Clandestine-Radio

verdeckt sendende Radio-Sender
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Clandestine-Sender

Definition und Abgrenzung:

Clandestine bedeutet wörtlich übersetzt "geheim" oder "heimlich, verborgen". Clandestine-Sender sind also Radio-Sender, die von einem verheimlichten Standort aus den Sendebetrieb aufnehmen. Fast immer ist Clandestine-Radio auf Kurzwelle anzutreffen, vereinzelt auf Mittelwelle oder anderen Wellenbereichen. In der deutschen Sprache ist in Fachkreisen auch der Begriff 'Untergrundsender' üblich.

Im Gegensatz zu Piratensendern ("Pirate-Radio") handelt es sich jedoch bei Clandestine-Sendern ausnahmslos um landgestützte Sendestationen.

"Clandestines" sind oder waren teilweise auch die von gegnerischen Staaten oder Exil-Regierungen betriebenen Propaganda-Stationen oder Sender im "Niemandsland" zwischen zwei Staatsgrenzen. Öfter sind die "Clandestine-Sender" sogar dem Einfluss von Geheimdiensten oder politischen Parteien oder Oppositionsgruppen oder bewaffneten Rebellen zuzuschreiben gewesen. Clandestine-Radiostationen sind und waren bis auf wenige Ausnahmen Schwarzsender, die auf dem Hoheitsgebiet des betroffenen Staates verboten waren oder dessen Ausstrahlung in das Zielgebiet unerwünscht / unerlaubt war.

Typischerweise handelt es sich bei einem Clandestine-Radiosender um eine von einer (oder mehreren) Oppositionsgruppe(n) betriebenen Station, die mit oder ohne Lizenz oder Rufzeichen von der Regierung des Zielgebietes unerwünschte Sendungen ausstrahlt. Clandestine-Radio ist sehr sprachbezogen, da es sich in aller Regel um 100%ige Propagandastationen handelt, die selbst bei der Musikauswahl einseitig vorgehen. Diese Propaganda- oder Hetz-Sender hatten und haben nur einen Zweck: die gegnerische Seite durch Propaganda zu schwächen. Daher ist Politik meist der einzige Sendeinhalt. Bei jedem Krisenherd dieser Welt (auch der Dauerfehde zwischen Cuba und den USA) sind Clandestine-Sender sofort zur Stelle, oft auch noch von einer Regierung oder einem Geheimdienst finanziert. Insgesamt ist die Zahl der Clandestine-Radiosender jedoch rückläufig, nachdem die Faszination dieser speziellen Sender beim Publikum durch zwei Faktoren abgenommen hat: a) die Zielgruppen erkennen in der heutigen Zeit besser und schneller, dass es sich durchweg um versteckte oder offene Propaganda handelt. b) Manche Clandestine-Sender werden und wurden von gegnerischen Staaten so offen unterstützt oder sogar teilweise erst initiiert, dass es selbst unbedarften Hörern auffallen musste. Diese Tatsache wurde durch Aufklärungsarbeit der Kurzwellen-Fachpresse (sogenannte DX-News) und unabhängiger Journalisten wie dem bekannten Israeli Mickey Gurdus weltweit bekannt - natürlich auch im Zielgebiet des Clandestine-Senders. Dadurch schwand in der Regel die Zuhörerzahl.

Das Hobby 'Clandestine'

Im englischen Sprachraum werden die Clandestine-Stationen teilweise als "Hate-Radio" bezeichnet. Diese Kategorisierung stimmt zwar nicht immer, ist aber eindeutig. Trotzdem ist es für einen Teil der dem Radiohobby nachgehenden Hörer ein spannendes Unterfangen, neue oder nur periodisch sendende Stationen zum einen zu finden (Stichwort: schwächere Sendeleistung), zum zweiten zu identifizieren (oft nur in Landessprachen oder sogar nur in Dialekten sendend!) und zum dritten entweder Mitschnitte zu fertigen und/oder den Empfang der Station anderen Hobbykollegen in der internen Fachpresse (DX-News, Clandestine-Bulletin, Clandestine Radio Watch, etc.) zu reporten.

Hilfreich bei der Suche sind ebenfalls die bestehenden deutschen Radioclubs und meist eine bestehende eigene Webseite der gesuchten Station. Eine gute Empfangsausrüstung in Form eines professionellen Weltempfängers mit entsprechender Aussenantenne ist unumgänglich, denn mit einem Billigradio aus dem Supermarkt wird man nur Rauschen hören, selbst wenn Sendezeit und Frequenz bekannt sind. Beim 'Clandestine-Radio-Hören' benötigt man fast amateurfunkähnliche Qualitäten und Abstimmungsmöglichkeiten des Receivers.

Eine Alternative zur teuren Ausrüstung ist die Jagd nach den seltenen Sendern entweder via eines sogenannten "Webreceivers" oder via Livestreams im Internet oder aufgezeichneten Programmen, die ebenfalls im Internet zur Verfügung gestellt werden. Ein Webreceiver ist eine mit dem worldwide-web verbundene höchstwertige Empfangsanlage. Eine kleine fachkundige Hörerschaft sammelt vor allem die exotischen und raren Stationsansagen bzw. Jingles und Aufnahmen von Pausensignalen. Krönung ist für die sogenannten DXer eine Karte (QSL-Card), mit der die gehörte Station das Hörergebnis schriftlich bestätigt. Kommen dann noch ein Wimpel respektive andere Beigaben beim geduldigen Hörer an, ist die Freude nicht zu überbieten, da gerade die Ortung von Clandestine-Sendern neben den geschilderten technischen Gegebenheiten und deren Status als Geheim- oder Untergrundsender den besonderen Reiz ausmachen.

Die klassischen Clandestine-Sender

AFRIKA und ARABIEN



ASIEN



AMERIKA



EUROPA




Clandestine im "kalten Krieg"


Liste wichtiger bekannter Clandestines

vor 1960



1960 bis 1979



ab 1980





Besondere Unterscheidung der Clandestine-Sender in 3 Gruppen

gray, white and black "Clandestines"

Fast von seinen frühesten Tagen an waren Radiosender Instrument von Propaganda und Gegenpropaganda, spätestens seit 1933 (Beginn des Hitler-Regimes) so aktiv, dass Radioausstrahlungen zum Werkzeug einer staatlichen Regierung werden konnten. Rundfunk spielte ab diesem Zeitpunkt in jedem folgenden lokalen, bilateralen oder grenzüberschreitenden Konflikt eine massive Rolle.

1) White Clandestines (klare Identifikation)
"Weiße" Clandestine-Sender sind seltene Ausnahme und daher die kleinste Gruppe. Hier ist als herausragendes Beispiel die 'BBC London' in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu nennen. Diese Station sendete legal, mit Lizenz und klarer Identifikation auf registrierten Frequenzen; was sie zu einem "white"-Clandestine machte, ist die Tatsache, dass in einem Kriegszustand mit dem Staat des Zielgebietes (großdeutsches Reich) die Ausstrahlungen zwar sachlich, jedoch in der Auswahl der gesendeten Fakten und Kommentare doch parteiisch erfolgten (was natürlich und selbstverständlich war, aber Bedeutung für die objektive Einordnung hat). Der zweite Grund zur Kategorisierung "white" ist darin zu finden, dass der Empfang des Senders im Zielgebiet per Gesetz verboten war ! Hingegen war die spätere bei Journalisten und DXern bekannte Station "Frieden und Fortschritt" aus der vormaligen UDSSR kein Clandestine-Sender.


2) Grey Clandestines (unklare Identifikation)
"Graue" Clandestine-Sender unterscheiden sich von den "weißen" Clandestines durch Nichtvorliegen einer Sende-Eerlaubnis.

Die typische "Grey Clandestine"-Station wird betrieben von Oppositionellen im eigenen Land auf Territorium des kritisierten Staates, gegen den sich die Propaganda richtet. Diese Art von Clandestine-Sendern stellt daher die überwiegende Mehrzahl der Clandestine-Stationen dar. Ob es sich bei der für den Betrieb des Senders verantwortlichen Opposition um eine politische Partei, um eine Splittergruppe, um eine Resistance-Bewegung oder um eine bewaffnete Guerrilla handelt, ist für die Zuordnung zu dieser Gruppe letztlich unerheblich. Entscheidend ist, dass es sich um einen Propaganda-Sender handelt, der ohne Frequenz-Registrierung und damit illegal arbeitet. Der erste einer größeren Öffentlichkeit bekannt werdende Grey-Clandestine-Sender startete am 9. Juni 1933 in Kuba - in der Nähe des Ortes Matranzas - und wurde von einer studentischen Revolutionsgruppe gegründet. Anlass war der spontane Ausbruch von Streiks im Lande. Die Propaganda richtete sich gegen die damalige Machado - Diktatur. Der Sender rief die kubanische Armee zur aktiven Revolte auf. Bereits nach wenigen Tagen hatte die kubanische Polizei den Sendestandort gefunden und beschlagnahmte die Sendeanlage, womit die Agitation gestoppt war. Geholfen hat diese Maßnahme dem damaligen kubanischen Präsidenten nicht mehr; schon wenige Monate später im August 1933 musste er aufgeben und ins Ausland fliehen. Diesem Präzedenzfall folgend hat so mancher Clandestine-Sender der letzten Jahrzehnte einen erheblichen Anteil an tiefgreifenden politischen Änderungen im Zielgebiet gehabt. Demzufolge ist eine Clandestine-Station eine echte Waffe im Konflikt zwischen Regierung und außerparlamentarischer oder rebellierender Opposition, was in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrzehntes zu einem Anstieg der Anzahl von Clandestine-Radiosendern führte. Heute ist jede bewaffnete politische Auseinandersetzung innerhalb eines Landes / einer Region fraglos begleitet von einem oder sogar mehreren Clandestine-Sendern.


3) Black Clandestines (gegenteilige Identifikation)

"Schwarze" Clandestine-Rundfunksender klassifizieren sich - neben den oben genannten Kriterien - manchmal noch durch die Aufnahme der Sendungen begleitende zeitnahe militärische oder paramilitärische Aktionen, wobei dies auch ein Bürgerkrieg sein kann. Zu einem 'schwarzen' Clandestine-Sender gehört zudem drittens zwingend die im nächsen Satz erläuterte "psychologische Kriegsführung": der Sender gibt sich für etwas anderes aus, als er tatsächlich ist (gängiges Beispiel: eine durch eine subversive Clandestine-Station angegriffene Regierung eröffnet einen Sender gleichen Namens. Diese neue Sendestation gibt vor, Sendestation der Rebellen oder der Gegenseite zu sein -- ist es aber nicht -- und sendet leicht regierungsfreundliche Programme).

Solche Sender werden im Englischen als "PsyWar Tool" oder "PSYOPS" bezeichnet und sollen Verwirrung stiften. Eine bedeutende Zielgruppe sind hierbei die jeweils gegnerischen Streitkräfte. Eine kleine Zahl spezialisierter DXer hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Black-Clandestine-Sender geografisch zu lokalisieren und zu enttarnen. Besonders schwer wird dies, wenn der 'Black Clandestine' anfänglich eine regierungsfeindliche Meinung verbreitet, um dann den Inhalt der Sendungen Stück für Stück langsam in die Gegenrichtung zu verändern. Oft arbeiten Black-Clandestines auf einer direkten Nachbarfrequenz des Gegners; dieser Umstand machte es dem Publikum bei der Frequenzsuche nicht leichter. Denn in den Krisengebieten dieser Welt waren Radioempfänger mit Digitalanzeige nicht weit verbreitet, dort war und ist eher die manuelle Abstimmung auf einer Frequenzskala die Regel. -


Schlussendlich ist zu erwähnen, dass die Grenzen zwischen "grey" und "black" sich im Einzelfall überschneiden können: der "Soldatensender Calais" (1943-1945) wird allgemein als Black-Clandestine eingestuft, da er lange Zeit von vielen Deutschen als Wehrmachssender angesehen wurde... verantwortlich für die Ausstrahlungen waren jedoch die Briten ! Die in 1985 von Nordkorea etablierte Clandestine-Station "Voice of the National Salvation" (Stimme der Nationalen Rettung) strahlte von Pjöngjang nach Südkorea aus und meldete sich mit "der Dienst der Nationalen Demokratischen Front von Süd-Korea". Es wurde also fälschlich suggeriert, die Sendungen kämen von südkoreanischem Boden aus. Zwei Beispiele von vielen.


[1] eine täglich aktualisierte Seite mit den heute sendenden Stationen
[2] Alfabetisches Listing der Untergrundsender auf Kurzwelle weltweit
[3] Linksammlung einer bekannten DX-Seite (DXer = Radioenthusiasten)
[4] Hörbeispiele unter "CLANDESTINE" von aktiven und inaktiven Sendern
[5] englische Erläuterung: Hobby im Hobby - Hören und Identifizieren von Clandestines
[6] Spezialseite, die allerdings teilweise Pirateradio und Clandestine vermischt
[7] Einführung in das DX-Hobby, Clandestine-hören ist ein Teil davon
[8] umfangreichste deutsche Sammlung von Briefen und Postkarten der Clandestine-Sender
[9] Gedenkseite an VORGAN: Stimme des Widerstandes v. Galo Negro (a Voz Resistencia do Galo Negro) - Clandestine aus Angola (1998)
[10] Radio Rebelde, Cuba
[11] zur Unterscheidung der besonderen Gruppen von Clandestine-Sendern
[12] DXing.info: Monitoring Irak - Krieg der Wellen
[13] Beispiele amerikanischer PSYOPS-Maßnahmen