Die Entführung aus dem Serail (KV 384) ist eine komische Oper in drei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart. Dem Genre nach handelt es sich um ein Singspiel, das heißt, das Werk besteht musikalisch aus einer Ouvertüre und Arien (in diesem Fall 21), die statt durch Rezitative durch gesprochene Dialoge ohne Musik, die im Wesentlichen die Handlung vorantreiben, verbunden werden.
Musik: Wolfgang Amadeus Mozart
Libretto: Christoph Friedrich Bretzner (1748-1807) bearbeitet von Johann Gottlieb Stephanie d.J.
Uraufführung: Burgtheater Wien, 16. Juli 1782 unter der Leitung des Komponisten
Spieldauer: ca. 2,5 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Mitte des 16. Jahrhundert auf dem Landgut des Bassa Selim
Einleitung
Die Handlung der Oper dreht sich um den Versuch des Belmonte, von seinem Diener Pedrillo unterstützt, seine Geliebte Konstanze aus dem Serail des Pascha („Bassa“) Selim zu befreien. Die zugrunde liegende Geschichte stammt von Christoph Friedrich Bretzner (1748-1807) und wurde von Johann Gottlieb Stephanie der Jüngere als Libretto verarbeitet.
Das Werk ist leicht und zur Unterhaltung geschrieben, ohne tiefere Charakterzeichnungen oder Gefühle wie in Mozarts späteren Opern. Es spielt mit dem zeitgenössischen Enthusiasmus für die „exotische“ Kultur der Türkei, einem Land, das noch kurze Zeit zuvor eine militärische Bedrohung für Österreich dargestellt hatte und somit für die Wiener von pikantem Interesse war. Die Komposition beinhaltet eine verwestlichte Art der Janitscharenmusik, die ohne festen Bezug zur Musik der türkischen Janitscharen bleibt, und die Mozart in früheren Werken bereits eingesetzt hatte, zum Beispiel im Türkischen Marsch (Allegretto „Rondo alla Turca“), dem dritten Satz der Klaviersonate in A-Dur, KV 331.
Auch die Charaktere der Oper stellen teilweise türkische Stereoptypen dar, vor allem Osmin, der komisch-finstere Aufseher des Paschas, der seine vielfältigen Drohungen im Koloratur-Bass zum Ausdruck bringt. Am Höhepunkt der Handlung tritt jedoch ein Bruch in dieser Darstellung ein, als der Pascha (eine Sprechrolle) selbstlos auf die Ausübung seiner Macht verzichtet und seine Ansprüche auf Konstanze aufgibt.
Die Oper wurde im Auftrag des Kaisers Joseph II. geschrieben und am 16. Juli 1782 unter der Leitung des Komponisten im Burgtheater in Wien uraufgeführt. Die Premiere war ein großer Erfolg und etablierte den ein Jahr zuvor aus Salzburg zugezogenen Mozart in Wien. Die „Entführung“ gilt als die erste echte deutsche Oper, nachdem frühere Arbeiten fast durchweg Nachahmungen und Übersetzungen fremdsprachiger Produktionen waren.
Personen
- Selim, Bassa (Sprechrolle)
- Konstanze, Geliebte des Belmonte (Sopran)
- Blonde, Zofe der Konstanze (Sopran)
- Belmonte, spanischer Edelmann (Tenor/lyrischer Tenor)
- Pedrillo, Bedienter des Belmonte und Aufseher über die Gärten des Bassa (Tenor/Spieltenor)
- Osmin, Aufseher über das Landhaus des Bassa (Bass)
- Klaas, ein Schiffer (Sprechrolle)
- Ein Stummer
- Wache
- Chor der Janitscharen
Handlung
Erster Akt
Belmonte sucht seine Verlobte Konstanze, die mit ihrer Zofe Blondchen und seinem Diener Pedrillo in die Hände von Piraten gefallen und von diesen an Bassa Selim verkauft worden ist (Arie: "Hier soll ich dich denn sehen, Konstanze, dich mein Glück!"). Osmin, Selims Diener, betritt den Garten, um Feigen zu pflücken. Obwohl er von Belmonte mehrfach angesprochen wird, ignoriert er ihn vollständig (Aria: "Wer ein Liebchen hat gefunden"). Belmonte bedrängt ihn wegen Informationen (Duett: "Verwünsch seist du samt deinem Liede!"). Osmin ist verärgert (Arie: "Solche hergelaufne Laffen."). Nachdem Osmin gegangen ist, trifft Belmonte auf Pedrillo und die beiden beschließen, Konstanze zu entführen (Arie: "Konstanze, dich wiederzusehen, dich!").
Von einem Janitscharenchor begleitet ("Singt dem großen Bassa Lieder") tritt Selim mit Konstanze auf, um deren Liebe er vergebens wirbt (Arie der Konstanze: "Ach ich liebte, war so glücklich"). Auf Pedrillos Anraten hin stellt Selim Belmonte als Baumeister ein, aber Osmin verweigert ihm den Zutritt zum Palast (Terzett: "Marsch! Trollt euch fort!")
Zweiter Akt
Blondchen weist die rüden Annäherungsversuche Osmins zurück (Arie: "Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln."). Nach einem Duett ("Ich gehe, doch rate ich dir, den Schurken Pedrillo zu meiden") geht Osmin ab. Konstanze begrüßt Blondchen in ihrer Not (Aria: "Welcher Wechsel herrscht in meiner Seele") und teilt ihr mit, dass Selim ihre Liebe einfordert und ihr Gewalt androht. (Aria: "Martern aller Arten").
Nachdem sie gegangen ist, kommt Pedrillo zu Blondchen, die seine Liebste ist, und informiert sie, dass Belmonte in der Nähe und alles für die Flucht vorbereitet sei. Blondchen ist voller Freude (Aria: "Welche Wonne, welche Lust"). Pedrillo lädt Osmin zu trinken ein in der Hoffnung, ihn betrunken machen zu können (Aria: "Frisch zum Kampfe, frisch zum Streite" und Duett: "Vivat Bacchus! Bacchus lebe!"). Mit diesem Plan gelingt es ihm, Osmin aus dem Weg zu räumen, so dass Belmonte seine geliebte Konstanze treffen kann (Quartett, Belmonte, Konstanze, Pedrillo, Blondchen: "Ach, Belmonte! Ach, mein Leben.").
Dritter Akt
Belmonte und Pedrillo schleichen mit Leitern in den Garten, um die Befreiungsaktion zu starten (Arie, Belmonte: "Ich baue ganz auf deine Stärke"; Romanze, Pedrillo: "In Mohrenland gefangen war ein Mädel hübsch und fein"). Belmonte kann zunächst mit Konstanze fliehen, doch als Pedrillo und Blondchen ihnen folgen wollen, werden sie von Osmin gefasst (Arie: "Ha, wie will ich triumphieren"), Belmonte und Konstanze werden ebenfalls zurück in den Garten gebracht. Bassa Selim, der in Belmonte den Sohn eines Feindes erkennt, will sie zum Tode verurteilen (Duett: "Welch ein Geschick! O Qual der Seele."). Sein Herz wird jedoch durch ihren Schmerz so gerührt, dass er allen vergibt und ihnen die Freiheit schenkt – sehr zur Bestürzung von Osmin, der eine grausame Hinrichtung vorgezogen hätte (Finale: "Nie werd' ich deine Huld verkennen"; darin: "Erst geköpft, dann gehangen, dann gespießt auf heiße Stangen").
Nachdichtungen
Der finnische Komponist Aulis Sallinen schrieb mit Der Palast eine Oper, die viele Charaktere aus der “Entführung” enthält, und die Handlung aus Mozarts Oper zum Ausgangspunkt eines bizarren Phantasiespiels macht.