mann zu töten, eine im Gesetz eigentlich nicht vorgesehene Strafmilderung nach § 49 StGB stattfinden; damit droht nur noch eine Freiheitsstrafe zwischen drei und 15 Jahren.
Wer von einem geplanten Mord Kenntnis erhält, ist in Deutschland unter bestimmten Umständen zur Anzeige verpflichtet (§§ 138, 139 StGB).
Prozessuales
Zuständiges Gericht erster Instanz ist die Große Strafkammer des Landgerichts als „Schwurgericht“, in Jugendstrafverfahren die Große Jugendkammer des Landgerichts. Rechtsmittel gegen das Urteil ist die Revision zum Bundesgerichtshof.
Rechtliche Regelung in anderen Staaten
Schweiz
Die Schweizer Regelung ist der deutschen am nächsten und weniger restriktiv. Artikel 112 des Schweizer Strafgesetzbuches lautet:
„Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliches Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter zehn Jahren.“
Somit gelten, verglichen mit Deutschland, nur die niederen Beweggründe als Mordmerkmal. Weiterhin ist die lebenslange Zuchthausstrafe im Unterschied nicht zwingend, es kann auch auf eine zeitige von nicht unter zehn Jahren (hier: Maximal 20 Jahre) erkannt werden. Als Totschlag ist gemäß Artikel 113 eine Tötung „in einer nach den Umständen entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung oder unter grosser seelischer Belastung“ definiert, also eine Affekttat, und wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder einer Gefängnisstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft. Alles andere ist eine vorsätzliche Tötung, auf die eine Zuchthausstrafe nicht unter 5 Jahren folgt.
Österreich
Das österreichische Recht ist restriktiver als das deutsche. § 75 des StGB-Österreich lautet:
„Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.“
Somit ist Mord generell die Tötung eines anderen, auch wenn der Strafrahmen wie in der Schweiz eine zeitige Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren zulässt; die zwingende lebenslange Freiheitsstrafe ist nur für den „Völkermord“ (§ 321) vorgesehen. Es ist anzunehmen, dass sich auch hier für die Unterscheidung zwischen der Verhängung einer lebenslangen und zeitigen Freiheitsstrafe verschiedene (wohlgemerkt ungeschriebene) Merkmale eingebürgert haben. Der Totschlag ist auch hier wieder nur eine Tötung, zu der sich der Täter „in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung“ hat hinreißen lassen.
Vereinigtes Königreich
Im Vereinigten Königreich ist Mord (murder) definiert als “... killing with intention ..." (dt.: „Beabsichtigte Tötung“) und somit einer Tötung durch Überlegung gleichzusetzen. Der Straftatbestand rührt aus den Anfangszeiten einer gefestigten Rechtsprechung des Common Law her. So ist aus dem 13. Jahrhundert ein Tatbestand mit dem Wortlaut - Where a man of sound memory and age of discretion, unlawfully killeth within any country of the realm any reasonable creature under the Kings peace with malice afore thought so that the wounded party shall die of the wound or hurt (within a year and a day of the same) - überliefert. Nach dem Homicide Act 1957/1987, der inzwischen nicht nur für England und Wales, sondern auch für Nordirland, die Isle of Man und mit Abstrichen für Schottland gilt, ist die Rechtsfolge zwingend die lebenslange Freiheitsstrafe (life imprisonment).
Osteuropa
Die osteuropäischen Gesetze sind nach dem Umbruch aus dem sozialistischen System in liberale Fassungen überführt worden, die sich teilweise an die Dogmatik des deutschen Strafrechts anlehnen, andererseits auch Anleihen an die romanischen Fassungen suchen.
Sanktionslehre
Durch die hervorgehobene Stellung des Mordes als Vernichtung eines Menschenlebens als verwerflichste Handlung ist in allen Strafrechtssystemen Europas auch die schwerste Strafandrohung vorgesehen. Selten einmal (z. B. Österreich) wird ein schwereres Strafmaß für den Völkermord vorgesehen. Da sämtliche Staaten Europas dem Europarat angehören, ist die Todesstrafe in fast allen europäischen Ländern abgeschafft (6. und 13. Fakultativprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)). Nur wenige Länder haben bereits die lebenslange Freiheitsstrafe abgeschafft (z. B. Portugal oder Kroatien). Die lebenslange Freiheitsstrafe entspricht kaum der Rechtswirklichkeit. In England wird nach einer Studie die lebenslange Freiheitsstrafe durchschnittlich 9 Jahre vollstreckt, während in Deutschland im Mittel 21 Jahre vollstreckt werden.
Polizei, Kriminologie und Kriminalistik
Aus kriminologischer Sicht stellt sich der Mord als besonders interessantes Delikt dar. Der Mord ist in der Regel eine Beziehungstat, insbesondere diese Beziehung ist Teil umfangreicher Untersuchungen. Daneben ist aus psychologischer Sicht ein hervorhebenswerter Aspekt das Sinken der Hemmschwelle, einen anderen Menschen zu töten.
Aus kriminalistischer Sichtweise bietet der Mord ebenfalls zahlreiche Herausforderungen: Der Todesfall muss zunächst überhaupt als unnatürlicher Todesfall und zudem noch als Mord im rechtlichen Sinne zu qualifizieren sein. Dies scheitert schon häufig an mangelhafter Leichenschau oder an unerfahrenen Kriminalbeamten am Tatort. Die Dunkelfeldschätzungen gehen weit auseinander: Konservative Schätzungen gehen von einer Quote von 5:6 aus (5 aufgeklärte Morde zu 6 unentdeckten Morden).
Die polizeiliche Aufklärung besorgt eine Mordkommission der Kriminalpolizei.
Kriminalstatistik
In der Kriminalstatistik werden zurzeit immer weniger vorsätzlich vollendete Tötungsdelikte registriert. Das liegt nach weitgehend herrschender Auffassung jedoch nicht an einer zurückgehenden Tötungskriminalität, sondern an dem größer werdenden Dunkelfeld von Mord und Totschlag. Die Statistik bezieht sich daher auf die als solche erkannten Morde. Dass viele Tötungsdelikte nicht als solche erkannt werden, liegt u. A. auch daran, dass die meisten Todesfälle durch den Hausarzt begutachtet werden und nicht durch einen ausgebildeten Pathologen. Weiter ist zu beachten, dass die Statistik auch dadurch verzerrt wird, dass der polizeiliche Tatvorwurf nicht identisch mit der juristischen Wertung sein muss. Die fallbezogene Häufigkeit des Morddeliktes (vollendet und versucht) pro 100.000 Einwohner im Erfassungsgebiet schwankte im Zeitraum von 1994 bis 2004 zwischen 1,5 (1995) und 1,0 (2004). „Schusswaffe dabei“ bedeutet lediglich, dass eine Schusswaffe durch den Täter geführt wurde. Abgefeuerte Schüsse schwankten zwischen 237 (1996) und 113 (2004).
Morde in der Bundesrepublik Deutschland | ||||||
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Quelle: Bundeskriminalamt | ||||||
Jahr | Fälle (einschl. Versuchte) | Versuchte Fälle | Schusswaffe dabei | Aufklärung | Anzahl Opfer insgesamt | Anzahl Opfer, vollendete Morde |
1994 | 1.146 | 547 (= 47,7%) | 220 | 88,5% | 1.396 | 662 |
1995 | 1.207 | 602 (= 49,9%) | 226 | 89,7% | 1.394 | 655 |
1996 | 1.184 | 563 (= 47,6%) | 237 | 88,2% | 1.441 | 720 |
1997 | 1.036 | 500 (= 48,3%) | 229 | 92,8% | 1.148 | 583 |
1998 | 903 | 451 (= 49,9%) | 196 | 93,2% | 1.023 | 498 |
1999 | 962 | 480 (= 49,9%) | 206 | 93,0% | 1.085 | 521 |
2000 | 930 | 476 (= 51,2%) | 170 | 94,7% | 1.108 | 497 |
2001 | 860 | 436 (= 50,7%) | 181 | 94,1% | 996 | 464 |
2002 | 873 | 452 (= 51,8%) | 138 | 96,7% | 989 | 449 |
2003 | 829 | 435 (= 52,5%) | 140 | 95,2% | 921 | 422 |
2004 | 792 | 432 (= 54,5%) | 104 | 96,5% | 907 | 399 |
2005 | 794 | 407 (= 51,3%) | 119 | 95,8% | 891 | 413 |
(Anm.: Der wiederkehrende Anstieg der Fälle von Mord im Jahr 2005 resultiert aus einer Fehlerfassung von Morddelikten in der niedersächsischen PKS.)
Literatur
- Arnd Hüneke: Der Mordtatbestand im Vergleich zu anderen europäischen Normierungen. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen, Hannover 2003.
- Sven Thomas: Die Geschichte des Mordparagraphen. Eine normgenetische Untersuchung. Dissertation 1985.
- Günter Heine: Mord und Mordtatbestand … Goltdammers Archiv für Strafrecht 2000, S. 303–319.
- Sabine Rückert: Tote haben keine Lobby. Die Dunkelziffer der vertuschten Morde. EconUllsteinList (utb 36323), München 2000, ISBN 3-548-36323-7.
- Steffen Stern: Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren. Heidelberg 2005, ISBN 3-8114-1911-0.
- Mörderinnen im Film / Frauenfilminitiative. Elefanten Press, Berlin 1992, ISBN 3-88520-447-9,
Siehe auch
- Doppelmord; Serienmord; Massenmord; Völkermord; Genozid; Auftragsmord; Meuchelmord;
- Mordversuch; Attentat; Anschlag; Mordanschlag; Terroranschlag; Kriegsverbrechen; Verbrechen gegen die Menschheit;
- Tyrannenmord; Haustyrannenmord; 20. Juli 1944;
- Selbstmord; Suizid; Selbsttötung;
- Justizmord;
- politischer Mord;
- Rufmord;
- Todesstrafe; Hinrichtung; Erhängen; Galgen; Enthaupten; Erschießen; Ertränken; Elektrischer Stuhl; Giftspritze; Gaskammer; Guillotine; Garotte; Henker;
- Kapitalgerichtsbarkeit; Strafgesetz; Standrecht; Proskription; Reichsacht; vogelfrei; Lynchjustiz; Feme; Femegericht; Haberfeldtreiben; Auge um Auge; Ehrenmord
- Totschlag; Tötung; Tötungsdelikt; Kindestötung; Abtreibung; Schwangerschaftsabbruch; Straftaten gegen das Leben; Euthanasie; Sterbehilfe; Todesfolge;
- Verbrechen; Verbrechensstatistik; Mordstatistik; polizeiliche Kriminalstatistik; Aufklärungsquote;
- Mordlust; Blutrausch;
- Mordwaffe; Tatwaffe; Waffe; Tötungsinstrument;
- Mordliste; schwarze Liste;
- Bekennerschreiben;
- Snuff-Film;
Wikipedia-Listen
- Blind Spot: Murder by Women, Ein Film von Irving Saraf, Allie Light and Julia Hilder, 2000
- Aileen: Life and Death of a Serial Killer, Regie: Nick Broomfield, 2003, von Amnesty International ausgezeichneter Dokumentarfilm