Sabor

Bezeichnung für das Parlament der Republik Kroatien mit Sitz in Zagreb
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Der Sabor ist das Parlament der Republik Kroatien mit Sitz in Zagreb. Er ist das zentrale Verfassungsorgan im Politischen System Kroatiens.

Die Legislaturperiode des Sabor dauert vier Jahre.

Sabor bedeutet in wörtlicher Übersetzung 'Versammlung', sinngemäß Parlament bzw. Landtag.

Regierungsform Parlamentische Demokratie

Wahlrecht

Der Sabor hat nach der kroatischen Verfassung zwischen 100 und 160 auf vier Jahre gewählte Abgeordnete. Die Zahl seiner Parlamentsmitglieder richtet sich nach der Bevölkerungsgröße und dem Proporz zur möglichst genauen Abbildung des Wählerwillens. Derzeit hat das kroatische Parlament 152 Abgeordnete.

Kroatien war 2003 in 10 Wahlbezirke eingeteilt, in denen nach Proporzsystem je 14 Abgeordnete gewählt wurden. Es gibt eine Fünf-Prozent-Hürde innerhalb der Wahlbezirke.

8 Sitze sind für Vertreter der nationalen Minderheiten reserviert. Angehörige der Minderheiten können entweder normal für eine der Mehrheitsparteien wählen oder alternativ dazu auf der jeweiligen Liste für Vertreter ihrer Minderheit. Die in Personenwahl ermittelten Sitze sind folgendermaßen verteilt: 3 für Serben, 1 für Italiener, 1 für Ungarn, 1 für Tschechen und Slowaken, 1 für Slowenen, Bosniaken, Montenegriner, Mazedonier und Albaner und 1 für sonstige Minderheiten (Deutsche, Ukrainer und Ruthenen, Rumänen, Russen, Türken, Juden, Roma, Polen...).

Auch für kroatische Staatsbürger ohne dauerhaften Wohnsitz in Kroatien sind Parlamentssitze vorgesehen, deren genaue Anzahl von der Wahlbeteiligung in der kroatischen Diaspora abhängt (maximal 14, meist 4 - 6). Dieser Wahlbezirk umfasst nicht nur Emigranten, sondern vor allem auch viele Kroaten in Bosnien und Herzegowina.

Befugnisse des kroatischen Parlaments (Sabor):

...

Zusammensetzung des Sabors seit 2003

Kürzel Bezeichnung Ungefähre Übersetzung Informationen Web % Sitze
HDZ Hrvatska demokratska zajednica Kroatische Demokratische Union Vergleichbar mit anderen europäischen Volksparteien. Vier Abgeordnete als Vertreter der Diaspora. Stellt die derzeitige Regierung unter Premierminister Ivo Sanader. Vormalige Regierungspartei zu Zeiten des Unabhängigkeitskrieges und unter Franjo Tuđman. [1] 41,7% 63
SDP Socijaldemokratska partija Hrvatske Sozialdemokratische Partei Kroatiens Mitte-Links Partei. Vier unabhängige Vertreter im Parlament. Nachfolgepartei der Kommunistischen Partei Kroatiens, Regierungspartei von 2000-2003 unter Ivica Račan, der immer noch Parteivorsitzender ist. [2] 22,4% 34
HNS Hrvatska narodna stranka - liberalni demokrati Kroatische Volkspartei - Liberale Demokraten Keine Volkspartei im klassischen Sinne wie in den restlichen Ländern Europas. Linksgerichtet. Koalitionspartner der Mitte-Links-Regierung von 2000-2003. Parteivorsitzende ist Vesna Pusić. Der derzeitige kroatische Präsident Stjepan Mesić, der zu den Gründungsmitgliedern der HNS zählt, setzte nach seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 2000 seine Mitgliedschaft in dieser Partei auf unbestimmte Zeit aus. [3] 7,9% 12
HSS Hrvatska seljačka stranka Kroatische Bauernpartei Die Bauernpartei war vormals eine historisch-bedeutende Partei im Gebiet des heutigen Kroatiens (frühes 20. Jh., siehe Stjepan Radić). Heute gilt diese Partei immer noch als Partei der Bauern, jedoch in etwas abgewandelter Form (Koalitionspartner der Mitte-Links-Regierung von 2000-2003). Langjähriger Präsident war Zlatko Tomčić. Seit Jänner 2006 übernahm Josip Friščić die Parteiführung. [4] 6,0% 9
HSP Hrvatska stranka prava Kroatische Rechtspartei konservative Partei, für die die nationalen Interessen Kroatiens im Vordergrund stehen, insbesondere was den Unabhängigkeitskrieg betrifft. EU-skeptisch. Parteivorsitzender ist Anto Đapić. [5] 4,6% 7
IDS (DDI) Istarski demokratski sabor (Dieta democratica istriana) Istrische Demokratische Versammlung Vertritt insbesondere die Interessen der Bevölkerung aus Istrien. Istrien hat eine bedeutende italienische Minderheit aufzuweisen. Parteipräsident ist Ivan Jakovčić. [6] 2,6% 4
HSU Hrvatska stranka umirovljenika Kroatische Rentnerpartei Partei zur Verteidigung der Rentnerrechte und zur Sicherung der Renten. Koalitionspartner der derzeitigen Regierung unter der HDZ. Parteipräsident ist Vladimir Jordan. [7] 2,0% 3
SDSS Samostalna demokratska srpska stranka Unabhängige Serbisch-Demokratische Partei Partei der serbischen Minderheit in Kroatien. Stellt drei Minderheitenvertreter im Abgeordnetenhaus. Parteivorsitzender ist Vojislav Stanimirović. Milorad Pupovac ist offizieller Vertreter der serbischen Minderheit in Kroatien. Koalitionspartner der derzeitigen Regierung unter der HDZ. [8] 2,0% 3
HSLS Hrvatska socijalno-liberalna stranka Kroatische Sozial-Liberale Partei Früher bedeutender Partner der HDZ. Nach Meinungsverschiedenheiten sucht diese Partei nach einem eigenen Weg. Parteivorsitzende ist Đurđa Adlešić. Im Februar 2006 wurde die LS (Liberale Partei) wieder in die HSLS integriert. [9] 1,3% 2
LS Liberalna stranka Liberale Partei Bei den Wahlen von 2003 war die LS noch eine eigene Partei (damals Splitterpartei der HSLS). Seit Februar 2006 bilden LS und HSLS wieder eine Partei unter der Bezeichnung HSLS.. [10] 0,7% 1
DC Demokratski centar Demokratisches Zentrum Splitterpartei der HDZ. Parteipräsidentin ist Vesna Škare-Ožbolt. Koalitionspartner der HDZ bis Februar 2006 (Škare-Ožbolt war bis dahin Justizministerin und wurde aufgrund von Meinungsverschiedenheiten des Amtes enthoben). [11] 0,7% 1
MDS Međimurski demokratski savez Demokratisches Bündnis Međimurje Vertreten die wirtschaftlich sehr starke Region des Međimurje in Nordkroatien. Präsident: Željko Pavlic. 0,7% 1
PGS Primorsko-goranski savez Bündnis Primorje - Gorski kotar Vertreten die Region des Primorje - Gorski kotar im gebirgigen Teil Kroatiens. Präsident: Nikola Ivaniš. [12] 0,7% 1
SDA (HR) Stranka demokratske akcije Hrvatske Partei der demokratischen Aktion Kroatischer Ableger der Mutterpartei in Bosnien und Herzegowina. Vornehmlich muslimischer Wähleranteil. Stellt einen Minderheitenvertreter. Präsident: Šemso Tanković. [13] 0,7% 1
Nezavisni zastupnici Unabhängige Abgeordnete u.a. vier Vertreter der Minderheiten 6,6% 10
Gesamt: 100% 152

Quelle: Sabor.hr

Die 5-Prozent-Hürde gilt nur für die einzelnen Wahlkreise, außerdem kam es zu gemeinsamen Antritt von Wahlkoalitionen (bereits vor der Wahl).

Die nächsten Wahlen wären turnusgemäß im Jahr 2007. Parlamentspräsident ist Vladimir Šeks.

Geschichte

Ständischer Sabor vom Mittelalter bis 1848

Die Anfänge der kroatischen Ständeversammlung, aus der der heutige Sabor hervorgegangen ist, liegen im Mittelalter. Obwohl Kroatien 1102 in Personalunion Teil der ungarischen Stephanskrone geworden war, fanden häufig separate Versammlungen des kroatischen Adels statt. Außer dem Adel war noch die Kirche im Sabor vertreten. Jeder ungarische König ließ kurz nach seinem Regierungsantritt auch einen Sabor einberufen, auf dem ihm die kroatischen Stände huldigten. 1527 wählte der kroatische Landtag von Cetin den Habsburger Ferdinand I. unabhängig von den Ungarn zum König von Kroatien.

Durch die kroatischen Gebietsverluste im 15. und 16. Jahrhundert (Dalmatien an Venedig, andere Gebiete an die Türken) schränkte sich das Gebiet, aus dem der Adel zum Landtag kam, immer mehr ein. Hinzu kam, dass der Adel Slawoniens sich nach 1526 von Kroatien trennte und an den ungarischen Gegenkönig Johann Zápolya anschloss. Deshalb wurden dort bis zur türkischen Eroberung eigene Landtage abgehalten. Nach der Rückeroberung Slawoniens durch die österreichischen Armeen 1699 wurde Slawonien in Gespanschaften organisiert, die zunächst nur im ungarischen, nicht aber im kroatischen Landtag vertreten waren. Später erhielten sie auch eine Vertretung im kroatischen Landtag, ohne jedoch die direkte Vertretung im ungarischen zu verlieren, so dass ihr Status zwischen Ungarn und Kroatien umstritten blieb. Auch die österreichische Militärgrenze war dem Zugriff der adligen kroatischen Landesversammlung entzogen. Der kroatische Landtag entsandte nach alter Tradition einige stimmberechtigte Gesandte zum ungarischen Reichstag.

Der Sabor 1848 bis 1918

1848 hat der kroatische Sabor eine wichtige Rolle in der Revolution gespielt. Vorübergehend konnten sich Land und Parlament von der zu jender Zeit ausgeprägten ungarischen Hegemonie lösen. Die Zwangsmagyariserung Kroatiens wurde vom Sabor abgelehnt und Ban Josip Jelacic wurde die Vollmacht erteilt, entsprechend zu Handeln. Die Ständeversammlung wurde schrittweise in ein modernes Wahlparlament umgewandelt, wobei bis zum Ende der Österreichisch-Ungarischen Monarchie kein wirklich demokratisches Wahlgesetz galt. Seit 1849 war der Sabor wieder für Slawonien, seit 1881 auch für die Gebiete der aufgelösten Militärgrenze zuständig.

Durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich (1867) und den ergänzenden ungarisch-kroatischen Ausgleich (1868) waren die Kompetenzen des kroatischen Parlaments allerdings sehr begrenzt. Die Wahlen von 1868 bis zum Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie wurden nach einem äußerst restriktiven Zensuswahlrecht abgehalten, das die Mehrheit der Bevölkerung von der Wahl ausschloss. Zudem fanden die Wahlen offen statt, und die Wähler waren massiven Wahlbeeinflussungen durch die staatlichen Verwaltungsbehörden ausgesetzt. Der Banus als Oberhaupt der Exekutive in Kroatien-Slawonien war in erster Linie der Krone und der ungarischen Regierung, nicht dem Sabor verantwortlich.

Dalmatien, das zur Österreichischen Reichshälfte gehörte, hatte 1861-1918 seinen eigenen Landtag.

Der Sabor 1918 bis 1990

In diesem Zeitraum hatte der Sabor symbolischen Charakter.

Im Herbst 1918 beschloss der letzte nach altem Recht gewählte Sabor, seine Befugnisse dem Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben der Habsburgermonarchie zu übertragen, der wiederum den Zusammenschluss mit Serbien zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen beschloss, dem späteren Jugoslawien.

In der Folge wurde die Wiedereinberufung eines vom gesamtjugoslawischen Parlament getrennten kroatischen Sabor eine zentrale Forderung der kroatischen Oppositionsparteien. So forderte die Kroatische Bauernpartei unter Stjepan Radić im Frühjahr 1919 vergeblich, dass - analog zur Ratifizierung der staatlichen Vereinigung durch das serbische Parlament - auch der Sabor noch einmal einberufen werden müsse, um über die Ratifizierung der Vereinigung zu beraten. Die in den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen gewählten Abgeordneten der Kroatischen Bauernpartei konstituierten sich aus Protest gegen die eingeschränkten Kompetenzen der Verfassungsgebenden Versammlung und die Nichtanerkennung eines separaten Selbstbestimungsrechtes für Kroatien als separates kroatisches Parlament und erarbeiteten eine Verfassung einer Bauernrepublik Kroatien, die freilich angesichts der realen Machtverhältnisse bloßes Papier blieb.

Im Abkommen zwischen dem jugoslawischen Ministerpräsidenten Dragiša Cvetković und dem Vorsitzenden der Kroatischen Bauernpartei, Vladko Maček, von 1939, durch das eine autonome Banschaft Kroatien (kroat. Banovina Hrvatska) innerhalb Jugoslawiens geschaffen wurde, war parallel zur Neuwahl des jugoslawischen Parlamentes auch die Wahl eines kroatischen Sabor vorgesehen. Aufgrund des deutschen Überfalles auf Jugoslawien 1941 kam es dazu jedoch nicht mehr.

Die Ustascha, die 1941 unter deutsch-italienischer Besatzung den Unabhängigen Staat Kroatien (NDH) errichteten, versuchten im Jahre 1942 ihre Herrschaft durch die Einberufung eines Sabor aus ehemaligen Mitgliedern des Sabor von 1918, kroatischen Mitgliedern des jugoslawischen Parlamentes und anderen, von ihnen eigenmächtig ausgewählten Personen zu legitimieren. Dieser Sabor wurde jedoch bald suspendiert und nicht wieder einberufen, da es im nach dem Führerprinzip organisierten Unabhängigen Staat Kroatien für ein Parlament keine Funktion gab.

Während des Zweiten Weltkrieges hatte der ZAVNOH (Antifaschistischer Rat der Volksbefreiung Kroatiens) die faktische Funktion des Sabor inne.

In der Volksrepublik Kroatien bzw. Sozialistischen Republik Kroatien 1945 bis 1990 war der Sabor das Republiksparlament, in dem die Vertretung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen institutionell verankert war, zu dem jedoch keine Wahlen nach einem Mehrparteiensystem stattfanden.

De facto wurden jedoch die Beschlüsse im sozialistischen Einparteienstaat Jugoslawien in Belgrad getroffen.

Der Sabor seit 1990

Die ersten demokratischen Wahlen Kroatiens zum Sabor fanden im Jahre 1990 statt. Der damals neugewählte Sabor verabschiedete Ende 1990 eine neue Verfassung und erklärte 1991 die Unabhängigkeit Kroatiens von Jugoslawien.

Literatur

  • [The] Croatian Parliament, hrsg. v.: Željko Sabol. Zagreb 1995.