Wahrscheinlichkeit
Die Wahrscheinlichkeit ist eine Einstufung von Aussagen und Urteilen nach dem Grad der Gewissheit (Sicherheit).
Stochastik
Stochastik als ein Teilgebiet der Mathematik ist die Lehre der Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit. Sie ist ein verhältnismäßig junger Teilbereich der Mathematik, zu dem im weiteren Sinne auch die Kombinatorik, die Wahrscheinlichkeitstheorie und die mathematische Statistik gehören.
Häufig wird der mathematische Begriff von Wahrscheinlichkeit benutzt: Die Wahrscheinlichkeitsrechnung oder Wahrscheinlichkeitstheorie (Teilgebiet der Stochastik) kümmert sich um die mathematische Systematisierung von Wahrscheinlichkeiten. Hier werden Wahrscheinlichkeitsverteilung, Wahrscheinlichkeitsfunktion, bedingte Wahrscheinlichkeit und viele andere Begriffe unterschieden. (frequentistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff)
- Die Prognose ist dabei ein ein Maß für die Unsicherheit zukünftiger Ereignisse
- ein Maß für den Grad an persönlicher Überzeugung (Bayesscher Wahrscheinlichkeitsbegriff), also letztlich eine Erweiterung der Aussagenlogik
Wahrscheinlichkeiten werden als Zahl zwischen 0 und 1 angegeben, wobei Null und Eins zulässige Wahrscheinlichkeiten sind. Ein Ereignis mit Wahrscheinlichkeit 0 wird als unmöglich (Unmögliches Ereignis), eines mit Wahrscheinlichkeit 1 als sicher interpretiert (Sicheres Ereignis).
Psychologie - Einschätzen von Wahrscheinlichkeiten
Es wird oft behauptet, der Mensch besitze nur ein schlechtes Gefühl für die Wahrscheinlichkeit, man spricht in diesem Zusammenhang auch vom „Wahrscheinlichkeitsidioten“ (siehe auch Zahlenanalphabetismus). Dazu folgende Beispiele:
- Die Wahrscheinlichkeit in Österreich im Lotto zu gewinnen entspricht in etwa der Wahrscheinlichkeit von einem Blitz erschlagen zu werden.
Die Chance zu gewinnen wird aber oft viel höher eingeschätzt als die Gefahren eines Gewitters. - Das Geburtstagsparadoxon: Auf einem Fußballspielfeld sind 23 Personen (2*11 Spieler und ein Schiedsrichter). Die Wahrscheinlichkeit, dass hierunter mindestens zwei Personen am gleichen Tag Geburtstag haben, ist größer als 50 %. [1]
- Sie haben an einer Vorsorgeuntersuchung teilgenommen und einen positiven Befund erhalten. Sie wissen zusätzlich, dass Sie im Vergleich zur Gesamtbevölkerung keine besonderen Risikofaktoren für die diagnostizierte Krankheit aufweisen: mit den Rechenmethoden der Bedingten Wahrscheinlichkeit kann man das tatsächliche Risiko abschätzen, dass die durch den Test erstellte Diagnose tatsächlich zutrifft. Dabei sind zwei Angaben von besonderer Bedeutung, um das Risiko eines falsch positiven Befundes zu ermitteln: die Zuverlässigkeit (Selektivität und Spezifität) des Tests und die beobachtete Grundhäufigkeit der betreffenden Krankheit in der Gesamtbevölkerung. Dieses tatsächliche Risiko zu kennen kann dabei helfen, den Sinn weitergehender (unter Umständen folgenreicher) Behandlungen abzuwägen. In solchen Fällen ergibt die Darstellung der absoluten Häufigkeit am vollständigen Entscheidungsbaum und ein darauf aufbauendes Beratungsgespräch mit dem Arzt einen besser fasslichen Eindruck als die bloße Interpretation von Prozentzahlen aufgrund des isoliert betrachteten Testergebnisses.
Philosophie - Verständnisse von Wahrscheinlichkeit
Während über den mathematischen Umgang mit Wahrscheinlichkeiten weitgehend Einigkeit herrscht (siehe Wahrscheinlichkeitstheorie), besteht Uneinigkeit darüber, worauf die Rechenregeln der mathematischen Theorie angewendet werden dürfen. Dies führt zur Frage nach der Interpretation des Begriffs „Wahrscheinlichkeit“.
Häufig wird „Wahrscheinlichkeit“ in zwei verschiedenen Zusammenhängen gebraucht:
- Aleatorische Wahrscheinlichkeit beschreibt die relative Häufigkeit zukünftiger Ereignisse, die von einem zufälligen physikalischen Prozess bestimmt werden. Genauer unterscheidet man von deterministischen physikalischen Prozessen, die mit ausreichend genauer Information im Prinzip vorhersagbar wären (Würfelwurf, Wettervorhersage), und nichtdeterministischen Prozessen, die prinzipiell nicht vorhersagbar sind (radioaktiver Zerfall).
- Epistemische Wahrscheinlichkeit beschreibt die Unsicherheit über Aussagen, bei denen kausale Zusammenhänge und Hintergründe nur unvollständig bekannt sind. Diese Aussagen können sich auf vergangene oder zukünftige Ereignisse beziehen. Naturgesetzen werden zum Beispiel gelegentlich epistemische Wahrscheinlichkeiten zugeordnet, ebenso Aussagen in Politik („Die Steuersenkung kommt mit 60 % Wahrscheinlichkeit.“), Wirtschaft oder Rechtsprechung.
Aleatorische und epistemische Wahrscheinlichkeit sind lose mit dem frequentistischen und dem bayesschen Wahrscheinlichkeitsbegriff assoziiert. Es ist eine offene Frage, ob sich aleatorische Wahrscheinlichkeit auf epistemische Wahrscheinlichkeit reduzieren läßt (oder umgekehrt): Erscheint uns die Welt zufällig, weil wir nicht genug über sie wissen oder gibt es fundamtental zufällige Prozesse? Obwohl für beide Standpunkte dieselben mathematischen Regeln zum Umgang mit Wahrscheinlichkeiten gelten, hat die jeweilige Sichtweise wichtige Konsequenzen darüber, wie die Welt mathematisch modelliert wird.
Quantenmechanik
In der nichtrelativistischen Quantenmechanik ist die Wellenfunktion eines Teilchen eine fundamentale Beschreibung dieses Teilchens. Das Integral des Quadrates der Wellenfunktion über ein Raumgebiet kann man dann als Wahrscheinlichkeit, das Teilchen darin anzutreffen, definieren. Wahrscheinlichkeit (Quantenmechanik)
Zitat
- Der aufschlussreiche Unterschied zwischen dem quantenmechanischen und dem klassischen Wahrscheinlichkeitsbegriff liegt darin, dass jener der Interferenz unterliegt, dieser nicht. – Brian Greene (Der Stoff, aus dem der Kosmos ist, ISBN 388680738X, S. 245)