Luzifer
Luzifer, auch Lucifer, ist der lateinische Name des Morgensterns (Venus). Wörtlich übersetzt bedeutet er „Lichtträger“ (zu lateinisch lux, ‚Licht‘ und ferre, ‚tragen, bringen‘). Im Lauf der Zeit wurde im christlichen Sprachgebrauch der Begriff Luzifer gleichbedeutend mit einem Namen des Teufels.

Römische Mythologie
In der römischen Mythologie wurde Luzifer als poetische Bezeichnung für den Morgenstern, also den Planeten Venus verwendet. Es handelt sich hierbei um die wörtliche Übersetzung der griechischen Begriffe Φωσφόρος Phosphóros („Lichtbringer“) bzw. Έωσφόρος Eosphóros („Bringer der Morgenröte“), die etwa in Homers Odyssee oder Hesiods Theogonie auftauchten. Luzifer wird auch mit der Göttin Venus in Verbindung gebracht.
Christentum
Dieser Artikel wurde aufgrund von akuten inhaltlichen oder formalen Mängeln auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Christentum eingetragen.
Bitte hilf mit, die Mängel dieses Artikels zu beseitigen, und beteilige dich bitte an der Diskussion. |
Die heute geläufige Luzifer-Vorstellung speist sich aus einer Verknüpfung mehrerer Quellen.
Lucifer als Morgenstern
An einigen Stellen der Vulgata steht das Wort lucifer als lateinische Übersetzung für die griechische Bezeichnung Φωσφόρος Phosphoros (deutsch: Morgenstern),[1] ohne dass dies in einer Beziehung mit dem Teufel gesehen wurde, so etwa im Buch Hiob (11,17 EU.VUL und 38,32 EU.VUL), im Buch der Psalmen (108,3 EU / Vulgata 109,3 VUL). In der Vulgata-Übersetzung des Neuen Testaments wird der Morgenstern nur an einer Stelle mit lucifer bezeichnet:
Et habemus firmiorem propheticum sermonem : cui benefacitis attendentes quasi lucernæ lucenti in caliginoso donec dies elucescat, et lucifer oriatur in cordibus vestris
„Dadurch ist das Wort der Propheten für uns noch sicherer geworden und ihr tut gut daran, es zu beachten; denn es ist ein Licht, das an einem finsteren Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in eurem Herzen.“
In der Offenbarung des Johannes (22,16 EU.VUL) spricht Christus von sich als dem „strahlenden Morgenstern“, Hieronymus übersetzt dort allerdings: stella splendida matutina. Aus diesem Grund hielten die spätantiken und frühmittelalterlichen lateinischen Christen Luzifer für einen Beinamen Christi. Dies belegt etwa der Hymnus Carmen aurorae[2] oder der Name des Heiligen Lucifer, eines Bischofs aus dem 4. Jahrhundert. In der Liturgie der Westkirche kommt die Bezeichnung lucifer mit der Bedeutung „Morgenstern“ in der lateinischen Fassung des Exsultets in der Osternacht vor: Flammas eius lucifer matutinus inveniat, ille, inquam, lucifer, qui nescit occasum. (Sie leuchte, bis der Morgenstern erscheint, jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht).[3]
Jesaja 14 – Hêlêl, Morgenstern, Lucifer
Im Buch Jesaja (14,12–14 EU) wird in einem Spottlied vom Hochmut des „Königs von Babel“ berichtet, der „den Himmel ersteigen und seinen Thron über den Sternen Gottes aufstellen“ wollte. Stattdessen wurde er aber „in die Unterwelt hinabgeworfen […], in die äußerste Tiefe“, wurde „hingeworfen ohne Begräbnis wie ein verachteter Bastard“. Dabei wird der König von Babel allegorisch mit dem „schönen Morgenstern“ verglichen, der vom „Himmel gefallen“ ist.[4][1]
In der griechischen Bibelübersetzung durch jüdische Gelehrte wurde die hebräische Bezeichnung für den Morgenstern, Helel, bereits mit Φωσφόρος Phosphoros wiedergegeben. Die christlichen Kirchenväter – etwa Hieronymus in seiner Vulgata – übersetzten dies mit Lucifer. Die Gleichsetzung des Luzifer mit Satan erfolgte wohl im palästinischen Judentum des 1. Jahrhunderts,[4] etwa in der apokryphen Schrift Leben Adams und Evas (Kap. 14–16).[1]
Wandlung zum Luzifer-Satan
In seiner Schrift De principiis Prooemium und in einer Homilie über das Buch XII verglich der christliche Gelehrte Origenes den Morgenstern Eosphoros-Luzifer – wahrscheinlich gestützt auf die Schrift Leben Adams und Evas – mit dem Teufel bzw. Satan.[1] Im Zusammenhang mit der im Christentum aufkommenden Engellehre vertrat Origenes die Ansicht, dass der ursprünglich mit Phaeton verwechselte Helal-Eosphoros-Luzifer, nachdem er sich Gott gleichzustellen versuchte, als himmlischer Geist in den Abgrund stürzte. Cyprian (um 400), Ambrosius (um 340–397) und einige andere Kirchenväter schlossen sich im Wesentlichen dieser dem hellenistischen Mythos entlehnten Auffassung an. Die Kirchenväter Hieronymus, Cyrillus von Alexandrien (412–444) und Eusebius (um 260–340) sahen demgegenüber in der Prophezeiung des Jesaja nur das mystifizierte Ende eines babylonischen Königs. Diesen irdischen Sturz eines heidnischen Königs von Babylon betrachteten sie als deutlichen Hinweis auf den himmlischen Sturz Satans.[5]
Gleichsetzung Luzifers mit dem Satan
Mit dem Satan brachten die Kirchenväter den gestürzten Lichtbringer Luzifer auf der Grundlage eines Ausspruches Jesu im Lukasevangelium (10,18 EU) in Verbindung: „Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz“.[1]
Im Mittelalter wurde „Luzifer“ schließlich durch die Kombination von Jesaja 14,12 EU (Sturz des Sohnes der Morgenröte) mit der Stelle im Lukasevangelium (Sturz Satans) auch im allgemeinen kirchlichen Sprachgebrauch zum Synonym für den Satan bzw. Teufel.[6][7]
Luzifer bei den Gnostikern und Katharern
Bei einigen gnostischen Gruppen wurde Luzifer nach der Identifizierung des Satans mit dem Luzifer durch die Kirchenlehrer auch weiterhin als göttliche Kraft angesehen und als Bote des eigentlichen und unvorstellbaren Gottes verehrt. In manchen gnostischen Systemen wurde der „erstgeborene Sohn Gottes“ als Satanael bezeichnet. Bei den Bogumilen und Euchiten hieß der „Erstgeborene“ Luzifer-Satanael.[8] Für die Katharer, deren Lehre und Ritual mit einigen Modifikationen, von Italien ausgehend, von den Bogumilen übernommen wurde, war Luzifer zusammen mit Jesus Christus die erste Emanation des höchsten Gottes.[9] Im Weltbild der Katharer, in der die ganze irdische Welt als Reich des bösen Luzifers und der Hölle angesehen wurde, kam es zum irdischen Fall der Engel, weil der von Neid erfüllte Luzifer als Lichtengel in einer als statisch angenommenen ursprüngliche Welt, durch den Glanz seiner Schönheit die dortigen Himmelsbewohner zum Teil verführte, was der gute Gott dieser himmlischen Sphäre jedoch zuließ. Nach Ansicht der Katharer war die Ursache der Sündhaftigkeit ein Verführungszwang, weil sie die Entstehung der Sünde der ursprünglich guten Geister auf die Verführung des bösen Urwesens durch Ausschaltung der freien Willenskraft zurückführten.[10]
Ähnliche Figuren
Das Motiv, dass ein Wesen den Göttern das Feuer stiehlt und den Menschen bringt, gegen die Götter rebelliert, bei ihnen in Ungnade fällt, beziehungsweise aus ihrem Reich verbannt wird[11][12], ist in mehreren Religionen zu finden. Entsprechend wird Luzifer mitunter mit der Gottheit Loki der nordischen Mythologie[11][12][13] oder dem Prometheus der griechischen Mythologie verglichen.[11][12][13][14][15] Eine Herleitung des Namens Loki von „Lucifer“[16] oder ein gemeinsamer Ursprung beider Namen[13] gilt jedoch als widerlegt.[16]
Luzifer als Figur in Literatur, Musik und Film (Auswahl)
Klassische Literatur
- Doktor Faustus (1604) und Lucifer (1654)
Luzifer taucht als Figur in dramatischen Werken wie Christopher Marlowes Tragical History of Doctor Faustus von 1604 oder Joost van den Vondels Lucifer von 1654 auf.
- Paradise Lost (1667)
In seinem Versepos Paradise Lost (1667) zeigt John Milton Luzifer – den er dort „Satan“ nennt und somit mit diesem gleichsetzt – als stolzen, ehrgeizigen Engel, der sich nach seiner Auflehnung gegen Gott gestürzt in der Hölle wiederfindet. Dort übernimmt er die Leitung („Better to reign in Hell than serve in Heav’n“)[17] und setzt, von Mammon und Beelzebub unterstützt, erfolgreich seine rhetorischen und organisatorischen Fähigkeiten ein. Später betritt er den Garten Eden, um dort in Gestalt der Schlange Adam und Eva zu verführen, vom Baum der Erkenntnis zu essen.
- Der Zauberberg (1924)
In Thomas Manns Roman Der Zauberberg (1924) verehrt ihn der der Aufklärung verpflichtete Settembrini als Lichtbringer, als „sforza vindice della ragione“.
Klassische Musik
Der Komponist Johann Strauss (Sohn) schrieb 1862 für den Faschingsball der Wiener Künstlervereinigung Hesperus eine Luzifer-Polka op. 266.
Luzifer ist eine der Hauptfiguren in Karlheinz Stockhausens Opernzyklus Licht, der zwischen 1977 und 2003 entstand.
Moderne Literatur
In der 1969 veröffentlichten Satanischen Bibel von Anton Szandor LaVey, der als Begründer des „modernen“ Satanismus gilt, erscheint Luzifer als einer der vier Kronprinzen der Hölle, weshalb eines der vier Kapitel seinen Namen trägt (Das Buch Luzifer)[18]. Als Herr des Ostens und des Elements Luft fungiert er als „Lichtbringer“ und steht für Intellektualität und Aufklärung. Der rumänische Dichter Mihai Eminescu schrieb 1883 ein Gedicht Luceafărul, in der Luzifer als Abendstern besungen wird.
Daneben war Luzifer vielfach Gegenstand insbesondere angloamerikanischer Literatur, so etwa in Miguel Serranos Nos, Book of the Resurrection von 1980, in Arthur C. Clarkes Space Odyssey (1968–97), in Steven Brusts Fantasy-Roman To Reign in Hell (1984), in Neil Gaimans Sandman-Erzählungen (1988–96), in Mike Careys Comic-Serie Lucifer (seit 1999), in Catherine Webbs Erzählungen Waywalkers (2003) und Timekeepers (2004) sowie in den beiden Romantrilogien His Dark Materials (1995–2000) von Philip Pullman und Lycidas (2004–06) von Christoph Marzi.
Rock- und Popmusik
Auch in Werken der Rockmusik tritt Luzifer auf, etwa als Ich-Erzähler in Sympathy for the Devil der Rolling Stones von 1968 oder im Lied N.I.B. von Black Sabbath, als Siamkatze in Pink Floyds Lucifer Sam, als Titel des instrumentalen Hits Lucifer von The Alan Parsons Project (1979), ebenso wie in den Liedern Father Lucifer von Tori Amos (1996), Lucifer von XOV (2015) oder im Bandnamen Lucifer’s Friend. In Liedern der polnischen Metal-Band Behemoth wird Luzifer ebenfalls thematisiert. Auf dem Konzeptalbum Arcane Rain Fell von Draconian (2005) tritt Luzifer ebenfalls als Ich-Erzähler auf. Die koreanische Popgruppe Shinee, veröffentlichte 2010 ihr Album Lucifer. Der Name der norwegischen Rockband Gluecifer setzt sich aus den Worten Luzifer bzw. Lucifer und glue (engl. für Leim) zusammen.
Film
Erwähnenswerten Einfluss auf die Popkultur hatte der halbstündige Experimentalfilm Lucifer Rising (1966/70/82) von Kenneth Anger, dessen collagenhafte Bildsprache unter anderem stilprägend für spätere Musikvideos war.
Ebenso erscheint er in Filmen wie Ghost Rider (2007), Die neun Pforten (1999), God’s Army – Die letzte Schlacht (1995), Angel Heart (1987), Constantine (2005), Im Auftrag des Teufels (1997), Der Exorzismus von Emily Rose (2005) oder Little Nicky (2000) und wird in den Serien Supernatural (2005), Reaper (2007) und Lucifer (2016) als Teufel dargestellt.
Comic
Die Comicserie Luzian Engelhardt von Dirk Seliger und Jan Suski handelt davon, wie es den Teufel zu Fortbildungszwecken auf die Erde verschlägt, wo er sich unter anderem eine bürgerliche Existenz aufbaut.
Luzifer in der Anthroposophie
Luzifer spielt auch in der Anthroposophie Rudolf Steiners eine bedeutende Rolle. Dort wird er neben Ahriman und den Asuras als eine der geistigen Widersachermächte beschrieben, mit denen sich die Menschheit auseinandersetzen müsse.[19] Luzifer wird charakterisiert mit den Kräften des Bewegten, aber auch Auflösenden, Ahriman mit denen des Strukturierenden, aber auch Verhärtenden.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Gerd Theißen: Erleben und Verhalten der ersten Christen: Eine Psychologie des Urchristentums. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2009, ISBN 978-3-641-02817-6, S. 251.
- ↑ John Anthony McGuckin: At the Lighting of the Lamps: Hymns of the Ancient Church. ISBN 978-0-8192-1717-2.
- ↑ Gregor Baumhof OSB: Das Exsultet – eine poetische Hinführung zu den Geheimnissen der Ostern. (PDF) www.gregorianik.org, S. 22, abgerufen am 16. April 2018.
- ↑ a b Kaufmann Kohler: Lucifer. In: Isidore Singer (Hrsg.): Jewish Encyclopedia. Band 8, Funk and Wagnalls, New York 1901–1906, S. 204.
- ↑ Karl R. H. Frick: Satan und die Satanisten I-III. Satanismus und Freimaurerei – ihre Geschichte bis zur Gegenwart. Teil I. Marixverlag, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-86539-069-1, S. 193.
- ↑ Karl R. H. Frick: Satan und die Satanisten I-III. Satanismus und Freimaurerei - Ihre Geschichte bis zur Gegenwart. Teil I. Marixverlag, Wiesbaden 2006. S. 167. ISBN 978-3-86539-069-1
- ↑ Rüdiger Hauth (Hrsg.): Kompaktlexikon Religionen. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1998, ISBN 3-417-24677-6, S. 216.
- ↑ Karl R. H. Frick: Satan und die Satanisten I-III. Satanismus und Freimaurerei - Ihre Geschichte bis zur Gegenwart. Marixverlag Wiesbaden 2006. Teil I Seite 167. ISBN 978-3-86539-069-1
- ↑ Willis Barnstone, Marvin Meyer: The Gnostic Bible: Revised and Expanded Edition. Shambhala Publications, 2009, ISBN 978-0-834-82414-0, S. 753
- ↑ Karl R. H. Frick: Licht und Finsternis. Gnostisch-theosophische und freimaurerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis zur Wende des 20. Jahrhunderts. Band 1. Marix Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-86539-044-7, S. 177–180.
- ↑ a b c Friedrich Schröder: Hänsel und Gretel. Die Verzauberung durch die Große Mutter. opus magnum, ISBN 978-3-939322-12-2, S. 105 (google.de [abgerufen am 16. August 2014]).
- ↑ a b c Lois Bragg: Oedipus borealis: The Aberrant Body in Old Icelandic Myth and Saga. Associated University Press, Cranbury, NJ 2004, ISBN 0-8386-4028-1, S. 132 (google.de [abgerufen am 16. August 2014]).
- ↑ a b c H. P. Blavatsky: The Secret Doctrine: The Synthesis of Science, Religion, and Philosophy. Cambridge University Press, New York 2011, ISBN 978-1-108-07323-3, S. 283 (google.de [abgerufen am 16. August 2014]).
- ↑ R J Zwi Werblowsky: Lucifer and Prometheus. Routledge, Abingdon-on-Thames 2005, ISBN 0-415-19132-7, S. 81 (google.de [abgerufen am 16. August 2014]).
- ↑ Ernst Osterkamp: Lucifer. Stationen eines Motivs (= Komparatistische Studien. Band 9). de Gruyter, Berlin/New York 1979, ISBN 3-11-007804-X, S. 20 (google.de [abgerufen am 16. August 2014]).
- ↑ a b Richard M. Meyer: Altgermanische Religionsgeschichte. SEVERUS Verlag, Hamburg 2013, ISBN 978-3-86347-640-3, S. 336 (google.de [abgerufen am 16. August 2014]).
- ↑ Zitat aus: Buch I, Vers 263
- ↑ Die satanische Bibel (Seite 26) http://data2.blog.de/media/374/1240374_06a6f7d9ce_d.pdf
- ↑ Horst E. Miers: Lexikon des Geheimwissens. Goldmann Verlag, München 1993, S. 389–390.