Westfalen ist ein Landesteil Nordrhein-Westfalens, neben dem nördlichen Rheinland und Lippe. Das Gebiet entspricht im Wesentlichen der ehemaligen preußischen Provinz Westfalen.
Westfalen ist darüberhinaus eine historische Landschaft mit wechselnden Grenzen, die zeitweise weit über das heutige Westfalen hinaus reichten. Heute werden oft nur Bewohner des Landesteils als Westfalen wahrgenommen, obwohl der westfälische Einfluss auch anderswo erkennbar ist.

Westfalen, Ostfalen, Ostwestfalen
Erstmalig tauchen die Westfalai als Bezeichnung der westlichen Sachsen im Jahre 775 in den Fränkischen Reichsannalen auf. Doch den Stamm der Falen hat es wohl schon früher gegeben. Östlich von Paderborn wird das germanische Stammesgebiet fahala vermutet, das Land der Falen. Diese werden in einigen Quellen als Nachkommen oder Teilstamm der Cherusker angesehen. Da sich diese Zuordnung jedoch nur auf Ortsnamen und bruchstückhafte Textstellen stützt, gilt sie nicht als gesichert.
Auch die Bedeutung der Wortstammgruppe fal kann nicht eindeutig geklärt werden. Die Indogermanisten deuten sie entweder als „gepflügtes Land“ oder als „breit, flach“ (bezogen auf das Land) oder als „fahl, flachsfarben“ (vielleicht bezogen auf die Haarfarbe).
Neben den Westfalen gab es bis ins 12. Jahrhundert die Ostfalen. Sie lebten im östlichen Stammesgebiet der Sachsen. Der Name verschwand und wurde erst in der heutigen Zeit für eine Region in Südniedersachsen und dem westlichen Sachsen-Anhalt wieder verwendet.
Das Stammesgebiet der Westfalen reichte im 11. Jahrhundert vom Rhein bis zur Weser. Obwohl es in der Geschichte kein einheitliches Herrschaftsgebiet in der Region gab, hielt sich der Name bis heute; jedoch wurden unterschiedliche Gebiete und deren Bewohner als Westfalen oder Westphalen bezeichnet. Noch bis ins 19. Jhd. galten Gebiete als westfälisch, die heute nicht mehr zu Westfalen gerechnet werden, deren Sprache und Kultur aber Ähnlichkeiten erkennen lässt.
Der heutige Landesteil Westfalen geht auf die Gründung der preußischen Provinz Westfalen zurück, die die Vorstellung der Menschen von Westfalen stark geprägt hat. Das geschichtliche und kulturelle Erbe wird vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe gepflegt, der die Einheitlichkeit der Raumes Westfalen-Lippe fördert.
Ostwestfalen ist der östliche Teil von Westfalen und bildet zusammen mit Lippe die nordrhein-westfälische Region Ostwestfalen-Lippe (OWL). Da Lippe nicht zu Westfalen gehört, ist die Region OWL also „landesteilübergreifend“.
Symbole
Wappen
Westfälisches Wappen | |
Westfalen | Nordrhein-Westfalen |
Das westfälische Wappen in seiner historischen Fassung besteht aus einem roten Schild, auf dem sich das Westfalenpferd befindet. Seit dem Mittelalter ist das weiße, springende Pferd auf rotem Grund, das so genannte Sachsenross, mit dem Namen Westfalen verknüpft. Die aus graphischen Gründen zweckmäßige Haltung des erhobenen Pferdeschweifes gilt heute – im Gegensatz zum niedersächsischen Wappen - als wesentliches Charakteristikum des Westfalenpferdes. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe führt das westfälische Wappen noch heute in abgewandelter, modernisierter Version. Das westfälische Wappen ist zudem ein integraler Bestandteil des 1953 geschaffenen Landeswappens von Nordrhein-Westfalen.
Weitere Symbole
Auch das 1886 komponierte Westfalenlied gilt als eines der Symbole Westfalens. Eine bekannte westfälische Symbolfigur ist der Kiepenkerl, ausgestattet mit weitem blauen Hemd (Kittel), rotem Halstuch, Holzschuhen und seiner Kiepe, einem Tragkorb. Mit ihrer Kiepe auf dem Rücken zogen früher Krämer über Land und boten auf den Höfen wie in den Städten ihre Waren an. In vielen Städten, so auch in Bielefeld und Münster, hat man dem Kiepenkerl ein Denkmal aufgestellt.
Geographie
Im gegenwärtigen Westfalen leben etwa 8,2 Millionen Menschen in den Regionen Münsterland, Ostwestfalen, Sauerland (ohne das Hessische Upland) und Siegerland, das zum Großteil zu Westfalen gehört, sowie im mittleren und östlichen Teil des Ruhrgebiets, demnach im Westfälischen Ruhrgebiet. Der sauerländische und siegerländische Teil Westfalens wird Südwestfalen genannt.
Westfalen wird wahlweise Norddeutschland, Nordwestdeutschland oder Westdeutschland zugeordnet.
Städte
Die größte Stadt Westfalens ist Dortmund, gefolgt von den Städten Bochum, Bielefeld, Münster und Gelsenkirchen. Weitere wichtige Städte sind Bocholt, Bottrop, Castrop-Rauxel, Gladbeck, Gütersloh, Hagen, Hamm, Herford, Herne, Iserlohn, Lippstadt, Lüdenscheid, Lünen, Marl, Menden, Minden, Paderborn, Recklinghausen, Rheine, Siegen, Soest, Unna, Warendorf, Werl und Witten.
Arnsberg und Münster bilden als Sitz der jeweiligen Bezirksregierung wichtige Verwaltungsitze in Nordrhein-Westfalen. Die Bezirksregierung für Ostwestfalen sitzt im lippischen Detmold (siehe auch Ostwestfalen-Lippe).
Relief
Während der Norden Westfalens von der Ebene der Westfälischen Bucht eingenommen wird, ist der Süden geprägt durch eine Mittelgebirgslandschaft. Die höchsten Erhebungen befinden sich im Zug des Rothaargebirges, das zugleich eine natürliche Grenze zu Hessen formt. Die bekannteste Erhebung dort ist der Kahle Asten mit 841m, der mit 843m an Höhe noch knapp vom benachbarten Langenberg übertroffen wird.
Teutoburger Wald (bis 446m Barnacken) und Eggegebirge (bis 468m (Preussisch Velmerstot sowie Weser- / Wiehengebirge, als Ausläufer der Mittelgebirge, umschließen die Westfälische Bucht im Osten und Norden. Der niedrigste Punkt der Ebene befindet sich im Übergang der Landschaft zum Niederrhein bei Isselburg mit einer Landhöhe von rund 10 m.
Die Mitte Westfalens wird gebildet durch den sanften Anstieg der Hellwegbörden. Sie sind geprägt durch fruchtbare Lößböden. Die in dieser Landschaft entlang des Hellwegs liegenden Städte bildeten im Mittelalter die Zentralachse Westfalens.
Flüsse
Der wasserreichste Fluss in Westfalen ist die Weser, die bei Porta Westfalica mit der Westfälischen Pforte das Wiehen- und Wesergebirge druchbricht. Zum Einzugsgebiet des Rheins gehören die Ruhr mit den Nebenflüssen Möhne, Lenne und Volme, die Emscher und die Lippe. Die am Teutoburger Wald entspringende Ems durchfließt mit einem eigenen Einzugsgebiet den Osten und Norden der Westfälischen Bucht.
Siehe auch: Ostfalen, Liste der Landschaften in Nordrhein-Westfalen
Sprache
Vom Mittelalter bis Ende des 16. Jahrhunderts wurden in Westfalen mittelniederdeutsche Dialekte gesprochen, die sich heute jedoch nur schwer rekonstruieren lassen.
Bis Mitte des 20. Jahrhundert wurden in Westfalen verschiedene westfälische Dialekte des Niederdeutschen gesprochen. Das Niederdeutsche (Eigenbezeichung: Nederdüütsch), umgangssprachlich auch Plattdeutsch, ist ein eigenes Sprachsystem, das sich vom Hochdeutschen vor allem lautlich und grammatisch unterscheidet. Während in den ländlichen Teilen Westfalens das Plattdeutsche im 19. und frühen 20. Jahrhundert allgemeine Umgangssprache der nichtbildungsbürgerlichen Bevölkerung war, kam es im westfälischen Ruhrgebiet zu einer etwas anderen Entwicklung. Während in den ersten Jahrzehnten der Industrialisierung durch die überwiegend einheimischen oder aus dem übrigen Westfalen zugewanderten Arbeitskräfte das "Plattdeutsche" weiter dominierte, führte die Arbeitsmigration aus dem Osten Deutschlands, beispielsweise aus Masuren und Schlesien und Polen zur Entstehung einer spezifischen Ruhrgebietssprache, in der sich verschiedene Sprachtraditionen vereinten. Daneben wurde Niederdeutsch von vielen Bergleuten als Umgangssprache beibehalten. Allgemein erlebte die Niederdeutsche Sprache in der Zeit von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jh. in der regionalen Literatur Westfalens eine neue Blüte.
Im Gegensatz zu den Großstädten wie Bielefeld, Münster und dem Sonderfall Ruhrgebiet hat sich das Niederdeutsche in ländlichen Gebieten Westfalens, insbesondere im Münsterland und im Sauerland, noch bis vor wenigen Jahrzehnten als dominierende Umgangssprache gehalten. Erst durch die zunehmende Mobilität und den Einfluss der Medien ist es relativ rasch zurückgedrängt worden. Ältere Bevölkerungsgruppen können zwar oftmals noch Niederdeutsch sprechen, als Umgangssprache ist das Niederdeutsche jedoch nicht mehr verbreitet.
Heute wird in der Alltagskommunikation in Westfalen in der Regel Hochdeutsch gesprochen. Im Unterschied zu anderen Regionen in Deutschland weist die in Westfalen gesprochene hochdeutsche Umgangssprache nur noch eine geringe regionale Färbung auf.
Geschichte
Überblick
Ausdehnung und politische Gliederung Westfalens unterlagen im Laufe der Geschichte Veränderungen. Man kann dabei im wesentlichen unterscheiden zwischen den Begriffen:
- der Landesteil Westfalen seit der Bildung Nordrhein-Westfalens 1946
- die preußische Provinz Westfalen vom Wiener Kongress 1815 bis 1946
- das vormoderne Westfalen von etwa 1180 bis zum Frieden von Tilsit 1807
- das (alt-)sächsische Westfalen etwa vom 8. Jahrhundert bis zur Zerschlagung des Herzogtums Sachsen 1180
Dabei sind Provinz und Landesteil in ihrem Umfang weitgehend identisch, mit den zwei anderen Gebieten decken sie sich nur teilweise. Der Raum des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Westfalen war zwar nie genau umrissen, bezog aber immer den Südwesten des heutigen Niedersachsen (u.a. Osnabrück), Essen und Lippe mit ein, während Siegerland und Wittgensteiner Land nicht dazugehörten. In altsächsischer Zeit war das heutige Ostwestfalen größtenteils ein Teil Engerns.
Andere Territorialbezeichnungen mit dem Bestandteil “Westfalen” waren das Herzogtum Westfalen, das sich faktisch nur auf einen kleineren Teilbereich bezog, und das kurzlebige Königreich Westfalen, das sich willkürlich des Namens bediente.
Von den genannten Definitionen wich ebenfalls ein eher geografisches Verständnis Westfalens ab, wie man es v.a. im ausgehenden Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit findet. Darunter fasste man den Raum zwischen Friesland, niederländischer Grenze (manchmal bis zur Zuidersee), Rhein, Westerwald, Hessischem Bergland und der Weser. Diese Auffassung steht auch im Zusammenhang mit der Bildung des Westfälischen Reichskreises.
Als (die) Westfalen bezeichnete man noch bis ins 20. Jh. hinein die Bevölkerung im Bereich des vormodernen Westfalens, auch in Anlehnung an die dort gebräuchlichen westfälischen Mundarten. Heute hat sich die Bezeichnung weitgehend auf die Bewohner des nordrhein-westfälischen Landesteils verengt.
Ur- und Frühgeschichte
Steinzeit
Das Gebiet Westfalens wurde bereits von Neandertalern während der Mittleren Altsteinzeit bewohnt. Im Münsterland, im Ruhrgebiet und im Sauerland wurden archäologische Funde entdeckt, die auf Jagdlager hindeuten. In einer Sandgrube bei Warendorf wurde - leider ohne weitere Befunde - ein kleines Schädelteil eines Neandertalers gefunden. Zu den wichtigsten Fundstellen der Mittleren Altsteinzeit in Europa gehört die Balver Höhle. Hier wurden über vier große Schichten entdeckt, die sich nach mehreren Nutzungsphasen durch Jägergruppen in einem Zeitraum von rund 50.000 Jahren abgelagert hatten.
In den folgenden Zeitabschnitten kam es vor allem in der Späten Altsteinzeit zu einer intensiven Besiedlung durch Rentierjäger. Aus der Mittelsteinzeit liegen besonders viele Fundplätze vor. Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten Skelettfunde von anatomisch modernen Menschen, die 2004 in einer Höhle bei Hagen entdeckt wurden. Ihr Alter wird auf mehr als 10.700 Jahre geschätzt.
Aus der Jungsteinzeit sind Siedlungen der Bandkeramik, Rössener Kultur und Michelsberger Kultur belegt. Bestattungen der älteren jungsteinzeitlichen Kulturen sind aus Westfalen bisher noch nicht bekannt. Aus der späten Michelsberger Kultur liegen jedoch mehrere besonders gut erhaltene Skelettreste von Menschen aus einer Höhle bei Hagen vor. Sie zählen zu den sehr wenigen bekannten Bestattungen aus dieser Zeit in Europa.
Aus späteren Abschnitten der Jungsteinzeit fanden sich so genannte Megalithgräber und Bestattungen der Becherkulturen. Die Hellwegbörden sind dabei der Grenzraum zwischen den Anlagen der Trichterbecherkultur (Halen, Heiden) und den hessisch-westfälischen Galeriegräbern der Wartberg-Kultur (Calden, Warburg).
Zahlreiche Steinwerkzeuge deuten darauf hin, dass die während der Jungsteinzeit in Westfalen lebenden Menschen vom Bergbau auf Feuerstein und anderen Rohstoffen profitierten. Diese Rohstoffe und fertigen Steinwerkzeuge wurden über weite Entfernungen transportiert. Vielleicht gab es eine Art Handel mit diesen Gerätschaften.
In mehreren Siedlungen und Gräbern in Westfalen wurden Flintgeräte von der Maas, vom Lousberg bei Aachen und aus Frankreich sowie Plattenhornstein aus Süddeutschland (Arnhofen, Baiersdorf) entdeckt. Aus den Alpen stammen Beilklingen aus Nephrit und Jadeit, aus dem Balkan und Böhmen der Amphibolit, der in der Bandkeramik und Rössener Kultur zur Herstellung von Dechselklingen und Breitkeilen benutzt wurde.
Archäologische Funde aus Westfalen werden in besonders großer Zahl im Westfälischen Museum für Archäologie in Herne und im Museum für Ur- und Frühgeschichte Wasserschloss Werdringen in Hagen präsentiert.
Römer und Germanen
In der Herrschaftszeit von Augustus war Westfalen von verschiedenen germanischen Stämmen besiedelt. Durch die Expansionspolitik des römischen Reiches, dass eine Grenze an der Elbe anstrebte, wurde auch das Gebiet des heutigen Westfalen zu einem Interessensgebiet Roms. Davon zeugen etwa die Römerlager und der Lippehafen bei Haltern. Der Versuch das Gebiet des heutigen Westfalens unter die direkte Herrschafts Roms zu bringen scheiterte freilich 9 n. Chr. nach der Varusschlacht. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert haben Lokalhistoriker aus unterschiedlichen Teilen Westfalens behauptet den Ort der Schlacht lokalisiert zu haben. Davon zeugt heute noch das Hermannsdenkmal in der Nähe von Detmold. Archäologische Funde in Kalkriese bei Bramsche (im Landkreis Osnabrück) belegen, dass die Auseinandersetzung an ganz anderer Stelle stattgefunden haben muss.
Der Expansionsversuch Roms in das Gebiet des "freien Germaniens" war mit dieser Niederlage faktisch gescheitert, obwohl auch in den folgenden Jahrzehnten die Römer mit verschiedenen Militärexpeditionen Präsenz zeigten. Im Gegensatz zum Rheinland mit seinen Römerstädten blieb das Gebiet Westfalens ein agarisches Gebiet.
Mittelalter
Die Bezeichnung Westfalen erscheint schriftlich erstmals in den Reichsannalen Karls des Großen. Im Jahr 775 werden die Westfalen als ein sächsischer Teilstamm erstmals erwähnt. Ihr Land wird von Karls Heer unmittelbar rechts des Rheins durchzogen und reicht mindestens bis zur Hase. Laut der Sachsengeschichte des Widukind von Corvey gliederte sich das von ihm beschriebene Volk der Sachsen vor den Sachsenkriegen Karls des Großen in die Teilstämme der Westfalen, Engern und Ostfalen. Das politische Westfalen war seit 1180 ein ausgedehntes Herzogtum im Westen des vormaligen Herzogtum Sachsen. Die schon damals historische Bezeichnung wurde nach dem Sturz Heinrichs des Löwen für den Westteil des vormaligen Gesamtherzogtums Heinrichs wiedereingeführt. Herzog von Westfalen war der Erzbischof von Köln. Zugleich bezeichnete Herzogtum Westfalen auch ein Territorium im Sauerland, das unter unmittelbarer Herrschaft des Erzbischofs stand. Die übrigen Gebiete des Herzogtums waren kirchliche Herrschaftsgebiete und Grafenterritorien.
Neben der herzoglichen und territorialen Definition hielt sich über die Jahrhunderte eine umfassendere Vorstellung Westfalens. Im ausgehenden Spätmittelalter charakterisiert die Schedel'sche Welchronik Westvalen als den Siedlungsraum der Westfalen, wie er auch heute noch in groben Zügen verstanden wird, ohne dass ein staatliches Westfalen als Gebietskörperschaft existiert. Die Chronik von 1493 umschreibt Westfalen als Gebiet zwischen Niederrhein und Weser, im Norden an Friesland grenzend, im Süden an das hessische Mittelgebirge.
Frühmittelalter
Im 8. Jahrhundert befanden sich wichtige Zentren der Sachsen in Westfalen. In Marklo bei Porta Westfalica wurden die zentralen Stammesversammlungen abgehalten. Die heilige Irminsul war eine bedeutende religiöse Stätte.
Entscheidende Ereignisse des 30 Jahre dauernden Sachsenkrieges der Franken Ende des 8. Jahrhunderts wurden auf westfälischem Boden ausgetragen. In den Annalen Karls des Großen wird unter anderem von der Eroberung der Syburg über der Ruhr im Süden des heutigen Dortmunder Stadtgebiets berichtet. 794 fand die wahrscheinlich bedeutendste Schlacht dieses fränkischen Eroberungszuges auf dem Sintfeld bei Bad Wünnenberg in der Gegend von Paderborn statt.
Beim demonstrativen Reichstag der siegreichen Franken von 799 im westfälischen Paderborn fand ein Treffen von Karl dem Großen und Papst Leo III. statt. Dabei wurde die römische Kaiserkrönung für das Folgejahr vereinbart.
Es folgte die gewaltsame, systematisch durchgeführte Christianisierung Westfalens. Am alten Glauben festzuhalten galt den neuen Machthabern als Widerstand gegen die Frankenherrschaft und bedeutete die Todesstrafe für die Gläubigen. Die christliche Religion war Teil der Herrschaftsstrategie der Eroberer. Erster Bischof von Münster wurde Liudger, der dort in einer Domburg residierte. Weitere Bischofssitze wurden Minden und Paderborn. Corvey entwickelte sich zu einem der mächtigsten Klöster und wichtigem religiösem Zentrum. Mit der fränkischen Herrschaft begann die Vermittlung des antik-mediterranen Kulturerbes - der karolingischen Renaissance - in Westfalen.
Politisch wurde Westfalen Teil des dem Fränkischen Reich eingegliederten Herzogtums Sachsen mit Grafenverwaltung. Die Zahl der Thinge (Gerichtstage) wurde erheblich eingeschränkt. Doch blieb ein eigenes Recht in der Karolingerzeit, die Lex Saxonum.
Mit dem Hellweg durchzog einer der wichtigsten Wege des Reisekaisertums der Ottonischen Zeit Westfalen in West-Ost-Richtung. Dortmund, am Hellweg gelegen, war eine der bedeutendsten Kaiserpfalzen, in der die Könige und Kaiser wiederholt Ostern, als höchstes christliches Fest, verbrachten.
Hochmittelalter
Unter anderem aus dem südlichen Teil des Herrschaftsgebiets der seit etwa 1000 belegten Grafen von Werl, deren Besitzungen vom heutigen Schleswig-Holstein im Norden bis ins Sauerland im Süden reichten, entstand im 12. Jh. ein territoriales Westfalen unter der Herrschaft der Erzbischöfe von Köln. Gebietsansprüchen der Kölner Erzbischöfe vermochte die Grafenfamilie nicht zu widerstehen. Die Kirchenfürsten strebten in den Machtbereich der Grafen und brachten Stück für Stück Teile des gräflichen Besitzes unter ihre Herrschaft. Die so begründete Macht der Erzbischöfe von Köln im Sauerland und damit in Westfalen konnte in der Folgezeit weiter ausgebaut werden. Bedingt durch Erbteilung und die Herrschaftserweiterung der Erzbischöfe siedelte das Grafengeschlecht nach Arnsberg um und nannte sich fortan Grafen von Werl-Arnsberg und schließlich Grafen von Arnsberg.
Nach der Entmachtung des Sachsenherzogs Heinrich der Löwe durch Barbarossa wurde die Herzogswürde in Sachsen geteilt. Herzog von Westfalen und Engern wurden die Erzbischöfe von Köln, 1180 war dies Philipp I. von Heinsberg, dessen Herrschaftsbereich sich über die zum Erzbistum Köln gehörenden Gebiete Sachsens sowie über das Bistum Paderborn erstreckte. Seit der Bildung des Herzogtums Westfalen-Engern wurde Engern mehr und mehr mit Westfalen identifiziert.
Zwar übten die Erzbischöfe die herzogliche Gewalt für das gesamte so definierte Westfalen aus, doch die politische Macht der einzelnen Territorien war zwischen Grafen und Bischöfen aufgeteilt. Eine besondere Entwicklung erfuhr die Grafschaft Mark, mit ihrem Territorium in Süd-Westfalen, die nach der Schlacht von Worringen 1288 zu weitgehender politischer Unabhängigkeit gelangte. Das als Herzogtum Westfalen bezeichnete Territorium war zunächst ein relativ kleines Gebilde von Besitzungen um Werl, Rüthen und Brilon vom Hellweg entlang der Möhne, sowie Medebach, Winterberg und Attendorn im Sauerland. Sie waren seit 1102 in den unmittelbaren Besitz der Erzbischofe von Köln gelangt und zum großen Teil 1180 aus Besitzungen Heinrichs des Löwen übertragen worden.
Seit Mitte des 13. Jh. bildeten sich in Westfalen Städtebünde heraus. Mit Dortmund und Soest befanden sich, nach Köln, in Westfalen die beiden größten Städte des Hochmittelalters auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik. Dortmund entwickelte sich zur einzigen Reichsstadt in Westfalen. Sein Großes Turm-Siegel des 13. Jh. verkündete stolz: Sigillum Tremonie Civitatis Westfalie.
Beiden Städten, Soest wie Dortmund, kam eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Stadtrechten zu. Dortmund war darüber hinaus Vorort für alle Westfälischen Städte im Hanseverbund.
Spätmittelalter
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bildete das Herzogtum Westfalen ein vollständig geschlossenes Territorium. Der Ankauf der Grafschaft Arnsberg 1368 fügte die bis dahin getrennten nördlichen und südlichen Besitzungen der Erzbischöfe im Sauerland zusammen. Arnsberg entwickelte sich zum Hauptort des Herrschaftsgebietes.
Dortmund konnte sich Ende des 14. Jahrhunderts in der Großen Dortmunder Fehde gegen kriegerische Angriffe der benachbarten Grafschaft Mark und des Erzbistums Köln durchsetzen. Die Souveränität als Reichsstadt konnte verteidigt werden. Im Jahre 1444 löste sich Soest, ebenfalls in Fehde, vom Erzbistum Köln (Soester Fehde 1444-1449). Zeitgleich gewann innerhalb der Hanse die Stadt Münster an Bedeutung.
Rechtshistorisch bedeutend für das ganze Reich wurde die Tätigkeit der westfälischen Femegerichte im 14. und 15. Jahrhundert. Nicht nur Westfalen, auch viele Auswärtige erhoben vor diesen Gerichten Klage. Das Geheimverfahren und die schnelle Urteilsvollstreckung (Tod durch Erhängen) machten die Feme zu einem Ausnahmeprozess, der Begriff der Feme ist noch heute geläufig und wurde im 20. Jahrhundert von radikalen politischen Gruppen wieder aufgegriffen.
Frühe Neuzeit und Glaubenskriege
Westfälischer Reichskreis
Im Zuge der Reichsreform Maximilian I. wurden im Jahr 1512 auf dem Reichstag zu Köln neue Reichskreise gebildet, einer davon war der Westfälische Reichskreis. Er umfasste die Gebiete von der ostfriesischen Nordseeküste, über Niederrhein, Münsterland und Sauerland, in etwa die Gebiete von der Weser bis zum Rhein. Zum Kreis zählte auch das Hochstift Lüttich, jedoch nicht die zum Kurrheinischen Kreis gehörigen Territorien. Damit war das Herzogtum Westfalen nicht Bestandteil des Westfälischen Reichskreises, ebenso wenig wie das Vest Recklinghausen.
Reformation in den Städten und Territorien
Bereits 1525 fasste die Reformation in Dortmund Fuß. Bald folgte Soest. Protestantische Bildethik fand hier ihren Ausdruck in den Kupferstichen Heinrich Aldegrevers. Entscheident für die Konfessionslandschaft der folgenden Jahrhunderte waren jedoch die Entscheidungen der jeweiligen Landesherren in der Konfessionsfrage. Während sich im Gebiet der Mark, des bergischen Landes und Minden-Ravensberg der Protestantismus durchsetze, scheiterten diese Versuche in den geistlichen Territorien des Bistums Paderborn und Münster. Das Herzogtum Westfalen als kölnischer Besitz stand durch den Übertritt zweier Erzbischöfe zum Protestantismus kurz vor einem Konfessionswechsel. Im Fall des Gebhard Truchsess von Waldburg sorgte eine militärische Auseinandersetzung für ein Ende dieser Ambitionen, die in der Region in einigen Städten durchaus auf Sympathie gestoßen waren. Die katholisch gebliebenen Territorien Westfalens wurden im 16. und 17. Jahrhundert von der Gegenreformation geprägt.
Täufer
Eine zeitweilig ungewöhnliche Entwicklung nahm Münster während der Herrschaft der Täufer. Da die Täufer die Taufe unmündiger Kinder als unbiblisch und deshalb als ungültig verwarfen, wurden Mündige aufgrund ihres persönlichen Glaubensbekenntnisses erneut getauft. Diese radikal-reformatorische religiöse Bewegung hatte in den Niederlanden eine breite Anhängerschaft gefunden. Von dort erreichte sie 1534 Münster, das sich bereits zwei Jahre zuvor der lutherischen Reformation geöffnet hatte. Die Täufer erlangten solche Macht, dass schließlich der Bischof von Münster sowie alle Andersdenkenden vertrieben wurden und eine straffe Theokratie - ein „neues Jerusalem“ - errichtet wurde. Erst nach Ablauf eines ganzen Jahres der Belagerung gelang den Truppen des Bischofs und seiner Verbündeten die Rückeroberung der Stadt nach Verrat. Es folgten grausige Hinrichtungen der Anführer der Täuferbewegung um Jan van Leyden. In der Folge war der Katholizismus im Fürstbistum Münster gefestigt.
Auch in anderen Städten Westfalens waren Täufer aktiv. Doch begnügte man sich im allgemeinen mit deren Vertreibung, wenn sie nach politischer Macht strebten. In Dortmund wurde 1538 der Wiedertäufer Peter von Rulsem hingerichtet
Hexenverfolgungen
In Westfalen fanden reichsweit die größten Hexenverfolgungen statt. Hier wurde ca. 1 % der gesamten Bevölkerung hingerichtet. Im Herzogtum Westfalen wurden 900 Menschen in Hexenprozessen verbrannt. Viele Opfer gab es im Vest Recklinghausen und im kurkölnischen Westfalen. In der Grafschaft Lippe und in der Stadt Lemgo fielen 430 Personen den Hexenverfolgungen zum Opfer. Besonders viele Hinrichtungen gab es in Balve, Bilstein, Fredeburg, Geseke, Hallenberg, Menden, Oberkirchen, Rüthen, Werl.
Berüchtigte Hexenrichter in Westfalen waren: Franz Buirmann, Dr. Heinrich von Schultheiß.
Schon früh wurde in Westfalen Kritik an Hexenprozessen und Folter geübt: Johann Weyer, Anton Praetorius, Hermann Löher, Michael Stappert, Friedrich Spee.
Dreißigjähriger Krieg
Die am Hellweg gelegenen westfälischen Städte waren besonders stark von den Zerstörungen und Plünderungen des Dreißigjährigen Krieges betroffen. Dortmund wurde immer wieder von katholischen, wie auch von protestantischen Truppen wegen seines Reichtums zu hohen Geldleistungen gezwungen. Dabei war gerade die von Territorialherren unabhängige Reichsstadt tolerant gegenüber lutherischen wie katholischen Einwohnern geblieben. Für mehrere Monate nahmen 1632 die Truppen des kaiserlichen Befehlshabers Graf zu Pappenheim in Dortmund Quartier. Auch Pappenheim verzichtete nur gegen Lösegeld auf das Niederbrennen der Stadt. Ähnlich stark hatte das märkische Soest unter den Folgen des Krieges zu leiden. Ebenfalls die kleineren Städte, wie Bochum, Hattingen oder Recklinghausen oder Paderborn waren vom Krieg betroffen. Das bäuerliche Land wurde immer wieder ausgeplündert.
Das von der breiten Heerstraße des Hellwegs weit abgelegene Münster dagegen blieb weitgehend von den Kriegswirren verschont. Nur einmal wird die nordwestfälische Stadt von hessischen Truppen bedroht, doch nicht ernsthaft beschädigt. Durch ihre Unversehrtheit war die Stadt, mit Osnabrück, am Ende des Krieges einer der wenigen Orte in dem die Friedensverhandlungen stattfinden konnten, obwohl sich besonders die spanischen Gesandten wiederholt über die Provinzialität des Tagungsortes äußerten.
Am 24. Oktober 1648 wurde in Münster und Osnabrück der Westfälische Frieden geschlossen. Er beendete den Dreißigjährigen Krieg und begründete ein neues politisches System in Europa.
Königreich Westphalen
Das durch Napoleon gebildete Königreich Westphalen mit der Hauptstadt Kassel, das von Ostwestfalen bis ins heutige Sachsen-Anhalt reichte, bestand nur sechs Jahre von 1807 bis 1813. Die weitaus meisten Gebiete Westfalens waren in napoleonischer Zeit dem Großherzogtum Berg zugeordnet.
Preußische Provinz Westfalen
Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde der Staat Preußen durch die Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815 in 10 Provinzen eingeteilt. Dabei wurde auch die Provinz Westfalen gebildet. Provinzhauptstadt wurde Münster (Westfalen).
Sie umfasste im Wesentlichen die bereits vor 1800 zu Preußen gehörigen Gebietsteile Minden, die Grafschaften Mark und Ravensberg, Tecklenburg sowie die nach 1803 an Preußen gelangten Fürstbistümer Münster und Paderborn sowie einige kleinere Herrschaften, darunter die Grafschaften Nassau-Siegen und Limburg/Lenne. Im Jahr 1816 kam noch das Herzogtum Westfalen hinzu.
Die Provinz Westfalen bestand aus einem nahezu geschlossenen Gebiet und war verwaltungsmäßig in die Regierungsbezirke Arnsberg, Minden und Münster gegliedert. 1816 wurde der Landkreis Essen in die Rheinprovinz eingegliedert. 1851 und auch während der Weimarer Republik wurden die Grenzen der Provinz geringfügig verändert.
Reaktionen auf Gründung der Provinz
Die Errichtung der Provinz Westfalen stieß in den betroffenen Regionen auf unterschiedliche Reaktionen. In den bereits altpreußischen Gebieten wie Minden-Ravensberg oder der Grafschaft Mark gab es teilweise Freudenkundgebungen über die Rückkehr in den alten Staatsverband. Im Siegerland erleichterte die protestantische Konfession die Akzeptanz der preußischen Regierung. Besonders skeptisch stand man im katholischen Münsterland, im Paderborner Land und dem Herzogtum Westfalen den neuen Landesherren gegenüber. Gerade auch der katholische Adel, der in den alten geistlichen Staaten eine hervorragende Rolle gespielt hatte, blieb überwiegend skeptisch.
Auf längere Sicht hatte die Zusammenführung so unterschiedlicher Territorien in einer Provinz auch identitäts- und bewusstseinsbildende Folgen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts erinnerte man sich zwar immer noch an die Vergangenheit der alten Territorien, daneben entwickelte sich - von der preußischen Regierung bewusst gefördert - auch ein westfälischen Selbstverständnis.
Insgesamt sorgte die preußische Verwaltung für eine Angleichung der politischen Institutionen und Verwaltungseinrichtungen. Eine gewisse Ausnahme war das Rechtswesen. In den meisten Teilen Westfalens wurde das Allgemeine Landrecht (ALR) die rechtliche Grundlage. Im Herzogtum Westfalen und beiden Wittgensteiner Grafschaften galten weitgehend die alten regionalen Rechtstraditionen weiter, ehe gegen Ende des 19.Jahrhunderts das „bürgerliche Gesetzbuch“ eingeführt wurde.
Westfalen im Vormärz
Die bildungsbürgerlichen Eliten sowohl auch aus dem katholischen Westfalen haben die preußische Regierung zunächst als Motor des Fortschritts begrüßt. Johann Friedrich Joseph Sommer aus dem Sauerland oder Franz Leo Benedikt Waldeck aus Münster setzten in den ersten Jahren noch auf eine Fortsetzung der Reformen und insbesondere auf den Erlass einer Verfassung. Dabei forderte der Adel meist eine Wiederherstellung der altständischen Zustände, während vom Bürgertum auch liberale Ideen vorgetragen wurden. In Zeitungen wie dem "Rheinisch-Westfälischen Anzeiger" oder "Hermann" wurde der Wunsch nach einer Verfassung anfänglich noch deutlich artikuliert. Verfassungsentwürfe kamen etwa von Johann Friedrich Joseph Sommer oder von Arnold Mallinckrodt aus Dortmund. Weiter Teilnehmer der Verfassungsdebatte waren Adam Philipp Storck und Freiherr Friedrich Alexander von Hövel. Die wohlwollende Haltung änderte sich mit dem Beginn der Reaktionszeit, dem Ausbleiben einer gesamtstaatlichen Verfassung und der Zensur der Presse deutlich. Daran änderte auch die Einrichtung von Provinziallandtagen im Jahr 1823 nur wenig, da ihnen zentrale parlamentarische Kompetenzen fehlten. Sie hatten etwa kein Steuerbewilligungsrecht, waren an der Gesetzgebung nicht beteiligt und hatten im Wesentlichen nur beratende Funktion. Der erste westfälische Provinziallandtag tagte 1826 im Ratshaus von Münster.
Zusätzlich zur Enttäuschung über die weitgehend ausbleibenden Reformen erregte im katholischen Westfalen die Verhaftung des Kölner Erzbischofs Clemens August Droste zu Vischering 1837 während des so genannten „Mischehenstreits“ zu einer gewissen Politisierung des regionalen Katholizismus. In den 1830/40er Jahren verdichten sich zudem die liberalen, demokratischen und teilweise sogar sozialistischen Diskussionskreise. (z.B. um die Zeitschrift „Weserdampfboot“, später „Westphälisches Dampboot“ seit 1844). Darüber hinaus führte die von vielen ländlichen Gruppen negativ beurteilten Agrarreformen zu wachsender Unzufriedenheit. Hinzu kamen in den 1840er Jahren mehrere schlechte Ernteausfälle, die vor allem in den Städten die Nahrungsmittelpreise erheblich ansteigen ließen.
Revolution von 1848/49 in Westfalen
Gegen Ende der 1840er Jahre gab es aus unterschiedlichen Gründen ein hohes Maß an Unzufriedenheit. Nach dem Bekannt werden der Märzrevolution in Paris und den deutschen Hauptstädten, kam es in Teilen Westfalens vor allem im Sauerland, dem Wittgensteiner und dem Paderborner Land zu Unruhen der Landbevölkerung, so wurde etwa das Renteigebäude des Schlosses Bruchhausen bei Olsberg verwüstet und die Akten unter Absingen von Freiheitsliedern verbrannt. Auch Schlösser in Dülmen und bei Düren wurden verwüstet. Dieser Aufstand der Landbevölkerung wurde vom Militär freilich rasch niedergeschlagen. In den frühindustrialisierten Gebieten Westfalens etwa der Grafschaft Mark kam es zu in einigen Orten zur Stürmung von Fabriken. In den Städten dagegen sah man sich nach der Ernennung von liberalen Märzministerien am Ziel der politischen Wünsche und feierte den Sieg der Revolution fast überall mit Umzügen und dem Hissen der schwarz-rot-goldenen Fahne. Daneben gab es vor allem in den altpreußischen Gebieten eine einflussreiche antirevolutionäre Richtung, in der Grafschaft Mark vor allem um den Unternehmer Friedrich Harkort, der mit seinen bekannten „Arbeiterbriefen“ für seine Ansichten warb.
Bei den Wahlen zur Nationalversammlungen in Berlin und Frankfurt bestimmte kaum die politische Richtung der Kandidaten, sondern ihr Ansehen in der Bevölkerung eine Rolle. Im Sauerland etwa wurde so unterschiedliche Personen (die nicht zwingend aus den Wahlkreisen stammen mussten) wie der Konservative von Radowitz, der zwischen Liberalismus und ultramontaner Weltanschauung schwankende Johann Friedrich Sommer oder der Demokrat Carl Johann Ludwig Dham gewählt. Führende Westfalen in der Berliner Nationalversammlung waren unter anderem die Demokraten Benedikt Waldeck und Jodocus Temme. In Berlin spielte bei der Verfassungsdiskussion Waldeck („Charte Waldeck“) auf der Linken und Sommer auf der Rechten eine erhebliche Rolle.
In Frankfurt wurde Westfalen unter anderem von dem Liberalen Georg Freiherr von Vincke, Gustav Höfken oder den späteren Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler vertreten. In der Region selbst bildeten sich politische Clubs und Zeitungen jeglicher politischer Couleur. In Petitionen forderten Berufsgruppen und Gemeindevertretungen ihre Abgeordneten auf bestimmte Forderungen in den Nationalversammlungen zu vertreten.
In den folgenden Monaten nahm die politische Erregung erkennbar ab. Gerade in katholischen Gebieten wurde die Wahl von Erzherzog Johann zum Reichsverweser durch die Frankfurter Nationalversammlung auf große Zustimmung und wurde etwas in Winterberg durch ein patriotisches Fest gefeiert. Erst die beginnende Gegenrevolution verstärkte die politischen Erregung wieder deutlich. In vielen Gebieten Westfalens nahm die Bedeutung der demokratischen Bewegung an Bedeutung zu, während zögerliche Altliberale wie Johann Sommer den Unmut der Bevölkerung deutlich zu spüren bekamen. In Westfalen kam es angesichts der Bedrohung der revolutionären Errungenschaft zur Zusammenarbeit von Demokraten und konstitutionellen Liberalen, die im November 1848 im „Kongress für die Sache und Rechte der preußischen Nationalversammlung und des preußischen Volkes“ in Münster gipfelte. Nach der Auflösung der preußischen Nationalversammlung siegten in vielen Teilen Westfalens bei der Wahl zur zweiten preußischen Kammer denn auch demokratische Kandidaten wie etwa Gierse. Den Höhe- und Endpunkt der Revolution in Westfalen war die gewaltsame Niederschlagung des Iserlohner Aufstandes. Einige führende westfälische Revolutionäre wie Temme oder Waldeck wurden von den Behörden später politisch verfolgt.
Ländliche Räume und Industrialisierung in Westfalen
Vorindustrielle Zeit
Westfalen war bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine wirtschaftlich und sozial außerordentlich vielgestaltige Region. Vor allem im westfälischen Flachland mit seinen teils außerordentlich fruchbaren Böden etwa in weiten Teilen des Münsterlandes, am Hellweg oder dem Paderborner Land dominierte die Landwirtschaft. In den meisten dieser Gebiete (mit Ausnahme des Gebiets des heutigen Ruhrgebiets) blieb die Landwirtschaft bis weit ins 20. Jahrhundert hinein der dominierende Wirtschaftszweig.
Diese reichte am Anfang des 19. Jahrhunderts aber häufig nicht aus um die seit dem 18.Jahrhundert wachsende Bevölkerung ausreichend zu ernähren. Die Zahl der Landarmen und Landlosen nahm zu. Viele suchten außerhalb ihrer Wohnorte nach Verdienstmöglichkeiten. Hausierer (wie der Symbol des Landes gewordene Kiepenkerl), die Sauerländer Wanderhändler oder die Hollandgänger.
Daneben gab es einige gewerbliche Schwerpunkte, deren Produkte auf den überlokalen Warenmarkt ausgerichtet waren. In Minden-Ravensberg spielte die vorindustrielle Leinenproduktion eine wichtige Rolle. Die Herstellung der Stoffe erfolgte dabei meist im Heimarbeit und wurde durch sogenannte Verleger aufgekauft und vertrieben ("Protoindustrie").
In Südwestfalen bestand unter Einschluss des Siegerlandes, Teilen des Herzogtums Westfalen und dem märkischen Sauerland eine arbeitsteilige Eisenproduzierende und -verarbeitende Region, die sich jenseits der Provinzgrenze im Bergischen Land fortsetze. Das vor allem im Siegerland und östlichen Sauerland geförderte Erz wurde verhüttet (z.b.Wendener Hütte) und im Westen der Region zu Fertigwaren weiterverarbeitet (z.B. Drahtzieherei in Altena und Lüdenscheid oder die Iserlohner Nähnadelproduktion). Im südlichen Teil des späteren Ruhrgebiets wurde bereits seit längerem für die benachbarten Gewerberegionen Steinkohle abgebaut.
Industrialisierung
Das Ende der Kontinentalsperre öffnete die Region gegenüber den englischen Industrieprodukten. Vor allem die heimgewerbliche Textilherstellung war dieser Konkurrenz auf längere Sicht nicht gewachsen und verschwand schließlich vom Markt. Durch eine rechtzeitige Umstellung auf die industrielle Produktionsform gelang in und um Bielefeld die Anpassung an die neue Zeit. Die "Ravensberger Spinnerei" (gegründet 1854 durch Hemann Delius) war die größte Flachsspinnerei Europas. Im Jahr 1862 folgte die "Bielefelder Actiengesellschaft für mechanische Weberei." Später war die Nachfrage der Textilbetriebe ein Grund für das Entstehen einer eisen und metallverarbeiten Industrie in diesem Gebiet.
Allerdings konnte die neue mechanisierte Industrie nicht das Arbeitskräftepotential beschäftigten wie die alte Heimindustrie. Gerade in den Leinengebieten Westfalens waren der Pauperismus und die Auswanderung der ländlichen Unterschichten nach Übersee im Vormärz eine weit verbreitete Erscheinung.
In den eisen- und metallverarbeitenden südwestfälischen Gebieten hatte die industrielle Konkurrenz aus dem Ausland zunächst nur begrenzte negative Auswirkungen. Vom Markt verschwand etwa die vorindustrielle Blechproduktion in und um Olpe.
Gefährlicher für die alten Hütten und Hammerwerke war das Entstehen einer mit damals modernen Mitteln arbeitenden Industrie in Westfalen selbst. Ihre Basis war die im späteren Ruhrgebiet gefundene Steinkohle. Entscheident für die Entwicklung des Bergbaus an der Ruhr war dabei die Entstehung der Tiefbauzechen, die den Abbau auch unterhalb der Mergelschicht erlaubte. Dies geschah erstmals 1837 bei Essen (im rheinischen Ruhrgebiet) in Westfalen war die Zeche "Präsident" bei Bochum 1841 der erste Betrieb dieser Art.
Friedrich Harkort gründete 1818 zusammen mit Heinrich Kamp in Wetter eine mechanische Werkstatt und 1826 am selben Ort das erste Puddelwerk Westfalens. Später wurde das Werk nach Dortmund verlegt und es entwickelten sich daraus das Hüttenwerk "Rothe Erde." Bald folgten vergleichbare Gründungen in Hüsten ("Hüstener Gewerkschaft"), Warstein, Lünen ("Westfalia Hütte"), Haspe ("Hasper Hütte"), Bochum ("Bochumer Verein") und anderen Orten. Diese neuen mit Steinkohle produzierenden Unternehmen waren deutlich produktiver als die auf die teure Holzkohle angewiesenen vorindustriellen Betriebe. In Teilen des Sauerlandes kam es zu einer regelrechten Deindustrialisierung. An ihre Stelle trat vielerorts die nunmehr nach rationellen Methoden betriebene Forstwirtschaft. Nur an wenigen Orten kam es etwa wie in Schmallenberg mit Konzentration auf die Strumpfindustrie zu neuen industriellen Entwicklung. Mit abnehmender Tendenz wurde auch weiter Bergbau betrieben.
Im weiteren Verlauf des Jahrhunderts verlagerte sich die Montanindustrie immer stärker in die Nähe der Kohlegruben im Ruhrgebiet. Seit den 1850er Jahren entstand etwa die "Hermannshütte" bei Dortmund, die Aplerbecker Hütte, der Hörder Bergwerks- und Hütten-Verein oder die "Henrichshütte" bei Hattingen. Dadurch gerieten einige der frühindustrialisierten Gebiete in Südwestfalen ins Abseits und konnte sich vielfach nur durch die Konzentrierung auf besondere Produkte behaupten (z.B.Blechproduktion in Hüsten). Spätestens seit der Mitte des 19. Jahrhundert war der westfälische Teil des Ruhrgebiets mit seinen Kohlegruben und der Montanindustrie zum eindeutigen wirtschaftlichen Zentrum der gesamten Provinz geworden.
Bevölkerungswachstum und sozialer Wandel
Die dort entstehenden Arbeitsplätze zogen zunächst zahlreiche Arbeitssuchende aus den ländlichen und wirtschaftlich stagnierenden Teilen der Provinz an. Seit etwa den 1870er Jahren war das Arbeitskräftepotential Westfalens weitgehend ausgeschöpft und die Unternehmen warben immer mehr Arbeiter aus den östlichen Provinzen Preußens an. Dadurch entstand im Revier ein besonderer Bevölkerungstyp, der sich vom westfälischen Umland in einigen Aspekten etwa der Sprache unterschied. Im Jahr 1871 hatte die Provinz Westfalen 1,78 Millionen Einwohner, dass waren nur etwas mehr als 14% mehr als 1858. Bis 1882 stieg die Bevölkerung dann um mehr als 20% und ähnlich hoch war die Steigerung bis 1895. In den nächsten zehn Jahren bis 1905 stiegen die Einwohnerzahlen dann um mehr als 30% auf mehr als 3,6 Millionen. Den stärksten Zuwachs erlebte dabei der Regierungsbezirk Arnsberg, wo sich die meisten der westfälischen Industriegemeinden befanden. So stieg die Bevölkerungszahl in den Regierungsbezirken Münster und Minden von 1818 bis 1905 um etwas mehr als 100% an, im Regierungsbeirk Arnsberg waren es über 400%.
Vor allem im Ruhrgebiet aber abgeschwächt auch in den übrigen sich industrialisierenden Teilen Westfalens waren die sozialen Folgen der Industrialisierung beträchtlich. In diesen Gebieten wurde die Arbeitebevölkerung zu der mit Abstand größten sozialen Gruppe. Durch die Zuwanderung wuchs die Bevölkerung zeitweise sprunghaft an, es fehlte an günstigen Wohnraum und gerade im Ruhrgebiet waren Kost- und Schlafgänger eine weit verbreitete Erscheinung. Teilweise versuchten die Unternehmen diese Not durch Werkswohnungen oder Bergarbeiterkolonien abzustellen. Der Hintergedanke war freilich auch die Bildung einer firmentreuen Belegschaft, die so von der Arbeiterbewegung fern gehalten werden sollte.
Im Zuge des Bevölkerungswachstums entwickelten sich eine Reihe von Städten und Gemeinden zu Großstädten. Während Städte wie Dortmund oder Bochum dabei auf eine alte städtische Tradition mit einem traditionsreichen Stadtbürgertum zurückblicken konnten, wuchsen Orte wie Gelsenkirchen oder Recklinghausen innerhalb weniger Jahrzehnte von kleinstädtischen oder dörflichen Dimensionen zu einer Großstadt an. Ein Kennzeichen der rasch wachsenden Industriestädte war das weitgehende Fehlen eines Bürgertums und eines schwachen Mittelstandes. Die Städte konzentrierten sich zunächst auf die nötigsten Infrastrukturmaßnahmen wie Ver- und Entsorgungseinrichtungen, öffentlichen Nahverkehr, Schulen u.ä. erst im weiteren Verlauf kamen auch kulturelle Einrichtungen wie Mussen oder Theater in den neuen Revierstädten hinzu. Aber auch Witten, Hamm, Iserlohn, Lüdenscheid und vor allem Hagen nunmehr am Rand des Revier sowie Bielefeld entwickelten sich zu industriell geprägten Großstädten.
Politische Kultur im Kaiserreich und während der Weimarer Republik
Die politische Kultur Westfalens, die sich vor allem in der langfristigen Entwicklung der Wahlergebnisse widerspiegelt, hing eng mit der unterschiedlichen Konfessions- und Sozialstruktur aber auch den politischen Traditionen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zusammen. Insbesondere die Konfessionsstruktur spielte für die westfälische Entwicklung eine zentrale Rolle. Wie in ganz Deutschland kam es in unterschiedlicher Ausprägung zur Bildung von katholischen und sozialdemokratischen Milieus, die mit ihrem Organisationswesen das Leben ihrer Anhänger "von der Wiege bis zur Bahre" in hohen Maße beeinflussten. Weniger deutlich war dies bei Liberalen und Konservativen.
Zentrum
Vor allem seit dem Kulturkampf konnte die Zentrumspartei anknüpfend an Traditionslinien des Vormärz und der Revolution von 1848/49 die politische Landschaft in den katholischen Teilen der Provinz weitgehend monopolisieren. Gestützt auf die Konfession wurde die Partei fast unabhängig vom jeweiligen sozialen Status von den katholischen Arbeitern, der Landbevölkerung, dem Bürgertum bis hin zum Adel gewählt. Westfalen war eines der Kerngebiete dieser Partei. Wohl nicht zufällig trafen sich einige Politiker in den 1860er Jahren in Soest um die Gründung einer katholischen Partei zu diskutieren.
Innerhalb des politischen Katholizismus machten sich vor allem seit den 1890er Jahren die sozialen Unterschiede in einer regional differenzierten Ausrichtung der Partei bemerkbar. In überwiegend ländlichen Gebieten war das Zentrum nicht selten eher konservativ ausgerichtet. Es war kein Zufall, dass der spätere Reichskanzler Franz von Papen, der auf dem äußersten rechten Flügel des Zentrums stand, aus der eher agrarischen Hellwegstadt Werl kam und im Münsterland seine politische Basis hatte.
Dagegen war in industriell geprägten Teilen der Provinz der soziale Katholizismus besonders stark. Gerade im Ruhrgebiet und im Sauerland spielte diese Spielart eine wichtige Rolle. Die christlichen Gewerkschaften etwa waren dort meist stärker als die sozialdemokratische Konkurrenz und führende sozialpolitisch engagierte Katholiken wie August Pieper, Franz Hitze, die beiden führend im "Volksverein für das katholische Deutschland" tätig waren, kamen aus Westfalen.
Neben allgemeinen Säkularisierungstendenzen war gerade die soziale Ausrichtung des politischen Katholizismus einer der Gründe weshalb das Zentrum vor allem während der krisengeschüttelten Weimarer Republik unter mittelständischen Kreisen an Rückhalt verlor. Im Sauerland etwa büßte die Partei von 1919-1933 etwa 20% ihres ursprünglichen Stimmenanteils ein. Gleichwohl blieb sie in den katholischen Gebieten in der Regel die führende politische Kraft.
Sozialdemokratie
Die Folge der Dominanz des Zentrums in Westfalen war, dass der politische Liberalismus, der Konservatismus und die Sozialdemokratie im Wesentlichen auf das protestantische Westfalen beschränkt blieben. Es war kein Zufall das einige führende Politiker aus der Anfangszeit der Sozialdemokratie wie Carl Wilhelm Tölcke oder Wilhelm Hasenclever zwar aus dem katholischen Sauerland stammten, aber ihre politische Karriere in den benachbarten protestantischen Regionen begannen.
Das märkische Sauerland und die Gegend um Bielefeld waren früh Hochburgen der Sozialdemokratie. Gerade im märkischen Bereich war der ADAV von Ferdinand Lassalle und seinen Nachfolgern stark. Im Bielefeld bestimmten Persönlichkeiten wie Carl Severing vom Kaiserreich bis in die ersten Jahre der Bundesrepublik das politische Leben in hohen Maße mit.
Das westfälische Ruhrgebiet war keinesfalls vor 1933 eine "Herzkammer" der SPD. Zwar war der sozialdemokratische so genannte "Alte Verband" die erste Bergarbeitergewerkschaft, kaum schwächer war aber seit der Wende zum 20. Jahrhundert die christliche Konkurrenz, zu der später eine ebenfalls bedeutende polnische Organisation hinzukam. Nur in Überwiegend protestantischen Teilen des Reviers - wie in Dortmund - konnte die SPD vor dem ersten Weltkrieg eine bedeutende Stärke erreichen. Im Ruhrgebiet waren die Bergarbeiterführer Otto Hue und Fritz Husemann gleichzeitig auch zentrale Personen der Sozialdemokratie.
Noch direkter als die Zentrumspartei wurde die SPD gerade im Revier von den Krisen der Weimarer Republik getroffen. Die Enttäuschung über die Haltung der Partei etwa während des Ruhrkampfs (1920), die Not der Inflation und der Weltwirtschaftskrise trieb zahlreiche Arbeiter in die Reihen des extremen Linken zum Teil zunächst in ihrer syndikalistischen später in ihrer kommunistischen Form. Im Revier war die KPD bereits vor der Weltwirtschaftskrise eine Massenpartei, während die SPD vielfach ins Hintertreffen geriet.
Vergleich des Wahlverhaltens in katholischen und protestantischen Teilgebieten bei der Reichstagswahl vom 5. März 1933 (in %) | ||||||||
Gebiet | NSDAP | SPD | KPD | Zentrum | DNVP | DVP | DDP | Sonstige |
Kreis Iserlohn | 40,35 | 16,36 | 16,01 | 16,58 | 6,39 | 0,68 | 0,46 | 3,18 |
Stadt Lüdenscheid | 32,75 | 20,79 | 22,85 | 6,87 | 9,19 | 1,61 | 1,63 | 4,32 |
Kreis Meschede | 23,14 | 3,06 | 6,49 | 60,99 | 5,68 | 0,25 | 0,13 | 0,28 |
Kreis Olpe | 14,34 | 6,88 | 5,83 | 69,12 | 3,29 | 0,24 | 0,09 | 0,22 |
(Quelle: Statistik des Deutschen Reiches)
Liberale und Konservative
Allerdings konnte die SPD während des Kaiserreichs in gewachsenen Städten wie Dortmund oder Bielefeld mit einem nennenswerten Bürgertum und einem vergleichsweise starken Mittelstand die politische Landschaft nicht monopolisieren. Dem standen nicht nur das Dreiklassenwahlrecht, sondern auch beachtliche liberale und konservative Kräfte gegenüber. Diese erreichte teilweise sogar die Arbeiterbevölkerung. Im Siegerland etwa blieb die protestantische Arbeiterbevölkerung lange Zeit konservativ oder hing gar der christlich-sozialen Richtung des Antisemiten Adolf Stoecker an. Erst während der Weimarer Republik gelang es dort den sozialistischen Parteien wirklich Fuß zu fassen. Ohne ein festes alle Lebensbereich umschließendes Milieu gingen vor allem die ehemaligen Wähler der Liberalen und Konservativen während der Weltwirtschaftskrise zu den Nationalsozialisten über.
Politische Daten zur Provinz Westfalen
Oberpräsidenten
- 1816 bis 1844 Ludwig Friedrich Freiherr von Vincke
- 1845 bis 1846 Justus Wilhelm Eduard von Schaper
- 1846 bis 1850 Eduard Heinrich Flottwell
- 1850 bis 1871 Franz Gerhard Xaver von Duesberg
- 1871 bis 1882 Friedrich Christian Hubert von Kühlwetter
- 1883 bis 1889 Robert Eduard von Hagemeister
- 1889 bis 1899 Heinrich Konrad Studt
- 1899 bis 1911 Gustav Wilhelm Eberhard Freiherr von der Recke von der Horst
- 1911 bis 1919: Dr. Karl Prinz zu Ratibor und Corvey, Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst
- 1919: Felix Friedrich Graf von Merveldt
- 1919 bis 1922: Dr. Bernhard Wuermeling, Zentrum
- 1922: Felix Friedrich Graf von Merveldt
- 1922 bis 1933: Dr. h. c. Johannes Gronowski, Zentrum
- 1933 bis 1938: Ferdinand Freiherr von Lüninck
- 1938 bis 1945: Dr. Alfred Meyer, NSDAP-Gauleiter
- 1945 bis 1946: Dr. Rudolf Amelunxen, (Zentrum)
Provinziallandtag
1921: Zentrum 35,5% - 49 Sitze | SPD 24,7% - 32 Sitze | DVP 13,0% - 18 Sitze | DNVP 8,8% - 11 Sitze | KPD 7,3% - 10 Sitze | USPD 4,6% - 6 Sitze | DDP 4,4% - 6 Sitze | Polen 1,7% - 2 Sitze
1925: Zentrum 35,1% - 50 Sitze | SPD 22,8% - 32 Sitze | DVP 11,7% - 17 Sitze | DNVP 10,7% - 16 Sitze | KPD 9,3% - 14 Sitze | DDP 2,7% - 5 Sitze | WP 2,2% - 4 Sitze
1929: Zentrum 32,9% - 46 Sitze | SPD 22,1% - 31 Sitze | KPD 9,3% - 13 Sitze | DVP 8,7% - 12 Sitze | WP 6,3% - 9 Sitze | DNVP 6,3% - 9 Sitze | EVD 4,0% - 6 Sitze | NSDAP 2,9% - 4 Sitze | DDP 2,5% - 4 Sitze | CNBL 2,2% - 4 Sitze
1933: NSDAP 36,2% - 50 Sitze | Zentrum 28,2% - 39 Sitze | SPD 15,1% - 21 Sitze | KPD 10,3% - 14 Sitze | DNVP 6,8% - 10 Sitze | CSVD 2,3% - 4 Sitze
Gebiet und Bevölkerung
20.215 km²; 5.205.705 Einwohner (Mai 1939)
Verwaltungsgliederung der Provinz Westfalen und des Landesteils Westfalen im Land Nordrhein-Westfalen
Heute noch existierende Kreise / Stadtkreise sind fett dargestellt.
Landkreise
- Landkreis Altena (bis zum 31. Dezember 1968, danach Landkreis Lüdenscheid, jetzt im Märkischen Kreis)
- Landkreis Arnsberg (bis zum 31. Dezember 1975, anschließend auf die Kreise Hochsauerlandkreis [Rechtsnachfolger], Märkischer Kreis und Soest aufgeteilt)
- Landkreis Bochum (bis zum 31. Juli 1929, dann fast alle Gemeinden in der Stadt Bochum)
- Landkreis Brilon (bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Hochsauerlandkreis)
- Landkreis Dortmund (bis zum 31. März 1928, dann fast alle Gemeinden in der Stadt Dortmund)
- Ennepe-Ruhr-Kreis (ab dem 1. August 1929, aus den Landkreisen Hagen, Hattingen und Schwelm gebildet)
- Landkreis Gelsenkirchen (ab dem 1. Juli 1885 bis zum 31. März 1926, dann etliche Gemeinden in der Stadt Gelsenkirchen, in der Stadt Wattenscheid und in der Stadt Wanne-Eickel)
- Landkreis Hagen (bis zum 31. Juli 1929, dann zur Stadt Hagen und zum Ennepe-Ruhr-Kreis)
- Landkreis Hamm (bis zum 16. Oktober 1930, dann in Landkreis Unna umbenannt)
- Landkreis Hattingen (ab dem 1. Juli 1885 bis zum 31. Juli 1929, dann zur Stadt Bochum und zum Ennepe-Ruhr-Kreis)
- Landkreis Hörde (ab dem 1. April 1887 bis zum 31. Juli 1929, dann zur Stadt Dortmund [Rechtsnachfolgerin], zum Landkreis Iserlohn und zum Landkreis Hamm)
- Landkreis Iserlohn (bis zum 31. Dezember 1974, dann zum Märkischen Kreis [Rechtsnachfolger], zum Kreis Unna und zur Stadt Hagen)
- Landkreis Lippstadt (bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Kreis Soest)
- Landkreis Lüdenscheid (ab dem 1. Januar 1969 bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Märkischen Kreis)
- Landkreis Meschede (bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Hochsauerlandkreis)
- Landkreis Olpe
- Landkreis Schwelm (ab dem 1. April 1887 bis zum 31. Juli 1929, dann zum Ennepe-Ruhr-Kreis und zur Stadt Wuppertal)
- Landkreis Siegen (bis zum 31. Dezember 1983, jetzt Kreis Siegen-Wittgenstein)
- Landkreis Soest (ab dem 1. Januar 1975 um das Gebiet des ehemaligen Landkreises Lippstadt erweitert)
- Landkreis Unna (ab dem 17. Oktober 1930, vorher als Landkreis Hamm)
- Landkreis Wittgenstein (bis zum 31. Dezember 1974, danach Kreis Siegen)
Mit Wirkung vom 1. Januar 1975 wurden bei der Kreisgebietsreform größere Kreise gebildet, u. a. die folgenden Kreise, die einen neuen Namen tragen:
Stadtkreise
- Stadtkreis Bochum (ab dem 24. Mai 1876)
- Stadtkreis Castrop-Rauxel (ab dem 1. April 1928 bis zum 31. Dezember 1974; jetzt im Kreis Recklinghausen)
- Stadtkreis Dortmund (ab dem 15. Februar 1875)
- Stadtkreis Gelsenkirchen (ab dem 1. April 1897 bis zum 31. März 1928, danach Eingliederung der Stadt Buer, neuer Name Gelsenkirchen-Buer im Reg.-Bez. Münster [s. d.])
- Stadtkreis Hagen (ab dem 1. April 1887)
- Stadtkreis Hamm (ab dem 1. April 1901)
- Stadtkreis Herne (ab dem 1. Juli 1906)
- Stadtkreis Hörde (ab dem 1. April 1911 bis zum 31. März 1928; jetzt Stadtteil der Stadt Dortmund)
- Stadtkreis Iserlohn (ab dem 1. April 1907 bis zum 31. Dezember 1974; jetzt im Märkischen Kreis)
- Stadtkreis Lüdenscheid (ab dem 1. April 1907 bis zum 31. Dezember 1968; danach Kreis Lüdenscheid, jetzt im Märkischen Kreis)
- Stadtkreis Lünen (ab dem 1. April 1928 bis zum 31. Dezember 1974; jetzt im Kreis Unna)
- Stadtkreis Siegen (ab dem 1. März 1923 bis zum 30. Juni 1966; danach Kreis Siegen, jetzt im Kreis Siegen-Wittgenstein)
- Stadtkreis Wanne-Eickel (ab dem 1. April 1926 bis zum 31. Dezember 1974; jetzt Stadtteil von Herne)
- Stadtkreis Wattenscheid (ab dem 1. April 1926 bis zum 31. Dezember 1974, jetzt Stadtteil von Bochum)
- Stadtkreis Witten (ab dem 1. April 1899 bis zum 31. Dezember 1974; jetzt im Ennepe-Ruhr-Kreis)
Regierungsbezirk Minden (bis 30. März 1947*) heute Regierungsbezirk Detmold
* mit Beitritt des Freistaates Lippe nach NRW aufgegangen in den neuen Regierungsbezirk Minden-Lippe (am 02.06.1947 umbenannt in Regierungsbezirk Detmold)
Heute noch existierende Kreise / Stadtkreise sind fett dargestellt.
Landkreise
- Landkreis Bielefeld (bis zum 31. Dezember 1972, dann zur Stadt Bielefeld [Rechtsnachfolgerin] und zum Kreis Gütersloh)
- Landkreis Büren (bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Kreis Paderborn)
- Landkreis Halle in Westfalen (bis zum 31. Dezember 1972, jetzt im Kreis Gütersloh)
- Landkreis Herford
- Landkreis Höxter
- Landkreis Lübbecke (bis zum 31. Dezember 1972, jetzt im Kreis Minden-Lübbecke)
- Landkreis Minden (bis zum 31. Dezember 1972, jetzt im Kreis Minden-Lübbecke)
- Landkreis Paderborn
- Landkreis Warburg (bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Kreis Höxter)
- Landkreis Wiedenbrück (bis zum 31. Dezember 1972, jetzt im Kreis Gütersloh)
1973 wurden durch die Kommunalreform größere Landkreise gebildet:
Der Landkreis Detmold und der Landkreis Lemgo (beide 1932 gebildet, seit 1947 in Nordrhein-Westfalen, ab 1973 hauptsächlich zum Kreis Lippe zusammengeschlossen) gehören zum lippischen Teil des Regierungsbezirks Detmold.
Stadtkreise
- Stadtkreis Bielefeld (ab dem 1. Oktober 1878)
- Stadtkreis Herford (ab dem 1. April 1911 bis zum 31. Dezember 1968; jetzt im Kreis Herford)
Heute noch existierende Kreise / Stadtkreise sind fett dargestellt.
Landkreise
- Landkreis Ahaus (bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Kreis Borken)
- Landkreis Beckum (bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Kreis Warendorf)
- Landkreis Borken
- Landkreis Coesfeld
- Landkreis Lüdinghausen (bis zum 31. Dezember 1974, anschließend auf die Kreise Coesfeld [Rechtsnachfolger], Unna, Warendorf und die Stadt Hamm aufgeteilt)
- Landkreis Münster (bis zum 31. Dezember 1974, anschließend auf die Kreise Steinfurt, Coesfeld, Warendorf und die Stadt Münster [Rechtsnachfolgerin] aufgeteilt)
- Landkreis Recklinghausen
- Landkreis Steinfurt
- Landkreis Tecklenburg (bis zum 31. Dezember 1974; jetzt im Kreis Steinfurt)
- Landkreis Warendorf
Stadtkreise
- Stadtkreis Bocholt (ab dem 1. September 1923 bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Kreis Borken)
- Stadtkreis Bottrop (ab dem 1. Januar 1921)
- Stadtkreis Buer (ab dem 1. Februar 1912 bis zum 31. März 1928, jetzt Stadtteil von Gelsenkirchen)
- Stadtkreis Gelsenkirchen (ab dem 1. April 1897 bis zum 31. März 1928 im Reg.-Bez. Arnsberg, am 1. April 1928 Umbenennung in Gelsenkirchen-Buer und Wechsel in den Reg.-Bez. Münster, am 21. Mai 1930 Rückbenennung in Gelsenkirchen)
- Stadtkreis Gelsenkirchen-Buer (ab dem 1. April 1928 bis zum 20. Mai 1930, Umbenennung in Gelsenkirchen
- Stadtkreis Gladbeck (ab dem 1. Januar 1921 bis zum 31. Dezember 1974, danach Stadtteil von Bottrop, ab dem 6. Dezember 1975 bis zum 30. Juni 1976 wieder kreisfreie Stadt (Stadtkreis), anschließend (ab dem 1. Juli 1976) kreisangehörige Stadt im Kreis Recklinghausen)
- Stadtkreis Münster
- Stadtkreis Recklinghausen (ab dem 1. April 1901 bis zum 31. Dezember 1974, jetzt im Kreis Recklinghausen)
Nordrhein-Westfalen
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Provinz Westfalen, die Regierungsbezirke Arnsberg, Minden und Münster zunächst Teil der Britischen Besatzungszone und durch die Verordnung Nr. 46 der Militärregierung vom 23. August 1946 Betreffend die Auflösung der Provinzen des ehemaligen Landes Preußen in der Britischen Zone und ihre Neubildung als selbständige Länder mit dem Nordteil der ehemaligen Preußischen Rheinprovinz zum Land Nordrhein-Westfalen vereinigt.
Mit dem Beitritt des Landes Lippe 1947 nach NRW wurde der nur westfälische Terretorien umfassende Regierungsbezirk Minden mit dem Gebiet des ehem. Freistaates zum neuen Regierungsbezirk Minden-Lippe (später Regierungsbezirk Detmold) vereinigt. Sitz der Bezirksregierung ist seitdem das lippische Detmold.
Aktuell gliedert sich der Landesteil Westfalen in die Regierungsbezirke
- Arnsberg und
- Münster, sowie in den
- Regierungsbezirk Detmold anteilig mit seinen ostwestfälischen Gebieten.
Seit den 80er Jahren wird in Nordrhein-Westfalen diskutiert, die westfälischen Teile des Ruhrgebietes von den Regierungsbezirken Arnsberg und Münster zu lösen und gemeinsam mit dem rheinischen Teil der Städtelandschaft in einem eigenen Regierungsbezirk zu vereinen (siehe Regionalverband Ruhr); eine Idee die, bereits in den 20er Jahren erstmals angedacht wurde. Die verbleibenden Regierungsbezirke sollen nach den heutigen Vorstellungen dann zu zwei neuen Regierungsbezirken oder auch nur Regionalverbänden Westfalen und Rheinland zusammengelegt werden. Die Umsetzung dieser Ideen wird zur Zeit in eine konkrete Planung geführt. Die Parteien der aktuellen schwarz-gelben Landesregierung haben die Bildung dreier Regionalpräsidien anstelle der bisherigen Regierungsbezirke in NRW angekündigt.
Die Umsetzung dieser Idee stößt allerdings vor allem in Westfalen auf Kritik, da hier die Angst umgeht, dass das starke Rheinland und das gewichtige Ruhrgebiet westfälische Interessen in der Landespolitik verdrängen könnten. Es geht die Angst vor "RESTFALEN" um. Auch in Lippe regt sich Widerstand, da die Planungen auch staatsrechtliche Fragen berühren, da sowohl der betroffene Regierungsbezirk Detmold als auch der Landesverband Lippe im Rahmen des Beitrittes des ehemaligen Freistaates Lippe nach Nordrhein-Westfalen 1947 in den Lippischen Punktationen mit klaren Zusagen an Lippe geregelt wurden.
Wirtschaft
In Westfalen gibt es zweifellos zahlreiche Unternehmen mit einer langen Traditionslinie, auch regionale Spezialisierungen reichen teilweise bis weit in die Vergangenheit zurück. Dies gilt etwa für die Möbelindustrie in Ostwestfalen oder die Eisen- und Metallverarbeitung in Südwestfalen.
Gleichwohl wurde die Wirtschaftsstruktur insgesamt in den letzten Jahrzehnten von erheblichen Veränderungen geprägt. War das Ruhrgebiet noch in den 1950er und 1960er Jahren das industrielle Herz nicht nur Westfalens sondern der ganzen Bundesrepublik, verlor die Montanindustrie in den folgenden Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung. Der Strukturwandel hat vor allem die Hellwegstädte stark verändert. Abgesehen von wenigen industriellen Neugründungen (wie Opel in Bochum) konzentrierte sich dieses Gebiet auf Dienstleistungen und im Zusammenhang mit den Universitätsgründungen auf High-Tech Produkte (etwa im Bereich Software). Im nördlichen Teil des Reviers begann dieser Prozess deutlich später und ist vielerorts noch nicht abgeschlossen. Entsprechend hoch sind dort die Arbeitslosenzahlen.
Außerhalb des Reviers erfuhr Westfalen in den letzten Jahrzehnten einen teilweise Aufschwung vor allem im gewerblichen Bereich. Die mittelständische eisen- und metallverarbeitende Industrie, der Maschinenbau, die Konsumgüterindustrie in Südwestfalen, in Ostwestfalen und anderen Teilen Westfalens konnte sich nicht nur am Markt behaupten, sondern ihre Weltmarktpositionen ausbauen. Wie erfolgreich die Aufholjagd ehemals überwiegend ländlicher Regionen war, zeigt die Tatsache, dass die wirtschaftlich Kraft pro Kopf im Bezirk der IHK Arnsberg noch 1955 um 150% schwächer war als im Bezirk Bochum. Zwanzig Jahre später war der Gleichstand erreicht. Heute liegt der Anteil des produzierenden Gewerbes in Südwestfalen deutlich über dem des Ruhrgebiets. In einer Art "nachgeholten Industrialisierung" glichen sich die Wirtschaftsverhältnisse der ländlichen Gebiete, denen der bisherigen Industriegebiete an. Dies gilt auch für das Münsterland (im Kreis Warendorf nahm das Bruttoinlandsprodukt allein zwischen 1957 und 1959 um 37% zu.)
Der Wandel zeigt sich auch im Bereich der Brauindustrie. Westfalen insgesamt ist die Region mit dem höchsten Bierausstoß in Deutschland. Unangefochten wichtigstes Zentrum des Brauwesens war bis in die 1980er Jahre Dortmund. Die dortigen Brauereien gehören inzwischen überwiegend zur Oetker-Gruppe mit Sitz in Bielefeld. Außerdem ist das Sauerland ein wichtiger Standort der Bierproduktion. Dort sind unter anderm die Marken Krombacher, Veltins und Warsteiner angesiedelt.
Benachteiligt Standorte an der Peripherie durch ihre Hochschulferne und der vergleichsweise langsamen Ansiedlung von wissenbasierten Dienstleistungs- und Produktionsbranchen.
Kultur
Mussen
Westfalen hat eine vielgestaltige Museums- und Ausstellungslandschaft. Neben zahlreichen Lokal- und Regionalmuseen gibt es einige Einrichtungen mit einem gesamtwestfälischen Anspruch. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist im kulturellen Bereich in erster Linie im Bereich des Museumswesens tätig. Von ihm getragen wird unter anderem das dezentrale Westfälische Industriemuseum, dass an verschiedenen Standorten Einblicke in die Industriekultur Westfalens bietet. Das Westfälisches Freilichtmuseum Hagen ist eine Sammlung historischer Produktionsstätten vorwiegend aus vorindustrieller Zeit. Mit einem vergleichbaren Konzept konzentriert sich das Westfälische Freilichtmuseum Detmold auf die ländliche Kulturlandschaft. Das Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster ist von seinem Selbstverständnis her das zentrale Kunstmuseum des Landesteils.
Im Westfälischen Museum für Archäologie in Herne finden sich zahlreiche archäologische Funde aus verschiedenen Epochen, während das Westfälisches Römermuseum in Haltern sich mit der römischen Kaiserzeit beschäftigt.
Theater
In Westfalen befindet sich mit dem Schauspielhaus Bochum eine der bedeutendsten deutschen Sprechbühnen. Auch die anderen Zentren der Region unterhalten eigene Spielstätten. Das 1904 gegründete Theater Dortmund spielt heute in einem modernen Haus aus den 1960er Jahren. Das Theater Bielefeld kann bis heute seine 1904 errichtete Bühne bespielen. In Paderborn unterhalten die Westfälischen Kammerspiele ein Ensemble. Im Bereich des Musiktheaters treten das Theater Hagen und das Gelsenkirchener Musiktheater im Revier besonders hervor.
Einen besonderen Aspekt der Kultur Westfalens repräsentieren die vielen niederdeutschen Kleintheater, auch niederdeutsche Bühnen genannt. Insbesondere im Münsterland sind sie weit verbreitet und werden von der einheimischen Bevölkerung gern besucht. Die zumeist aus Laienschauspielern bestehenden Bühnen führen ihre Theaterstücke ausschließlich im einheimischen westfälischen („plattdüütschen”) Dialekt vor.
Planetarien
Zwei große Planetarien bieten in Westfalen Interessierten die Gelegenheit, den Sternenhimmel zu erkunden. In Bochum erhebt sich seit den 1960er Jahren der silberne Kuppelbau des Zeiss Planetarium Bochum. Ein weiteres Sternentheater ist dem Westfälischen Museum für Naturkunde in Münster angegliedert, das vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe unterhalten wird.
Kulinarisches
Siehe: Westfälische Küche
Siehe auch
- Westfälisches Freilichtmuseum
- Westfälisches Industriemuseum
- Westfälisches Römermuseum Haltern
- Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
- Westfälisches Schulmuseum
- Bildarchiv Westfalen
- Westfälische Schauspielschule
Literatur
- Dieter Steinhoff: Unbekanntes Westfalen. Entdeckungsfahrten an den westfälischen Grenzen. 6. Aufl., Aschendorff, Münster 1980, S. 150-151. ISBN 3402065010
- Fritz Mielert: Das schöne Westfalen. (4 Bände). Verlag Wilhelm Ruhfus. Dortmund. 1920 - 1926
- Fritz Mielert: Westfalen. Münsterland - Industriegebiet - Sauerland - Siegerland. (Reihe: Monographien zur Erdkunde, Bd. 30). Velhagen & Klasing. Bielefeld. 1923
Weiterführende Literatur
- Klueting, Harm: Geschichte Westfalens, Das Land zwischen Rhein und Weser vom 8. bis zum 20. Jahrhundert, Paderborn 1998. ISBN 3-89710-050-9
- Kohl, Wilhelm [Hrsg.], Balzer, Manfred und Behr, Hans-Joachim: Westfälische Geschichte - in 3 Textbänden und einem Bild- und Dokumentarband
- Band 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Alten Reiches, Düsseldorf 1983. ISBN 3-590-34211-0
- Band 2: Das 19. und das 20. Jahrhundert - Politik und Kultur, Düsseldorf 1983. ISBN 3-590-34212-9
- Band 3: Das 19. und das 20. Jahrhundert - Wirtschaft und Gesellschaft, Düsseldorf 1984. ISBN 3-590-34214-5
- Register zum Gesamtwerk, Düsseldorf 1984. ISBN 3-590-34214-5
- Bild- und Dokumentarband, Düsseldorf 1982. ISBN 3-590-34213-7
- Luckhardt, Jochen [Hrsg.]: Westfalia Picta, Erfassung westfälischer Ortsansichten vor 1900, 6 Bände:
- Band 1: Hochsauerlandkreis, Kreis Olpe, Bielefeld 1987.
- Band 2: Ennepe-Ruhr-Kreis, Märkischer Kreis, Stadt Hagen, Bielefeld 1987.
- Band 3: Kreis Siegen-Wittgenstein, Bielefeld 1988.
- Band 4: Kreis Soest, Kreis Unna, Stadt Hamm, Bielefeld 1989.
- Band 5: Kreis Höxter, Kreis Paderborn, Bielefeld 1995.
- Band 6: Münsterland, Münster 2002.
Weblinks
- Internet-Portal "Westfälische Geschichte" - Themen- und Fachportal zur Geschichte Westfalens
- Die "Ältesten Westfalen"
- Widukindus Corbeius: Rerum gestarum Saxonicarum libri tres - Liber I
- Die Gelnhäuser Urkunde (Ed. Stuart Jenks ) - Belehnung des Kölner Erzbischofs mit dem Herzogtum Westfalen-Engern 1180
- Die Hanse und Westfalen
- Provinz Westfalen (Landkreise und Gemeinden) 1910
- Karte Nordrhein-Westfalen 1789
- Heimatfront Westfalen, der Zweite Weltkrieg