Denglisch, auf Englisch: Germish, ist ein Begriff, der sich aus Deutsch und Englisch zusammensetzt. Er beschreibt die Umgangssprache, die entsteht, wenn englische Ausdrücke und Worte in deutsche grammatische Konstruktionen eingebaut werden.
- "Ich musste die Harddisk neu formatieren, weil der falsch gesteckte Jumper zur Datenkorruption geführt hat und die Maschine gecrasht ist."
Die englischen Einsprengsel werden dabei oft als irritierend empfunden, weil im Zuge der sprachlichen Assimilation noch nicht genug Zeit vergangen ist, die Stufe von Lehnwörtern zu erreichen, d. h. über die anzuwendenden Beugungsregeln und das Wortgeschlecht besteht noch kein allgemeiner Konsens.
Ein anderes Phänomen ist, dass in Sprachangelegenheiten weniger bewanderte Fachleute dazu neigen, wörtlich zu übersetzen und dabei in Übersetzungsfallen tappen (z. B. Datenkorruption von data corruption = partieller Datenverlust; Korruption bedeutet im Deutschen aber "Bestechlichkeit, Vorteilsnahme"). Dieses Phänomen ist auch bei vielen Journalisten zu beobachten, die aus englischsprachigen Ländern berichten. Beispielsweise wird administration in the Bush administration oft zu "Bush-Administration" statt zu "Regierung Bush" (Administration ist im Deutschen ein Fremdwort für "Verwaltung").
Aufgrund der Dominanz der englischen Sprache in der Wirtschaft, der Popmusik und der Welt der Computer sind vor allem in den dort gesprochenen Jargons gewagte Konstruktionen zu finden. Auch die Werbung bedient sich großzügig so genannter buzz words, Schlagworte mit gutem Klang, aber – aufgrund mangelnder Übersetzungsgrundlage – recht schwammiger Bedeutung. Man vergleiche den Wandel des Ausdrucks "Kundendienst" zu "Service".
In früheren Jahren wurden solche Worte in ihrer Schreibweise dem Deutschen oft angepasst und erfuhren in manchen Fällen auch einen Bedeutungswandel. Beispiele für Anpassungen sind "Costume" zu "Kostüm", "Couvert" zu "Kuvert" oder auch "Disquettes" zu "Disketten". Heute verzichtet man, gerade bei Begriffen aus dem Englischen, weitgehend auf solche Anpassungen. So konnte sich die in den achtziger Jahren vorgeschlagene Variante "Komputer" nicht durchsetzen; die lautgerechte Schreibweise Kompjuter hingegen wurde nicht vom Duden legitimiert.
In vielen Fällen werden Wörter bereits seit langem mit den Lauten des Deutschen ausgesprochen, aber immer noch in der fremdsprachigen Form geschrieben, z. B. corn flakes.
Das Bestreben vieler Wirtschaftsunternehmen im deutschsprachigen Raum, sich möglichst weltoffen und international zu präsentieren, aber auch die in der Jugendsubkultur schon länger vorhandene Neigung zu Anglizismen führte zur Aufnahme dieses Trends durch die Werbewirtschaft und die Medien. Das hatte wiederum die Folge, dass sich die restliche Wirtschaft und große Teile der Bevölkerung der Entwicklung anpassten mussten, um überhaupt noch verstanden zu werden bzw. nicht als Außenseiter zu gelten. Das seit den 1990er Jahren verstärkte Einsickern englisch klingender Begriffe in alle Lebensbereiche erhielt noch einen Schub durch den von Fachtermini dominierten Aufschwung des PC-Marktes, die schnelle Verbreitung des Internets und die damit verbundene Beschäftigung mit Informatik und angrenzenden Wissensgebieten.
Die übertriebene Verwendung solcher aus dem Englischen entlehnten Wörter ohne Beachtung des im englisch/nordamerikanischen Sprauchraum zugehörigen pragmatischen Kontextes zeigt immer häufiger groteske Ergebnisse, die die ursprüngliche Absicht eher konterkarieren und von englischen Muttersprachlern belächelt werden. Beispielsweise bewarb ein deutsches Unternehmen eine Umhängetasche als "body bag", was im englischen Sprachgebrauch Leichensack bedeutet. Prominentes Beispiel ist sicher das Wort Handy. Der heute in Deutschland verwendete Begriff für Funktelefon wurde von deutschen Journalisten aus Kolumnen oder Feuilletons englischsprachiger Kollegen übernommen und verbreitet, ohne den Sinngehalt zu überprüfen. Er war dort als Stilmittel und Umschreibung (handy = handlich) gebraucht worden. Dort spricht man weiterhin von mobile phone oder cellular phone, wenn von Mobiltelefonen die Rede ist. Anders motiviert, aber mit dem gleichen Ergebnis, waren auch die Versuche der früheren DDR, internationale Anerkennung durch die Einführung derartiger Begriffe in die Umgangssprache zu gewinnen. Das bekannte und von Westdeutschen oft belächelte Broiler für Brathähnchen ist nur ein Beispiel dafür.
Die mit der Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft einhergehende Etablierung englischer Fachbegriffe als Standard und deren Verwendung auch in der Verkehrssprache im deutschen Wirtschaftsraum empfinden inzwischen nicht nur zahlreiche Kleinaktionäre als unangenehm. Auch große Teile der Bevölkerung sehen schon Gefahren für die deutsche Sprachkultur.
Der oft unmotivierte und unpassende Einsatz englischer Wörter ist keineswegs eine sich entwickelnde eigene Sprache oder Kunstsprache, da keine allgemein verbindlichen grammatischen Regeln oder auch nur ein Minimalkonsens über die Verwendung, Grammatik und Orthografie existieren. Im Prinzip spricht und schreibt jeder willkürlich und nach eigenem Gutdünken, solange es nur englisch klingt. Beispiele: "Ich habe gedownloadet" wird genauso häufig verwendet wie "Ich habe downgeloadet", der deutsche Ausdruck wäre hingegen "Ich habe heruntergeladen". Die URL (wegen die Internetadresse) wird fast ebenso häufig gesagt wie der URL (wegen der als maskulin empfundenen Endung von locator), wenn von der standardisierten Einheitsform einer Internetadresse gesprochen wird, obwohl heute das Kürzel URI als korrekter angesehen wird.
Das Phänomen ist allerdings nicht auf Deutschland oder den deutschsprachigen Raum beschränkt. Seit Präsident Charles de Gaulle versucht man in Frankreich, den Einfluss von Anglizismen auf die französische Sprache – das sog. "Franglais" – mit immer neuen Gesetzen einzudämmen, zuletzt durch die loi Toubon, benannt nach dem damaligen Minister für Kultur und die Frankophonie. Allerdings zeigt sich, dass solche Bemühungen selbst in einem zentralistischen Staat wie Frankreich in vielen Fällen vergeblich sind. Ähnliche Sprachschutzgesetze bestehen auch in Lettland, Litauen, Polen und Ungarn und werden in weiteren Ländern diskutiert.
Leute, die dem sog. "Denglisch" gelassener gegenüberstehen, vertreten die Auffassung, viele Dinge könne man im Deutschen nicht ebenso gut ausdrücken. Denglisch-Gegner vertreten demgegenüber die Auffassung, dass man bei einigem Nachdenken dieselben Dinge auch auf Deutsch ausdrücken könne. Denglisch sei oftmals reine Angeberei.
Denglisch-Befürworter versuchen häufig, Denglisch-Gegner mit offenkundig unsinnigen Übersetzungsversuchen zu diskreditieren (motherboard = "Mutterbrett"). Denglisch-Gegner versuchen hingegen, deutsche Wörter, die vor dem Auftreten eines bestimmten Anglizismus bereits vorhanden waren, weiter zu verwenden oder neu zu beleben bzw. Wörter zu finden oder zu erfinden, die stimmig und alltagstauglich sind (motherboard = "Hauptplatine").
Literatur
- Thomas Paulwitz, Stefan Micko und andere: Engleutsch? – Nein danke! Wie sag ich's auf deutsch? ISBN 3-00-005949-0
- Dieter E. Zimmer, 'Neuanglodeutsch', in: Ders., Deutsch und anders. Die Sprache im Modernisierungsfieber, Hamburg 1998, S. 7-104 ISBN 3-499-60525-2
Weblinks
- http://vds-ev.de/denglisch/index.php – Argumente für und wider Denglisch
- http://wikibooks.org/wiki/Fruchtbringendes_Woerterbuch – Alternativausdrücke zu Denglisch-Vokabeln
- http://www.uebersetzungsfallen.de/index.html – Übersetzungsfallen Englisch -> Deutsch
Siehe auch
Scheinanglizismus, Anglizismus, Englische Sprache im Internet, Sprachgebrauch in Deutschland, Englische Sprache, Deutsche Sprache, Sprachpanscher