Sankt Marxer Friedhof

Friedhof im 3. Wiener Gemeindebezirk Landstraße
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Der St. Marxer Friedhof ist ein ehemaliger Friedhof in Wien. Er ist einer von vier 1784 vor den Toren der Stadt angelegten Friedhöfe, die bis zur Eröffnung des Zentralfriedhofs 1874 genutzt und anschließend in Parkanlagen umgewandelt wurden. Vom St. Marxer Friedhof, auf dem unter anderem Wolfgang Amadeus Mozart bestattet wurde, blieb ein Großteil der Gräberfelder, die einen Einblick in die Sepulkralkultur der Biedermeierzeit bieten, bis heute erhalten.

Prunkgrab am St. Marxer Friedhof

Die Wiener Biedermeier-Friedhöfe

Bereits seit dem 16. Jahrhundert hatte es in Wien Bestrebungen gegeben, die Friedhöfe aus dem Stadtinneren zu verbannen. Reformen waren aber in Bezug auf Bestattungen in Wien besonders schwierig durchzusetzen, da die Wiener Bevölkerung eine fest vorgefertigte Meinung hatte, wie ein Begräbnis und die dazugehörige Festlichkeit zu gestalten war und an ihren traditionellen Bräuchen festhielt. Erst Kaiser Josephs II. setzte mit einer im Zug seiner Josephinischen Reformen erlassenen Seuchen- und Hygieneverordnung gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Schließung der Friedhöfe im Stadtinneren durch und verbot auch Begräbnisse in den Karnern und Klöstern innerhalb des Linienwalls. Davon ausgenommen waren Begräbnisse in der Kapuzinergruft, der Stephansgruft und dem Salesianerkloster.

Dafür wurden 1784 außerhalb des Linienwalls von Wien vier so genannte Communale Friedhöfe angelegt, die heute auch Biedermeier-Friedhöfe genannt werden:

  • St. Marxer Friedhof
  • Hundsturmer Friedhof (heute Haydnpark)
  • Matzleinsdorfer Friedhof (heute Waldmüllerpark)
  • Währinger Friedhof (heute Währingerpark)

Die vier Friedhöfe wurden 1874 nach 90jährigem Bestehen zugunsten des Wiener Zentralfriedhofs aufgelassen. Heute gibt es nur noch den St. Marxer Friedhof, die anderen drei werden als Parkanlagen ohne Gräberfeld geführt.

 
Das Grabmal W. A. Mozarts
 
Grabkreuz aus Stein

Entwicklung des St. Marxer Friedhofs

Mit der Eröffnung des St. Marxer Friedhofs wurden mehrere kleinere Friedhöfe aufgelassen und die Gebeine auf den neuen Friedhof gebracht, darunter auch jene des Landstraßer St. Nikolai Friedhofs, an dessen Stelle sich heute der Rochusmarkt befindet. Der Friedhof St. Marx war vor allem für den dritten sowie Teile des ersten und zweiten Wiener Gemeindebezirkes angelegt worden. Er befand sich damals noch weit außerhalb der Stadt, die aber ab 1850 – nach der Schleifung der Verteidigungsanlagen, Eingemeindungen der Wiener Vororte und Zuschütten des Linienwalls – rasch bis zum Friedhof vorrückte.

Wie zeitgenössische Quellen und Verordnungen zeigen, hatten die neuen Friedhöfe unter den Josephinischen Reformen auch den Zweck, die Toten möglichst weit von den Lebenden fernzuhalten. In den ersten Jahren war es sogar verboten, die Leichenwägen auf ihren Weg zum Friedhof über die Stadtmauer hinaus zu begleiten oder Gräber zu kennzeichnen. Eine Ausnahme bildeten Gräber, die sich direkt an der Friedhofmauer befanden, weshalb sich die ältesten Gräber mit Grabstein dort befinden. Erst als das Verbot aufgehoben wurde, weil der Widerstand des Klerus und der Bürger zu stark war, durften auch auf einfachen Begräbnissen Steine aufgestellt werden. Das vorübergehende Verbot der Kennzeichnung hatte unter anderem zur Folge, dass man die Lage von Mozarts Grab auf dem Friedhof nicht mehr genau bestimmen kann. Ein Gedenkstein steht heute an jenem Platz, wo früher eine Gräberreihe von Schachtgräbern angelegt war, in der Mozart sehr wahrscheinlich zur Ruhe gebettet wurde – über die genauen Umstände des Begräbnisses wird bis heute spekuliert.

Der St. Marxer Friedhof war im Gegensatz zum ehemaligen Währinger Friedhof hauptsächlich für das „gemeine Volk“ gedacht. Trotzdem finden sich unter den Toten einige bekannte Persönlichkeiten. Insgesamt wurden auf dem St. Marxer Friedhof mehr als 8.000 Personen begraben, heute zählt der Friedhof noch 5.635 Gräber.

Nach der Schließung als Friedhof

Nachdem der St. Marxer Friedhof 1874 aufgelassen wurde, wurden die prominenten Personen, welche dort begraben waren, zum größten Teil exhumiert (enterdigt) und auf den Zentralfriedhof umgebettet, wo sie meist ein Ehrengrab bekamen. Die Biedermeier-Friedhöfe waren durch die Bevölkerungsexplosion ab Mitte des 19. Jahrhunderts rasch zu klein geworden und wurden daher durch einen einzigen großen – den Wiener Zentralfriedhof – ersetzt. Der St. Marxer Friedhof wurde in den darauf folgenden Jahrzehnte sich selbst überlassen, was zu einer Verwilderung der Geländes führte. In den 1920er Jahren wurden die Biedermeier-Friedhöfe von den Grabsteinen befreit und in Parkanlagen umgewandelt. Der Erhalt von St. Marx ist vor allem dem Einsatz des Hauptschuldirektors und Heimatforschers Hans Pemmer zu verdanken: Der ehemalige Friedhof wurde am 22. Oktober 1937 in Form einer denkmalgeschützten Parkanlage den Wienern und Wienerinnen zur Erholung übergeben, so dass ein großer Teil der Gräberfelder erhalten blieb. Betreut wird der ehemalige Friedhof seit 1943 durch das Gartenbauamt der Stadt Wien. In den 70er Jahren kam der Friedhof durch den Bau der Autobahn A23 in Bedrängnis. Diese und ihre Abfahrt zum Wiener Gürtel schmiegen sich seither in einer Kurve eng an die Süd- und Ostseite des St. Marxer Friedhofs an. Im August 2005 hat die Stadt Wien ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur weiteren Erhaltung dieses wertvollen Kulturdenkmals beschlossen.

Bestattung im Wiener Biedermeier

Der Friedhof zeichnet sich durch die, im Biedermeier übliche, architektonische Vielfalt und Verspieltheit aus. Zudem kommt noch die Österreichische Titelkultur, die damals über die Maßen praktiziert wurde. Wenn man jemand sein wollte, legte man sich – gerade als Bürger – schmückende Titel zu, die meist einfach Berufsbezeichnungen waren, aber ebenso stolz wie ein Akademischer- oder Adelstitel getragen wurden. Was die Titel betrifft, so trifft man auf den Grabsteinen des Friedhofs so einzigartige Bezeichnungen wie Oberbuchhalterswitwe oder Edler von Rosas, k. u. k. Regierungsrath, Dr. u. Professor der Augenheilkunde an der Wiener Universität etc. etc. und Ehrenbürger von Wien, wirkl. Mitgliede der k.k. Landwirtschaftsgesellschaft, des n.oe Gewerbs- und mehrer anderen Vereine, Realitätenbesitzer und Hausinhaber. (Berufsbezeichnungen am St. Marxer Friedhof - Commons) Es war damals durchaus üblich, am Grabstein alles aufzuzählen, was als Titel verwendet werden konnte. Vor allem der Zusatz Hausinhaber oder Hausbesitzer findet sich in Wien oft – Dieser Titel war wichtig, da diese zum Beispiel damals das Privileg hatten, im Wirtshaus den Hut aufbehalten zu dürfen.

Alles in allem, vermittelt der St. Marxer Friedhof auch heute noch einen hervorragenden Eindruck, wie die Menschen damals mit dem Tod umgingen.

Prominente am St. Marxer Friedhof

Architekten und Baumeister

Bildhauer

Erfinder

Geografen, Weltreisende

Ingenieure

Juristen

Komponisten

Literaturhistoriker

Maler

Offiziere

Philologen

Politiker, Staatsmänner

Schauspieler

Schriftsteller

Commons: Sankt_Marxer_Friedhof – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. ISBN 3-85439-049-1
  • Christopher Dietz: Die berühmten Gräber Wiens. Falco, Klimt, Kraus, Moser, Mozart, Qualtinger, Schiele, Schubert, Strauß u.v.a. Fotos von Wolfgang Ilgner, Sigrid Riedl-Hoffmann und Frank Thinius, Wien-München: Perlen-Reihe, 2000. ISBN 3-85223-452-2.

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