Das Java-Drehgestell ist ein von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) konstruiertes, kombiniertes Triebachs-Laufachs-Drehgestell, das in Rahmenlokomotiven Anwendung fand. Das Drehgestell kam zu seinem Namen, weil es das erste Mal bei den 1925 gebauten Schnellzuglokomotiven der Reihe 3000 für die Electrische Staats Spoorwegen (ESS) auf Java geliefert wurde.

Technik
Der Bau von Elektrolokomotiven für Höchstgeschwindigkeiten über 100 km/h veranlasste Jakob Buchli, den Kurvenlauf von Schienenfahrzeugen zu erforschen. Das Krauss-Helmholtz-Lenkgestell befriedigte auf den kurvenreichen Schweizer Strecken mit ihrem relativ leichten Oberbau zu wenig.
Als Ergebnis dieser Forschungsarbeiten entstand das Javagestell. Der Drehzapfen befindet sich kurz vor[1] oder hinter[2] der Triebachse, so dass sich in den Kurven die Triebachse radial einstellen kann und ihr Anlaufwinkel verkleinert wird. Die Bewegung der Triebachse war beim Buchli-Antrieb in einem engen Rahmen begrenzt und musste durch den Antrieb ausgeglichen werden, der ebenfalls verwendete SLM-Universalantrieb konnte grössere Bewegungen ausgleichen. Um noch engere Kurven zwanglos durchfahren zu können, wurde die Laufachse im Drehgestell als Adamsachse ausgebildet.
Fahrzeuge
In sehr ähnlicher Ausführung und gleicher Spurweite wie die Java-Loks lieferten SLM und BBC zwei Loks 7000–7001 an die Japanische Staatsbahn.
Der grössere Teil der SBB Ae 4/7 wurde ebenfalls mit Java-Gestellen ausgerüstet, die damit sehr gute Laufeigenschaften erhielten. Weil der Unterhalt der Java-Drehgestelle aufwändiger war, wurden sie ab 1966 durch Bisselachsen ersetzt.
Bei den SBB Ae 8/14-Doppellokomotiven kam das Java-Drehgestell wieder zum Einsatz, bei der letzten erstmals mit zwischen den Achsen liegenden Drehzapfen. Auch die beiden äusseren Triebachsen und die benachbarte Laufachse der SBB Ae 4/6 10801–10806 waren zu einem Javagestell zusammengefasst. Bei den SBB Ae 4/6 10807–10812 kam eine Weiterentwicklung des Javagestells zum Zug, bei der Zentrierfedern und eine Rückstellvorrichtung einen stabilen Lauf auf geraden Strecken und einen weichen Kurvenlauf bewirken sollten. Im mechanischen Teil weitgehend der Ae 4/6 nachgebildet war die 1948 nach Holland gelieferte NS-Baureihe 1000.
Dank den bereits erwähnten Forschungen wurden auch die zweiachsigen Triebdrehgestelle weiterentwickelt, was u. a. 1944 zum Bau der BLS Ae 4/4 führte. Die Nachfolgerinnen dieser laufachsenlosen Drehgestelllokomotive lösten nach dem Zweiten Weltkrieg die Rahmenlokomotiven ab[3], womit das Java-Drehgestell von der technischen Entwicklung überholt wurde.
Einzelnachweise
- ↑ Schweizerischer Lokomotivbau 1871-1971 Seite 70 Abbildung 71
- ↑ Schweizerischer Lokomotivbau 1871-1971 Seite 65 Abbildung 64
- ↑ Hans-Peter Bärtschi: Elektrolokomotiven aus Schweizer Fabriken. In: Verkehrshaus der Schweiz (Hrsg.): Kohle, Strom und Schienen: Die Eisenbahn erobert die Schweiz. Verlag NZZ, Zürich 1998, ISBN 3-85823-715-9, Seite 278
Literatur
- Neuerungen im mechanischen Aufbau elektrischer Schnellzuglokomotiven. (PDF 1,5 MB) Schweizerische Bauzeitung, Band 89 (1927), Heft 13, S. 174–175, abgerufen am 1. Dezember 2013.
- K. Sachs: Zur Entwicklung elektrischer Lokomotiven und Triebwagen in der Schweiz. (PDF 5,7 MB) Schweizerische Bauzeitung, Band 65 (1947), Heft 26, S. 359–366, abgerufen am 1. Dezember 2013.
- Hans Schneeberger: Die elektrischen und Dieseltriebfahrzeuge der SBB, Band I: Baujahre 1904-1955; Minirex AG, Luzern; 1995; ISBN 3-907014-07-3.
- SLM Winterthur (Hrsg.): Schweizerischer Lokomotivbau 1871 - 1971. Überblick über die von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik im vergangenen Jahrhundert gebauten Lokomotiven und Triebwagen. Winterthur, 1971