Niederschlagung der Demonstration vom 9. April 1989 in Tbilissi
Die Tragödie vom 9 April (georgisch: 9 აპრილის ტრაგედია) — Am 9. April 1989 wurde eine antisowjetische friedliche Demonstration in der georgischen Hauptstadt Tbilissi von den Sondereinheiten der sowjetischen Armee brutal niedergeschlagen. 21 Demonstranten kamen ums Leben, hunderte von ihnen wurden schwer verletzt und vergiftet. 17 Frauen, darunter eine Schwangere, waren unter den ermordeten 21 Zivilisten; die Jüngste von ihnen war 16 Jahre alt.
Vorgeschichte
Die Protestbewegungen für die Wiederherstellung der staatlichen Unabhängigkeit Georgiens erreichten Ende der 1980er Jahren ihren Höhepunkt. Diese Periode zeichnete sich durch starke Unabhängigkeitsbewegungen aus; durch permanente Manifestationen wurde gegen die sowjetische Diktatur protestiert.
Das Schlüsselereignis für die Kundgebungen war die am Am 18. März 1989 stattgefundene s.g. Lychny Versammlung in Abchasien, bei der mehr als 30.000 Teilnehmer den Austritt Abchasiens aus dem georgischen Staatsverband und den Wiederaufbau der Sozialistischen Sowjetrepublik Abchasiens, den Status quo ante 1921-1931 forderten. Dies löste eine Welle der Proteste aus, die schließlich zur Massendemonstration für die Unabhängigkeit Georgiens von der Sowjetunion wurde. Demonstranten appellierten an die sowjetische Regierung, sie nutze den abchasischen Separatismus gegen die Unabhängigkeitsbewegung in Georgien und für die Entfachung eines ethnischen Konflikts.
Die Protestbewegungen erreichten ihren Höhepunkt am 5. April 1989, als sich Zehntausende Demonstranten, darunter Studierende, vor dem Parlamentsgebäude in Tbilissi versammelten und beinahe Hundert Aktivisten einen Hungerstreik ankündigten[1]. Die Demonstranten (unter der Führung von Merab Kostawa, Swiad Gamsachurdia, Giorgi Tschanturia, Irakli Batiaschwili, Irakli Batiashvili, Irakli Tsereteli und anderen) forderten Gegenmaßnahmen zum abchasischen Separatismus und die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Georgiens.
Die sowjetische Lokalbehörden verloren die Kontrolle über die prekäre Situation und waren nicht mehr imstande, die Protestwelle zu bewältigen.
Ablauf
Aus dem Dokument, das 6. April 1989 an das Außenministerium der Vereinigten Staaten von der US-Botschaft in der Sowjetunion gesandt wurde, geht folgendes hervor: Am 4. April versammelten sich Tausende von Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude in Tbilissi und bereits am 5. April erreichte ihre Zahl bis zu 100.000; beinahe 100 von ihnen, darunter Giorgi Tschanturia und Irakli Tsereteli (National-Demokratische Partei Georgiens), kündigten einen Hungerstreik an[2].
Am 7. April um 21:00 forderte Jumber Patiaschwili, der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Georgiens, der Sowjetregierung weitere Einsatzkräfte, um die prekäre Lage in Tbilissi aufzulösen[3]. Bereits an demselben Tag erreichten die sowjetischen Streitkräfte die Hauptstadt, um die prekäre Situation unter Kontrolle zu bringen.
Am frühen Morgen des 9. April 1989 wurde die friedliche Demonstration durch Sondereinheiten der sowjetischen Armee niedergeschlagen. Sie setzten Spaten als Schlagwaffen und Giftgas gegen Demonstranten ein, was zu 21 Todesopfern sowie mehreren Hundert vergifteten und verletzten Zivilisten führte. 17 Frauen, darunter eine Schwangere, waren unter den ermordeten 21 Zivilisten; die Jüngste von ihnen war 16 Jahre alt. Nach Angaben einiger europäischen Journalisten vor Ort sollte es bis zu 30 Todesopfer geben.[4]
Liste der Verstorbenen
- Aza Adamia, 22 Jahre alt
- Eka Bejhanischwili, 16 Jahre alt
- Eliso Tschipaschwili, 25 Jahre alt
- Gia Qarseladze, 25 Jahre alt
- Mamuka Nosadze, 22 Jahre alt
- Manana Loladze, 33 Jahre alt
- Manana Melkadze, 23 Jahre alt
- Marina Tschkhonia-Samarguliani, 31 Jahre alt
- Msia Djintscharadze, 43 Jahre alt
- Nana Samarguliani, 41 Jahre alt
- Natia Baschaleischwili, 16 Jahre alt
- Nato Giorgadze, 23 Jahre alt
- Nino Toidze, 25 Jahre alt
- Nodar Djangiraschwili,40 Jahre alt
- Saira Kikwidze, 61 Jahre alt
- Schalwa Qvasroliaschwili, 35 Jahre alt
- Tamar Mamulischwili, 50 Jahre alt
- Tamar Tschowelidze, 16 Jahre alt
- Tamuna Dolidze, 28 Jahre alt
- Tina Enukidze, 70 Jahre alt
- Wenera Metreweli
Folgen
Die tragischen Geschehnisse des 9. April hatten ihre unmittelbaren historischen Folgen: In einem Referendum am 31. März 1991 stimmten etwa 90 % der wahlberechtigten Georgier über die Wiederherstellung der Unabhängigkeit ab und am 9. April 1991, in genau zwei Jahren nach der Tragödie, folgte die offizielle Unabhängigkeitserklärung Georgiens[5][6].
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ National Security Archive: Political turmoil in Georgia over Abkhazia. In: https://idfi.ge/ge/idfi-confidential-april-9. Abgerufen am 5. April 2019 (englisch).
- ↑ National Security Archive: Politikal turmoil in Georgia over Abkhazia. In: https://idfi.ge/ge/idfi-confidential-april-9. S. 5, abgerufen am 9. April 2019 (englisch).
- ↑ ЗАКЛЮЧЕНИЕ Комиссии Съезда народных депутатов СССР по расследованию событий, имевших место в г. Тбилиси 9 апреля 1989 года. Abgerufen am 9. April 2019 (russisch).
- ↑ National Security Archive: Georgia simmering. In: https://idfi.ge/public/upload/IDFI/IDFI/5DOCidfi.PDF. 10. April 1989, abgerufen am 9. April 2019 (englisch).
- ↑ 9. April 1991 - Georgiens Unabhängigkeit wird proklamiert. 9. April 2011, abgerufen am 9. April 2019.
- ↑ Vor 25 Jahren: Georgien erklärt seine Unabhängigkeit. 8. April 2016, abgerufen am 9. April 2019.