Gottesdienst

christliche Zeremonie mit Gebeten, Gesängen, Lesungen, Predigt und z.T. Abendmahlsfeier
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Ein Gottesdienst ist eine i.d.R. in einer eigens vorgesehenen Räumlichkeit (Gotteshaus, Kirche, Synagoge, Moschee, Königreichssaal, Pagode, Tempel etc.) stattfindende gemeinschaftliche religiöse Feier zur Verehrung Gottes. In armen Ländern oder bei Veranstaltungen mit einer großen Menge von Teilnehmern finden Gottesdienste oft auch unter freiem Himmel statt. Im Deutschen ist der Begriff ursprünglich die Wiedergabe des lateinischen Begriffes Kult. (weiteres siehe dort)

Geschichtliche Entwicklungen

Bereits in den Paulusbriefen und in der Apostelgeschichte werden verschiedene Formen von gottesdienstlichen Zusammenkünften der Gemeinde erwähnt. Ein Beispiel für den urchristlichen Gottesdienst finden wir in 1. Korinther 14: "Wenn ihr zusammen kommt, hat jeder etwas mitgebracht: Der eine singt ein Lied, ein anderer legt die Heiligen Schriften aus. Wieder ein anderer spricht in Sprachen des Geistes, und ein anderer hat ein Erklärung dazu." Interessanterweise wird allerdings der Begriff Gottesdienst (griechisch: leitourgia) für diese Versammlungen der Gemeinde nicht benutzt. Wenn im Neuen Testament von Gottesdienst gesprochen wird, geht es entweder um den Tempelgottesdienst des Alten Testaments oder um die Aufforderung, das gesamte Leben als Gottesdienst zu begreifen.

Schon im 2. Jahrhundert kommt es zu einer liturgischen Ausbildung der gottesdienstlichen Zusammenkünfte. Justin der Märtyrer († 165) zum Beispiel beschreibt einen christlichen Gottesdienst mit Leseordnung, Predigt, Fürbittegebet und Abendmahlsfeier. Daraus entwickeln sich mit der Zeit besondere priesterliche Ämter, die schließlich zu einer Trennung der Gemeinde in "Geistliche" und "Laien" führt. Die Architektur der gottesdienstlichen Räume spiegelt diese Trennung; der Altarraum - durch einen Lettner vom Rest des Kirchenraumes getrennt - ist den Geistlichen vorbehalten, während die anderen Gemeindemitglieder immer mehr zu Zuschauern und Zuhörern des gottesdienstlichen Geschehens wurden.

Die Reformation versuchte diese Entwicklung rückgängig zu machen. Der linke Flügel der Reformation (Täufer) und freikirchlichen Bewegungen der Neuzeit (zum Beispiel Baptisten) hoben die gottesdienstliche Trennung zwischen Geistlichen und Laien vollends auf. Auch das II. Vatikanische Konzil der römische-katholischen Kirche wies dem Laien wieder einen aktiven Platz im Gottesdienstgeschehen zu. In den orthodoxen Kirchen wurde diese Rückbesinnung auf den urchristlichen Gottesdienst allerdings nicht nachvollzogen.

Die Ostkirchen hingegen halten an der Bezeichnung Heilige Liturgie für ihre Form des Gottesdienstes fest. Nur die Abendmahlsfeier ist nach diesem Verständnis Gottesdienst.

Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil nahm sich auch die römisch-katholische Kirche des Gottesdienstes (bzw. Wortgottesdienstes) als cultus divinus an.

Formen des römisch-katholischen Gottesdienstes sind:

Seit dem 16. Jahrhundert durch Luther geprägt, dem die Feier des Wortes Gottes in der Gemeinde zentrales Anliegen war, war er als Reform des katholischen Messopfers lange in der evangelischen Kirche verankert.

Der Gottesdienst in Kirchen der reformierten Tradition ist in Deutschland sehr nüchtern und wortbetont (anders z.B. in den Niederlanden und der Schweiz), sein wesentlicher Bestandteil ist die Predigt. Das Abendmahl wird gewöhnlich nur an hohen Festtagen gefeiert, die Liturgie ist schlicht und als Erinnerungsfeier gestaltet - auch im Abendmahlsgottesdienst ist die Predigt die Hauptsache.

Freikirchliche Gemeinden haben in der Regel keine fest gelegte Liturgie (Ausnahme: Methodisten). In vielen Gemeinden folgt einer lockeren Begrüßung und einem Infoteil eine längere Anbetungszeit, die durch viele Lieder, Lesungen biblischer Texte und frei formulierte Gebete geprägt ist. Musikalisch steht weniger die Orgel im Mittelpunkt, mehr Rhythmus- und Tasteninstrumente. Auch persönliche Erfahrungsberichte, sogenannte "Zeugnisse" kommen häufig vor. Die meisten Freikirchen besitzen Chöre, Singkreise oder Musikbands, die den sonntäglichen Gottesdienst mitgestalten. Die Predigt steht im Mittelpunkt. Fürbitte und Segnung beschließen den Gottesdienst. In charismatisch geprägten Gemeinden gehören auch die urchristliche Gottesdienst-Elemente (vgl. 1. Korintherbrief) 12 und 14) wie Glossolalie (Zungengebet) und Prophetie vor. Das Abendmahl wird in der Regel einmal im Monat gefeiert. Es finden allerdings auch hin und wieder Mahlfeiern im häuslichen Kreis statt.

Im Judentum finden Gottesdienste in der Synagoge statt. In allen Richtungen des Judentums finden Gottesdienste und Feiern am Shabbat (Samstag) und an den Feiertagen statt. Hinzu kommen in orthodoxen und vielen konservativen Gemeinden regelmäßige Gottesdienste am Morgen (Shacharit), Spätnachmittag (Mincha) und Abend (Maariv).

Der Gottesdienst besteht aus Gebeten, Liedern, Psalmen sowie dem Kaddisch An bestimmten Tagen erfolgt morgens und nachmittags eine öffentliche Lesung aus der Thorarolle, die dann das Zentrum des Gottesdienstes bildet. Die Gottesdienstordnung ist je nach Richtung und Gemeinde verschieden.

Der Islam versteht unter Gottesdienst (Ibada) Dienst an Gott nämlich völlige Unterordnung und Ergebung in das, was Gott wohlgefällig ist, und absolute Ausrichtung des gesamten Lebens nach dem Muster des Islams.

Das Freitagsgebet (Cuma Salah), das nur in der Gemeinschaft in der Moschee stattfinden kann ist eine Entsprechung zum christlichen und jüdischen Gottesdienst.

Literatur

  • Böckler, Annette, Jüdischer Gottesdienst, Jüdische Verlagsanstalt Berlin, 2002, ISBN 3934658199