Kurden
Die Kurden sind ein iranisches Volk. Es gibt derzeit 26 Millionen Kurden (Quelle: Konrad Adenauer Stiftung). Das Hauptsiedlungsgebiet der Kurden sind die heutigen Staaten Türkei, Iran, Irak und Syrien. Desweiteren gibt es eine kleinere Anzahl von Kurden in Armenien, Georgien, Libanon und Israel.
Herkunft
Das Volk der Kurden ging aus mehreren Völkern und Stämmen hervor.
Ihre Kultur, Sprache und Mythologie ist jedoch tief in der iranischen Kultur verwurzelt. Viele der Kurden sehen sich als Nachfahren der Meder und Skythen. Allerdings bezweifeln die meisten Historiker und Archäologen, dass größere Teile der Skythen in dem späteren kurdischen Volk aufgegangen sind, denn die Heimat der Skythen war Kasachstan, Südrussland und die Ukraine.
Einige Historiker sehen in den Kurden die Nachfahren der Churriter ("Churri"), die in der Antike in Kurdistan ansässig waren und von denen sich laut dieser Theorie auch der Name Kurden ableitet. Früher wurde, auch von kurdischer Seite, behauptet, die Kurden seien Nachfahren der Karduchen. Dies hat sich als nicht haltbar erwiesen. In der Wissenschaft herrscht jedoch immer noch Uneinigkeit über die genaue Herkunft der Kurden.
Der geographische Name "Kurdistan" taucht das erste mal in arabischen und seldschukischen Quellen auf.
Geschichte
Meder-Reich (728-550 v. Chr.)
Das Meder-Reich war das erste große iranische Reich. Die Bewohner waren die Meder, zu deren Nachkommen auch die Kurden ("KurManji") zählen. Ihre Sprache, Kultur und Abstammung waren iranisch.
835 v. Chr. erwähnte der assyrische König zum erstenmal die medischen Stämme. Bald nach ihrem Auftreten konnten sie große Bereiche des Assyrischen Reiches unterwerfen. Im Jahre 715 v. Chr. führte der Häuptlingsführer Dayaukku die medischen Stämme ohne Erfolg gegen das Assyrische Reich. Sein Nachfolger Khshathrita konnte die übrigen südiranischen Stämme vereinen und das Assyrische Königreich vernichten. Er gründete die medische Hauptstadt Ekbatan (vielleicht das heutige Hamadan). Cyaxares, der letzte medische König, führte das Reich bis 550 v. Chr.
Allgemein
Die blühendste Periode kurdischer Macht und Geschichte war im 7. Jahundert vor Chr. im Meder-Reich sowie im 12. Jahrhundert, als der große Saladin, der zu Rawendis Zweig des Hadabani Stammes gehörte, die Ayyubiden-Dynastie von Syrien gründete. Das Reich erstreckte sich über teile vonOst- und Westkurdistan,Chorassan,Ägypten und dem Jemen. Das Ayyubidische Reich war aber keines falls ein Kurdisches Reich. Viele seiner Bewohner, eigentlich die meisten waren Araber und andere Völker. Es war mehr ein gesamt islamisches Reich, denn die Bewohner bezeichneten sich als Moslems und nicht als Araber oder Kurden.
Ein großer Wendepunkt ist die Schlacht von 1514 bei Caldiran (nahe Van) zwischen Osmanen und Safawiden. Schah Ismail I unterliegt Sultan Yavuz Selim I. Danach kommt fast ganz Ostanatolien unter osmanische Herrschaft. Auf seinem Zug in die Osttürkei bringt der Sultan bei Sivas an die 40.000 Aleviten um, welche türkische und kurdische Gruppen umfassen (wobei die ersteren überwiegen), um eventuelle Zusammenarbeit mit den Safawiden zu unterbinden. 1596 verfasst Serefhan, Fürst von Bitlis und Sohn von Idris Bitlisi, das Geschichtswerk Serefname (Prachtschrift) mit dem ersten vollständigen Überblick über die kurdische Geschichte. Unter anderem wird darin behauptet, dass das Fürstentum Bitlis von Malatya bis zum Urmiasee reichte. Die historische Korrektheit dieses Geschichtswerkes wird jedoch bezweifelt.
Bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs wurde das kurdische Bewusstsein einerseits durch die Stammeszugehörigkeit geprägt, andererseits durch den sunnitischen Islam. Unter dem Einfluss europäischer Ideen entwickelten sie dann ein eigenes Nationalgefühl. Durch die alliierten Siegermächte wurde ihnen zunächst ein eigener kurdischer Staat (Kurdistan) in Aussicht gestellt. Jedoch wurde ihr Siedlungsgebiet auf die Territorien verschiedener Staaten aufgeteilt, wo man sie - mit wenigen politischen Rechten ausgestattet - als ethnische Minderheit anerkannte. In der Türkei wurden sie bis vor kurzem als "Bergtürken" bezeichnete und ihnen der Gebrauch der kurdische Sprache verboten.
Am 22.01.1946 wurde eine Kurdenrepublik in Nordwestiran mit Mahabad als Hauptstadt und Qazi Mohammed als deren Präsident gegründet. Die Sowjetunion wollte durch die Gründung Kurdistans und Aserbaidschans auf iranischem Boden Einfluss auf die Region ausüben. Nach Abzug der Sowjets aus dem Iran wurden die beiden Republiken von der iranischen Armee zurückerobert. Nach nur 13 Monaten wurde Quazi Mohammed mit weiteren Ministern auf dem Car Cira Platz, von dem aus die kurdische Republik ausgerufen worden war, am 31. Mai 1947 hingerichtet. Zu einer teilweisen Selbstverwaltung und Beteiligung an der Regierung kam es im Irak 1970 bis 1974.
Nach dem zweiten Golfkrieg 1991 verfügte die UNO im Irak eine Schutzzone nördlich des 36. Breitengrades. Im dritten Golfkrieg 2003 beteiligten sich kurdische Kräfte auf Seiten der USA an der Eroberung nordirakischer Städte. Seitdem genießen die irakischen Kurden einen besonderen Status als Verbündete der USA. Das Ziel der irakischen Kurden, mehr Autonomie und Einfluss zu bekommen, wird vor allem von der Türkei sehr missbilligt, da man einen entsprechenden Einfluss auf die Kurden in der Türkei befürchtet.
Politik
Bislang sind die Bemühungen um eine staatliche Souveränität auch daran gescheitert, dass die Kurden untereinander zerissen sind. In einer feudalen Gesellschaft galt nämlich, dass das Recht des Herrn oder geistlichen Oberhauptes vor dem Recht des Volkes kam. Es fehlte das nationale Gefühl. Aber in den letzten hundert Jahren kam auch der Nationalismus nach Kurdistan, so dass die Kurden immer mehr zusammen rückten. Das machte sich auch dadurch bemerkbar, dass die Kurden vermehrt Parteien bildeten, die sich europäische Parteien zum Vorbild nahmen. In den frühen 20er Jahren wurde im Libanon die Organisation Xoybun gegründet, die unter anderem den Ararat Aufstand anführte. Die bekanntesten Parteien türkischer Kurden sind die KADEK (ehemals PKK), die Komala, die PDK, die PSK und die YNK. Die meisten dieser Organisationen verfolgten jahrelang ihre Ziele mit Terror. In Syrien sind bekannte kurdische Parteien die Al Party, die kurdische Volksunion (Hevgirtin Gel) und die Yekiti (Partei der Einheit).
Die größten Aufstände im 20. Jahrhundert
- 1930: Erster Ararat Aufstand unter der Organisation Xoybun
- 1961 bis 1970: Barzani Aufstand im irakischen Teil
- 1967 bis 1968: Aufstand der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran (DPK-I)
- 1984 bis 1999: Bewaffneter Kampf der PKK in der Türkei
Religion
Die Kurden sind mehrheitlich sunnitischen Glaubens (etwa 75%). Etwa 20% sind Schiiten, daneben gibt es auch Aleviten (in der Türkei) und Jezidi.
Kultur
Die Frauen tragen unter anderem auch Schleier, doch auch Kopftücher.
Es gibt eine reiche Volksliteratur in kurdischer Sprache. Zu erwähnen wäre das Epos Mem u Zin, das 1695 von dem Dichter Ahmede Xanê geschrieben worden ist. Der aus Mardin stammende Dichter Cigerxwin (Sexmus Hasan), der von 1903 bis 1984 lebte, schrieb für Zeitschriften wie Hewar. Er studierte ausführlich den Marxismus-Leninismus und hinterließ acht Gedichtsammlungen. 1935 wird der erster Roman der Neuzeit in kurdischer Sprache “Schivane Kurd” von Ereb Schemo verfasst.
Am 21. März wird das kurdische Neujahrsfest Newroz begangen.
Sprache
Kurdisch ist eine indoeuropäische Sprache, über deren konkrete Systematik diverse Kontroversen geführt werden. Es ist jedoch allgemein gültig, dass das Kurdisch zum westiranischen Sprachzweig der indoeuropäischen Sprachfamilie gehört. Wegen der fehlenden politischen und kulturellen Einheit gibt es keine einheitliche, festgelegte Standardsprache. Die Hauptdialekte des Kurdischen stellen das Kurmanci, Sorani dar. Vorallem das Kurmanci duchläuft gerade eine Prozess des Sprachausbaus.
Kurmanci wird von den Kurden der Türkei, Syrien und der ehemaligen Sowjetunion gesprochen. Es ist auch unter den Kurden im Iran und Irak verbreitet. Dort wird aber vom Großteil das Sorani benutzt.
Die zwei Dialekte Kurmanci und Sorani bezeichnet man auch Neu-Medisch.
Neben diesen beiden Hauptdialekten gibt es noch weitere, deren Sprecherzahl aber geringer ist. Dazu zählen das Gorani, das im Iran gesprochen wird und eventuell das Zazaki, das in der Türkei benutzt und teilweise als eigene Sprache angesehen wird.
Ob auch das Lurische zum Kurdischen gehört, wird heftig diskutiert. Insgesamt gesehen gibt es viele Mundarten, die sich von Region zu Region und von Stamm zu Stamm unterscheiden. Das macht Kurdisch zu einer reichen Sprache.
Weblinks
Literatur
- Günter Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam, Darmstadt 2001
- Klaus Kreiser, Werner Diem, Hans Georg Majer (Hgg.): Lexikon der Islamischen Welt, 3 Bände, Stuttgart u.a. 1974 (Urban-Taschenbücher 200).