Rychnov u Jablonce nad Nisou (deutsch Reichenau) ist eine Stadt im Okres Jablonec nad Nisou in Tschechien.
Rychnov u Jablonce nad Nisou | ||||
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Basisdaten | ||||
Staat: | ![]() | |||
Region: | Liberecký kraj | |||
Bezirk: | Jablonec nad Nisou | |||
Fläche: | 1225,2977[1] ha | |||
Geographische Lage: | 50° 41′ N, 15° 9′ O | |||
Höhe: | 435 m n.m. | |||
Einwohner: | 2.845 (1. Jan. 2023)[2] | |||
Postleitzahl: | 468 02 | |||
Kfz-Kennzeichen: | L | |||
Verkehr | ||||
Straße: | Jablonec nad Nisou – Hodkovice nad Mohelkou | |||
Bahnanschluss: | Liberec – Turnov | |||
Struktur | ||||
Status: | Stadt | |||
Ortsteile: | 2 | |||
Verwaltung | ||||
Bürgermeister: | František Chlouba (Stand: 2007) | |||
Adresse: | Husova 490 468 02 Rychnov u Jablonce nad Nisou | |||
Gemeindenummer: | 563790 | |||
Website: | www.rychnovjbc.cz |
Geographische Lage
Die Stadt liegt in Nordböhmen im Isergebirge im Tal der Mohelka, fünf Kilometer südlich von Jablonec nad Nisou (Gablonz). Am nördlichen Rand verläuft die Schnellstraße R65 von Jablonec in Richtung Turnov (Turnau). Rychnov liegt an der Bahnstrecke Pardubice–Turnov–Liberec, die in einer vier Kilometer langen Schleife beiderseits der Mohelka in die Stadt führt.
Nachbarorte sind Dolní Dobrá Voda und Dobrá Voda im Norden, Kokonín und Maršovice im Nordosten, Dalešice im Osten, Pulečný im Südosten, Zálesi und Košovy im Süden, Bezděčín und Pelíkovice im Südwesten sowie Rádlo im Nordwesten.
Geschichte
Der Ort wurde vermutlich vom Zisterzienserkloster Münchengrätz aus im 13. Jahrhundert angelegt. Erste urkundliche Nachrichten über Richnow stammen vom 25. Januar 1361, als der Erzbischof von Prag Johann Albert aus Sebnitz als Nachfolger für den 1360 verstorbenen Pfarrer berief.
Eine Kirche in Reichenau wird im Jahr 1384 erwähnt. Im Jahr 1407 war eine hölzerne Kirche auf dem jetzigen alten Friedhof vorhanden. Nachdem die Lehre Martin Luthers in Reichenau zahlreiche Anhänger gefunden hatte, wurde die Kirche zunächst bis 1668 mit protestantischen, dann wieder mit katholischen Priestern besetzt. Der Besitzer der Herrschaft, Graf Karl Ernest von Waldstein und Wartenberg, ließ die jetzige Kirche St. Wenzel 1704 aus Stein errichten, teils mit herrschaftlichen Steuermitteln und teils aus dem Kirchenvermögen.[3][4] Im Jahr 1712 wurde die alte hölzerne Kirche abgetragen. Um 1830 standen die Wenzelskirche und die Schule unter dem Patronat der Grundherrschaft.[4]
Im 18. Jahrhundert siedelten sich Textilmanufakturen an, und Johann Schöffel errichtete eine Fabrik für Dosen aus Hartpapier. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bildete Reichenau eine Gemeinde im Gerichtsbezirk Gablonz an der Neiße. 1856 erhielt der Ort eine Eisenbahnverbindung; für die Strecke Pardubitz – Reichenberg wurde in Reichenau ein Viadukt errichtet. Zum Ende des 19. Jahrhunderts begann die große Zeit der Gablonzer Glasbijouterie, von der auch Reichenau profitierte. Reichenau wurde 1895 zum Markt erhoben und erhielt das Recht zum Abhalten von vier Jahrmärkten. 1911 folgte die Stadterhebung.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Reichenau 1919 der neu geschaffenen Tschechoslowakei zugeschlagen. Es entstand eine Fabrik für Galanteriewaren, die in einem Moorgebiet am Stadtrand entstand, das durch ein System von Entwässerungsgräben erst trockengelegt werden musste. Nachdem die Stadt 1938 nach dem Münchner Abkommen an das Deutsche Reich angegliedert worden war, wurde das Unternehmen 1938 von einem deutschen Konsortium aufgekauft und produzierte im Zweiten Weltkrieg Ortungsgeräte. Als Arbeitskräfte wurden etwa hundert Ukrainer zwangsverpflichtet, und das KZ Groß-Rosen errichtete 1944 ein Außenlager mit 350 Juden.[5]
Von 1938 bis 1945 gehörte Reichenau zum Landkreis Gablonz an der Neiße, Regierungsbezirk Aussig, im Reichsgau Sudetenland. Nach Kriegsende wurde fast die gesamte Bevölkerung von Reichenau enteignet und vertrieben. Die Stadt lag zuvor an der Sprachgrenze und war deutsch besiedelt. Das ehemalige KZ an der Eisenbahnhauptstrecke diente als Internierungslager für die Abschiebung der Deutschen aus Reichenau und Gablonz. Während der nachfolgenden sozialistischen Epoche kam es zur Zerstörung des Stadtbildes dem, durch Abriss und Verfall, bis zu einhundert Gebäude zum Opfer fielen.[6] Nach 1990 begann die Sanierung der erhaltenen historischen Bausubstanz.
Demographie
Bis 1945 war Reichenau überwiegend von Deutschböhmen besiedelt, die vertrieben wurden.
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1830 | 2292 | in 352 Häusern[4] |
1900 | 3384 | deutsche Einwohner[7] |
1930 | 3320 | [8] |
1939 | 3056 | [8] |
Jahr | 1970 | 1980 | 1991 | 2001 | 2003 |
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Einwohner | 1 924 | 1 967 | 1 822 | 2 013 | 2 122 |
Ortsgliederung
Die Stadt Rychnov u Jablonce nad Nisou besteht aus den Ortsteilen Pelíkovice (Pelkowitz) und Rychnov u Jablonce nad Nisou (Reichenau)[10], die zugleich auch Katastralbezirke bilden.[11] Grundsiedlungseinheiten sind Dolní Dobrá Voda (Nieder Gutbrunn), Košovy (Koschen), Pelíkovice, Rychnov u Jablonce nad Nisou und Rydvaltice (Ridwaltitz).[12]
Sehenswürdigkeiten
- Kirche St. Wenzel, Barockbau aus den Jahren 1704–1712
- Pestsäule des Hl. Prokop, 1702 errichtet
- Statue des Hl. Johannes von Nepomuk, 1780 aufgestellt
Ehrenbürger
- 2002: Gerhard Müller (1922–2006) für sein Wirken für eine Versöhnung von Tschechen und Deutschen
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ http://www.uir.cz/obec/563790/Rychnov-u-Jablonce-nad-Nisou
- ↑ Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
- ↑ Jaroslaus Schaller: Topographie des Königreichs Böhmen. Band 4: Bunzlauer Kreis, Prag 1786, S. 228, Ziffer 68.
- ↑ a b c Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen. Band 2: Bunzlauer Kreis, Prag 1834, S. 223, Ziffer 78.
- ↑ Rudolf M. Wlaschek: Juden in Böhmen. München : Oldenbourg, 1990, S. 153
- ↑ http://www.rychnovjbc.cz/zivot-u-nas/historie/#.XCUI-lxKjIV
- ↑ Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 16, Leipzig und Wien 1908, S. 726, Ziffer 3.
- ↑ a b Michael Rademacher: Landkreis Gablonz an der Neiße. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Tschechische bevölkerungsstatistik
- ↑ http://www.uir.cz/casti-obce-obec/563790/Obec-Rychnov-u-Jablonce-nad-Nisou
- ↑ http://www.uir.cz/katastralni-uzemi-obec/563790/Obec-Rychnov-u-Jablonce-nad-Nisou
- ↑ http://www.uir.cz/zsj-obec/563790/Obec-Rychnov-u-Jablonce-nad-Nisou