Ludwig van Beethovens 3. Sinfonie in Es-Dur, op. 55 mit dem Beinamen „Eroica“ entstand in den Jahren 1803 bis 1804.
Vorgeschichte
Beethoven war als junger Mann begeisterter Anhänger der Französischen Revolution (1789–1799) und später ein Bewunderer Napoleons, der die Freiheitsideen durch Gesetzgebung und Kriege in ganz Europa verbreitete. Napoleon wurde damals häufig mit dem griechischen Halbgott Prometheus verglichen, der den Göttern das Feuer (also den Verstand) stahl, um die unvollkommenen Menschen damit zu vollenden und zu befreien - er konnte also als ein Held der Aufklärung gelten.
Leider versank Frankreich bald nach der Revolution in Anarchie und Terror und viele Intellektuelle suchten eine Erklärung für das Scheitern der anfangs so vielversprechenden Revolution. Laut Schiller waren die Menschen nicht reif für den Gebrauch ihrer Freiheit, weil die Erziehung der Aufklärungszeit einseitig den Verstand geschult hatte, der aber ohne den Gebrauch des Gefühls nicht richtig eingesetzt wurde. In seinem Programm zur „Ästhetischen Erziehung des Menschen“ (1795) forderte Schiller eine Schulbildung in Wissenschaft und Künsten für die gesamte Bevölkerung als Voraussetzung für die Schaffung einer besseren Gesellschaft nach einer erfolgreichen Revolution.
Beethovens Werk
Diesen Gedankengang stellte Beethoven im Jahr 1802 allegorisch verschlüsselt in seiner Ballettmusik „Die Geschöpfe des Prometheus“ musikalisch dar, indem die stumpfsinnigen Menschen erst durch künstlerische Erziehung bei den Göttern und Musen des antiken Götterbergs Parnass ihre volle Menschlichkeit erlangen.
Für das optimistische Finale benutzt Beethoven einen simplen, selbst komponierten „Kontretanz“ aus der vergangenen Karnevalssaison, um zu betonen, dass seiner Meinung nach die Zukunft nicht den Göttern und Königen gehört, sondern dem aufstrebenden Bürgertum.
In der für ihn persönlich sehr schwierigen Zeit nach 1800 suchte Beethoven musikalisch und beruflich verzweifelt neue Wege; so plante er offenbar, von Wien in das fortschrittliche Paris überzusiedeln und als Präsentationsstück seine 3. Sinfonie Napoleon zu widmen; er nannte sie Sinfonia grande, intitolata Bonaparte. Daher ließ er sich in der großen Anlage und in vielen Details der Sinfonie vom Handlungsverlauf des Prometheus-Balletts leiten, was man am deutlichsten daran erkennt, dass im Finale mehrere Variationen über den Prometheus-Kontretanz erklingen.
Aus Enttäuschung über Napoleon, als dieser sich 1804 zum Kaiser krönt, und seine gescheiterten Umzugspläne nahm er die Widmung an Napoleon zurück, verarbeitete in dem Werk seinen Zwiespalt zwischen französischen Revolutionsidealen (durch „typische französische“ Elemente) und deutschem Patriotismus („typisch deutsche“ Musik mit Anklängen an Bachs Polyphonie) und betitelte 1806 seine 3. Sinfonie als „Sinfonie, komponiert um das Andenken einen großen Mannes zu feiern“. Sie trug die Überschrift "Heroische Sinfonie", auch Eroica genannt.
Beethoven war nach der Krönung Napoleons zum Kaiser zwar schwer enttäuscht und sah die Ideale der Französischen Revolution verraten, doch drückt sich in der Tatsache, dass er seine Symphonie musikalisch unverändert ließ, Beethovens unbeirrbare Hoffnung auf eine Zukunft aus, in welcher die Ideale "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" verwirklicht wären.
Im August 1804 gab es eine Privataufführung im Wiener Palais des Fürsten Lobkowicz, dem sie nun auch gewidmet war, eine weitere am 3. Januar 1805. Die öffentliche Uraufführung fand am 7. April 1805 im Theater an der Wien statt.
Satzbezeichnungen
- 1. Satz: Allegro con brio
- 2. Satz: Marcia funebre (Adagio assai)
- 3. Satz: Scherzo (Allegro)
- 4. Satz: Finale (Allegro molto-Poco Andante-Presto)
Musik
I Allegro con brio
Der erste Satz der Eroica beginnt mit einer Einleitung, die jedoch nur 2 Takte und 2 "Tutti-Schläge" des Orchesters umfasst. Diese zwei Schläge, jeweils auf der Eins eines Taktes. Dieses "Motto" taucht im ersten Satz immer wieder an wichtigen Stellen auf. Sehr bemerkenswert ist, dass der Satz in ungeradem (3/4) Takt geschrieben ist - normalerweise stand der erste Satz einer Symphonie in geradem Zeitmaß. Das erste Thema wird dann (nach diesem fortissimo-Schock) im piano vorgetragen und zwar von den Celli, was auch eine Besonderheit darstellt. Mittels durchbrochener Arbeit erscheint dieses Thema (zu Synkopen-Begleitung) danach noch in anderen Instrumenten (Violinen, Flöten, Klarinetten) und am Ende des Hauptsatzes erscheint das Thema in interessanter Instrumentation: Holz mit Blech und tiefen Streichern, die restlichen Instrumente begleiten. Das zweite Thema erscheint in Takt 45 und ist nur sehr kurz (einen Takt, jedoch verstetzt). Es ist ein Überleitungsthema in der Doppeldominante (ähnlich dem in der IX. Symphonie). In Takt 63 beginnt der Seitensatz in B-Dur (V. Stufe), der zwei neue Themen bringt. Das erste ist von Kaskaden geprägt, das zweite ein sehr drängendes, zuerst von den Holzbläsern vorgetragenes Thema (ebenfalls in B-Dur). Die Schlussgruppe beginnt in Takt 109, sie bringt eine Kombination der beiden ersten Themen (Hauptsatz). Die Durchführung (Takt 152) arbeitet zu Beginn ebenfalls mit diesen zwei Themen, es tauchen jedoch schon bald die Mottoartigen "Tutti-Schläge" wieder auf, nun allerdings nicht mehr vom ganzen Orchester vorgetragen. Auch das Kaskadenartige Thema taucht nun bald auf. Ab Takt 248 beginnt das ganze Orchester mit Synkopen und sforzati, man wird hier auch an die V. Symphonie erinnert. In Takt 284 erscheint ein neues Thema, das nie auch in der Reprise, sondern erst in der Coda wieder auftaucht. Über einem Sekundakkord von B7 beginnen die Hörner mit dem Hauptthema in Es-Dur (der berühmte "falsche" Horneinsatz), die Reprise beginnt 2 Takte später, nun wirklich in Es-Dur. Die Coda beginnt in Takt 561, und arbeitet hauptsächlich mit dem Thema aus der Durchführung. Mit den "Tutti-Schlägen" des Orchesters endet der längste Satz Beethovenscher Symphonik. (Takt 691)
II Marcia funebre (Adagio assai)
III Scherzo (Allegro)
IV Finale (Allegro molto-Poco Andante-Presto)
Rezeption
Die in der Romantik aufkommende Vorliebe für Programmusik führte dazu, dass früheren absoluten Werken ein Sujet zugeordnet wurde, was bei der Eroica nicht allzu schwer fiel, hat sie doch von vornherein Anwandlungen an Programmusik. Ein Dichter mit den Initialen "S. v. W." schrieb Sonette zu allen Beethoven Symphonien. Jenes über die Eroica lautet folgendermaßen: (Eine Strophe steht für einen Satz)
Fels wider Fels steh'n kämpfend die Heroen!
Schild gegen Schild, Knie gegen Knie anstemmend,
Und Helm an Helm, und Busch mit Busche dämmernd,
Ringt Kraft mit Gegenkraft in Todesdrohen.
Graunvoller Untergang des irdisch-hohen!
Hier naht ein Zug, ihn zögert Schmerz, beklemmend,
Und Wehmut wahrt noch, kaum die Thräne hemmend,
Das Heldenwort, mit dem der Geist entflohen!
Erblüht nun, ihr, des grossen Namens Erben,
Im Knabenspiel bei der Schallmei Gesängen
Und bei des Hifthorns fröhlichen Fanfaren!
Dann stürmt hinaus, gleich flugbar jungen Aaren,
Euch in Turnier und ernstes Spiel zu drängen,
Der Schönsten Dank, - oft keinen zu erwerben!
Siehe auch
Literatur
- Renate Ulm (Hrsg.): Die 9 Sinfonien Beethovens Bärenreiter, Kassel 1994, ISBN 3761812418