Elly Heuss-Knapp

deutsche Politikerin (DVP, FDP), MdL, Gründerin des Müttergenesungswerks
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Elisabeth Eleonore Anna Justine „Elly“ Heuss-Knapp (geborene Knapp; * 25. Januar 1881 in Straßburg; † 19. Juli 1952 in Bonn), Frau des ersten deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss, war eine deutsche Politikerin, Sozialreformerin und die Gründerin des Müttergenesungswerks.

Elly Heuss-Knapp mit ihrem Mann Theodor Heuss (1950)
Theodor Heuss und Elly Heuss-Knapp beim Besuch der Deutschen Gartenschau in Stuttgart,
3. Juni 1950

Leben

Herkunft

Elly Knapp wurde 1881 als Tochter von Lidia Korganow[1] und des Nationalökonomen Georg Friedrich Knapp geboren. Der Vater wurde an die Universität Straßburg berufen. Kurz nach ihrer Geburt erkrankte ihre aus Georgien stammende Mutter an einem seelischen Leiden und lebte fortan in Sanatorien. Elly und ihre ältere Schwester Marianne wurden von ihrem Vater allein aufgezogen.

Ausbildung

1899 legte Elly Knapp ihr Lehrerinnenexamen ab und arbeitete seit 1900 an einer so genannten Fortschrittsschule (für Mädchen, die nur die siebenjährige Volksschule besucht hatten) in Straßburg, deren Mitbegründerin sie war. Knapp schätzte das Werk von Friedrich Naumann sehr. 1905 studierte sie Volkswirtschaftslehre in Freiburg und Berlin und begann, erste politische Vorträge zu halten. 1906 beteiligte sie sich als Studentin freiwillig an der Vorarbeit für die große Heimarbeits-Ausstellung, bei der es u. a. um das System der Zwischenmeister, der Verleger und um die Möglichkeit von Tarifverträgen und Mindestlöhnen ging. Bald begann sie, eine Reihe von Vorträgen diesem Thema zu widmen.[2]

 
Karikatur über Elly Heuss-Knapp als „Die Frau in Haus u. Beruf“ von Friedrich Naumann

Familie

1908 heiratete Elly Knapp den Journalisten und späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss, einen Mitarbeiter Friedrich Naumanns. Sie wurden in Straßburg von Albert Schweitzer getraut. Der Ehe entstammte 1910 der Sohn Ernst Ludwig Heuss. Diese Geburt verlief mit Komplikationen und endete beinahe tödlich. In der Folge konnte Elly keine weiteren Kinder bekommen.

Tätigkeiten

Ab 1922 begann Knapps theologisches Interesse vor allem an der Bibelkunde und die Mitarbeit in der evangelischen Gemeinde von Pfarrer Otto Dibelius.

Mit der Machtübernahme der NSDAP erhielt Heuss-Knapp ein Auftrittsverbot und ihr Mann, der mittlerweile als Dozent arbeitete, Berufsverbot. In ihrem Hause trafen sich Verfolgte und Gegner der NS-Diktatur wie beispielsweise der Pfarrer Martin Niemöller. In dieser Zeit begann Heuss-Knapp, schriftstellerisch und – vermittelt durch den Cousin Hermann Geiger, Inhaber der Firma Wybert – in der Werbung tätig zu werden. Mit ihrer Arbeit ernährte sie die Familie. Sie revolutionierte die Radiowerbung, die bis dahin nur aus dem Ablesen von Zeitungsanzeigen bestand, und gilt als Erfinderin des Jingles als akustisches Warenzeichen eines Unternehmens. Diese Idee ließ sich Heuss-Knapp patentieren und setzte sie auch für andere Unternehmen und Produkte ein; etwa für Nivea, Erdal, Kaffee Hag, Blaupunkt und Persil.[3] Die Autobiografie Ausblick vom Münsterturm erschien in der Erstauflage 1934, in einer Neuauflage 1941: Ausblick vom Münsterturm, Erlebtes aus dem Elsaß und dem Reich, in einer Zweitauflage 1952. Das Ende des Krieges erlebten sie und ihr Mann in Heidelberg bei ihrer Schwester, der Malerin und Photographin Marianne Lesser-Knapp.

Politik

Von 1946 bis 1949 war Heuss-Knapp Mitglied des Landtages von Württemberg-Baden – zunächst für die Demokratische Volkspartei (DVP) und später für die Freie Demokratische Partei (FDP), die 1948 durch den Zusammenschluss nationalliberaler und linksliberaler Gruppen entstand. Sie arbeitete im sozial-politischen Ausschuss, wo sie sich dafür einsetzte, dass schulpflichtige Kinder jeden Tag wenigstens eine Mahlzeit bekamen und die Schulklassen weniger als 50 bis 60 Schüler hatten. Manchmal wurde sie wegen ihrer Fürsorge liebevoll-spöttisch Landesmutter genannt.

Elly Heuss-Knapp hatte sich – wie ihr Mann – bereits bei der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung 1919 als Kandidatin für die DDP aufstellen lassen. Doch Platz 3 auf der Liste des Wahlbezirks Potsdam II reichte nicht für ein Mandat[4]. Diese Wahl war die erste gesamtdeutsche, bei der auch Frauen ein Stimmrecht hatten. Heuss-Knapp kämpfte dafür, dass gezielt Frauen angesprochen werden sollten ohne Wahlwerbung der einzelnen Parteien.[5]

Elly Heuss-Knapp wirkte gemeinsam mit ihrem Mann an der Gründung des Deutschen Rates der Europäischen Bewegung im Juni 1949 in Wiesbaden mit. Sie wurde Vizepräsidentin der Organisation.[6]

 
Heuss-Knapp auf einer Briefmarke der Deutschen Bundespost Berlin von 1957
 
Gedenktafel am Haus Grillparzerstraße 15, Berlin-Steglitz

Müttergenesungswerk

Elly Heuss-Knapp und Antonie Nopitsch gründeten 1950 das Deutsche Müttergenesungswerk (voller Name heute: Elly-Heuss-Knapp-Stiftung – Deutsches Müttergenesungswerk).

Tod / Beisetzung

Heuss-Knapp starb 1952 in der Universitätsklinik Bonn und wurde nach einem von Helmut Gollwitzer gehaltenen Trauergottesdienst in der Bonner Lutherkirche auf dem Waldfriedhof Stuttgart bestattet.

Ehrungen

Nach Elly Heuss-Knapp wurden zahlreiche Schulen und Straßen benannt, u. a. die Elly Heuss-Knapp-Schule in Darmstadt sowie Gymnasien in Düsseldorf, Heilbronn/Neckar und Stuttgart.

 
Stuttgarter Gedenkstein

Stuttgarter Gedenkstein

1955 wurde im Eichenhain in Sillenbuch ein Gedenkstein für Frau Elly Heuss-Knapp eingeweiht. Unter den Teilnehmenden der Veranstaltung waren u. a. ihr Mann, der damalige Bundespräsident Theodor Heuss, der Landesbischof Dr. D. Haug sowie mehrere Herausgeber von Stuttgarter Zeitungen. Der Gedenkstein wurde nach einem Entwurf von Bildhauermeister Willy Schönfeld gestaltet durch die Künstlerin Lore Nießner. In der Gedenkrede durch Oberbürgermeister Arnulf Klett, wurde Elly Heuss-Knapp als kluge und gütige Frau gewürdigt.[7]

Bücher

  • Elly Heuss-Knapp: Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre für Frauen, 1910.
  • Elly Heuss-Knapp: Schmale Wege, Verlag Wunderlich, Tübingen 1946.
  • Georg Friedrich Knapp, Elly Heuss-Knapp: Eine Jugend. Deutsche Verl.-Anst., 2., erw. Aufl. Stuttgart 1947.
  • Elly Heuss-Knapp: Ausblick vom Münsterturm. Erinnerungen. Verlag R. Wunderlich, Tübingen 1984, ISBN 3-8052-0086-2, 1. Auflage 1934; Neuauflage 1941 (mit zweitem Vorwort zur Begründung der Neuauflage).
  • Elly Heuss-Knapp, Margarethe Vater: Bürgerin zweier Welten. Verlag Wunderlich, Tübingen 1961.
  • Elly Heuss-Knapp: Rat und Tat. Nachklang eines Lebens, herausgegeben von Friedrich Kaufmann, Verlag R. Wunderlich, Tübingen 1964.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Geburtenregister Standesamt Strasbourg (248/1881).
  2. Theodor Heuss: Erinnerungen 1905–1933, Rainer Wunderlich Verlag Hermann Leins, Tübingen 1963, S. 119.
  3. „Die Filme der First Lady“ (Spiegel Online im Februar 2010).
  4. [1]
  5. Lebenslauf auf der Website der Theodor-Heuss-Schule Reutlingen, Abschnitt Elly zum zweiten Mal in der Nachkriegszeit,…hat diese Frau noch Kraft?
  6. vgl. Mareike König, Wolf D. Gruner, Matthias Schulz: Die Bundesrepublik Deutschland und die europäische Einigung 1949-2000, Stuttgart 2004; S. 71.
  7. Eine lichte Stätte stillen Gedenkens. In: Stuttgarter Zeitung. 28. März 1955.
Commons: Elly Heuss-Knapp – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien