Landtagspräsidentenkonferenz
Die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente, des Deutschen Bundestages und des Bundesrates (Kurzform: Landtagspräsidentenkonferenz, Abk. LPK) ist ein regelmäßig und kontinuierlich zusammentretendes Konferenzgremium zur Koordinierung der Interessen der deutschen Landesparlamente.[1] Auf den Tagungen werden insbesondere Fragen der internen und externen Probleme der Landesparlamente, deren Arbeit, Stellung und Aufgaben, Fragen des Föderalismus, des Parlaments- und des Abgeordnetenrechts erörtert.[2] Zunehmend werden gemeinsame Standpunkte zu den verschiedensten Fragen in Form von Entschließungen, Empfehlungen und Erklärungen formuliert.[3]
Vorläufer
Die Vereinigung der deutschen Parlamentsdirektoren, zu der sich am 5. Oktober 1925 in Berlin Direktoren deutscher Landesparlamente zusammengeschlossen hatten und die bis zur Auflösung der Landtage 1933[4] bzw. 1934[5] bestand, war Vorläufer der LPK.
Die Vereinigung befasste sich mit Fragen der Geschäftsordnungen[6], der parlamentarischen Organisation und mit Status und Tätigkeit der Parlamentsverwaltungen, der Höhe der Geldleistungen an Abgeordnete, den Grenzen des Amtes des Präsidenten, der Möglichkeit eines Misstrauensvotums gegen den Landtagspräsidenten, die Einrichtung einer Bannmeile, der Arbeitsweise von Untersuchungsausschüssen und der parlamentarischen Immunität von Abgeordneten und der Funktion als Schriftleiter von Presseorganen[7] und führte dazu jährlich Tagungen durch.
Geschichte
Nach dem Zusammenbruch des sogenannten „Dritten Reiches“ und der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus wurden im Laufe des Jahres 1945 Länder gebildet. Aufgrund ihrer von den Alliierten verliehenen Kompetenzen vereinten die Landesregierungen bis zur Schaffung von Landesverfassungen und Landesparlamenten Legislative und Exekutive in sich. Nach der Bildung von Landesparlamenten gab es mehrere Anläufe, um zwischen den Landtagen einen Erfahrungsaustausch zu organisieren.
Die erste Konferenz der Landtagspräsidenten fand am 17. November 1947 gemeinsam mit den Landtagsdirektoren im Gebäude des Hessischen Landtags in Wiesbaden statt.[8] Bereits bei der Einladung zu dieser ersten Zusammenkunft war ausdrücklich beabsichtigt, dabei an die Arbeit der Vereinigung der Landtagsdirektoren anzuknüpfen.[9][10] Zu dieser Zeit bestanden noch Kontakte zu Parlamenten der Sowjetischen Besatzungszone; zu deren Teilnahme an der Konferenz ist es jedoch vor der Wiedervereinigung 1989 nicht gekommen.[11] Der ersten Tagung folgte eine Sitzung 1950 in München unter grundsätzlich geänderten Rahmenbedingungen: Inzwischen waren zwei deutsche Teilstaaten gebildet worden.[12] Seit 1952 fanden die Tagungen der LPK oft halbjährlich, seit 1975 in der Regel einmal im Jahr statt. Die Konferenz wird alle zwei Jahre als gemeinsame deutsch-österreichisch-südtirolische Konferenz durchgeführt. Seit der 67. LPK am 19. November 1990 in München nehmen auch die Parlamentspräsidenten der neuen Länder an den Tagungen teil.
Auf der Landtagspräsidentenkonferenz vom 15. bis 17. Juni 2014 in Hamburg beschlossen die Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten eine Europapolitische Erklärung [13]. Mit ihr wollen die Parlamentspräsidenten der Bundesländer den europäischen Einigungsprozess stärken. In erster Linie wird daher gefordert, dass die Landesparlamente stärker in europäische Entscheidungsprozesse sowohl auf Kommissionsebene als auch beim Europäischen Parlament eingebunden werden.
Im Nachgang der LPK in Hamburg trafen sich die Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten zu zwei Sonderkonferenzen. Am 29. August 2014 forderten die Präsidentinnen und Präsidenten eine stärkere Beteiligung der Landesparlamente an den Prozessen der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen [14]. Dieser Anspruch wurde auf einer zweiten Sonderkonferenz am 15. Dezember 2014 bestätigt [15].
Grundlage
Allgemeine Grundlage ist der Föderalismus in Deutschland (Artikel 20 (1) GG), nach dem die Länder eigene Gliedstaaten der Bundesrepublik Deutschland sind. Dadurch kann jedes Land die eigenen Kompetenzfelder eigenverantwortlich gestalten (Art. 30, 70, 83 GG) und dabei mit anderen Ländern zusammenarbeiten.[16] Die Beschlüsse der LPK haben zwar nur empfehlenden Charakter. Sie erhalten politisches Gewicht aber insbesondere dann, wenn sich die jeweiligen Landesparlamente die Forderungen zu eigen machen. Die LPK ist kein formelles Organ.
Organisation und Arbeitsweise
Die Gastgeberschaft für die Tagung der LPK wechselt unter den Ländern. Der Gastgeber der jeweiligen Konferenz hat den Vorsitz inne und fungiert als Sprecher der LPK. Vorbereitung und Führung der Konferenzgeschäfte obliegen der Parlamentsverwaltung des jeweiligen Gastgeberlandes. Diese führt die Geschäfte der LPK dann ein Jahr lang – bis sie zur nächsten Tagung von der Parlamentsverwaltung des nächsten Gastgeberlandes übernommen werden. Seit Ende der fünfziger Jahre gibt es zusätzlich zu den Tagungen der Präsidenten und denen der Direktoren Kommissionen bzw. Arbeitsgruppen mit separaten Sitzungen. In der Praxis werden komplexe Materien derartigen Kommissionen zur Vorbereitung übergeben.[17]
Vorsitz
Vorsitzende der LPK ist derzeit die Präsidentin des Bayerischen Landtags: Seit dem 5. November 2018 Ilse Aigner und davor seit dem 12. Juni 2018 Barbara Stamm.[18] Zuvor hatte seit dem 3. Juli 2017 der ehemalige Thüringer Landtagspräsident Christian Carius den Vorsitz.[19]
Mitglieder
Parlament | Präsident/in | Fraktion | Foto |
---|---|---|---|
Baden-Württemberg | Muhterem Aras | Grüne | |
Bayern | Ilse Aigner | CSU | |
Berlin | Ralf Wieland | SPD | |
Brandenburg | Britta Stark | SPD | |
Bremen | |||
Bundesrat | Vorlage:SortKey ist veraltet; bitte verwende Alternativen gemäß Hilfe:Tabellen/Sortierung #Veraltet. | CDU | |
Deutscher Bundestag | Vorlage:SortKey ist veraltet; bitte verwende Alternativen gemäß Hilfe:Tabellen/Sortierung #Veraltet. | CDU | |
Hamburg | Carola Veit | SPD | |
Hessen | Boris Rhein | CDU | |
Mecklenburg-Vorpommern | Sylvia Bretschneider | SPD | |
Niedersachsen | Gabriele Andretta | SPD | |
Nordrhein-Westfalen | Vorlage:SortKey ist veraltet; bitte verwende Alternativen gemäß Hilfe:Tabellen/Sortierung #Veraltet. | CDU | |
Rheinland-Pfalz | Hendrik Hering | SPD | |
Saarland | Stephan Toscani | CDU | |
Sachsen | Vorlage:SortKey ist veraltet; bitte verwende Alternativen gemäß Hilfe:Tabellen/Sortierung #Veraltet. | CDU | |
Sachsen-Anhalt | Gabriele Brakebusch | CDU | |
Schleswig-Holstein | Klaus Schlie | CDU | |
Thüringen | Birgit Diezel | CDU |
Aktuell
Die nächsten Konferenzen der Landtagspräsidenten werden die jährliche Europakonferenz in Brüssel Ende Januar 2019 und dann im Juni 2019 die gemeinsame deutsch-österreichische Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten in Würzburg sein.
Zuletzt tagte die LPK vom 10. bis 12. Juni 2018 in Schloss Ettersburg bei Weimar. Diese Konferenz hat sich ausführlich mit dem Thema Digitalisierung auseinandergesetzt und die Chancen und Herausforderung für die deutschen Landesparlamente diskutiert.[20] Die Landtagspräsidenten verabschiedeten die Ettersburger Erklärung zum Thema „Die Parlamente in der digitalen Gesellschaft“.[21]
Zuvor fanden Konferenzen vom 5. bis 7. Juni 2016 in Wiesbaden, vom 2. bis 3. April 2017 in Brüssel, vom 12. bis 13. Juni 2017 in Feldkirch (Vorarlberg) und vom 26. bis 27. November 2017 in Brüssel statt.
Die LPK 2015 tagte in Heiligendamm und Hohe Düne in Mecklenburg-Vorpommern. Folgende Beschlüsse[22] wurden auf dieser gemeinsamen Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente sowie des Südtiroler Landtages gefasst:
- Erklärung von Heiligendamm: Verstärkte Einbindung der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis durch die Europäische Kommission
- Erklärung von Heiligendamm: Der digitale öffentliche Raum und die Wahrung der Meinungsvielfalt und die digitale Grundversorgung
- Entschließung von Heiligendamm: Jugendprojekte in Landesparlamenten
- Beschluss: Teilnahme des Parlamentes der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Huth: „Dabei versteht sich die Landtagspräsidentenkonferenz als das prinzipielle Koordinierungsorgan der Landesparlamente.“, Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 164
- ↑ Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 7
- ↑ [1]. Michael F. Feldkamp: Datenhandbuch zur Geschichte des deutschen Bundestages 1990–2010
- ↑ Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 73
- ↑ Selbstauflösung, bemerkenswertes Dokument, Generallandesarchiv Karlsruhe, 231/3271 Bl. 333 f.; zitiert nach Schumann: Parlamentspraxis in der Weimarer Republik, Dritter Band, Die Tagungsberichte der Vereinigung der deutschen Parlamentsdirektoren 1925 bis 1933, S. 20
- ↑ Huth würdigt die Arbeit der Vereinigung deutscher Parlamentsdirektoren insbesondere vor der Machterlangung der Nationalsozialisten 1933: Bei auf den ersten Blick teilweise banal und einfachen Beratungsthemen sollte man „nie vergessen, dass das Vorspiel zur `legalen Revolution´ der Nationalsozialisten im Deutschen Reich – die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes durch den Reichstag – erst durch eine massive Manipulation der Geschäftsordnung rechtlich möglich und legalistisch `abgesichert´ war.“ Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 127
- ↑ Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 77f. und Schumann: Parlamentspraxis in der Weimarer Republik, Dritter Band, Die Tagungsberichte der Vereinigung der deutschen Parlamentsdirektoren 1925 bis 1933, S. 69, 100, 163-175 (zitiert nach Huth)
- ↑ Zunächst war beabsichtigt, dass Präsidenten und Direktoren getrennt tagen sollten. Dann einigte man sich auf eine gemeinsame Sitzung der Direktoren und Präsidenten und eine besondere Sitzung der Direktoren, Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 74/75
- ↑ Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 81ff.
- ↑ Schneider/Zeh sehen die LPK ohne Vorbild in der deutschen Verfassungsgeschichte: „In der Weimarer Republik hatten sich die deutschen Parlamentsdirektoren in einer Vereinigung zusammengeschlossen und gemeinsam interessierende Fragen der Parlamentsorganisation bzw. –verwaltung erörtert. Diese rein administrative Kooperation wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegeben; die Beziehungen zwischen den Landtagen wurden nun auf der politischen Ebene der Parlamentspräsidenten aufgebaut.“ Schneider/Zeh: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, S. 1800
- ↑ Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 81ff.
- ↑ Huth: „Von einer Teilnahme der Repräsentanten der Sowjetischen Besatzungszone sprach niemand mehr.“, Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 128
- ↑ Europapolitische Erklärung
- ↑ Pressemitteilung: Landtagspräsidenten fordern Beteiligung bei Neuordnung der Finanzbeziehungen
- ↑ Pressemitteilung: Landesparlamente weiter in Gespräche zu Bund-Länder-Finanzen einbezogen
- ↑ übernommen von Wikipedia-Eintrag zu Ministerpräsidentenkonferenz
- ↑ Huth: Die Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente Frankfurt a. M., 1988, S. 146f.
- ↑ Susanne Beer: Bayern übernimmt Federführung bei Landtagspräsidentenkonferenz. Abgerufen am 25. Juli 2018.
- ↑ Der Landtag: Thüringer Landtag - Staffelstabübergabe im Landtag. Abgerufen am 4. August 2017.
- ↑ Landtagspräsidenten wollen digitale... In: rtl.de. (Landtagspräsidenten wollen digitale... ( vom 12. Juni 2018 im Internet Archive) [abgerufen am 13. Juni 2018]). Landtagspräsidenten wollen digitale... ( vom 12. Juni 2018 im Internet Archive)
- ↑ Der Landtag: Thüringer Landtag - Landtagspräsidentenkonferenz auf Schloss Ettersburg. Abgerufen am 13. Juni 2018.
- ↑ Drucksache 6/4121 der Landtages Mecklenburg-Vorpommern