Elard Johannes Kulenkamp

deutscher Jurist
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Elard Johannes Kulenkamp (* 30 November 1777 in Witzenhausen an der Werra; † 15. Juni 1851) war ein deutscher Jurist.[1]

Leben

*****************

Oberappellationsgerichtsrath zu Kaffel;

geb. den 30. Nov. 1777, geft. den 15. Juni 1851.

K. stammte aus einer in Bremen anfäffigen Familie.

Sein Großvater, Michael Kulenkamp, geb. 1678, wurde

im Frühjahr 1741 als Rath in die oberste Gerichtsbehörde

nach Kaffel berufen, wo er 2 Jahre nachher farb. Der Vater

unseres K., Friedrich Wilhelm, geb. zu Halberstadt 1714,

trat 1746 als Kammerrath in die Dienste des Landgrafen

von Heffen-Kaffel und war während des 7jährigen Krieges,

als das Land wiederholt von französischen Heeren besetzt

wurde, vermöge feiner Geschäfts- und Sprachkenntniffe

einer der thätigsten und einflußreichsten Männer bei der

Verwaltung des Landes. Weil er sich aber nach Beendi

gung des Krieges gegen andere minder verdiente Staats

diener zurückgesetzt fühlte, gab er sein Amt auf und pri

vatisierte seitdem auf einer zu diesem Zweck erworbenen

Befitzung in Witzenhausen an der Werra. Hier wurde

unfer K. als das jüngste von 17 Kindern feines Vaters,

der dreimal, zuletzt mit Katharine Elisabeth, jüngster Toch

ter des Metropolitans Biscamp zu Ziegenhain, verheira

thet war, geboren. Schon von früher Jugend an zeich

nete er fich durch große Lernbegierde aus, erlangte aber

dennoch, weil es ihm an dem erforderlichen Unterricht ge

brach, nur eine fehr dürftige wissenschaftliche Bildung und

bezog, fehr mangelhaft vorbereitet, im Oktober 1795 die

Universität Marburg, um dafelbst Jurisprudenz zu studi

ren. Hier, wo er besonders durch die Vorlesungen des

Profeffors Weiß angezogen wurde, führte er ein zurück

gezogenes und den Studien gewidmetes Leben; weil es

ihm aber noch an den nöthigen Vorkenntniffen gebrach,

fo waren feine Leistungen nicht bedeutend und das juri

fische Examen, welches er im Frühjahr 1799 bei der Fa

kultät in Marburg bestand, fiel nur mittelmäßig aus. –

Mit Rücksicht auf dieses Ergebniß der Fakultätsprüfung

wagte K. nicht die juristische Laufbahn bei den höheren

Behörden des Landes einzuschlagen, sondern bewarb fich

um eine Advokatur. Nachdem er im Sommer 1799 im

Advokatur-Examen das Prädikat „gut bestanden“ erhalten

hatte, wurde er auf fein Ansuchen durch landesherrliches

Reskript vom 28. März 1800 zum Advokaten bei dem

Justizamt in Treysa bestellt. Daß er gerade in Treysa

angestellt zu werden wünschte, hatte seinen Grund in der

Neigung für die jüngste Tochter des Amtmanns, Raths

Biscamp, die lieblich-heitere Auguste. Diese Neigung war

entstanden, als K. im Frühjahr 1796 als junger Student

die nahe mit ihm verwandte Familie des Raths Biscamp

zuerst besuchte und hat von dem Augenblick an für sein

ganzes Leben von feinem Herzen Besitz genommen. So

angenehm, aber auch aus diesem Grund für K. der Aufent

halt in Treysa war, so wenig ergiebig war für ihn die

Advokatur. Es fehlte ihm an Neigung und Geschick, eine

solche Stelle einträglich zu machen, und er war froh, als

er im I. 1803 durch Reskript vom 27. Sept. dem alters

schwachen Justizbeamteten als Amtsassistent beigegeben wur

de, obgleich damit weder ein sonderlicher Gehalt, noch irgend

eine Hoffnnung zur Nachfolge verbunden war. Seit dieser

Zeit wendete sich K., obwohl ihm die Verwaltung des Amts

fast allein oblag, auch literärischen Beschäftigungen mit

großem Eifer zu. Er lieferte in mehere damalige Zeit

schriften eine Menge von Theils juristischen, Theils histo

rischen oder gemeinnützigen Aufsätzen,– so über das Recht

der Kirchmeffen in Kurheffen; über das Näherrecht in den

kurheff. Landen – in Duyfing’s heff. Annalen der Gesetz

kunde Heft 1. 2. 4. 5. u. 6. – und gab mehere Schrif

ten heraus, die mit Beifall aufgenommen wurden. Im

Frühjahr 1806 erschien von ihm bei Krieger in Marburg:

Geschichte der Stadt Treysa in der Grafschaft Ziegenhain.

Der Erlös aus dieser Schrift (50 Thaler) war vom Ver

faffer zur Unterstützung der Kirche in Treysa bei dem An

kauf einer Orgel bestimmt. Im I. 1807 erschien ebenda

selbst: das Recht der Handwerker und Zünfte. Nach den

deutschen Reichs- und kurhessischen Landesgesetzen. Dane

ben versah er bei allen wichtigen Familienereigniffen die

Stelle des Hauspoeten. Mittlerweile war im Herbst 1806

der Kurfürst Wilhelm I. durch die Franzosen aus seinem

Lande vertrieben und in Heffen eine neue Ordnung der

Dinge angebahnt worden, so daß die Menschen mit Span

nung der Zukunft entgegen sahen. Auch war am 30. März

1807 K.'s Vorgesetzter und Oheim, der Rath Biscamp ge

storben. So sehr nun auch K. wünschen mußte, eine selbst

ständige Anstellung zu erhalten, so blieben doch alle seine

Hoffnungen über ein Jahr lang unerfüllt – eine Zeit,

in der er wohl auftragsweise in der Umgegend von Treysa

amtliche Wirksamkeit übte, aber über seine Zukunft gar keine

bestimmte Aussicht erhielt. – Am 18. August 1807 wurde

der größte Theil von Kurhessen dem neuen Königreich West

phalen zugewiesen; am 1. Jan. 1808 begann die neue

französisch organisierte Regierung des Königs Hieronymus;

aber trotz der großen dadurch herbeigeführten Umwandlung

wollte sich für K. keine Aussicht zu einer veten Anstellung

eröffnen. Erst unter dem 15. Febr. 1808 wurde er zum

Richter bei dem Distrikts-Tribunal zu Hersfeld angestellt.

Damit erlangte er zugleich die Möglichkeit, seine geliebte

Auguste als Gattin heimzuführen, was noch in demselben

Jahr geschah. Das neue Amt war anstrengend. Da der

Code Napoléon seit dem 1. Jan. 1808 als Gesetzbuch galt

und vom 1. März 1809 an auch eine neue bürgerliche

Proceßordnung eingeführt wurde, so mußte K. alle seine

Kräfte aufbieten, um sich rasch in ganz neue Verhältniffe

zu finden. Doch es gelang über Erwarten. K. verwaltete

nicht nur fein Amt zur besondern Zufriedenheit des Justiz

ministers Siméon (des bravsten und geschicktesten der fran

zösischen Beamteten in Kurheffen), sondern fand auch

Muße, die neue Gerichtsverfaffung Theils in einzelnen

Abhandlungen, von denen mehere in der von Eggena*)

herausgegebenen juristischen Bibliothek erschienen, Theils

in selbständigen Werken wissenschaftlich zu bearbeiten. Un

ter den letzteren find als die wichtigsten anzuführen: Dar

stellung des Exekutionsverfahrens nach der westphälischen

und französischen Proceßordnung. 3 Bde. Göttingen 1811.

– Beiträge zu der Lehre von dem Verhältniffe der Rechts

pflege zur Verwaltung nach der Verfaffung Frankreichs

und Westphalens. 1. Heft. Göttingen 1813; ein von #":

kennern besonders günstig beurtheiltes Werk. Diese Wirk

famkeit am Tribunal zu Hersfeld dauerte bis in den An

fang des J. 1814. Nachdem nämlich Kurfürst Wilhelm I.

schon mit dem 1. Nov. 1813 wieder von feinem Lande

Besitz ergriffen hatte, wurde durch Regierungs-Ausschreiben

vom 10. Jan. 1814 die westphälische Verfaffung aufgeho

ben und den Beamteten Anweisung ertheilt, mit dem

15. Febr. 1814 wieder in ihre frühern Stellungen einzu

treten. K., auf den diese letztere Bestimmung keine An

wendung fand, da er noch keine felbständige Stellung in

heff. Diensten gehabt hatte, war einige Zeit über feine

Anstellung in Besorgniß. Doch ohne fein Zuthun wurde

er durch ein Reskript des Kurfürsten zum Justizbeamteten

in Friedewald, einem in der Nähe Hersfelds gelegenen

Marktflecken, ernannt und trat sein Amt mit dem 22. April

1814 an. An diesem neuen Bestimmungsorte brachte K.

die heiterste Zeit feines Lebens zu. Er wie feine Frau

waren für größeren gesellschaftlichen Verkehr nicht geschaf

fen, fühlten sich aber in einem patriarchalischen ländlichen

Aufenthalt recht an ihrem Platz. Eine geräumige Amts

wohnung, weitläufige Gärten in der Nähe des durch den

Vertrag von 1552 merkwürdigen Schloffes gelegen, der

Umgang mit einigen befreundeten Familien am Ort, be

sonders mit der des Oberrentmeisters Scheffer, öftere Be

suche von Freunden und Verwandten – Alles vereinigte

sich, um diesen Aufenthalt angenehm zu machen. Was

aber die Hauptsache war, K. fühlte sich durch feine Amts

wirksamkeit vollkommen befriedigt. Er hatte nicht nur die

Rechtspflege, sondern auch die Verwaltung in einem ziem

lich ansehnlichen Bezirk zu versehen und war eifrigst be

müht, in diesen Dingen, mochten sie den Einzelnen oder

ganze Gemeinden betreffen, das Wohl seiner Untergebenen

zu schützen und zu pflegen. Er war, wie es der Pfarrer

in geistlichen Angelegenheiten seyn soll, in Allem, was

äußere Ordnung betrifft, der Vater feiner Gemeinden und

in diesem Berufe unermüdlich. Das fühlten die Bauern

auch recht gut. Wie ihr Amtmann entschieden hatte, da

bei beruhigten sie sich. In 7 Jahren ist nur ein- oder

zweimal gegen seine Entscheidung an eine höhere Instanz

appelliert, aber auch in diesen beiden Fällen kein abän

derndes Urtheil bei dem höheren Gericht erlangt worden.

Zu diesem Zutrauen der Bauern trug auch das bei, daß

K. die alten Rechtsgebräuche, die in der westphälischen

Zeit abgekommen waren, namentlich die Rügegerichte, wie

der herstellte und mit gebührender Feierlichkeit abhielt.

Es wurden deren jährlich vier, zwei im Oberamt Friede

wald, zwei im Unteramt Heringen gehalten. In Herin

gen wurde das Gericht mit Glockengeläute angekündigt.

Während dieses Geläutes begaben sich die Mitglieder des

Gerichts in feierlichem Zuge, voran der Amtmann und

der Rentmeister (der aber eigentlich nur Zuhörer war) fo

dann die 12 Gerichtsschöffen, auf einen von Linden be

schatteten freien Platz und ließen sich an einer langen Ta

fel nieder. Um sie herum schaarten sich die Gerichtspflich

tigen (der altgermanische Umstand). Alle männlichen Ein

wohner des Gerichtsbezirkes mußten nämlich, ohne daß

eine besondere Einladung erforderlich war, hier erscheinen.

Nun wurde das Gericht durch den althergebrachten Zwie

sprach zwischen dem Beamteten und den ältesten Schöffen

eingeleitet oder nach dem üblichen Ausdruck „gehegt“ und

alsdann von dem Beamteten durch drei Schläge mit dem

weißen Gerichtstabe auf die Tafel im Namen des Lan

desherrn feierlich eröffnet. Darauf wurden vor dem Au

gen und Ohren der Gerichtspflichtigen nicht nur eine große

Menge kleiner Feld - und anderer polizeilichen Frevel und

Vergehen nach dem Gutachten der Schöffen kurz abgethan,

fondern es wurden auch viele nützliche Einrichtungen für

das Innere der Dorfchaften berathen und beschloffen.

Leider! ist dieser letzte Rest altgermanischen Gerichtsge

brauchs feit 1821 durch das Organisations-Edikt aus Kur

heffen verschwunden, obgleich die Rügegerichte das volle

Vertrauen des Volkes besaßen und recht volksmäßig und

treffend entschieden, da ihnen nurfolche Dinge zum Spruch

vorgelegt wurden, über welche die aus dem Bauernstand

durch Kooptation erwählten Schöffen die gründlichste Sach

kenntniß hatten. Ließe sich die Einrichtung, die aus dem

Gedächtniß unseres Bauernstandes noch nicht völlig ver

fchwunden ist, nicht wieder herstellen? Die Bauern wür

den da weit eher an ihrem Platze feyn, als bei unsern

jetzigen Schwurgerichten, wo sie oft über Dinge urtheilen

müffen, die fiel gar nicht verstehen. – Die Amtswirksam

keit K.'s, wie wir fiel eben geschildert haben, kann zugleich

als ein Beispiel dienen, daß die in Kurheffen damals üb

liche Einrichtung, wonach Rechtspflege und Verwaltung

in der untersten Instanz in einer und derselben Hand la

gen, gar manche Vorzüge vor der jetzt üblichen Trennung

hatte. Nur zwei Stücke waren dabei durchaus erforderlich:

Auswahl geeigneter Persönlichkeiten und strenge Aufsicht.

Mit der großen Veränderung, welche Kurheffen im I. 1821

erfuhr, trat auch in K.'s amtlicher Thätigkeit eine große

Veränderung ein. Den 27. Febr. 1821 begann nämlich

Kurfürst Wilhelm II. *) feine Regierung und führte durch

den Geheimenrath Friedrich Krafft eine neue Organisation

der gesammten inneren Landesverwaltung ein. Der Staat

wurde ein sogen. wohlgeordneter, Alles fchematifirt, die

Büreaukratie eingeführt, die Rechte der Korporationen

beschränkt, die Erinnerung an altgermanische Einrichtun

gen möglichst verwischt – eine Umgestaltung, die von der

Mehrzahl der sogen. Gebildeten höchlichst gepriesen wurde.

Was der Bürger und Bauer dazu denke, darauf wurde

nicht geachtet. K. wurde bei der großen Völkerwanderung,

die unter den Beamteten eintrat, an eins der vier neu

begründeten Obergerichte, nämlich an das in Fulda als

Obergerichtsrath befördert und traf am 5. Oktober 1821

auf seinem neuen Posten ein. In der ersten Zeit konnte

K. an den Geschäften des Obergerichts nicht Theil nehmen,

da er von dem Justizministerium beauftragt wurde, einen

Entwurf zu einer neuen Untergerichtsordnung für Kur

heffen auszuarbeiten. Er widmete sich diesem Auftrag, der

bei dem Mangel von Hilfsquellen für ihn sehr schwierig

war, mit solchen Eifer, daß er nach 2 Monaten, als das

Justizministerium anfragte, wenn er fertig zu werden ge

denke, antworten konnte: ich bin fertig. Mit demselben

Eifer widmete er sich nun auch den laufenden Geschäften

des Gerichts; allein die übermäßige Anstrengung, wahr

scheinlich auch die veränderte Lebensweise, das anhaltende

Sitzen am Schreibtische, veranlaßten eine mehere Monate

dauernde lebensgefährliche Krankheit, ein von Gehirnent

' begleitetes Nervenfieber. Noch ehe er von dieser

rankheit völlig genesen war, wurde er im Herbst 1822

zum Rath bei dem Oberappellationsgericht in Kaffel er

nannt, so daß er Fulda nach kaum einjährigem Aufent

halt wieder verlaffen mußte. In das Oberappellationsge

richt zu Kaffel trat K. am 6. November 1822 ein und

widmete sich den Pflichten seines Amtes, für das er sich

an dem Obergericht in Fulda nur kurze Zeit vorbereitet

hatte, mit außerordentlichem Eifer und fuchte nachzuholen,

was er bei der unvollkommenen Art eines Bildungsgan

ges früher versäumt hatte. Dieses Bestreben füllte die

ersten Jahre seiner Thätigkeit in Kaffel aus. Bald kamen

auch noch andere Arbeiten hinzu. Seit dem J. 1823 nahm

er wiederholt, Theils als Stellvertreter, Theils als eigent

liches Mitglied an den Geschäften der juristischen Prüfungs

kommission Theil. Seit dem J. 1826 widmete er seine

Kräfte einem für die Gesetzgebung Kurhessens höchst wich

tigen Unternehmen. In Folge eigenen Entschluffes und

eines später erfolgten landesherrlichen Auftrags unternahm

er es, unter Oberaufsicht des Justizministerium, aus der

großen Menge althesfischer Landesordnungen das noch Gil

tige auszusondern und zu erläutern. Die Ergebnisse die

fer von 1826 bis 1839 fast ununterbrochen fortgesetzten

außerordentlich mühsamen Arbeit, neben welcher die lau

fenden Geschäfte bei dem Oberappellationsgericht nicht ver

nachlässigt wurden, traten hervor in der unter landesherr

licher Genehmigung erschienenen: „Neuen Sammlung der

Landesordnungen, Ausschreiben und allgemeinen Verfü

gungen, welche bis zum Oktober 1806 für die älteren Ge

bietstheile Kurheffens ergangen sind. Kaffel 1828–1839.

4 Bde. u. 1 Bd. Register. Einige Jahre nachher gab K.

ein Systematisches Repertorium aller für die kurhessischen

Staaten ergangenen Landesordnungen und Gesetze. Kaffel

1834. heraus und ließ diesem Werke 1844 eine Sammlung

von Nachträgen, 1846 eine Literatur des gesammten kurz

heff. Rechts nebst einer Nachweifung aller gedruckten Ent

fcheidungen des Oberappellationsgerichts zu Kaffel folgen,

Im J. 1847 gab er auf Veranlaffung feiner Kollegen die

Beiträge zur Geschichte des Oberappellationsgerichts in

Kaffel heraus. Sie waren zur Feier des Jahrestags bes

stimmt, an welchem vor 100 Jahren den 7. April 1747

die Inauguration des Oberappellationsgerichts. Statt ge

funden hatte. Die Feier selbst unterblieb jedoch, weil fie

höhern Orts keinen Anklang fand. Seine letzte literari

fche Arbeit war ein casus pro amico. Er gab nämlich

1848 ein Werk feines verstorbenen Freundes, des Oberap

pellationsgerichtsrathes Schwencken „über die Amtsvergehen

der Staats-, Kirchen- und Gemeindediener“ zu Gunsten

von defen Erben heraus; allein da wegen der damals im

Strafproceß Kurheffens erwarteten Veränderungen der Ber

leger den Muth verlor, so wurde nur ein Theil der Schrift

mit dem von K. geschriebenen Nekrolog des Verfaffers ab

gedruckt und veröffentlicht. Was K.'s Familienleben an

geht, so hielt er fich mit den Seinigen von den glänzen

den Gesellschaften der Refidenz möglichst fern und be

schränkte fich auf den Umgang mit Freunden und Ver

wandten, die in feinem Haufe stets eine sehr gastfreie

Aufnahme fanden. Das Verhältniß zu feiner Frau wurde

von Jahr zu Jahr inniger, ja– man darf wohl fagen -

zärtlicher; noch als Greis erwartete K. die Heimkehr fei

ner Frau wie die einer Braut. An feinen Kindern mußte

er schwere Prüfungen erfahren. Drei derselben, 2 Söhne

und 1 Tochter starben in früher Jugend in Friedewald.

In Kaffel kamen schwerere Leiden. Am 8. August 1827

farb Fritz, ein fehr talentvoller Jüngling, der demnächst

die Universität beziehen wollte, im 18. Lebensjahr im Haus

der Aeltern; am 12. Juni 1831 starb Elard, nachdem er

ein Jahr in Marburg Jurisprudenz studiert hatte, im 21.

Lebensjahr im älterlichen Haus; am 10. Febr. 1841 starb

Karl zu Homberg, wo er bereits über ein Jahr als Amts

affeffor das Justizamt zur Zufriedenheit verwaltet hatte,

im 27. Lebensjahre. K. und feine Frau trugen diese Ver

luste, wodurch fiel aller Söhne beraubt wurden, mit ächt

christlicher Ergebung, ohne fich zum Kleinmuth oder Miß

muth verstimmen zu laffen. An den zwei Töchtern, die

ihnen blieben, erlebten fiel mehr Freude. "Die jüngere,

Marie, verheirathete sich in Kaffel selbst # Apotheker

Dr. Schwarzkopf, jetzt Obermedicinal-Affeffor; die ältere,

Amalie, ist an den Gymnasial-Direktor, Dr. F. Münscher

in Marburg, verheirathet. Mit feiner Frau lebte K., nach

dem am 7. Juni 1833 eine silberne Hochzeit in einer für

feinen Geschmack fast zu glänzenden Weise gefeiert worden

war, noch 14 Jahre zusammen. Sie starb am 30. März

1847. Obwohl dieß für K., wie er selbst später sagte, das

schmerzlichste Ereigniß feines Lebens war, so ermannte er

sich doch, wenngleich 70 Jahre alt, von diesem Schlage,

um im freundlichen Andenken an die Dahingeschiedene und

in treuer Erfüllung seiner Berufspflichten seiner Familie

und feinem Vaterlande zu leben. Er gewann immer mehr

den ehrwürdigen Ausdruck eines christlichen Greises, der,

ohne Wünsche für sich selbst, nur um Anderer willen den

irdischen Dingen feine Sorgfalt widmet. Da die Töchter

das älterliche Haus bereits verlaffen hatten, so übernahm

eine Nichte, Wilhelmine Biscamp , die Pflege des Greifes

mit treuer liebevoller Hingebung. Ein Mann dieser Art

erwarb fich, wie sich nicht anders erwarten läßt, in reichem

Maaße Anerkennung und Theilnahme. Am 29. Juli 1827

ernannte ihn die juristische Fakultät zu Marburg bei Ge

legenheit des Jubiläum der Universität zum Doktor juris

utriusque; im J. 1836 erhielt er das Ritterkreuz des kur

heffischen Hausordens vom goldnen Löwen; am 6. Nov.

1847 feierten seine Kollegen in traulichem Kreis den Jah

restag seines vor 25 Jahren erfolgten Eintritts in das

Oberappellationsgericht. Bei diesem Abschnitt seiner Thä

tigkeit machte sich K. einen Auszug aus feinem Geschäfts

register über alle Civilrechtssachen, in denen unter feiner

besonderen Mitwirkung Entscheidungen ergangen waren.

Ihre Anzahl belief sich, von etwa 30–40 Kriminalfachen

abgesehen, auf 3047, von denen er 1545 als Referent,

1502 als Korreferent behandelt hatte. Am 4. April 1850

wurde unter großer allgemeiner Theilnahme sein 50jähri

ges Dienstjubiläum gefeiert, obwohl es eigentlich auf den

28. März fiel. Der Kurfürst ehrte ihn durch das Kom

mandeurkreuz 2. Klaffe des Hausordens vom goldnen Lö

wen, die Stadt Treysa durch Verleihung des Ehrenbür

gerrechts, mehere Obergerichte des Landes durch besondere

Gratulationsschreiben. Der Jubilar selbst erfreute die

Gesellschaft durch eine muntere Rede und durch feine Rü

ftigkeit an Leib und Seele. Nur sein Gehör war etwas

stumpf geworden. Ein halbes Jahr nach diesem schönen

Feste begann für den Greis eine höchst schwierige Zeit.

Die kurheff Ständeversammlung hatte die Forterhebung

der Steuern verweigert, weil von dem Ministerium Haf

fenpflug kein Budget vorgelegt worden sey; sie war dar

auf „wegen Bruchs der Verfaffung namentlich des §. 143

der Verfassungsurkunde, wonach die Stände für Aufbrun

gung des Staatsbedarfs durch Verwilligung von Abgaben

zu sorgen haben“ aufgelöst und die Forterhebung der

Steuern durch landesherrliche Verordnung vom 4. Sept.

1850 verfügt worden. Es war sodann, da die Tages

preffe und der landständische Ausschuß durch Aufforderun

gen und Drohungen die Behörden und Unterthanen zum

Nichtbefolgen dieser Verordnung zu bewegen suchten, durch

Verordnung vom 7. Sept. 1850 der Kriegszustand über

Kurheffen ausgesprochen und fämmtliche Militär- und

Civilbehörden, mit Ausnahme des Richter standes, waren

unter einen obersten Militärbefehlshaber gestellt worden.

Mit allgemeiner Spannung wartete man, wie das Ober

appellationsgericht, das hinsichtlich der Stempelerhebung

durch die Verordnung vom 4. September berührt wurde,

fich entscheiden würde. Das Präsidium desselben war da

mals, weil der Präsident Duyfing sich wegen leidender

Gesundheit von den Geschäften fern hielt, auf K. über

gegangen. Er, der 73jährige Greis, mußte also die schwie

rigen und wichtigen Berathungen leiten, welche in dem

Oberappellatiosgericht wegen der Septemberverordnungen

Statt fanden. Mit Unparteilichkeit wurden sie von K.

geleitet; aber feine Meinung war bald entschieden. Er

glaubte, daß die Stände, indem sie die Forterhebung der

Steuern abgelehnt, eine dem Wohl des Landes höchst

nachtheilige Maßregel beschloffen hätten, daß ihnen aber,

weil kein Budget vorgelegt worden sey, nach der Verfas

fungsurkunde (§. 144) das Recht dazu nicht abgesprochen

werden könne; daß daher auch die von dem Landesherrn

verfügten Ausnahmsmaaßregeln nicht im Recht begründet

feyen. Bekanntlich entschied sich auch das Gericht nach

vielfachen Berathungen mit ansehnlicher Stimmenmehr

heit in diesem Sinne. Noch mühsamer war sein Amt,

seitdem das Bundeserekutionskorps in Kurhessen einzu

rücken drohte und manchfache Versuche zur Vermittelung

zwischen der Landesherrschaft und den Behörden gemacht

wurden. K. hätte damals, um etwaigen Unannehmlich

keiten zu entgehen, mit Berufung auf ein hohes Alter

und auf feine 50jährige Dienstzeit um seine Pensionierung

nachsuchen können; aber er hielt es für Feigheit, in Zei

ten der Noth und Gefahr von seinem Posten zu weichen

und einen Zufluchtsort zu suchen. Er übernahm unver

droffen alle Mühen, die durch Leitung häufiger und lan

ger Plenarsitzungen, durch Berathungen mit anderen Be

hörden für ihn erwuchsen; er that es des allgemeinen Be

sten wegen. Um für dieses allgemeine Beste des Landes

zu sorgen, ging er auch auf die von dem preußischen Bun

des kommiffar angebahnte Vermittelung gern ein und stimmte

mit Aussicht auf eine demnächst zu erwartende höhere Ent

scheidung, für Anerkennung der September-Verordnung.

Als aber diese von einer höheren Instanz erwartete Ent

scheidung ausblieb, da däuchte es ihm, daß seine juristische

Ehre, ein Kleinod, welches er 50 Jahre hindurch mit ängst

licher Sorgfalt bewahrt hatte, verletzt fey. Dieß Gefühl

verbitterte ihm sein Daseyn und namentlich den Rückblick

auf sein früheres Leben. Sein Gemüth verdüsterte sich;

fein Geist und sein Körper erschlafften. Nach einem Siech

thum von wenigen Monaten starb er an Entkräftung

(marasmus senilis) in den Armen seiner Kinder, fast 74

Jahre alt. So endigte der Nestor der kurheff. Juristen.

Ehe wir von ihm scheiden, möge es noch erlaubt seyn,

einige seiner Eigenthümlichkeiten hier mitzutheilen. Was

den Gang seiner täglichen Beschäftigungen betrifft, so be

gann er jeden Morgen damit, ein Kapitel in der heiligen

Schrift, meist in dem von Schott mit griechischem Text

und lateinischer Uebersetzung herausgegebenen Neuen Te

stament zu lesen. Als dann ging er an die Abfaffung fei

ner Relationen und sonstigen juristischen Arbeiten. So

bald er eine Sache durchdacht hatte, schrieb er sein Votum

nieder und zwar mit großer Sauberkeit und Leserlichkeit

gleich in das Reine. Ja, er hatte sich so sehr an einen

fichern Ausdruck im Schreiben gewöhnt, daß er fast nie

ein Wort auszustreichen brauchte. Als 73jähriger Greis

schrieb er vielleicht noch die deutlichste Hand unter seinen

Kollegen. Er mochte sich hierbei um so mehr Mühe ge

ben, weil er fühlte, daß er in der mündlichen Verhand

lung wegen seines schweren Gehörs und vielleicht auch,

weil ihm hierin die rechte Gabe fehlte, nicht viel leisten

könne. Trotz dem, daß er auf die Ausarbeitung seiner

Relationen so große Sorgfalt verwendete, war er doch nie

mit denselben im Rückstand. Es war prüchwörtlich, daß

der alte Kulenkamp keine Rückstände habe. Der Nachmit

tag wurde größtentheils anderen als Berufsgeschäften ge

widmet, früher mehr schriftstellerischen Arbeiten, in den

letzten Jahren mehr der Lektüre von historischen und an

deren interessanten Schriften. Denn da ihm wegen seines

Gehörs der Besuch größerer Cirkel nicht zusagte, so nahm

er sich Bücher, besonders religiösen und historischen In

halts, zu feinen Gesellschaftern. Er interessierte sich so zu

sagen für Alles. Dieser geistige Verkehr neben dem mit

Freunden und Verwandten erhielt ihn frisch. Der Sonn

tagvormittag war ausschließlich der Beschäftigung mit re

ligiösen Gegenständen gewidmet. Da er aus dem mehr

fach angegebenen Grunde die meisten Prediger nicht recht

verstand, so beschäftigte er sich damit, das neue Testament

in der Ursprache zu lesen und das, was ihm zum Ver

ständniß nöthig schien, niederzuschreiben. Er hat auf diese

Weise einen Kommentar von 1000 Quartseiten über die

4 Evangelien niedergeschrieben. Ueberhaupt war er ein

Muster von Pünktlichkeit, Ordnungsliebe und strenger Ge

wiffenhaftigkeit, die vest an dem Buchstaben hielt. Eine

juristische Auffaffung, die von allgemeinen Principien auf

bestimmte Fälle Anwendung machen wollte, sagte ihm

nicht zu. Er gehörte weder der historischen noch der phi

losophischen Juristenschule an. Er sah die Jurisprudenz

als eine Kunst an, einzelne Fälle nach den bestehenden

Normen regelrecht zu beurtheilen und das Erforderliche zu

verfügen; weßhalb er auch Nichtjuristen über Rechtspunkte

mitzusprechen kaum erlauben wollte. Vermöge dieses stren

gen Vesthaltens an dem Buchstaben des Gesetzes war er

schmerzlich betrübt über die im I. 1848 ergangenen Be

schlüffe und Verfügungen, durch welche der Landesherr

fchaft und dem öffentlichen Wohl Gewalt angethan wurde,

so wie sich andererseits daraus auch fein Verhalten im

J. 1850 erklärt. – Wie man aber auch über seine Ansich

ten urtheilen mag – wissentlich hat er Niemandem Un

recht gethan. Darum hatte er auch keinen Feind. Wohl

aber hat er durch seine aufopfernde Güte, durch feine un

ermüdliche Thätigkeit für Andere sich in den Herzen. Vieler

ein treues liebevolles Andenken begründet.

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Kulenkamp: Elard Johannes K., angesehener kurhessischer Jurist, geb. am 30. November 1777 in Witzenhausen als jüngstes der zwölf Kinder des landgräflich hessen-kassel’schen Kriegs- und Domänenraths Friedrich Wilhelm K. († 1799), wurde, nachdem er in Marburg die Rechte studirt, Amtsadvokat und Stadtsyndikus in Treisa, im Herbst 1803 Amtsassistent, 1806 Amtsadjunkt, dann Interimsamtmann in Treisa. Seine ersten schriftstellerischen Arbeiten betrafen das Kämmereiwesen, das Statut und die Geschichte der Stadt Treisa. Letzteres Werk erschien 1806 in Marburg. Auch schrieb er Aufsätze in Duysing’s „Annalen der Gesetzgebung“ (vom Näherrecht, von der Geschichte und dem Rechte der Kirchmessen in hessischen Landen etc.) und gab heraus den „Versuch einer Anleitung zur zweckmäßigen Anordnung und Erhaltung der Amts-, Renterei-, Stadt-, Familien-, Gerichts- und Kirchen-Reposituren“ (Marb. 1805). Nach Gründung des Königreichs Westfalen wurde K. 1808 Richter beim Districtstribunal in Hersfeld. wo er „Ueber die gerichtliche Polizei und das Verfahren der Municipal-Polizeigerichte und Correctionstribunale nach französischen und westfälischen Gesetzen“ (Braunschweig 1810), eine „Darstellung des Executionsverfahrens nach der französischen und westfälischen Proceßordnung“ (3 Bde., Göttingen 1811), sowie eine Reihe von Aufsätzen über andere für die damaligen praktischen Juristen wichtige Gegenstände in der juristischen Bibliothek von 1811, Oesterley’s Magazin für das Civil- und Criminalrecht des Königreichs Westfalen und in die Heidelberger Jahrbücher schrieb. Nach Herstellung des Kurfürstenthums Hessen wurde K. 1814 Justizbeamter in Friedewald und 1821 Rath im Civilsenate des Obergerichts in Fulda. Hier bearbeitete er im Auftrage des kurhessischen Justizministeriums den Entwurf einer neuen Untergerichtsordnung für Kurhessen, worauf am 13. September 1822 seine Ernennung zum Mitgliede des Oberappellationsgerichts in Kassel erfolgte. 1823 und 1826 nahm er auftragsweise Theil an den Geschäften der juristischen Prüfungscommission in Kassel, deren Mitglied er sodann wurde. Am 29. Juli 1827 ernannte ihn die juristische Facultät in Marburg zum Ehrendoctor. Um diese Zeit begann er die mühsamen Arbeiten, welche für lange hin von großer Wichtigkeit für die praktischen Juristen Kurhessens wurden und auf welchen sein hohes Ansehen bei der hessischen Juristenwelt ruhte. Es ist dies seine unter Aufsicht des Justizministeriums erfolgte Herausgabe der „Neuen Sammlung der Landesordnungen, Ausschreiben und allgemeinen Verfügungen, welche bis zum October 1806 für die älteren Gebietstheile Kurhessens ergangen sind“ (4 Bände und 1 Band Register, Kassel 1828–39), sowie sein „Systematisches Repertorium aller sowol in der neuen Sammlung der althessischen Landesordnungen bis zum Ende des October 1806, als auch in der Sammlung von Gesetzen für Kurhessen vom 12. December 1813 bis zum Schlusse des Jahres 1842 enthaltenen, für die kurhessischen Staaten ergangenen Gesetze“ (Kassel 1843), auch die erste Lieferung einer „Sammlung von Nachträgen zu dem systematischen Repertorium“ (Kassel 1844), ferner „Die Litteratur des gesammten kurhessischen Rechts nebst einer Nachweisung aller gedruckten Entscheidungen des Oberappellationsgerichts zu Kassel“ (Kassel 1846). Auf Veranlassung seiner Collegen verfaßte K. auch „Beiträge zur Geschichte des Oberappellationsgerichts“ (zu Kassel), (Kassel 1847). Am 4. April 1850 feierte [360] er unter großer Theilnahme, namentlich hessischer Juristen, sein 50jähriges Dienstjubiläum, wozu ihm das Commandeurkreuz 2. Klasse des hessischen Ordens vom Goldenen Löwen und von der Stadt Treisa das Ehrenbürgerrecht verliehen wurde. K. war stellvertretender Vorsitzender des höchsten Gerichts, als dasselbe die kurfürstliche Verordnung vom 4. September 1850 für ungültig erklärte, durch welche die Erhebung der Steuern vorgeschrieben wurde, die der Landtag wegen Nichtvorlegung des Budgets zu bewilligen nicht in die Lage versetzt war. Da durch jenen Beschluß dem auf die Landesverfassung sich stützenden Widerstande der Bevölkerung Kurhessens gegen die Maßregeln Hassenpflug’s erst die volle Weihe und der stärkste Rückhalt gegeben war, so schien beim Einrücken der österreichischen und baierischen „Bundes-Executions“-Truppen K. wie viele andere angesehene Personen, mit Maßregelungen bedroht. Er hätte, um denselben zu entgehen, wegen hohen Alters um Versetzung in den Ruhestand bitten können, hielt es aber für Feigheit, in den Zeiten der Noth und Gefahr vom Posten zu weichen; dagegen nahm er bald darauf auch Theil an einem politischen Beschlusse des höchsten Gerichts, der ihn bald darauf sehr gereute. Als nämlich im December 1850 Graf Leiningen Namens des deutschen Bundes und General v. Peucker Namens Preußens und seiner Verbündeten sich an der Spitze von Truppen als Civilcommissare in Kurhessen eingeführt und die Befolgung obiger Verordnung vorgeschrieben hatten, kam es ihnen vor Allem darauf an, das höchste Gericht in Betreff obigen Punktes umzustimmen. Nachdem auf Veranlassung von Elvers, Mitglieds dieses Gerichts, welcher den Vermittler spielte, jene Commissare die Erklärung abgegeben hatten, daß sie Beauftragte des deutschen Bundes seien, trat das höchste Gericht der Ansicht bei, daß, obwol Preußen und seine Verbündeten dem von Oesterreich wieder berufenen Bundestage nicht beigetreten, die mangelnde Bevollmächtigung Seitens einer obersten Behörde des deutschen Bundes ersetzt sei durch die von allen deutschen Regierungen jenen Commissaren ertheilte Vollmacht. An dem auf Grund dieser Ansicht am 18. December 1850 vom Oberappellationsgerichte gefaßten Beschlusse, der Steuerverordnung nunmehr doch nachzukommen, betheiligte sich K. aus Rücksicht auf das allgemeine Landeswohl. Als aber die Voraussetzungen dieses Verhaltens des höchsten Gerichts getäuscht wurden, die kurfürstliche Regierung sich nicht entgegenkommend erwies und v. Peucker sein vor jenem Beschlusse gegebenes Versprechen, daß der ferneren Execution gegen das Land Einhalt geboten werden solle, gegenüber dem Grafen Leiningen, welcher Kassel am 22. December besetzen ließ, nicht einzuhalten vermochte, glaubte K., daß seine juristische Ehre verletzt sei. Dieses Gefühl verbitterte ihm das Dasein, Geist und Körper erschlafften und er starb nach kurzem Siechthum am 15. Juni 1851 in Kassel an Entkräftung.

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Schriften (Auswahl)

Literatur

Elard Johannes Kulenkamp in

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Einzelnachweise

  1. Neuer Nekrolog der Deutschen, 29. Jahrgang, 1851, 1. Teil, S. 461–471. B.F. Voigt, 1853 (google.de [abgerufen am 25. Mai 2018]).