Beugung (Physik)

Änderung der Ausbreitung von Wellen nach Hindernissen
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Die Beugung oder Diffraktion ist die "Ablenkung" von Wellen (wie Licht- und anderen elektromagnetischen Wellen, Wasser- oder Schallwellen) an einem Hindernis. Bei Beugungserscheinungen kann sich die Welle im geometrischen Schattenraum des Hindernisses (Spalt, Gitter, Fangspiegel usw.) ausbreiten. Zur Beugung kommt es durch Entstehung neuer Wellen entlang einer Wellenfront gemäß dem Huygensschen Prinzip. Diese können durch Überlagerung zu Interferenzerscheinungen führen.

Beugung von Lichtwellen

Wegen der Wellennatur des Lichtes weicht sein reales Verhalten teilweise stark von jenem ab, was die geometrische Optik erwarten ließe. So ist bei der Fotografie beugungsbedingt die Schärfe eines Fotos begrenzt durch die Größe (numerische Apertur) der Linse. Sehr auffällig ist z. B. das Auftreten von Regenbogenfarben auf der Rückseite von CDs (Beugung gleicher Winkel) oder das Schillern eines dünnen Ölfilmes auf Wasser (Beugung gleicher Dicke). Das physikalische Modell für Beugung ist das Huygenssche Prinzip. Zur Berechnung von Beugungsbildern wird das Kirchhoffsche Beugungsintegral verwendet, dessen zwei Grenzfälle die Fresnel-Beugung (Nahfeldnäherung) und die Fraunhofer-Beugung (Fernfeldnäherung) sind. Die Überlagerung der Elementarwellen kann zu gegenseitiger Verstärkung (konstruktive Interferenz) oder gegenseitiger Abschwächung (destruktive Interferenz) oder gar Auslöschung führen, siehe auch bei Gangunterschied.

Im Gegensatz dazu kann die Brechung von Wellen in Medien mit verschiedenem Brechungsindex ohne Beachtung der Wellennatur des Lichtes durch die geometrische Optik beschrieben werden. Mit der Wellenoptik kann man sowohl Brechung als auch Beugung beschreiben, während die geometrische Optik die Beugung nicht beschreiben kann.

Beugung kann unter anderem gut beobachtet werden, wenn geometrische Strukturen eine Rolle spielen, deren Größe mit der Wellenlänge der verwendeten Wellen vergleichbar ist.

Beispiele für Lichtbeugung

Datei:Doppelspalt-interferenz.png
Interferenz am Doppelspalt
Interferenz am Doppelspalt
Eine Welle trifft auf zwei dicht beieinander liegende Spalten, dahinter überlagern sich die beiden Teilstrahlen. Es ergibt sich eine Reihe von Interferenzmaxima mit der Eigenschaft, dass der Weglängenunterschied der beiden Teilstrahlen ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist.
Beugung am Einfachspalt
Teilt man in Gedanken ein Lichtbündel, das an einem Einfachspalt in eine bestimmte Richtung abgelenkt wird, in zwei Hälften, können sich diese beiden Anteile des Lichtbündels konstruktiv oder destruktiv überlagern. An einem Spalt ergibt sich so wieder eine Reihe von Beugungsmaxima.


Licht- und Röntgenbeugung am Gitter

  • Optisches Gitter: Sind in regelmäßigen Abständen viele Spalte angeordnet, ergibt sich eine Reihe von Beugungsreflexen, deren Anordnung derjenigen entspricht, die man bei einem Doppelspalt mit dem gleichen Abstand erwartet. Mit zunehmender Anzahl der Einzelspalte werden die Reflexe aber zu immer schärferen Linien. Da die Lage der Reflexe von der Wellenlänge des Lichtes abhängt, kann man optische Gitter zur Trennung verschiedener Wellenlängen nutzen. Das ist im Monochromator und bei der Spektroskopie der Fall. Es werden in der Praxis sehr häufig regelmäßige Anordnungen von spiegelnden und nicht spiegelnden Streifen als Reflexionsgitter verwendet. Die Rückseite einer CD wirkt ähnlich!
  • Röntgenbeugung: Diese wird in der Kristallographie zum Bestimmen und Vermessen von Kristallgittern verwendet. Die Wellenlänge der Röntgenstrahlung ist mit den Gitterabständen im Kristall vergleichbar, und das Kristallgitter wirkt als mehrdimensionales optisches Gitter.

Beugung von weiteren Wellenarten und ihre Nutzung

Prinzipiell gelten Gesetzmäßigkeiten, die für die Beugung von Lichtwellen gelten, auch für andere Wellenerscheinungen. Auch wenn sie in ihren Auswirkungen kaum zu vergleichen sind.

  • In der Akustik:
    Die Beugung von Schall ist für die Berechnung von Lärmzonen wichtig.
  • In der Teilchenphysik
    beschäftigt man sich unter anderem mit der Elektronenbeugung.
  • In der Seismik
    Da sich seismische Wellen (Erdbebenwellen) an der Oberfläche und im Untergrund fortpflanzen, kann ihre Beugung zur Untersuchung vieler Strukturen zwischen Erdkruste und Erdkern dienen. Man kann z. B. profilweise ausgelegte Geophone als Art Beugungsgitter betrachten und aus der Überlagerung künstlicher Bebenwellen den Verlauf von Kohleflözen bestimmen. Andererseits werden die Wellen von Erdbeben z. B. an der Grenze zwischen Erdmantel und Kern gebeugt, womit seit langem der Schalenaufbau der Erde erforscht wird.
  • Wasserwellen
    Im Wasser gibt es interessante Überlagerungen von Wellen (Kaimauer, Motorboote usw). Ähnliche Effekte kann man zur Ortung von Strukturen unter Wasser verwenden.
  • In der Quantentheorie hat jedes Teilchen prinzipiell auch Welleneigenschaften, somit ist eine Beugung von Teilchenstrahlen möglich, wenn auch experimentell schwer zugänglich. Es konnte z. B. die Beugung von Strahlen aus C60 Molekülen im Experiment nachgewiesen werden.

Siehe auch

Beugungsintegral, Beugungsscheibchen, Optik, Spiegelteleskop, Elektronenstrahlen, Geophysik, Snelliussches Brechungsgesetz, Huygenssches Prinzip, Beugungseffizienz

Commons: Beugung – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien