![]() ![]() (R=Alkyl- oder Arylrest) Vinylsulfonfarbstoffe sind Reaktivfarbstoffe, die als Reaktivgruppe (auch als Reaktivanker bezeichnet[1]) eine Vinylsulfongruppe (VS-Gruppe) besitzen. Die Vinylsulfongruppe kann auch in geschützter Form vorliegen, bei der eine Ethylsulfonylgruppe mit einer Abgangsgruppe substituiert ist. Beim Färbeprozess unter alkalischen Bedingungen wird dann die VS-Gruppe durch eine Eliminierungsreaktion freigesetzt:
FärbeprozessDie Vinylsulfongruppe reagiert mit den nukleophilen funktionellen Gruppen der Fasern im Sinne einer Michael-Addition unter Bildung einer kovalenten Etherbindung: Eine unerwünschte Nebenreaktion beim Färbeprozess ist die Hydrolyse der VS-Gruppe zur 2-(Hydroxy)ethylsulfonyl-Gruppe: Der hydrolysierte Farbstoff muss bei der Nachbehandlung der Färbung ausgewaschen werden. Chemische StrukturDer Vinylsulfon-Reaktivanker wird in aller Regel über ein aromatisches oder aliphatisches Amin in den Reaktivfarbstoff eingeführt. ![]() Das älteste und gängigste Zwischenprodukt ist der Parabaseester, ein mit einer [2-(Sulfooxy)ethyl]sulfonyl-Gruppe substituiertes Anilin. Parabaseester kann als Diazokomponente bei der Herstellung von Azofarbstoffen verwendet werden. Eine weitere Reaktionsmöglichkeit ist die Kondensationsreaktion von Parabaseester mit einem Chlor- oder Fluortriazin-Rest, der wiederum über eine weitere Aminogruppe mit einem beliebigen Chromophor verbunden ist. Variationsmöglichkeiten ergeben sich durch weitere Substituenten am aromatischen Ring – meist Hydroxy-, Methyl- oder Methoxygruppen, bzw. durch die Stellung der Amino- zur VS-Gruppe. Neben der para-substituierten Verbindung werden auch meta- und orthosubstituierten Vinylsulfonaniline verwendet.[2] Wird die VS-Gruppe über ein primäres oder sekundäres aliphatisches Amin eingeführt, so erfolgt das ebenfalls durch Kondensation mit einem Halogentriazin-Rest. GeschichteDie ersten Farbstoffe mit einer [2-(Sulfooxy)ethyl]sulfonyl-Gruppe wurden 1949 von den damaligen Farbwerken Hoechst patentiert[3] und in den Folgejahren als Wollfarbstoffe unter dem Markennamen Remalan, bzw. als Baumwollfarbstoffe unter der Markenbezeichnung Remazol vermarktet. Ab den frühen 1980er wurden Reaktivfarbstoffe, die neben der VS-Reaktivgruppe einen weiteren Monochlortriazinanker aufweisen durch die Farbstoffhersteller Sumitomo (Markenname Sumifix Supra) und Hoechst AG produziert. 1988 wurden von der Ciba-Geigy Doppelankerfarbstoffe mit der Kombination einer VS-Reaktivgruppe mit einer Monofluortriazin-Reaktivgruppe unter der Markenbezeichnung Cibacron in den Markt eingeführt.[4]
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- ↑ Eintrag zu Reaktivanker. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
- ↑ E. Siegel: Reactive Groups. In: K. Venkataraman (Hrsg.): The Chemistry of Synthetic Dyes. Band VI. Academic Press, New York, London 1972, S. 36 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Patent DE965902: Verfahren zum Fixieren wasserloeslicher organischer Verbindungen auf Unterlagen faseriger Struktur. Angemeldet am 19. Juli 1949, veröffentlicht am 19. September 1957, Anmelder: Hoechst AG, Erfinder: Johannes Heyna, Willy Schumacher.
- ↑ Klaus Hunger (Hrsg.): Industrial Dyes: Chemistry, Properties, Applications. WILEY-VCH Verlag, Weinheim 2003, ISBN 978-3-662-01950-4, S. 113, 117–118 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).