Georgenkirche (Rötha)

im Kern romanischer Bau, geprägt durch verschiedene spätere Umbauten, künstlerisch wertvolle Ausstattungsstücke, Orgel von Gottfried Silbermann und Zacharias Hildebrandt.
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Die Landstadt Rötha liegt ca. 15 Kilometer südlich von Leipzig im Landkreis Leipzig in Sachsen.

Wappen Deutschlandkarte
Georgenkirche (Rötha)
Deutschlandkarte, Position der Stadt Georgenkirche (Rötha) hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 51° 12′ N, 12° 25′ OKoordinaten: 51° 12′ N, 12° 25′ O
Bundesland: Sachsen
Landkreis: Leipzig
Höhe: 128 m ü. NHN
Fläche: 45,41 km2
Einwohner: 6617 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 146 Einwohner je km2
Postleitzahl: 04571
Vorwahl: 034206
Kfz-Kennzeichen: L, BNA, GHA, GRM, MTL, WUR
Gemeindeschlüssel: 14 7 29 370
Adresse der
Stadtverwaltung:
Rathausstraße 4
04571 Georgenkirche (Rötha)
Website: www.roetha.de
Bürgermeister: Ditmar Haym (parteilos)
Lage der Stadt Georgenkirche (Rötha) im Landkreis Leipzig
KarteSachsen-AnhaltThüringenLandkreis MittelsachsenLandkreis NordsachsenLeipzigBennewitzBöhlen (Sachsen)BornaBorsdorfBrandisColditzFrohburgGrimmaGroitzschGroßpösnaKitzscherLossatalMachernMarkkleebergMarkranstädtNeukieritzschNeukieritzschThallwitzTrebsen/MuldeBad LausickOtterwischGeithainBelgershainNaunhofParthensteinElstertrebnitzPegauPegauRegis-BreitingenWurzenZwenkauRötha
Karte

Geografie

Rötha liegt etwa 15 km südlich von Leipzig im Leipziger Neuseenland. Im Westen des Stadtgebietes fließt die Pleiße, die im Nebenschluss den Stausee Rötha speist. Das Stadtgebiet in der Leipziger Tieflandsbucht umfasst eine Fläche von 17,88 km². Der fruchtbare Boden begründet den umfangreich betriebenen Ackerbau im Umfeld von Rötha. Der jährliche Niederschlag liegt meistens im Bereich von 550 bis 650 Millimetern und damit unter dem Bundesdurchschnitt.

Stadtgliederung

Stadtteile von Rötha sind Espenhain und die Orte Mölbis, Oelzschau und Pötzschau, die vorher Ortsteile von Espenhain waren. Zum Stadtgebiet Rötha gehören weiterhin die Orte Podschütz und Theka. Die ehemaligen Röthaer Ortsteile Geschwitz und Rüben wurden im Zuge des Braunkohleabbaus durch den Tagebau Espenhain zwischen 1951 und 1955 umgesiedelt und anschließend devastiert.

Nachbargemeinden

Folgende Städte und Gemeinden grenzen an die Stadt Rötha und gehören zum Landkreis Leipzig:

Großpösna Belgershain
Böhlen   Otterwisch
Neukieritzsch Borna Kitzscher

Geschichte

 
Das Schloss Rötha um 1860
 
Denkmal für das 1969 zerstörte Schloss, alliiertes Hauptquartier während der Völkerschlacht
 
Rötha um 1840
 
Rötha im Sommer 1930 – Der Markt
 
Rötha heute – Der Markt
 
Wasserturm

Rötha wurde erstmals im Jahr 1127 urkundlich erwähnt. Da jedoch keine Gründungsurkunde vorliegt, ist die genaue Zeit, in der sich die Stadt gebildet hat, unklar. So war zum Beispiel die Erwähnung vom 31. März 1292, als Rötha zum ersten Mal als Stadt genannt wurde, der Anlass für die 700-Jahr-Feier 1992. 1217 wurde der Markgraf Dietrich der Bedrängte samt seiner Länder, darunter auch Rötha, wegen territorialer Streitigkeiten von der Kirche mit dem Bann belegt. Kirchliches Leben war damit vorerst unmöglich. In den darauf folgenden Jahrhunderten wurde die Bevölkerung durch die Pest, den Einfall der Hussiten und durchziehende Schwaben (nach der Schlacht bei Lucka) dezimiert.

Besitzer der Stadt Rötha im 16. Jahrhundert war Ritter von Pflugk, der jedoch verschuldet war und Rötha verkaufen musste. Zunächst ist die Stadt selbst als Käufer aufgetreten und hat im Jahr 1584 die Verwaltung übernommen. Jedoch konnte die Stadt den Kaufpreis nicht aufbringen, sodass 1592 schließlich Carol von Friesen, der Schlosshauptmann zu Altenburg, einsprang und Rötha für 28.400 Gulden erwarb. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde ein Großteil der Bevölkerung durch den Dreißigjährigen Krieg und die wiederkehrende Pest ausgelöscht, anschließend forderte auch der Siebenjährige Krieg seine Opfer. Als 1813 die Völkerschlacht bei Leipzig tobte, waren im Schloss Rötha der russische Kaiser Alexander I. und der österreichische Kaiser Franz I. einquartiert. Rötha war der Standort des alliierten Hauptquartiers.

Im Jahr 1839 wurden die Dörfer Theka und Podschütz eingemeindet. Sie lagen wie Rötha bis 1856 im kursächsischen bzw. königlich-sächsischen Kreisamt Leipzig.[2] Ab 1856 war Rötha der Hauptort des Gerichtsamts Rötha. Ab 1875 gehörte Rötha zur Amtshauptmannschaft Borna.[3] In den 1870er Jahren begann Heinrich Freiherr von Friesen, Rötha zur Gartenstadt umzugestalten – ein Beiname, den sie noch heute trägt. Neben dem traditionellen Weinbau, der mindestens seit dem 15. Jahrhundert in Stadt und Umgebung betrieben wird, etablierte er den Obstanbau in Rötha. Da qualifiziertes Personal für dieses Vorhaben fehlte, gründete er 1875 eine Gärtner-Lehranstalt. Die Ernte wurde Jahr für Jahr umfangreicher und war 1883 schließlich so groß, dass sie die Kapazität des Leipziger Marktes überstieg. In diesem Jahr hat man angefangen, mit dem Überschuss Apfelwein herzustellen und zu diesem Zweck die heutige Großkelterei gegründet. Durch den nahen Pelzhandelsplatz Leipzig (Brühl) beeinflusst, besaß die Kürschnerei in Rötha bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus eine wesentliche Bedeutung.

Vor dem Ersten Weltkrieg begann der technische Fortschritt, sich in der Stadt bemerkbar zu machen. 1913 bekam sie ein Wassernetz – der Wasserturm steht noch heute und ist eines der Wahrzeichen Röthas – und ein Jahr später wurde sie an das Elektrizitätsnetz angeschlossen. Außerdem gingen die Gasanstalt und das öffentliche Fernsprechnetz in Betrieb.

In Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg wurden in den benachbarten Orten Böhlen und Espenhain Werke errichtet, für deren Arbeiter auch in Rötha neue Wohnungen entstanden. In den Jahren 1944 und 1945 fielen Teile der Stadt mehreren Bomben zum Opfer. Am 14. April 1945 haben die Bürger Röthas weiße Flaggen gehisst, zwei Tage später zogen die US-amerikanischen Truppen ein. Im Juli hat schließlich die Rote Armee die Besatzung übernommen. Damit wurde Rötha Teil der sowjetisch besetzten Zone SBZ und ab 1949 der DDR.

1952 musste der Ortsteil Geschwitz (1924 eingemeindet) abgebaut werden, um Raum für den verstärkt durchgeführten Kohletagebau Espenhain zu schaffen. 1960 wurden die Flächen des 1955 devastierten Orts Rüben (Tagebau Espenhain) und 1971 die Flächen des 1968 devastierten Orts Kreudnitz (Tagebau Witznitz) der Stadt Rötha zugeordnet. Im Dezember 1969 wurde auf Geheiß der SED das Schloss Rötha unter Protesten gesprengt und abgerissen.[4] Es hatte vor und während der Völkerschlacht von Leipzig eine historische Rolle gespielt.

1971 entstand der „VEB Elektrotechnische Werkstätte Rötha“, der 1980 dem Leipziger Werk „VEB Elektroakustik Leipzig“ angegliedert wurde.

Der Stadtrat Rötha beschloss am 21. Juni 2012, dass die Stadt in die Nachbarkommune Böhlen eingegliedert werden und so ihre rechtliche Selbständigkeit aufgeben soll.[5]

Der Schlosspark des 1969 beseitigten historischen Schlosses soll wiederhergestellt werden. Für 2017 ist der Bau einer Erinnerungsstätte mit Nachbau des "Verbündeten-Zimmers" geplant, in dem die alliierten Monarchen beraten hatten.

Am 1. August 2015 wurde Espenhain mit den Ortsteilen Mölbis, Oelzschau und Pötzschau nach Rötha eingemeindet, damit wurde die Verwaltungsgemeinschaft Rötha aufgelöst.[6]

Eingemeindungen

Eingemeindungen nach Rötha
Ehemalige Gemeinde Datum Anmerkung
Geschwitz[7] 1. Januar 1924 1951-1953 durch Tagebau Espenhain beseitigt
Kreudnitz[8][9] 1. September 1948
1971
Eingemeindung nach Hain, 1968 durch Tagebau Witznitz II beseitigt,
Fluren 1971 nach Rötha umgegliedert
Podschütz[10] 1839
Rüben[8] 1960 1955-1957 durch Tagebau Espenhain beseitigt, Fluren 1960 nach Espenhain eingegliedert
Theka[10] 1839
Espenhain[11] 1. August 2015 Eingemeindung mit allen bisherigen Ortsteilen
Eingemeindungen nach Espenhain bis zu dessen Eingemeindung im Jahr 2015
Ehemalige Gemeinde Datum Anmerkung
Dahlitzsch[7] 1. April 1934 Zusammenschluss mit Großpötzschau zu Pötzschau
Großpötzschau[7] 1. April 1934 Zusammenschluss mit Dahlitzsch zu Pötzschau
Kleinpötzschau[7] vor 1880 Eingemeindung nach Dahlitzsch
Kömmlitz[8][9] 1. Oktober 1948 Eingemeindung nach Oelzschau
Mölbis[12] 1. Januar 1999
Oelzschau[12] 1. April 1996
Pötzschau[12] 1. Januar 1995

Politik

Kommunalwahl 2014[13]
Wahlbeteiligung: 41,2 % (2009: 43,7 %)
 %
60
50
40
30
20
10
0
53,7 %
25,4 %
20,9 %
n. k. %
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2009
 %p
 16
 14
 12
 10
   8
   6
   4
   2
   0
  −2
  −4
  −6
  −8
+15,5 %p
−4,3 %p
−4,2 %p
−6,9 %p

Gemeinderat

Der Bürgermeister der Stadt Rötha ist seit dem Jahr 2001 Ditmar Haym, der im Jahr 2008 mit einer absoluten Mehrheit von 50,9 Prozent im ersten Wahlgang im Amt bestätigt wurde. Vorher war er bereits Bürgermeister der Gemeinde Mölbis und später Ortsvorsteher für Mölbis in der Gemeindeverwaltung Espenhain.

Der Stadtrat setzt sich seit der Kommunalwahl vom 25. Mai 2014 wie folgt zusammen:

Wappen

Beschreibung: In Blau ein links reitender goldener Ritter mit roter Helmzier auf einem silbernen goldgezäumten rotgesattelten Pferd, der einen nach links sich krümmenden grünen Lindwurm bezwingt.

Symbolik: Das seit 1885 verwendete Wappen stellt den Heiligen St. Georg dar, der einer Sage zufolge durch die Tötung eines Lindwurms den Bau der Marienkirche ermöglicht hat. Das Motiv ist einer Schnitzerei entnommen, die in der St. Georgenkirche am Altar zu finden ist.

Städtepartnerschaften

Rötha unterhält eine Städtepartnerschaft mit der Stadt Murrhardt in Baden-Württemberg.

Eingemeindung nach Böhlen

Am 21. Juni 2012 beschloss der Stadtrat aufgrund der hohen Verschuldung und der finanziellen Situation der Stadt die Eingemeindung nach Böhlen zu einem noch unbekannten Zeitpunkt. Nach einer Veröffentlichung im örtlichen Amtsblatt Rötha/Böhlen/Espenhain wird eine Eingemeindung der Gemeinden Rötha und Espenhain in die Stadt Böhlen zum 1. Januar 2015 angestrebt.[14] Ob dieser Zeitpunkt gehalten werden kann, ist noch unklar (Stand: 20. März 2014)

Kultur und Sehenswürdigkeiten

St. Georgenkirche

 
St. Georgenkirche Rötha

Die Stadtkirche (St. Georgenkirche um 1140 entstanden) ist dem Heiligen Georg geweiht. Sie gilt nach Dehio (1998) neben der im Ort vorhandenen St. Marienkirche als eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler im Südraum von Leipzig.

Baugeschichte

Von der ursprünglichen Anlage als romanische Pfeilerbasilika sind Teile der Außenmauern, die Stützen des Langhauses und der auf zwei Türmen berechnete Westbau erhalten (nur der Nordturm wurde ausgeführt!). 1510 wurde der wohl baufällige romanische Chorraum abgerissen und durch einen dreijochigen spätgotischen Chor ersetzt, der etwa dreimal so groß ist wie der alte romanische.

Im Jahre 1682 wurde das Langhaus zur flachgedeckten Halle umgebaut. Die Langhausfenster wurden in "gotisierenden Stil" erstellt und damit völlig geänderte Lichtverhältnisse geschaffen. Der quadratische, romanische Turm wurde mit einem achteckigen Turmaufsatz versehen und mit einer feingeschwungenen Kuppel, Laterne und Zwiebel abgeschlossen. An die Romanik erinnern noch der quadratische Turmbau und der Westgiebel, der Fensteröffnungen mit zierlichen Säulen sowie ein Reliefkreuz mit Blattschmuck aus Sandstein aufweist. Die neue Turmbekrönung, die am 22. November 1978 wieder aufgesetzt wurde, trägt die Inschrift A (Anno) D (Domini) 1682 – 1978.[15]

Im Jahre 1620 stiftete Patronatsherr Karl von Friesen das Altarwerk mit aus Holz gefertigter Säulenarchitektur und einer Reihe von Wappen, bekrönt von der Reiterfigur des Heiligen Georg. Im oberen Altarbereich sind die Auferstehung Christi, Weltgericht und Himmelfahrt dargestellt, in der Predella die Abendmahlsszene. Das Hauptwerk, den Gekreuzigten und zu seinen Füßen die Familie des Karl von Friesen darstellend, wird dem niederländischen Maler Johann de Perre zugeschrieben. Auch die für mitteldeutsche Begriffe reichverzierte Kanzel entstand 1620.

Auf der Empore des nördlichen Langhauses ist eine Christuscorpus aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts zu sehen.

Beschreibung

Der in seinen Proportionen zum (urspr. romanischen) Langhaus ungewöhnlich tief wirkende verlängerte spätgotische Chorraum besticht mit einem Sterngewölbe auf Wappenkonsolen. Bei der Innenrenovierung im Jahr 1970 wurde die ursprüngliche Malerei wieder freigelegt. Rechts neben dem Triumphbogen befinden sich ein Porträt Martin Luthers, darunter die mit eigenwilliger Schrift versehene Grabplatte des ersten evangelischen “Röth’schen” Pfarrers Georg Ebert von 1546. Links hinter dem Triumphbogen sieht man das Barockepitaph des Christian August von Friesen, Kammer- und Feldherr im Dienst der sächsischen Krone.

Die Holzdecke des Mittelschiffes, mitverantwortlich für die hervorragende Akustik der Kirche, die Windfangtüren sowie das Gestühl sind der Renovierung von 1896/97 zu verdanken. Der spätgotische Taufstein und die dazugehörige Taufschale aus dem 19. Jahrhundert stammen aus der dem Braunkohlentagebau zum Opfer gefallenen Kirche von Kreudnitz, die ausdrucksvollen Grabplatten der Familie von Breitenbach aus der ebenfalls abgerissenen Kirche von Cröbern. Die drei Bronzeglocken von 1516 bis 1518 sind durch zwei Weltkriege hindurch erhalten geblieben.

Silbermann-Orgel

 
Die Silbermann-Orgel der Georgenkirche
Datei:Stamps of Germany (DDR) 1976, MiNr 2111.jpg
Briefmarke mit der Orgel aus der St. Georgenkirche (DDR, 1976)

Die größte Sehenswürdigkeit in der Kirche ist die noch weitestgehend im Originalzustand erhaltene Orgel, die 1721 von Gottfried Silbermann erbaut wurde. Neben der Silbermann-Orgel von 1722 in der St. Marienkirche in Rötha ist sie eine der noch wenigen gut erhaltenen Silbermann-Orgeln in Sachsen. Den Bauauftrag gab der Kirchenpatron Christian August Freiherr von Friesen. Fertiggestellt wurde das Instrument 1721. Die Pedalkoppel wurde 1796 hinzugefügt. Das Instrument hat 23 Register auf zwei Manualen und Pedal. (Stimmtonhöhe: Chorton, 464,9 Hz/a1, Stimmungsart: gleichstufig.)[16]

I Hauptwerk C, D – c3
1. Bordun 16′
2. Principal 8′
3. Rohr-Flöte 8′
4. Octava 4′
5. Spitz-Flöte 4′
6. Quinta 3′
7. Octava 2′
8. Cornet III (ab c1)
9. Mixtur III
10. Cÿmbeln II
II Oberwerk C, D – c3
11. Gedackt 8′
12. Quintadena 8′
13. Principal 4′
14. Rohr-Flöte 4′
15. Nasat 3′
16. Octava 2′
17. Tertia 13/5
18. Quinta 11/2
19. Sifflet 1′
20. Mixtur III
Pedal C, D – c1
21. Principal-Bass 16′
22. Posaune 16′
23. Trommete 8′
  • Koppeln: Schiebekoppel II/I, Pedalkoppel I/P
  • Nebenregister: Tremulant
 
Marienkirche Rötha von Südwesten

Marienkirche

Die zweite Röthaer Kirche ist nie zu Ende gebaut worden. Was sich heute als Marienkirche präsentiert, ist lediglich der Chorraum einer ungewöhnlich groß geplanten Wallfahrtskirche, die wahrscheinlich auch zwei Türme erhalten sollte. Die Kirche wird von der Gemeinde heute als Raum für Trauerfeiern genutzt. Auch zu besonderen Anlässen wie Gründonnerstag, Karfreitag, in der Osternacht und am Johannistag finden in ihr Gottesdienste statt. Auf dem angrenzenden Friedhof befindet sich eine Gedenkstätte für im Zweiten Weltkrieg gefallene Soldaten.

Baugeschichte

1510 begann der Bau, den die Nonnen des Georgenklosters in Leipzig veranlassten. Die Machtverluste der katholischen Kirche durch die beginnende Reformation und insbesondere ihr Erfolg in Leipzig machten ein katholisches Bauprojekt der angestrebten Größe jedoch unmöglich. 1520 wurde daher der Weiterbau gestoppt und durch eine rasch hochgezogene, mit Backsteinkielbogen verzierte Mauer abgeschlossen. Die geplanten Ausmaße kann man heute nur noch erahnen.

Die im Gegenzug zum äußeren Bau völlig unerwartete weit gespannte innere Raumstruktur wird weder durch Pfeiler noch Säulen unterbrochen und von einem harmonischen engmaschigen Netzgewölbe überspannt. Eine nicht zu Ende geführte Innenrenovierung in den 1950er Jahren brachte an den Kreuzungspunkten des Gewölbes Darstellungen von einheimischen Ranken und Blumen zum Vorschein.

Ausstattung

 
Innenansicht der Marienkirche Rötha

Das seitliche Gestühl ist eindeutig Chorgestühl, ein in Eile zusammengezimmertes Provisorium von 1520. Später sollte es wohl durch ein kunstvoll geschnitztes ersetzt werden. Den meisterhaft ausgeführten hölzernen Altar schuf ein unbekannter Meister ebenfalls um 1520. Ob eine spätere farbige Fassung vorgesehen war, ist unbekannt. Der Mittelschrein zeigt die Krönung Marias durch Gott Vater und Gott Sohn. Die Szene ist von Wolken und Engeln umgeben, darüber schwebt die Taube als Symbol für den Heiligen Geist.

Im rechten Seitenflügel stehen die Heiligen Katharina und Barbara, im linken Johannes der Täufer und Andreas. Als Bekrönungsfiguren sehen wir rechts St. Florian, links St. Mauritius und in der Mitte wiederum St. Georg, diesmal zu Fuß. In der Predella war die Abendmahlsszene als Reliefschnitzerei zu sehen. Leider wurde diese Arbeit um 1947 entwendet, die Predella konnte aber 2013 wieder erworben werden. Über dem Mittelschrein, durch einen Rundbogen eingefasst, ist die Legende dargestellt, der die Marienkirche ihre Entstehung verdankt: Ein Schäfer reicht einer Nonne die Hand. Ihm sei in einem Birnbaum, dessen Standort 1591 noch bekannt war, das Bild der Großmutter Maria erschienen, worauf man diesem Baum wundertätige Kräfte zuschrieb. Mit dem Händedruck wird der Bau einer Wallfahrtskirche besiegelt.

Ein wichtiges Ausstattungsstück der Marienkirche ist zudem die hölzerne Madonna auf der Mondsichel. Sie entstand um 1520 und wird dem sächsischen Meister Stephan Hermsdorf zugeschrieben. Hinter dem Altar befindet sich ein spätgotisches Kruzifix in Lebensgröße.[17]

Die Pforte im Südosten des Altarraumes, durch die die Wallfahrtsprozessionen vom Birnbaum her ihren Eingang in die Kirche nehmen sollten, ist erst im Zug der Außeninstandsetzung in den Jahren 1991 bis 1997 wieder sichtbar gemacht worden.

Im Gegensatz zum spätgotischen Baukörper ist die restliche Kirchenausstattung barock. Kanzel, Taufe, Patronatsloge, Emporen und Gestühl stammen aus der Zeit zwischen 1683 und 1720 und werden gerade sukzessive restauriert. Der ursprüngliche siebenstrahlige Kanzeldeckel ging um 1950 bedingt durch Kriegsschäden verloren, er wurde 2012 nachgebildet. Die Westseite der Kirche wird durch die zweigeschossige Empore beherrscht. Die angegliederte Patronatsloge beherbergt eine Ausstellung zur Familie von Friesen und zur Geschichte des Schlosses, insbesondere seine Rolle während der Völkerschlacht 1813. Die um 1887 abgebrochene Aussentreppe zur Loge wurde im Jahr 2013 dank Spenden des Fördervereins Marienkirche wieder ergänzt.

Silbermann-Orgel

 
Silbermann-Orgel der Röthaer Marienkirche

Auf der oberen Empore befindet sich die 1722 fertiggestellte Orgel von Gottfried Silbermann. Ursprünglich mit neun Registern geplant, wurden schließlich mit dem Einbau eines Pedal-Registers elf Register verwirklicht. Die Pedalkoppel wurde 1833 hinzugefügt. 1960 wurde das Instrument durch Hermann Eule Orgelbau Bautzen restauriert und wieder in der Marienkirche aufgestellt, nachdem es Ende des Zweiten Weltkriegs vorübergehend ausgelagert worden war. Eine weitere umfassende Restaurierung erfolgte im Jahre 2008 durch Ekkehart Groß, Waditz. Im Gegensatz zur Orgel in St. Georgen ist die Stimmung nicht gleichstufig, sondern der 1722 durch Silbermann ursprünglich erstellten Temperierung nachgebildet, soweit diese nach 300 Jahren noch rekonstruierbar war.[18]

Manualwerk CD–c3
1. Principal 8′
2. Gedackt 8′
3. Octava 4′
4. Rohr-Flöte 4′
5. Nassat 3′
6. Octava 2′
7. Tertia 13/5
8. Quinta 11/2
9. Sifflet 1′
10. Cymbeln II
Pedal CD–c1
11. Subbass 16′

Röthaer Landschaft

 
Stausee Rötha, im Hintergrund das Kraftwerk Lippendorf
 
Im Schlosspark

Am südlichen Stadtrand von Rötha befindet sich der Stausee, der etwa 275.000 m³ der Pleiße sammelt. Erbaut wurde der Stausee in den Jahren 1939 bis 1942 mit etwa der doppelten Größe der heutigen Wasserfläche durch den Weiße-Elster-Verband. Mit dem Fortschreiten des Tagebaues Witznitz wurde 1966 der südliche Teil des Stausees trockengelegt und überbaggert. Seit dieser Zeit bildet der Werkbahndamm der ehemaligen Kohlebahn des Braunkohleveredelungswerkes in Espenhain den südlichen Abschluss des Stausees. Mit einem Hochwasserrückhalteraum von 110.000 m³ ist die Bedeutung für den Hochwasserschutz im Pleißegebiet relativ gering. Seit seinem Bau war er der lebensnotwendige Brauchwasserlieferant für braunkohleverarbeitende Großunternehmen und Kraftwerke zwischen Espenhain und Böhlen. Heute wird er gemeinsam mit dem Schlosspark als Naherholungsgebiet genutzt, ist jedoch nicht zum Baden geeignet.

Der Schlosspark liegt am westlichen Stadtrand, an der Verbindungsstraße zwischen Rötha und Böhlen. Der Hauptweg mündet direkt an dieser Straße ein, führt dann etwa 500 Meter fast geradeaus bis zum Standort des ehemaligen Schlosses und geht dann in den Auenwald über. Linker Hand gleich zu Beginn des Hauptweges befindet sich der Schlossteich, der im Sommer zum Verweilen einlädt und im Winter gern zum Eislaufen genutzt wird. Hier gibt es eine Vielzahl an Vegetation und Bäume, die mehr als 100 Jahre alt sind, wie Stieleichen, Rosskastanien, Erlen, Buchen und Linden. Jährlich im Frühjahr zieht sich ein Teppich aus blühendem und geruchsintensivem Bärlauch durch den Schlosspark bis zum Auenwald am Stausee. Der Schlosspark war zur DDR-Zeit immer mehr verwaldet, erhält jedoch gegenwärtig unter großem Aufwand seinen Parkcharakter zurück. (Stand:April 2014)

Heimatmuseum

Zum ersten Mal gab es 1934 ein Heimatmuseum in Rötha, das jedoch 1960 geschlossen wurde. Seit den 1990er Jahren gibt es wieder ein solches Museum. Es ist im ehemaligen Amtsgericht untergebracht und wird vom Stadt- und Heimatverein Rötha e. V. betrieben. Dort werden zahlreiche Exponate aus der Röthaer Stadtgeschichte gezeigt. Darunter befinden sich ein Modell des Röthaer Schlosses sowie Dokumente aus der Zeit der Völkerschlacht. Außerdem werden dort auch Exponate aus der DDR-Zeit gezeigt. Im Keller des Museums befindet sich außerdem eine kleine Galerie, in der wechselnde Ausstellungen zu betrachten sind.

Regelmäßige Veranstaltungen

Zu den regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen gehören das Feuerwehrfest der Freiwilligen Feuerwehr Rötha, der Rathaussturm am 11. November, der Weihnachtsmarkt im Dezember sowie der Karnevalsumzug des KarnevalsClubRötha(KCR) jährlich am Sonntag vor Rosenmontag. Außerdem etabliert haben sich auch wieder das Maibaumsetzen am 30. April und im Herbst das Obstweinfest und der Sportlerball des Röthaer SV. Seit einigen Jahren werden auf dem ehemaligen Holzplatz regelmäßig die Rennen der Ostdeutschen Autocross Masters (OACM) ausgetragen. Das Stadtfest wird seit 2009 aufgrund der finanziellen Situation der Stadt nicht mehr ausgerichtet.

Jährlich findet das vom Stadt-und Heimatverein ausgerichtete Völkerschlachtsfest statt, das immer an einem Samstag im Oktober begangen wird. Dabei wurden 2013 Szenen aus der Völkerschlacht nachgestellt. Dazu gab es auch eine Ausstellung. Des Weiteren verkleiden sich Mitwirkende des Vereines zum Fest mit historischen Kostümen.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Persönlichkeiten, die mit dem Ort in Verbindung stehen

Sport

Der Röthaer SV ist nach der Zahl der Mitglieder der größte Verein Röthas und betreibt eine ganze Reihe von Sportarten. Insgesamt zählt er zehn Sektionen, wobei die Sektion Radball regional und national am erfolgreichsten war.

Gedenkstätten

Seit 1984 liegen auf dem Ortsfriedhof 18 polnische Zwangsarbeiter begraben, die während des Zweiten Weltkrieges nach Deutschland verschleppt und Opfer der Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie wurden. Zunächst waren ihre sterblichen Überreste in einer Aschenhalde verscharrt worden.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Rötha ist über die B 95 an das Schnellverkehrsnetz angeschlossen. Hauptstraße im Ort ist die August-Bebel-Straße, die im Osten an die B 95 Anschluss hat und am Marktplatz im Westen in die Böhlener Straße übergeht. Beide liegen auf der Staatsstraße 72. Die Auffahrt auf die A 38 als Südumgehung Leipzigs liegt nur etwa 8 km entfernt zwischen Großdeuben und Gaschwitz.

Für die komplette Fertigstellung der A 72 von Chemnitz bis zum Kreuz A 38 gibt es noch keinen Termin. Der Abschnitt von Borna bis Rötha soll 2017 befahrbar sein. Der Bau auf dieser Trasse begann im Januar 2014. Es laufen aber noch Planungs- und Ausschreibungsverfahren. Eine Auf- und Abfahrt der neuen Autobahn wird dann auch zwischen Rötha und Espenhain in Höhe der ehemaligen Kohlebahnbrücke liegen. Die Autobahn wird die Bahnstrecke in einem Tunnel unterqueren. Die B 95 wird später von Borna kommend einstreifig zurückgebaut und erhält nur noch den Status einer Staatsstraße.

Rötha wird heute von den Buslinien 101 (Zwenkau–Böhlen–Rötha–Espenhain–Borna) und 144 (Zwenkau–Böhlen–Rötha–Espenhain–Kitzscher) der PVM bedient. Bis 2013 besaß Leobus, eine Tochtergesellschaft der LVB die Konzession für die beiden Linien. Seit dem 15. Dezember 2013 wird der Betrieb von der PVM durchgeführt.

Seit 1913 besaß Rötha einen Bahnhof an der Bahnstrecke Böhlen–Espenhain, auf der der Personenverkehr seit dem 24. Mai 1993 eingestellt ist. Das Bahnhofsgebäude ist 2011 abgerissen worden. Die Bahntrasse wird aber noch dreimal täglich im Anlieferungsverkehr für ein Schrottunternehmen in Espenhain genutzt und fungierte früher außerdem als Bahnzubringer zum Umschlag von in Containern angeliefertem Hausmüll zum weiteren Straßentransport auf die Deponie Cröbern.

Bildung

Die Mittelschule Rötha wurde Ende des Schuljahres 2005 wegen sinkender Schülerzahlen geschlossen. Die Röthaer Schüler besuchen seit dem Schuljahr 2005/2006 die jetzige Oberschule in Böhlen (Zusammenlegung beider Schulen). Die Grundschule zog mit Beginn des neuen Schuljahres 2005/2006 vom Gebäude des ehemaligen Amtsgerichts in das Haus der ehemaligen Mittelschule um. Auch der Schulhort ist dort untergebracht. Der Kindergarten befindet sich unweit davon in der Thekastraße.

Trivia

In der Folge „Kind in Angst“ der Fernsehserie SOKO Leipzig geht es um einen Todesfall auf dem Stausee in Rötha, der zum Anlass für einen Mord wird.

Literatur

  • Richard Steche: Roetha. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 15. Heft: Amtshauptmannschaft Borna. C. C. Meinhold, Dresden 1891, S. 100.
  • Andreas Berkner und andere: Schloss und Stadt Rötha – Landschaft, Archäologie und Geschichte. Archaeonaut, Heft 10, Dresden 2011, ISBN 978-3-910008-97-7.
Commons: Georgenkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bevölkerung der Gemeinden Sachsens am 31. Dezember 2023 – Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Basis des Zensus vom 15. Mai 2022 (Gebietsstand 01.01.2023). Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, abgerufen am 11. Februar 2025. (Hilfe dazu).
  2. Karlheinz Blaschke, Uwe Ulrich Jäschke: Kursächsischer Ämteratlas. Leipzig 2009, ISBN 978-3-937386-14-0; S. 60 f.
  3. Die Amtshauptmannschaft Borna im Gemeindeverzeichnis 1900
  4. Andreas Platthaus: Die Urururenkelgeneration. Herausforderung für die ganze Stadt: Leipzig gedenkt des zweihundertsten Jahrestags der Völkerschlacht. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Oktober 2013
  5. Saskia Grätz: Böhlen soll Rötha schlucken. In: Leipziger-Volkszeitung, Ausgabe: LVZ-Borna-Geithainer Zeitung, vom 22. Juni 2012, S. 20.
  6. http://www.sachsen-gesetze.de/shop/saechsabl/2015/29/read_pdf
  7. a b c d Das Sachsenbuch, Kommunal-Verlag Sachsen KG, Dresden, 1943
  8. a b c Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern, Verlag Metzler-Poeschel, Stuttgart, 1995, ISBN 3-8246-0321-7, Herausgeber: Statistisches Bundesamt
  9. a b Verzeichnisse der seit Mai 1945 eingemeindeten Gemeinden und Nachweis über die Aufgliederung der selbständigen Gutsbezirke und Staatsforstreviere, 1952, Herausgeber: Ministerium des Innern des Landes Sachsen
  10. a b Kleine Schriften zur Reformationsgeschichte (1897-1944), Band V, 1922-1932, Autor: Otto Clemen, Herausgeber: Ernst Koch
  11. http://www.sachsen-gesetze.de/shop/saechsabl/2015/29/read_pdf
  12. a b c Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen: Gebietsänderungen
  13. http://www.statistik.sachsen.de/wpr_neu/pkg_s10_erg.prc_erg_gr?p_bz_bzid=GR14&p_ebene=GE&p_ort=14729370
  14. Amtsblatt Rötha/Böhlen/Espenhain
  15. Ev.-Luth. KG Rötha & Böhlen
  16. Informationen zur Silbermann-Orgel
  17. Förderverein Marienkirche
  18. Informationen zur Silbermann-Orgel der Marienkirche, abgerufen am 12. Dezember 2013.