Anschaulich gesprochen ist eine reelle stetige Funktion dadurch gekennzeichnet, dass ihr Graph in einen kartesischen Koordinatensystem innerhalb ihres Definitionsbereiches eine zusammenhängende Kurve ist.[1] Oder: Ihr Graph lässt sich ohne abzusetzen zeichnen.
Die Stetigkeit (Kontinuität) ist ein Konzept der Mathematik, das vor allem in den Teilgebieten der Analysis und der Topologie von zentraler Bedeutung ist. Genauer gesagt ist Stetigkeit eine Eigenschaft, die bestimmten Funktionen zuerkannt wird. Funktionen, die diese Eigenschaft besitzen (die stetigen Funktionen), stellen eine Verbindung zwischen den topologischen Strukturen ihres Definitionsbereichs und ihrer Zielmenge her.
In der reellen Analysis ist der Begriff der stetigen Funktion die formale Beschreibung der Tatsache, dass eine Funktion (bzw. ihr Graph) keine Sprünge macht. Eine alternative Veranschaulichung besagt, dass man Änderungen der Funktionswerte nach Belieben beschränken kann, indem man sich auf hinreichend kleine Änderungen im Argument beschränkt. Diese zweite Vorstellung wird formalisiert in der --Definition der Stetigkeit (siehe (1) weiter unten).
Stetige Funktionen sind in der reellen Analysis von Interesse, weil es zum einen eine große Menge von Beispielen gibt. So ist jede differenzierbare Funktion auch stetig. Zum anderen können für stetige Funktionen eine Reihe interessanter Ergebnisse bewiesen werden. Exemplarisch seien der Zwischenwertsatz, der Satz vom Minimum und Maximum und der Fundamentalsatz der Analysis genannt.
Die --Definition der Stetigkeit kann einfach auf jede Funktion übertragen werden, bei der man sowohl im Definitionsbereich als auch in der Zielmenge einen Abstand zwischen den Elementen bestimmen kann. Dies bedeutet, dass der Begriff der Stetigkeit direkt auf Funktionen zwischen metrische Räumen ausgedehnt werden kann. Dies umfasst insbesondere Funktionen zwischen Teilmengen des oder .
Es ist aber auch möglich, Stetigkeit durch eine Bedingung zu charakterisieren, die nur Begriffe der Topologie benutzt (siehe (3) weiter unten, das sich auf den Begriff der Umgebung stützt). Somit kann der Begriff der Stetigkeit auch auf Funktionen zwischen topologischen Räumen ausgedehnt werden. Tatsächlich erweist sich diese allgemeine Sichtweise aus mathematischer Sicht als der „natürlichste“ Zugang zum Stetigkeitsbegriff. Stetige Funktionen können dann einfach als diejenigen Funktionen zwischen topologischen Räumen angesehen werden, die mit deren Strukturen „verträglich“ sind. Stetige Funktionen spielen also in Topologie und Analysis eine ähnliche Rolle wie Homomorphismen in der Algebra.
Motivation
Anschauliche Herleitung
Die Funktion „springt“ an der Stelle vom Funktionswert 1 auf den Funktionswert 2. Stellt die Funktion einen Zusammenhang aus der Natur oder der Technik dar, so erscheint ein solches Verhalten als unerwartet (Natura non facit saltus). Stellt die Funktion zum Beispiel den Zusammenhang zwischen der beim Radfahren aufgebrachten Energie und der erreichten Geschwindigkeit dar, so wäre es überraschend, wenn eine minimale Steigerung der aufgewandten Energie an einer Stelle plötzlich zur Verdoppelung der Geschwindigkeit führte.
Auch in anderen Lebensbereichen erscheint eine solche Funktion seltsam. Stellt die Funktion zum Beispiel den Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Arbeitslohn dar, so ist es wiederum merkwürdig, dass an einer Stelle der Arbeitslohn verdoppelt wird, wenn die Arbeitszeit nur minimal steigt.
Der mathematische Begriff der Stetigkeit versucht die Funktionen exakt zu beschreiben, die ein solches 'willkürliches Verhalten' nicht haben. Die angegebene Funktion ist also nicht stetig, wobei sich die Unstetigkeit auf den Punkt einschränken lässt. Anderswo ist die Funktion überall stetig.
Das Konzept der Stetigkeit wurde zunächst für reelle und komplexe Funktionen entwickelt. Bei der Begründung des mathematischen Teilgebiets der Topologie zeigte sich aber, dass das Konzept sich natürlich auf dieses Gebiet erweitern lässt. Seitdem ist die Stetigkeit einer der Grundbegriffe der modernen Mathematik.
Beschränktheit der Anschauung
Die obige Erklärung veranschaulicht zwar den Begriff der Stetigkeit recht gut, man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass diese Anschauung diverse Grenzen hat. Es ist daher unerlässlich, sich in der mathematischen Praxis immer auf die exakten Definitionen zu beziehen, die im Folgenden eingeführt werden.
Tatsächlich weist auch die Funktion
an der Stelle eine Verhaltensänderung auf. Die Funktion ist dort aber dennoch stetig. Die Verhaltensänderung kann man mathematisch erst fassen, wenn man die Ableitung von untersucht.
Die Wurzelfunktion ist auf stetig. Wenn man sich der Stelle nähert wird die Änderungsgeschwindigkeit aber immer größer. Im Wert 0 ist sie praktisch unendlich.
Betrachtet man schließlich Funktionen wie die Weierstraß-Funktion, so handelt es sich um eine im mathematischen Sinn stetige Funktion, bei der aber an keiner Stelle eine 'Änderungsrichtung' festgestellt werden kann (genauer: an den Graphen kann nirgendwo eine Tangente angelegt werden).
Umgekehrt wäre es falsch, die oben definierte Funktion als Prototyp einer unstetigen Funktion anzusehen. Einen solchen Prototyp erhält man eher dadurch, dass man sich vorstellt, der Wert der Funktion würde für jedes Argument unabhängig ausgewürfelt. Eine solche chaotische Funktion wäre überall unstetig. Es wäre aber auch unmöglich, sie graphisch darzustellen.
Kritisch hinterfragen kann man auch die Behauptung, dass natürliche Vorgänge stets durch stetige Funktionen modelliert werden können. Man betrachte etwa eine Billardkugel, die mit langsamer Geschwindigkeit auf eine Tasche zugespielt wird. Ist die Abstoßgeschwindigkeit zu gering, so bleibt die Kugel vor der Tasche liegen. Ab einer gewissen Abstoßgeschwindigkeit rollt die Kugel weit genug und fällt in die Tasche. Betrachtet man also die Anzahl der gefallenen Kugeln als Funktion der Abstoßgeschwindigkeit, so springt diese Funktion bei einem bestimmten Wert der Geschwindigkeit unstetig von 0 auf 1.
Dieser Überlegung kann man allerdings entgegenhalten, dass die physikalischen Bedingungen auf dem Billardtisch nie genau festgelegt sein können. In einem engen Bereich um die Grenzgeschwindigkeit hängt es von minimalen Umgebungsparametern (ein Windhauch mag ausreichen) ab, ob die Kugel fällt oder nicht. Daher ist es angemessen, den Vorgang dadurch zu modellieren, dass man jeder Abstoßgeschwindigkeit eine Wahrscheinlichkeit zuordnet, mit der die Kugel fällt. Diese Wahrscheinlichkeit steigt dann in einem engen Intervall um die Grenzgeschwindigkeit zwar sehr schnell, aber doch stetig, von 0 nach 1.
Stetigkeit reeller Funktionen
Definition mittels Grenzwerten
Sei eine Funktion, die jeder Zahl aus dem Definitionsbereich eindeutig eine Zahl zuordnet.
Die Funktion heißt in einem Punkt des Definitionsbereichs stetig, wenn
gilt. Es müssen also sowohl der linksseitige als der rechttseitige Grenzwert mit dem Funktionswert in übereinstimmen. Anders ausgedrückt: für jede gegen konvergente im Definitionsbereich liegende Folge mit Elementen , konvergiert die Folge gegen . Man kann also bei einer stetigen Funktion die Reihenfolge von Funktionsausführung und Grenzwertbildung vertauschen.
Man spricht von einer stetigen Funktion, wenn die Funktion in jedem Punkt ihres Definitionsbereiches stetig ist.
Epsilon-Delta-Kriterium
Die Definition mittels Grenzwerten läßt sich umformulieren in das folgende Kriterium: Die Funktion ist stetig in , wenn zu jedem ein existiert, so dass für alle mit gilt: .
Intuitiv bedeutet dies, dass zu jeder Änderung des Funktionswertes, die man zu akzeptieren bereit ist, eine maximale Änderung im Argument gefunden werden kann, die diese Vorgabe sicherstellt. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so nennt man unstetig in .
Beispiele stetiger Funktionen
(1) Eine konstante Abbildung
ist stetig.
(2) Die identische Abbildung
ist stetig.
(3) Seien und zwei stetige Funktionen, so dass der Definitionsbereich von den Wertebereich von enthält. Wenn stetig in und stetig in ist, dann ist die Hintereinanderausführung
stetig in .
(4) Seien und zwei stetige Funktionen. Dann sind die auf dem Durchschnitt ihrer Definitionsbereiche punktweise definierten Funktionen
- und
ebenfalls in stetig, wenn und dort stetig sind. Im Fall der Division muss noch angenommen werden, dass keine Nullstelle in besitzt. Insbesondere sind beliebige Linearkombinationen von in stetigen Funktionen wieder stetig in sind.
(5) Seien und zwei Funktionen. Dann ist die auf dem Durchschnitt ihrer Definitionsbereiche punktweise definierte Funktion
ebenfalls in stetig, wenn und dort stetig sind.
Beispielsweise folgt aus (2) und (5), dass eine stetige Funktion ist, und zusammen mit (1) und (4) erhält man, dass auch stetig ist.
(6) Seien und zwei Funktionen. Dann ist die Funktion
auf dem Durchschnitt definiert und sie ist dort in jedem Punkt stetig, in dem und stetig sind.
Beispielsweise ist die Funktion
definiert für alle reellen Zahlen und in jedem Punkt ihres Definitionsbereiches stetig. Sie ist also eine stetige Funktion. Die Frage der Stetigkeit in stellt sich nicht, weil dieser Punkt nicht zum Definitionsbereich gehört. Es gibt keine auf ganz definierte stetige Funktion, die auf mit übereinstimmt.
(7) Ist die stetige Funktion injektiv, so ist sie streng monoton (steigend oder fallend). Die auf dem Bildintervall definierte Umkehrfunktion
ist dann ebenfalls stetig.
Aus diesen sieben Eigenschaften, kann man die Stetigkeit aller elementaren Funktionen herleiten.
Aus den Eigenschaften (1), (2), (4) und (5) folgt bereits, dass jede Polynomfunktion auf ganz stetig ist.
Mit Eigenschaft (6) erhält man dann, dass jede rationale Funktion auf ihrem Definitionsbereich stetig ist.
Mit Eigenschaft (7) folgt, dass jede Potenzfunktion mit rationalem Exponenten auf ihrem Definitionsbereich stetig ist. Damit bekommt man beispielsweise die Stetigkeit von
- .
Es sind sogar alle reellen Funktionen, die sich durch eine Potenzreihe darstellen lassen, im Innern ihres Konvergenzintervalls stetig. Hieraus folgt die Stetigkeit der Exponentialfunktionen
für , sowie ihrer Umkehrfunktionen
Ebenso bekommt man die Stetigkeit der trigonometrischen Funktionen sowie ihrer Umkehrfunktionen.
Durch weiteres Anwenden der oben angegebenen Eigenschaften erhält man also, dass alle elementaren Funktionen (insbesondere auch Potenzfunktionen mit irrationalem Exponenten) auf ihren Definitionsbereichen stetig sind.
Anwendungen der Stetigkeit
Der Zwischenwertsatz besagt, dass eine auf dem Intervall stetige Funktion alle Werte zwischen und mindestens einmal annimmt. Ein Spezialfall ist der Nullstellensatz von Bolzano, demzufolge für eine auf stetige Funktion aus die Existenz mindestens einer Nullstelle im Intervall folgt.
Der Satz vom Minimum und Maximum besagt, dass jede auf einem kompakten Intervall definierte stetige Funktion dort beschränkt ist und ein Maximum und ein Minimum annimmt.
Auf kompakten Intervallen sind stetige Funktionen sogar gleichmäßig stetig.
Stetige Funktionen sind Riemann-integrierbar. Das Lebesgue-Kriterium besagt, dass eine auf einem abgeschlossenen Intervall beschränkte Funktion genau dann auf Riemann-integrierbar ist, falls sie auf diesem Intervall fast überall stetig ist.
Der Fundamentalsatz der Analysis besagt, dass für eine auf dem abgeschlossenen Intervall stetige Funktion die Integralfunktion
differenzierbar und eine Stammfunktion von ist, d. h., es gilt für alle .
Unstetige Funktionen
Eine Funktion, die mindestens eine Unstetigkeitsstelle enthält, ist unstetig. Die Kurve der Funktion ist an dieser Stelle unterbrochen.[1]
Eine Unstetigkeitsstelle liegt bei vor, wenn dort ein Funktionswert nicht vorhanden ist (Definitionslücke) oder ein Grenzwert nicht vorhanden ist oder Funktionswert und Grenzwert verschieden sind.[2] Die Definitionslücke kann hebbar sein (Beispiel: In kann die Lücke bei durch geschlossen werden), oder sie kann nicht hebbar sein (Beispiel: In gibt es bei eine Polstelle). An einer Sprungstelle fehlt der Grenzwert, weil der rechtsseitige Grenzwert und der linksseitige Grenzwert verschieden sind.
Die in der Technik bekanntesten unstetigen Vorgänge sind solche, die sich nur schrittweise verändern können, wie eine Messung durch Zählung oder ein mit den Mitteln eines Digitalsignals beschriebener Vorgang, dessen Funktionswerte nur in einer begrenzten Anzahl von Quantisierungsstufen darstellbar ist. Kann diese Anzahl so groß sein, dass eine Änderung um eine Stufe nicht erkennbar ist, wird auch von einem quasistetigen Vorgang gesprochen.
Beispiele unstetiger Funktionen sind die Vorzeichenfunktion (unstetig nur in 0), die Dirichlet-Funktion (in jedem Punkt unstetig) und die thomaesche Funktion (unstetig genau in allen rationalen Zahlen).
Ein Beispiel einer unstetigen Funktion aus der Wirtschaft ist der Mengenpreis in der Abhängigkeit von der Menge, wenn er gestaffelt ist (beispielsweise für Heizöl).[3]
In naturwissenschaftliche Anwendungen gibt es laut [4] durchaus unstetige Funktionen. Zwei Beispiele werden hierzu genannt:
- In einem idealen Parallelschwingkreis, dem eine elektrische Wechselspannung mit einer Frequenz kleiner als der Resonanzfrequenz aufgeprägt wird, folgt die Stromstärke der Spannung mit einem Phasenverschiebungswinkel von 90°. Bei allen Frequenzen oberhalb der Resonanzfrequenz läuft die Stromstärke der Spannung mit einem Winkel von 90° vor. Genau bei der Resonanzfrequenz ist die Verschiebung nicht angebbar. Die Funktion des Phasenverschiebungswinkels von der Frequenz ist also eine unstetige Sprungfunktion. Diese Aussage gilt jedoch nur für die Abstraktion des idealen Parallelschwingkreises.
- Beim Übergang einer Flüssigkeit in ihre Dampfphase folgt die Dichte als Funktion des Druckes (bei konstanter Temperatur) einer unstetigen Funktion. Diese Aussage gilt jedoch nur in Verbindung mit der Umwandlung des Aggregatzustands.
Linksseitige/rechtsseitige Stetigkeit
Eine Funktion heißt linksseitig stetig in einem Punkt ihres Definitionsbereichs , wenn die Einschränkung von auf stetig in ist, oder dazu äquivalent wenn die Bedingung Bedingung „ “ für alle streng monoton steigenden Folgen in gilt.
Analog ist der Begriff der rechtsseitigen Stetigkeit (z. B. über streng monoton fallende Folgen) definiert. Die Stetigkeit von in ist dann äquivalent dazu, dass die Funktion sowohl linksseitig als auch rechtsseitig in stetig ist.
Beispiele: Die Heaviside-Funktion ist in 0 rechtsseitig aber nicht linksseitig stetig. Die Vorzeichenfunktion ist in 0 dagegen weder linksseitig noch rechtsseitig stetig.
Durch die 'Aufteilung' der Stetigkeit in linksseitige und rechtsseitige Stetigkeit hat man die Eigenschaft einer stetigen Funktion, 'keine Sprünge' zu machen, aufgeteilt in die Eigenschaften, keine Sprünge zu machen, wenn man sich dem betrachten Punkt von links bzw. von rechts nähert.
Ein ähnliches Vorgehen kann man auch für Funktionen mit Zielmenge (und beliebigem topologischem Raum als Definitionsbereich) durchführen. In diesem Fall teilt man die Eigenschaft, 'keine Sprünge' zu machen, auf in die Eigenschaften, keine Sprünge nach oben bzw. nach unten zu machen. Dies führt auf zwei Begriffe von Halbstetigkeit, deren Kombination wieder mit der klassischen Stetigkeit reellwertiger Funktionen übereinstimmt.
Stetigkeit für Funktionen mehrerer Variablen
Eine Funktion
heißt in stetig im ersten Argument, wenn für jedes die Funktion
stetig in ist. Analog wird die Stetigkeit im zweiten, dritten, ... , -ten Argument definiert.
Die Funktion heißt stetig in , wenn für jede gegen konvergierende Folge die Folge der Funktionswerte gegen konvergiert.
Ist die Funktion stetig, so ist sie auch stetig in jedem Argument.
Die Umkehrung gilt nicht, wie das folgende Beispiel zeigt:
Man überzeugt sich leicht, dass diese Funktion in beiden Argumenten stetig ist (man beachte, dass zum Beispiel sogar konstant ist).
Die Funktion ist im Punkt aber unstetig. Definiert man nämlich für , so ist eine Folge, die in gegen konvergiert. Es gilt für alle . Die Bildfolge hat also den konstanten Wert und konvergiert somit nicht gegen den Funktionswert 0 an der betrachteten Stelle.
Stetigkeit für Abbildungen zwischen metrischen Räumen
Seien und metrische Räume, eine Abbildung und .
Dann heißt stetig in , wenn aus stets folgt. Diese Bedingung ist wieder Äquivalent zum Kriterium.
Die Abbildung heißt stetig, wenn sie in jedem Punkt stetig ist.
Beispielsweise ist eine Abbildung
genau dann stetig in , wenn alle stetig in sind.
Der Stetigkeitsbegriff ist auch in der Funktionalanalysis von Bedeutung. Ein linearer Operator
zwischen normierten Vektorräumen ist genau dann stetig, wenn er beschränkt ist, wenn es also eine Konstante gibt, so dass
für alle .
Stetigkeit in der Topologie
Das Konzept der Stetigkeit wurde zunächst für reelle und komplexe Funktionen entwickelt. Bei der Begründung des mathematischen Teilgebiets der Topologie zeigte sich aber, dass das Konzept sich natürlich auf dieses Gebiet erweitern lässt. Seitdem ist die Stetigkeit einer der Grundbegriffe der modernen Mathematik.
Die oben angegebenen alternativen Definitionen von Stetigkeit können leicht auf viel allgemeinere Situationen ausgedehnt werden, wobei ein Großteil der angegebenen Eigenschaften stetiger Funktionen ebenfalls verallgemeinert werden kann. Dieser verallgemeinerte Stetigkeitsbegriff ist von zentraler Bedeutung für die Topologie und verwandte mathematische Teilgebiete (etwa die Funktionalanalysis).
Definitionen der Stetigkeit
Da man topologische Räume auf unterschiedliche (aber äquivalente) Weise definieren kann, existieren auch mehrere gleichwertige Definitionen der Stetigkeit. Im Folgenden finden sich bei jeder Definition mehrere Varianten, die sich durch ihren Grad an Formalisierung unterscheiden. Betrachtet man bei einer Funktion nicht wie bei der Stetigkeit die Urbilder, sondern die Bilder der Funktion, so gelangt man zu den Begriffen der offenen bzw. abgeschlossenen Abbildung.
Offene Mengen
- Eine Funktion zwischen zwei topologischen Räumen ist genau dann stetig, wenn die Urbilder offener Mengen wiederum offene Mengen sind.
- Sei eine Abbildung von dem topologischen Raum in den topologischen Raum . Dann heißt stetig, wenn das Urbild unter von jeder in offenen Menge wieder offen in ist.
- stetig (wobei die Topologie des Raumes , also die Menge der offenen Mengen des topologischen Raumes ist)
Abgeschlossene Mengen
Die Stetigkeit kann durch abgeschlossene Mengen definiert werden, indem man „offene Mengen“ in obiger Definition durch „abgeschlossene Mengen“ ersetzt:
- Eine Funktion zwischen zwei topologischen Räumen ist genau dann stetig, wenn die Urbilder abgeschlossener Mengen wiederum abgeschlossene Mengen sind.
- Sei eine Abbildung von dem topologischen Raum in den topologischen Raum . Dann heißt stetig, wenn das Urbild unter von jeder in abgeschlossenen Menge wieder abgeschlossen in ist.
- stetig
Umgebungen
Sei die Menge aller Umgebungen eines Punktes .
- Eine Funktion zwischen zwei topologischen Räumen ist genau dann stetig, wenn für jeden Punkt gilt: für jede Umgebung des Bildpunktes dieses Punktes gibt es eine Umgebung des Punktes, deren Bild komplett in der Umgebung des Bildpunktes liegt.
- Sei eine Abbildung von dem topologischen Raum in den topologischen Raum . Dann ist genau dann stetig, wenn für jeden Punkt in gilt: Ist eine Umgebung von , dann gibt es eine Umgebung von , so dass in enthalten ist.
- stetig
Netze
Für eine gerichtete Menge und eine Menge ist ein Netz eine Abbildung . Meist schreibt man analog zu Folgen . Da die natürlichen Zahlen mit der gewöhnlichen Anordnung eine gerichtete Menge bilden, sind Folgen spezielle Netze.
- Seien und topologische Räume. Eine Abbildung ist genau dann stetig, wenn für alle gilt: Für jedes in gegen konvergierende Netz konvergiert das Netz in gegen
- stetig
Funktionen, die die schwächere Bedingung „ “ erfüllen, werden folgenstetig in genannt. Erfüllt das erste Abzählbarkeitsaxiom (dies ist z. B. für metrische Räume der Fall), so sind die beiden Begriffe gleichwertig.
Abschluss
- Eine Funktion zwischen zwei topologischen Räumen ist genau dann stetig, wenn das Bild des Abschlusses einer beliebigen Teilmenge im Abschluss des Bildes dieser Teilmenge enthalten ist.
- Sei eine Abbildung von dem topologischen Raum in den topologischen Raum . Dann ist genau dann stetig, wenn für jede Teilmenge von gilt: Das Bild des Abschlusses von liegt im Abschluss des Bildes von .
- stetig
Eigenschaften stetiger Funktionen
- Wenn und stetige Funktionen sind, dann ist die Komposition auch stetig.
- Einschränkungen stetiger Funktionen sind stetig.
- Wenn stetig und
- X kompakt ist, dann ist kompakt.
- X zusammenhängend ist, dann ist zusammenhängend.
- X wegzusammenhängend ist, dann ist wegzusammenhängend.
- Stetigkeit ist eine lokale Eigenschaft.
Viele wichtige Sätze über Funktionen setzen voraus, dass diese stetig sind. Hier einige Beispiele:
- Zu einer stetigen reellen Funktion auf einem Intervall kann mit Hilfe des Riemann-Integrals eine Stammfunktion ermittelt werden (Fundamentalsatz der Analysis).
- Eine stetige Funktion von einer nichtleeren kompakten und konvexen Teilmenge eines hausdorffschen topologischen Vektorraums in sich selbst besitzt einen Fixpunkt (Fixpunktsatz von Schauder).
- Der Satz von Peano über die Existenz von Lösungen gewöhnlicher Differentialgleichungen
- Die Existenz des brouwerschen Abbildungsgrades
Beispiele stetiger Funktionen
Elementare Beispiele
- Für eine Definitionsmenge mit der diskreten Topologie ist jede Funktion in einen beliebigen Raum stetig.
- Für eine Zielmenge mit der indiskreten Topologie ist jede Funktion in diesen Raum stetig.
- Konstante Abbildungen zwischen beliebigen topologischen Räumen sind immer stetig.
- Für eine Definitionsmenge mit der indiskreten Topologie und eine Zielmenge, die ein T0-Raum ist, sind die konstanten Funktionen die einzigen stetigen Funktionen.
- Die identische Abbildung ist genau dann stetig, wenn die Topologie des Urbildraumes feiner ist, als die des Bildraumes, d. h. .
Wege
Ist ein topologischer Raum, so bezeichnet man eine stetige Funktion von nach auch als Weg in . Dieser Begriff ist selbst wieder in verschiedenen Teilgebieten der Mathematik von großer Bedeutung:
- Definition des Kurvenintegrals
- Definition des Wegzusammenhangs
- Definition der Fundamentalgruppe
Überraschend mag das Ergebnis sein, dass der n-dimensionale Einheitswürfel für jedes durch einen Weg vollständig ausgefüllt werden kann (Peano-Kurve).
Homöomorphismen
In der Algebra gilt, dass die Umkehrfunktion eines bijektiven Homomorphismus wieder ein Homomorphismus ist. Homomorphismen sind per Definition dadurch charakterisiert, dass ihre Anwendung mit der Ausführung der Rechenoperationen vertauscht werden kann. Beim Beweis der Homomorphismus-Eigenschaft der Umkehrfunktion nutzt man aus, dass die Rechenoperationen immer ausgeführt werden können (im Definitionsbereich) und immer ein eindeutiges Ergebnis haben (in der Zielmenge).
Eine stetige Funktion kann charakterisiert werden als eine Funktion, deren Anwendung mit der Grenzwertbildung (von Netzen) vertauscht werden kann. Da aber Netze im Definitionsbereich nicht konvergieren müssen und in der Zielmenge Netze auch gegen mehrere Grenzwerte konvergieren können, gilt eine analoge Aussage über Umkehrfunktionen hier nicht. Dies zeigt zum Beispiel die bijektive stetige Funktion .
Man bezeichnet eine bijektive Funktion zwischen zwei topologischen Räumen als Homöomorphismus, wenn eine (und damit alle) der folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt ist:
(a) Die Funktion und ihre Umkehrfunktion sind stetig.
(b) Die Funktion und ihre Umkehrfunktion sind offen.
(c) Die Funktion und ihre Umkehrfunktion sind abgeschlossen.
(d) Die Funktion ist stetig und offen.
(e) Die Funktion ist stetig und abgeschlossen.
Funktionen mehrerer Variablen
Eine Funktion, deren Definitionsbereich ein Kartesisches Produkt ist, wird auch als Funktion in mehreren Variablen bezeichnet. Die folgenden Ausführungen für den Fall eines Produktes von zwei topologischen Räumen können auf beliebige (auch unendliche) Produkte erweitert werden.
Seien , und topologische Räume und eine Funktion in zwei Variablen.
heißt stetig im ersten Argument, wenn für jedes die Funktion stetig ist. Analog wird die Stetigkeit im zweiten Argument definiert.
Ist die Funktion stetig (hierbei wird auf die Produkttopologie angenommen), so ist auch stetig in beiden Argumenten. Die Umkehrung gilt nicht, wie das Beispiel in Stetige Funktionen in mehreren Veränderlichen zeigt.
Die umgekehrte Situation ist deutlich einfacher: Für eine Funktion gibt es (eindeutig bestimmte) Funktionen und , so dass für alle . Dann ist genau dann stetig, wenn und es sind. Man kann also in natürlicher Weise mit identifizieren.
Menge der stetigen Funktionen
Die Menge aller stetigen Funktionen von nach wird meist mit oder bezeichnet. Dabei steht das C für „continuous“, englisch für „stetig“. Ist der Bildraum aus dem Kontext ersichtlich oder , so schreibt man oft nur bzw. .
ist eine Unteralgebra der -Algebra aller reellwertigen Funktionen auf . Zwei stetige Funktionen von nach stimmen bereits überein, wenn sie auf einer dichten Teilmenge von übereinstimmen. Da jede Teilmenge von eine höchstens abzählbare dichte Teilmenge besitzt, kann man hieraus ableiten, dass die Mächtigkeit von die Mächtigkeit des Kontinuums ist (falls nicht leer ist). Die Menge aller Funktionen von nach hat eine wesentlich größere Mächtigkeit (zumindest, wenn ein Intervall mit mehr als einem Element ist). Man kann das so interpretieren, dass Stetigkeit unter reellen Funktionen eine 'seltene' Eigenschaft ist. Dies widerspricht etwas der Alltagserfahrung, da ja alle elementaren Funktionen stetig sind.
Bedeutung der Stetigkeit in der Mathematik
Der Begriff der Stetigkeit ist in vielen Teilgebieten der Mathematik von zentraler Bedeutung. Die hier angegebenen Beispiele können keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Verknüpfung von algebraischen und topologischen Strukturen
Viele der in der Mathematik untersuchten Mengen tragen in natürlicher Weise sowohl eine topologische als auch eine algebraische Struktur. Ein einfaches Beispiel hierfür sind die Mengen und , die durch die Betragsmetrik zu metrischen Räumen werden, und die gleichzeitig durch die Grundrechenarten zu Körpern werden. Eine besonders reichhaltige Theorie ergibt sich, wenn diese beiden Strukturen harmonieren. Dies ist dann gegeben, wenn die Verknüpfung(en), die die algebraische Struktur definieren, stetige Funktionen bezüglich der betrachteten Topologie sind. Auf diese Weise ergeben sich sehr einfach die Definition einer topologischen Gruppe, eines topologischen Rings/Körpers und eines topologischen Vektorraums.
Hat man zwei Exemplare einer solchen Kategorie (also etwa zwei topologische Gruppen), so bietet es sich an, die Funktionen zwischen diesen beiden zu untersuchen, die verträglich mit beiden Strukturen sind, die also stetige Homomorphismen sind. In der Funktionalanalysis werden zum Beispiel intensiv die Eigenschaften von (Räumen von) stetigen linearen Operatoren untersucht. In allen genannten Kategorien ist ein Homomorphismus übrigens entweder stetig oder in jedem Punkt unstetig.
Definition von Topologien
Man kann das Konzept der Stetigkeit auch nutzen, um Mengen mit einer Topologie zu versehen. Sei eine Funktion zwischen zwei Mengen, von denen eine bereits mit einer Topologie versehen ist. Dann kann man sich fragen, welche Topologie man auf der anderen Menge wählen sollte, damit die Funktion stetig wird. Zunächst erscheint die Antwort offensichtlich: Auf dem Definitionsbereich wählt man die diskrete Topologie, auf der Zielmenge die triviale Topologie. Dann ist zwar die Stetigkeit von sichergestellt, aber man gewinnt im Normalfall keine neuen Erkenntnisse.
Interessanter ist es, wenn man auf dem Definitionsbereich nach einer möglichst groben Topologie sucht, bezüglich der immer noch stetig ist (bzw. auf der Zielmenge nach einer möglichst feinen). Ist es zum Beispiel möglich eine Topologie zu wählen, bezüglich der der Definitionsbereich kompakt oder zusammenhängend ist, so kann man die entsprechenden Ergebnisse über stetige Funktionen auf solchen Räumen nutzen, um Erkenntnisse über bzw. das Bild von zu gewinnen. Verallgemeinert man diese Überlegungen auf ganze Familien von Funktionen, so kommt man zu den Begriffen der Initialtopologie und der Finaltopologie.
Existenz und Fortsetzung von stetigen Funktionen
Ein gängiges Verfahren zur Untersuchung eines Objektes einer mathematischen Kategorie ist es, die Menge der strukturerhaltenden Funktionen in besonders gut verstandene Vertreter der Kategorie zu untersuchen. In vielen Fällen kann man auf diesem Weg auch Erkenntnisse über das zu untersuchende Objekt selbst gewinnen. In der Linearen Algebra untersucht man zum Beispiel die Menge der linearen Abbildungen von einem beliebigen Vektorraum in den Grundkörper und bezeichnet diese als den Dualraum. In der Topologie bieten sich als Modellräume die topologischen Räume und an.
Bezogen auf die Stetigkeit kann dieses Vorgehen aber nur sinnvoll sein, wenn man an den zu untersuchenden Raum noch zusätzliche Bedingungen stellt. Auf einem Raum mit der trivialen Topologie etwa ist jede stetige komplexwertige Funktion bereits konstant (das gilt sogar für jede stetige Funktion, deren Zielmenge ein Kolmogoroff-Raum ist).
Wenn man einen topologischen Raum dadurch verstehen will, dass man die stetigen Funktionen von ihm in einen der Modellräume untersucht, so sollte die Menge dieser Funktionen wenigstens punktetrennend sein. Dies führt auf die Definition eines vollständigen Hausdorff-Raums. Dieser wird gerade über die Existenz einer ausreichenden Menge von stetigen Funktionen definiert.
Wünschenswert wäre es natürlich, ein elementares topologisches Kriterium zu besitzen, das diese Existenz sichert. Hier bieten sich Hausdorff-Räume an, die normal oder lokalkompakt sind. Ein Großteil der in der Mathematik untersuchten topologischen Räume fällt zumindest in eine der beiden Kategorien. Das Lemma von Urysohn stellt für diese beiden Klassen von Räumen (unter anderem) sicher, dass sie vollständige Hausdorff-Räume sind.
Tatsächlich zeigt der allgemeinere Fortsetzungssatz von Tietze, dass sich in solchen Räumen stetige Funktionen in einen der Modellräume, die nur auf einer abgeschlossenen (bei normalen Räumen) bzw. kompakten (bei lokalkompakten Räumen) Teilmenge definiert sind, zu stetigen Funktionen vom ganzen Raum in den Modellraum fortsetzen lassen. Im zweiten Fall kann dabei die Fortsetzung so gewählt werden, dass sie weiterhin kompakten Träger besitzt.
Algebren stetiger komplexwertiger Funktionen
Für einen topologischen Raum bildet , die Menge der stetigen komplexwertigen Funktionen auf , wie bereits festgestellt, eine -Algebra. Diese ist natürlich kommutativ und unital (die Funktion mit dem konstanten Wert 1 ist das Einselement).
Zusätzlich ist auf dieser Algebra in natürlicher Weise eine konjugiert lineare Involution gegeben, die auch mit der Multiplikation verträglich ist. Diese ist gegeben durch für .
ist also eine unitale, kommutative *-Algebra. Man beachte, dass die Untersuchung dieser Algebren die Untersuchung der Algebren aller komplexwertigen Funktionen auf einer beliebigen Menge einschließt, da man jede Menge mit der diskreten Topologie versehen kann, wodurch alle Funktionen stetig werden.
Das Lemma von Urysohn stellt für die meisten wichtigen topologischen Räume sicher, dass ausreichend reichhaltig ist. Tatsächlich erweist sich diese Algebra als oftmals zu groß für die praktische Untersuchung. Man geht daher meist zur unitalen *-Unteralgebra der beschränkten, stetigen komplexwertigen Funktionen auf über. Falls kompakt ist, so gilt , wegen (15').
wird durch die Supremumsnorm zu einer kommutativen, unitalen C*-Algebra.
Der Satz von Gelfand-Neumark besagt, dass jede kommutative, unitale C*-Algebra isomorph ist zu für einen geeignet gewählten kompakten Hausdorff-Raum . Dabei ist bis auf Homöomorphie eindeutig bestimmt (und der Satz gibt auch ein konstruktives Verfahren zur Ermittlung von an). Somit kann die Theorie der kommutativen, unitalen C*-Algebren vollständig identifiziert werden mit der Theorie der kompakten Hausdorff-Räume. Dies ist ein mächtiges Werkzeug, da Aussagen, die in der einen Theorie schwierig zu beweisen sind, in die andere Theorie übertragen werden können, wo ihr Beweis oft viel einfacher ist.
In Erweiterung dieses Ergebnisses kann die Theorie der kommutativen, eventuell nicht unitalen, C*-Algebren mit der Theorie der lokalkompakten Hausdorff-Räume identifiziert werden. Hierbei wird allerdings zu einem lokalkompakten Hausdorff-Raum nicht , sondern die Unteralgebra der C0-Funktionen auf betrachtet.
Bemerkung: Mittels der GNS-Konstruktion kann auch jede nicht-kommutative C*-Algebra mit einer Algebra stetiger (linearer) Funktionen identifiziert werden. Hierbei wird allerdings als Multiplikation die Komposition von Operatoren und nicht die punktweise Multiplikation verwendet. Daher sollten diese beiden Vorgehensweisen nicht miteinander verwechselt werden.
Zwei weitere wichtige Ergebnisse über die Struktur von für kompakte Hausdorff-Räume sind der Satz von Stone-Weierstraß (Charakterisierung der dichten *-Unteralgebren von ) und der Satz von Arzelà-Ascoli (Charakterisierung der relativ kompakten Teilmengen von ). Ein Spezialfall des ersten Satzes ist der Approximationssatz von Weierstraß, der besagt, dass auf einer kompakten Teilmenge von jede stetige, komplexwertige Funktion gleichmäßig durch eine Folge von Polynomfunktionen approximiert werden kann.
Hinreichende Bedingungen für Stetigkeit
Da stetige Funktionen eine Reihe angenehmer Eigenschaften besitzen, ist es wünschenswert, Werkzeuge zu besitzen, mit denen man die Stetigkeit von Funktionen nachweisen kann.
Ein einfaches Ergebnis in dieser Hinsicht ist, dass eine reelle oder komplexe Funktion an jeder Stelle, an der sie differenzierbar ist, auch stetig ist.
Weiterhin gilt, dass eine auf einer konvexen, offenen Teilmenge des definierte konvexe oder konkave reellwertige Funktion immer stetig ist.
Stetigkeit linearer Operatoren
Seien zwei Vektorräume (wobei hier als Grundkörper immer oder genommen werden soll) und ein linearer Operator. Die Frage der Stetigkeit von stellt sich, wenn sowohl als auch zusätzlich eine Topologie tragen. Dabei beschränkt man sich im Normalfall auf den Fall, dass die Topologien, wie oben erklärt, mit den Vekrorraumstrukturen verträglich sind.
Ist endlichdimensional, so gibt es genau eine Hausdorff-Topologie auf , die diese Verträglichkeit erfüllt. Bezüglich dieser Topologie sind alle linearen Operatoren in beliebige topologische Vektorräume stetig.
Auf unendlichdimensionalen topologischen Vektorräumen gibt es dagegen im Allgemeinen lineare Funktionale (also lineare Operatoren in den Grundkörper), die unstetig sind.
Es gibt sogar topologische Vektorräume, auf denen das 0-Funktional das einzige stetige lineare Funktional ist.
Für hausdorffsche, lokalkonvexe Räume stellt allerdings der Satz von Hahn-Banach die Existenz einer ausreichenden Menge von stetigen, linearen Funktionalen sicher. Dieser Satz übernimmt in der Theorie der lokalkonvexen Räume eine ähnliche Rolle, wie der Satz von Tietze in der Theorie der lokalkompakten Räume.
Tatsächlich lässt sich die Stetigkeit von linearen Operatoren zwischen lokalkonvexen Räumen wie folgt charakterisieren:
Sind und lokalkonvex, so ist genau dann stetig, wenn für jede stetige Halbnorm auf die Halbnorm stetig auf ist.
Ist sogar ein normierter Raum (allgemeiner ein bornologischer Raum), so ist genau dann stetig, wenn es beschränkte Mengen auf beschränkte Mengen abbildet. Diese Eigenschaft wird auch als Beschränktheit von bezeichnet. Man beachte, dass diese Eigenschaft nicht gleichbedeutend ist mit der üblichen Definition von beschränkten Funktionen. Diese übliche Definition wird bei linearen Operatoren nur vom 0-Operator erfüllt.
Sind und sogar Banachräume, so kann der Satz vom abgeschlossenen Graphen oft zum Nachweis der Stetigkeit genutzt werden.
Stetige Ergänzbarkeit
Seien und , topologische Räume, und eine Funktion. Es stellt sich die Frage, ob es möglich ist, auf ganz fortzusetzen, so dass die Fortsetzung in stetig ist. Falls ein isolierter Punkt von ist, so ist dies wegen (4) für jede Fortsetzung der Fall. Man betrachtet daher den Fall, dass kein isolierter Punkt ist und ein Hausdorff-Raum ist. Dann ist nämlich eine solche Fortsetzung wegen (17') eindeutig bestimmt. Existiert in dieser Situation die geforderte Fortsetzung, so sagt man, dass in (durch den eindeutig bestimmten Funktionswert) stetig ergänzbar ist.
Der Satz von Tietze kann nicht zur Lösung dieser Frage genutzt werden, da der Definitionsbereich von in der beschriebenen Situation nicht abgeschlossen in ist.
Tatsächlich muss die Frage der stetigen Ergänzbarkeit oft individuell beantwortet werden. Betrachtet man von nach die Funktionen und , so ist die erste in 0 stetig ergänzbar (mit dem Wert 0), die zweite nicht. Dies liegt daran, dass beide Funktionen um das Argument 0 herum oszillieren, die Ausschläge bei der ersten aber durch den zusätzlichen Faktor immer mehr gedämpft werden.
In vielen Fällen kann die Regel von de l’Hospital benutzt werden, um die Frage nach der stetigen Ergänzbarkeit reeller oder komplexer Funktionen positiv zu beantworten.
Der Begriff der stetigen Ergänzbarkeit kann auch zur Definition der Differenzierbarkeit herangezogen werden: Sind in der oben beschriebenen Situation und Teilmengen von und ist eine Funktion, so ist der Differenzenquotient von in eine Funktion von nach , die gegeben ist durch . Ist diese Funktion in stetig ergänzbar, so heißt in differenzierbar und der zum Differenzenquotienten hinzugefügte Funktionswert die Ableitung von in .
Stetigkeit von Grenzwerten von Funktionenfolgen
Seien und topologische Räume. Für jedes sei eine stetige Funktion. Die Funktionenfolge konvergiere punktweise gegen eine Funktion . Es stellt sich die Frage, ob in dieser Situation bereits auf die Stetigkeit von geschlossen werden kann.
Dass dies im Allgemeinen nicht gilt, zeigt folgendes Beispiel:
Ist und für , so gilt
Diese Funktionenfolge stetiger Funktionen konvergiert also punktweise gegen eine unstetige Funktion.
Es gibt aber verschiedene Zusatzbedingungen, die in der beschriebenen Situation dennoch die Stetigkeit der Grenzfunktion sicherstellen.
Eine Möglichkeit ist die Verwendung eines strengeren Konvergenzbegriffs für Funktionenfolgen, der dann die Stetigkeit der Grenzfunktion sicherstellt. Hier sei insbesondere der Begriff der lokal gleichmäßigen Konvergenz genannt. Dieser setzt allerdings voraus, dass ein metrischer Raum (oder wenigstens ein uniformer Raum) ist.
Mit Hilfe dieses Konvergenzbegriffs von Funktionenfolgen lässt sich auch die oben bereits erwähnte Stetigkeit von durch Potenzreihen definierten komplexen Funktionen im Innern ihres Konvergenzkreises beweisen (siehe auch Abelscher Grenzwertsatz).
Der Satz von Banach-Steinhaus stellt die Stetigkeit der Grenzfunktion sicher, wenn und Banachräume sind und alle lineare Operatoren sind.
Andere Stetigkeitsbegriffe
Ordnungstheoretischer Stetigkeitsbegriff
Ordnungstheoretisch lässt sich die Stetigkeit als Verträglichkeit einer Funktion mit dem Supremum vollständiger Halbordnungen fassen. Eine Funktion heißt stetig, wenn für alle gerichteten Teilmengen gilt.[5] Dieser Begriff spielt in der Bereichstheorie eine zentrale Rolle.[6] Ähnlich der Folgenstetigkeit oben werden auch hier Grenzwerte wieder auf Grenzwerte abgebildet.
In diesem Zusammenhang folgt aus der Stetigkeit einer Funktion deren Monotonie. Umgekehrt bildet jede monotone Funktion eine gerichtete Menge wieder auf eine solche ab, wodurch die Existenz des Supremums des Abbilds dann von vornherein gewiss ist und nicht mehr gezeigt werden muss. Viele Autoren nehmen die Monotonie als Voraussetzung in die Definition der Stetigkeit auf.
Weitere Stetigkeitsbegriffe auf metrischen Räumen
Für Funktionen zwischen metrischen Räumen gibt eine Reihe weiterer Stetigkeitsbegriffe, die jeweils strengere Bedingungen daran stellen, wie stark der Funktionswert in Abhängigkeit von der Schwankung im Argument schwanken darf. Hier wäre zu nennen: gleichmäßige Stetigkeit (kann auch für Funktionen auf uniformen Räumen definiert werden), (lokale) Lipschitz-Stetigkeit, Hölder-Stetigkeit sowie (falls der Definitionsbereich ein reelles Intervall ist) absolute Stetigkeit.
Der Satz von Heine besagt, dass eine stetige Funktion von einem kompakten Hausdorff-Raum in einen beliebigen uniformen Raum immer auch gleichmäßig stetig ist.
Weitere Stetigkeitskriterien
- Eine Funktion von einem topologischen Raum in einen metrischen Raum ist genau dann stetig in einem Punkt des Definitionsbereichs, wenn die Oszillation der Funktion an dieser Stelle 0 ist.
- Definition in der Nichtstandard-Analysis: Eine Funktion ist stetig an der Stelle , wenn für alle Infinitesimale gilt, dass auch die Differenz infinitesimal ist. Sprich: .
- Eine Funktion zwischen zwei topologischen Räumen ist genau dann stetig, wenn das Bild des Abschlusses einer jeden Teilmenge des Definitionsbereichs im Abschluss des Bildes dieser Teilmenge liegt (als Formel: ).
Verschiedenes
Zusammenhang zwischen Stetigkeit und Differenzierbarkeit
Wie bereits gesagt, ist eine reelle oder komplexe Funktion an jeder Stelle, an der sie differenzierbar ist, auch stetig. Dass die Umkehrung nicht gilt, zeigt die Betragsfunktion. Sowohl die reelle als auch die komplexe Betragsfunktion ist stetig. Die reelle Betragsfunktion ist überall außer an der Stelle 0 differenzierbar, während die komplexe Betragsfunktion gar nicht differenzierbar ist.
Lange Zeit war offen, ob es auch stetige reelle Funktionen gibt, die nirgends differenzierbar sind. Das erste Beispiel einer reellen stetigen aber nirgends differenzierbare Funktion wurde von Bernard Bolzano konstruiert (Bolzanofunktion). Dieses Beispiel wurde aber erst deutlich später veröffentlicht. Bekannt wurde die Existenz solcher Funktionen durch Karl Weierstraß (Weierstraß-Funktion), der damit viele zeitgenössische Mathematiker überraschte.
Mit Hilfe des Satzes von Baire wurde später gezeigt, dass die Menge der an keiner Stelle differenzierbaren Funktionen sogar dicht in ist.
Ist eine Funktion an jeder Stelle differenzierbar, so stellt sich die Frage nach der Stetigkeit ihrer Ableitungsfunktion. Für komplexe Funktionen wird diese Frage im Wesentlichen durch die Erkenntnis beantwortet, dass die Ableitung einer auf einer offenen Teilmenge von differenzierbaren Funktion selber wieder differenzierbar und damit auch stetig ist.
Für reelle Funktionen gilt diese Aussage nicht. Da aber die Stetigkeit der Ableitungsfunktion sich in vielen Fällen als bedeutsam herausgestellt hat, wurde der Begriff der stetigen Differenzierbarkeit eingeführt. Näheres dazu findet sich im Artikel über die Differenzierbarkeit.
Der Raum der k-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf einem reellen Intervall wird auch mit bezeichnet. Als Grenzfall für erhält man , das deswegen auch manchmal als bezeichnet wird. Ein weiterer Grenzfall ist der Raum der unendlich oft stetig differenzierbaren Funktionen (glatte Funktionen) auf einem reellen Intervall . Dieser wird auch mit bezeichnet.
Anmerkung zur Darstellung in diesem Artikel
Funktionen sind Objekte der Mengenlehre. Sie besitzen einen Definitionsbereich und eine Zielmenge. Diese beiden Mengen können mit verschiedenen Topologien versehen werden. Die Wahl dieser Topologien ist kein Bestandteil der 'Identität' der Funktion aber wesentlich für die Frage der Stetigkeit. Es ist daher eigentlich unpräzise, davon zu sprechen, dass eine Funktion stetig oder unstetig sei.
Eine präzise Formulierung von (3) für topologische Räume würde zum Beispiel lauten:
Seien und topologische Räume. Sei eine Funktion und . Dann heißt stetig in bezüglich der Räume und , wenn für jede -Umgebung von das Urbild eine -Umgebung von ist.
In der mathematischen Praxis ist fast immer klar, welche Topologien auf den jeweiligen Räumen verwendet werden sollen. Daher ist die in diesem Artikel verwendete etwas ungenaue Sprechweise üblich. In den seltenen Fällen, wo mehrere Topologien zur Auswahl stehen, etwa bei der Formulierung von (6'), wird dies durch entsprechende Erläuterungen deutlich gemacht.
Geschichte
Augustin-Louis Cauchy und Bernard Bolzano gaben Anfang des 19. Jahrhunderts unabhängig voneinander eine Definition der Stetigkeit. Sie nannten eine Funktion stetig, wenn hinreichend kleine Änderungen des Arguments nur beliebig kleine Änderungen des Funktionswerts nach sich zögen. Dies war bereits eine exakte Definition, die aber in ihrer praktischen Anwendung gewisse Fragen offenlässt. Das heutzutage übliche - -Kriterium wurde von Karl Weierstraß am Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt.
Literatur
- Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis. Teubner, Wiesbaden 2003, ISBN 3-519-62233-5.
- Boto von Querenburg: Mengentheoretische Topologie (= Springer-Lehrbuch). 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer-Verlag, Berlin [u. a.] 2001, ISBN 3-540-67790-9.
- Friedrich Hirzebruch / Winfried Scharlau: Einführung in die Funktionalanalysis (= Reihe „B. I.-Hochschultaschenbücher“, Band Nr. Band 296). Bibliographisches Institut, Mannheim [u. a.] 1971, ISBN 3-411-00296-4. MR0463864
- Horst Schubert: Topologie. Eine Einführung (= Mathematische Leitfäden). 4. Auflage. B. G. Teubner Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-519-12200-6. MR0423277
Weblinks
- Kurze Artikel zu grundlegenden Stetigkeitsbegriffen
- Anschauliche Erklärung zum Epsilon-Delta-Kriterium, mathematik.de
- Topology without tears von Sidney A. Morris: Buch zur Topologie zum kostenfreien Download (PDF, englisch)
Einzelnachweise
- ↑ a b Wolfgang Böge (Hrsg.), Wilfried Plaßmann (Hrsg.): Vieweg-Handbuch Elektrotechnik: Grundlagen und Anwendungen für Elektrotechniker. Vieweg, 4. Aufl., 2007, S. 138
- ↑ Lothar Papula: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler Band 1: Ein Lehr- und Arbeitsbuch für das Grundstudium. Vieweg+Teubner, 12. Aufl., 2009, S. 186
- ↑ Franz Pfuff: Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler 1: Grundzüge der Analysis – Funktionen einer Variablen. Vieweg+Teubner, 5. Aufl., 2009, S. 76
- ↑ Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Stock. - ↑ Dana Scott: Continuous Lattices. In: SLNM 274. 1972, S. 97–136, Proposition 2.5. S.a. Scott, 1971 (PDF; 1,2 MB)
- ↑ Roberto M. Amadio and Pierre-Louis Curien: Domains and Lambda-Calculi. Cambridge University Press 1998. ISBN 0-521-62277-8, S. 2.