Manisch ist eine in Gießen in sozialen Randgruppen entstandene Geheimsprache. Gesprochen wurde bzw. wird Manisch in einem Bezirk der Gießener Weststadt, der "Gummiinsel", sowie in den Marburger Stadtteilen Richtsberg und Waldtal. Es ist ein Vokabular von ca. 800 Wörtern dokumentiert, das stets in Verbindung mit dem lokalen Dialekt (Mittelhessisch) gebraucht wird. Es ist ein Soziolekt, dessen Wortschatz hauptsächlich aus dem Romani schöpft sowie Rudimente der Jenischen Sprache enthält. Die Sprache wird seit vielen Jahren auch in der Wohngemeinschaft Bonameser Weg (nahe dem Frankfurter Berg), einem wilden, von der Stadt Frankfurt/M. geduldeten Wohnwagenstellplatz, gesprochen. Auch im benachbarten Wetzlarer Finsterloh und im Koblenzer Raum ist diese Sprache beheimatet.
Obgleich die Sprache vom Aussterben bedroht ist und nur noch wenige Personen über einen nennenswerten Wortschatz verfügen, leben doch einige Begriffe in der lokalen Jugend-Umgangssprache weiter.
Vokabular
Assele = Haare |
achelen = essen |
Balle = Haare |
Ballefusser = Frisör (als Verb: ballefussen = Haare schneiden) |
Bani = Wasser |
baru = kalt |
Baschepen, Baatschebie, Lalla = Musik |
Bedo = Farbiger |
Bonum = Gesicht |
Buddlack = Hunger (als Verb: buddlagge, budden = essen) |
Budschgai = Hose |
Dachhas = Taube |
Dande = Zähne |
Dewis = Tag (latschi Dewis = Guten Tag) |
diggen = gucken, verstehen |
Dinnelo = Gangster |
dillen = essen |
Fehme = Finger, Hände |
Flugtschabo = Vogel (neumanisch, früher: Tscherklo) |
Gadsche = Nicht-Zigeuner |
Gramaski = Pistole |
Gowe = Quatsch, Spaß |
Gowegardsch = Spaßvogel |
Glundegardsch = Reicher Typ |
Gludigen = Cannabis Raucher |
Goi = Wurst |
Pimangri/Pimangelo = Zigarette |
Jewro = Hase |
joschen = schlafen |
kaddehlen = stinken |
kallen = essen |
Klaimschers = Schuhe |
Klitschu = Schlüssel |
kneisen = sehen, schauen |
latscho, latschi = geil, gut, schön, einfach |
Lattejupp = Jesus Christus |
Lobi, Lowi = Geld |
maddo = besoffen, müde |
Maloche = Arbeit (als Verb: malochen = arbeiten) |
Maro = Brot |
meschugge = verrückt |
mockern = stinken |
Moss = Frau |
muchillen = Essen |
Muj = Mund |
Mujballe = Schnurrbart, Vollbart |
mulo = tot |
naaschen = laufen, gehen |
Nervelo, Nabelo, Na, Naft, Nafti, Hehl = Nervensäge, Idiot |
Nake = Nase |
Nakevelo = Brille (Nasenfahrrad) |
Ossnick, Kabani = Uhr |
puggen = reden |
Raggelo = Kind |
reunern = sehen, schauen |
stegum = langsam |
tockern = kaputt machen |
Tschabba = Kumpel |
Tschabo = Bursche, Kerl |
Tschai, Rahli = Tussi, Weib |
Tschero = Kopf |
Tscheroblitze, Tscherobolero = Kopfschmerzen |
tschie, tschee, tschü, tschä = nein, nicht, kein(e/r/s) |
Tschie Meder = auf keinen Fall |
tschugge = gut, schön |
Tschugg(e)lo = Hund |
Tschunde = Scheiße (auch als Adjektiv) |
Tschundepicker = Müllmann |
Tschundepugger = Hochstabler, Lügner |
Tschundetschabo, Tschundefreier = Scheisskerl |
tschuren = stehlen |
Tschurie = Messer |
Velo = Fahrrad |
Wodding = Auto |
Ein großer Teil des Vokabulars gilt als äußerst vulgär und behandelt dementsprechende (sexuelle und fäkale) Themen, z.B. im Fall nachfolgender Ausdrücke, deren Übersetzung an dieser Stelle größtenteils in einem entsprechend vulgären Deutsch erfolgt:
bodewe = geil |
Buhl = Arsch (als Verb: verbuhlen = verarschen) |
buijen = ficken |
Buijegel = in etwa "Hurenbock" |
Gomen, Gariied = Schwanz (Penis) |
Kladdetsch, Butsch, Minsch = Fotze (Vulva/Vagina) |
siehlen = pissen |
tschucks Muj = halts Maul |
Tschunde = Kot, Scheiße (auch als Fluchbegriff) |
Tschundebuijer/Buhlmalocher = Arschficker |
Tschundekahn = Scheißhaus |
Tschutschies = Titten (Busen) |
muijen = stinken
BeispieleBeispiel 1: "Ei tschü Herr Lehrer, ich hab es Velo tschü getschurt." Übersetzung: "Nein Herr Lehrer, ich habe das Fahrrad nicht gestohlen." Beispiel 2: "Ich hab gedacht de Gardsch wär mulo." Übersetzung: "Ich dachte der Mann sei tot." Beispiel 3: "Tschü Lobi, tschü Buije, tschü Raggelo." Übersetzung: "Kein Geld, kein Sex, keine Kinder." Beispiel 4: "De Gardsch hat's Wording getschurt, ist von de Kliste gedappert worden und ist ins Stillepin genaascht." Übersetzung: Der Mann stahl das Auto, wurde von der Polizei ertappt und wanderte dafür ins Gefängnis. Beispiel 5: "Die Lupni hat tschü Lobi gedehlt, da hat de Klundeggardsch ihr dei Gramaski in de Buhl malocht bisse mula war" Übersetzung: Da die Prostituierte kein Geld verdiente, penetrierte sie der Zuhälter anal mit seiner Faustfeuerwaffe, bis sie ihren Verletzungen erlag. Literatur
Siehe auchJenische Sprache, Jiddisch, Lottegorisch (Carlsberg), Masematte (Münster), Rotwelsch, Sintitikes, Töddensprache, Mattenenglisch |