Geschichte Jugoslawiens

Wikimedia-Geschichts-Artikel
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Juni 2006 um 23:59 Uhr durch Decius (Diskussion | Beiträge) (Staat und Religionen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Jugoslawien (serbo-kroat.: Jugoslavija/Југославија) war ein Staat in Südosteuropa, der in unterschiedlicher Form von 1918 bis 1991 bestand. Die Geschichte des Vielvölkerstaats wurde wesentlich geprägt, durch die Konflikte der auf seinem Gebiet lebenden Völker. Die nationalen Auseinandersetzungen führten schließlich auch zum Zerfall des jugoslawischen Staates.

Überblick (1918-1991)

 
Aufteilung der österreichischen und ungarischen Reichshälfte nach den Pariser Vorortverträgen

Der jugoslawische Staat wurde 1918 als Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca, abgekürzt auch SHS-Staat) gegründet. Der neue Staat vereinigte Serbien und Montenegro mit Gebieten der zerfallenen Kroatien-Slawonien, Vojevodina, Dalmatien, Krain und Südsteiermark sowie Bosnien-Herzegowina.

Schon bei der Staatsgründung gab es widerstreitende Aufassungen über die künftige Staatskonstruktion. Die bis dahin zu Österreich-Ungarn gehörenden so genannten Monarchie-Slawen verfochten einen förderalen Staatsaufbau, die serbische Regierung dagegen wollte einen zentralistischen Einheitsstaat bilden. Unter dem Druck der italienischen Expansionsbestrebungen in Istrien und Dalmatien kam es zu einer schnellen Staatsgründung, wobei die einflussreichen politischen Kräfte beider Seiten, die Entscheidung über die Verfassung Jugoslawiens vertagten, weil sie sich darüber nicht einigen konnten.

 
Wappen des SHS-Staats

Die Gegensätze zwischen den verschiedenen Nationalitäten konnten in der etwa 70 Jahre währenden Geschichte des Vielvölkerstaats Jugoslawien nie überwunden werden. Schon die Zeit zwischen den Weltkriegen war eine Abfolge von existenzbedrohenden Staatskrisen, wobei die Fronten der Auseinandersetzung im Wesentlichen entlang der nationalen Grenzen verliefen. Eine zweite Hypothek, an der Jugoslawien schwer zu tragen hatte, war das unterschiedliche wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklungsniveau in den zusammengeschlossenen Ländern. Slowenien, Kroatien und die Vojevodina (also die ehemals zur Donaumonarchie gehörenden Länder) waren am weitesten entwickelt. Sie trugen mehr zum Bruttosozialprodukt Jugoslawiens bei, als die übrigen Teile des Staates. Das Entwicklungsgefälle von Nord nach Süd war auch in der Endphase Jugoslawiens in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts noch sehr stark.

Als das Deutsche Reich Jugoslawien im April 1941 den Krieg erklärte, zerfiel der Staat aufgrund seiner inneren Widersprüche innerhalb weniger Tage, ohne dass den Angreifern großer Widerstand entgegensetzt worden war. Die Okkupanten nutzen die Uneinigkeit der Jugoslawen, um das eroberte Gebiet zu beherrschen. Einige Teile wurden annektiert, andere an Ungarn, Bulgarien und die italienische Kolonie Albanien angeschlossen, schließlich in Kroatien ein faschistisches Marionettenregime installiert. Bald bildeten sich in Jugoslawien Partisaneneinheiten, die den Besatzern Widerstand leisteten: Zunächst waren dabei königstreue Tschetnik-Verbände am stärksten, bald aber dominierten die kommunistischen Partisanen unter Tito das Geschehen.

 
Marschall Tito

Der Zweite Weltkrieg war in Jugoslawien gleichzeitig ein Bürgerkrieg mit zahllosen unübersichtlichen Fronten, die auch quer zu den ethnischen Grenzen verliefen. Partisanen und Kollaborateure bekriegten einander. Mit großer Härte kämpften auch die Tschetniks und Tito-Partisanen gegeneinander. Die meisten Kriegsverbrechen wurden in Jugoslawien nicht von den Besatzern sondern von den auf verschiedenen Seiten stehenden Jugoslawen selbst begangen. So ermordeten zum Beispiel kroatische Ustascha-Truppen zehntausende serbische Zivilisten in ihrem Machtbereich, bosnische Muslime ließen sich für die SS anwerben und kommunistische Partisanen schlachteten bei Kriegsende unzälige Slowenen und Kroaten ab, die auf Seiten der Achsenmächte gekämpft hatten.

Am Ende setzten sich die Kommunisten durch und Tito übernahm mit seiner Partei die Macht im wiedererstandenen Jugoslawien. Der kommunistische Führer versuchte nach der gewaltsamen Ausschaltung seiner innenpolitischen Gegner das Nationalitätenproblem in seinem Staat zu lösen, indem er eine förderative Verfassung durchsetzte. Zum Gründungsmythos des zweiten Jugoslawien wurde dabei der gemeinsame Kampf der ethnisch gemischten kommunistischen Partisaneneinheiten gegen die faschistischen Okkupanten. Diese Seite der Wahrheit wurde propagandistisch herausgestellt, während der Bürgerkrieg, den die Jugoslawen gegeneinander geführt hatten, und die dabei begangenen Verbrechen weitgehend totgeschwiegen wurden.

 
Wappen der SFRJ

Jugoslawien wurde nach Kriegsende als sozialistischer und föderaler Staat neu gegründet. Die jugoslawischen Kommunisten errichteten 1945 sechs Teilrepubliken: Slowenien, Kroatien und Serbien; Mazedonien und Montenegro wurden von Serbien abgetrennt und als eigenständige Republiken begründet, um die im ersten Jugoslawien dominierenden Serben zu schwächen. Dazu kam als sechste Republik das ethnisch stark gemischte Bosnien-Herzegowina, das Tito weder den Serben noch den Kroaten überlassen wollte. Weil Serbien noch immer die mit Abstand stärkste Republik war, wurden auf seinem Gebiet später noch die autonomen Provinzen Vojevodina und Kosovo eingerichtet.

Wie in allen kommunistischen Ländern, wurde das Wirtschaftssystem nach 1945 völlig umgestaltet. Industrie und Banken wurden verstaatlicht, der Großgrundbesitz aufgeteilt. Allerdings ist es in Jugoslawien nie zur Kollektivierung der Landwirtschaft gekommen.

Außenpolitisch war das kommunistische Jugoslawien in der Zeit des Kalten Krieges eine Erfolgsgeschichte. Tito gelang es, seinen Staat vom Einfluss stalinistischen Sowjetunion zu lösen und er erwarb sich in der internationalen Diplomatie Respekt als einer der Führer der Bewegung der blockfreien Staaten.

Weil sich Jugoslawien von der Sowjetunion losgesagt hatte, erhielt das Land auch massive Wirtschaftshilfe des Westens, wobei es gleichzeitig enge Handelsbeziehungen zum RGW unterhielt. So schien es einige Zeit, dass das sozialistische Wirtschaftssystem Jugoslawien erfolgreich ist und die Lebensverhältnisse in Jugoslawien besserten sich tatsächlich. Spätestens in den 70er Jahren zeigte sich aber, dass es nicht gelang die südlichen Republiken wirtschaftlich zu entwickeln, dass die Verbesserung der Lebensverhältnisse mit einer extrem hohen Staatsschuld erkauft war und dass, obwohl zehntausende Jugoslawen als Gastarbeiter nach Westeuropa gegangen waren, Arbeitslosigkeit bzw. Unterbeschäftigung nicht in den Griff zu bekommen war.

Ende der 60er Jahre verschärften sich die nationalen Auseiandersetzungen in Jugoslawien wieder. Aus einem Streit von Philologen über die Gestaltung der serbokroatischen Standardsprache entwickelte sich die Bewegung Kroatischer Frühling, die mehr Rechte für die kroatische Volksgruppe forderte. Sie wurde 1971 von Tito mit Hilfe der Polizei niedergeschlagen.

1974 veranlasste Tito eine neue Verfassung für Jugoslawien, die die Rechte der Teilrepubliken und autonomen Provinzen stärkte. An der Spitze des Staates sollte nach dem Ableben Titos - er war laut Verfassung Präsident auf Lebenszeit - ein kollektives Staatspräsidium stehen. Den Vorsitz sollte reihum einer der Republikspräsidenten übernehmen. Als Tito 1980 starb, trat diese Regelung in Kraft.

Bald nach dem Tod Titos wurde aber offenbar, dass nur der charismatische und mächtige Partisanenführer in der Lage gewesen war, die zentrifugalen Tendenzen und widerstreitenden Nationalismen Jugoslawiens zu kontrollieren, so dass sie den Bestand des Staates nicht gefährden konnten. Zwar funktionierten die Organe des Bundes formal bis gegen Ende der 80er Jahre. Doch gaben die Nationalisten - sowohl innerhalb als auch außerhalb des BdKJ - in den Republiken zunehmend den Ton an und beherrschten den politischen Diskurs. Die 80er Jahren waren in Jugoslawien eine stete Abfolge von gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen den Nationalitäten, wer den offensichtlichen Verfall des Staates zu verantworten habe und welches Volk im System die größten Ungerechtigkeiten zu erdulden hätte. Hinzu kam die weit verbreitete Unzufriedenheit mit dem undemokratischen Sozialismus, ohne dass man sich aber um Reformen auf gesamtstaatlicher Ebene bemühte.

1981 erschütterte eine albanische Protestbewegung im Kosovo das Land. Sie wurde von Kräften der Republik Serbien niedergeschlagen und man verhängte den Ausnahmezustand über die Provinz. Weil zugleich die gesamte Führung des Kosovo ausgewechselt wurde, hatte dies auch negative Rückwirkungen auf den Gesamtstaat, denn die autonomen Provinzen waren auch im Staatspräsidium vertreten, wo nun die Stimme des Kosovo von Serbien abhängig war.

Mit dem Bekanntwerden des Memorandums der Serbischen Akademie der Wissenschaften aus dem Jahr 1986 wuchs in Slowenien und Kroatien die Angst vor großserbischen Tendenzen. Die Akademie hatte in ihrer Analyse das jugoslawische System als gegen die Serben gerichtetes Unterdrückungsinstrument bezeichnet und unter anderem die Beseitigung der autonomen Provinzen Vojevodina und Kosovo gefordert. Die Verwirklichung dieser Forderung hätte das Ende der fragilen gesamtjugoslawischen Staatskonstruktion bedeutet. Zur selben Zeit erstarkten in Slowenien und Kroatien die Nationalbewegungen, die eine Auflösung des jugoslawischen Staatsverbands favorisierten, nicht zuletzt weil die Mehrheit in beiden Ländern, die südlichen Republiken nicht mehr subventionieren wollte, aber auch weil sie fürchteten, dass die Serben versuchen würden die Macht im Gesamtstaat an sich zu reißen. Die ersten demokratischen Wahlen gewannen 1990 in Slowenien und Kroatien antikommunistische Parteien, die die Eigenstaatlichkeit dieser Republiken befürworteten, in Serbien gewannen die serbisch-national ausgerichteten Sozialisten Slobodan Milosevics. Damit war das Ende Jugoslawiens besiegelt, den zwischen den beiden Seiten war keine Verständigung möglich. Am 25. Juni 1991 erklärten Kroatien und Slowenien ihre staatliche Unabhängigkeit und kurz darauf begannen die Jugoslawienkriege.

Die Staatsgründung 1918

Als sich 1917 der bevorstehende Zerfall des Habsburgerreiches schon deutlich abzeichnete, begannen slowenische, kroatische und serbische Politiker mit den Vorbereitungen für die Schaffung eines gemeinsamen Staates nach dem Krieg. Im Londoner Exil hatte sich 1915 ein südslawischer Ausschuss gebildet. Er beanspruchte die Vertretung der in der Donaumonarchie lebenden Südslawen gegenüber der Entente. Vorsitzende waren der kroatische Bildhauer Ivan Meštrović und der aus Dalmatien stammende Ante Trumbić. Sie verfolgten die Idee eines förderalen Staatsaufbaus für den gemeinsamen Staat der Südslawen.

Auf Korfu, dem Exilort der serbischen Regierung, formulierte Trumbić zusammen mit dem serbischen Ministerpräsidenten Nikola Pašić am 20. Juli 1917 eine gemeinsame Deklaration, die die Gründung eines Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, als konstitutionelle Monarchie unter der serbischen Dynastie Karađorđević in Aussicht stellte. In der Präambel des Dokuments ist vom dreinamigen Volk der Serben, Kroaten und Slowenen die Rede, das man sich somit als eine Nation vorstellte. Die Bezeichnung Jugoslawen und den Staatsnamen Jugoslawien hatte Pašić abgelehnt. Über den künftigen Staatsaufbau wurde in der Erklärung von Korfu kaum etwas ausgesagt; insbesondere die grundsätzliche Frage, Zentralstaat oder Förderation, blieb ungeklärt. Pašić, der vor dem Krieg stets eine zentralistische, großserbische Politik vertreten hatte, konnte mit den föderalen Ideen der Monarchie-Slawen wenig anfangen und er ließ sich darauf nicht festlegen.

Am 6. Oktober 1918 trat in Zagreb ein aus ehemaligen Reichsrats- und Landtagsabgeordneten gebildeter ’’Südslawischer Nationalrat’’ zusammen, der die Vertretung der in der Donaumonarchie lebenden Slowenen, Kroaten und Serben übernimmt. Den Vorsitz übernahm der Slowene Anton Korošec, ein Föderalist. Damit existierten im Herbst 1918 drei südslawische nationale Vertretungen: der Ausschuss in London, der Nationalrat in Zagreb und die eben nach Belgrad zurückgekehrte serbische Regierung. Bei einem Treffen der drei Repräsentanten Pašić, Trumbić und Korošec in Genf im November 1918 konnte man sich wiederum nicht über den Staatsaufbau einigen und die Frage blieb weiter offen.

 
Österreich-Ungarns Nachfolgestaaten, jugo-
slawische Gebiete in grauer Flächenfarbe

Trotzdem proklamierte Kronprinz Alexander am 1. Dezember 1918 mit Zustimmung des Zagreber Nationalrats den neuen Staat der Serben, Kroaten und Slowenen. Grund für den überstürzten Zusammenschluss der Slowenen und Kroaten mit Serbien war die außenpolitische Lage. Italien, Verbündeter der Entente, hatte begonnen, seine Expansionspläne in die Tat umzusetzen und Triest, Istrien sowie einige Inseln besetzt, die auch Slowenen und Kroaten beanspruchten. Diese wiederum wurden von der italienischen Diplomatie bei den Pariser Verhandlungen als Parteigänger der zerfallenen Habsburgermonarchie hingestellt. Der Nationalrat geriet damit unter Zugzwang. Die Ansprüche auf Istrien und Dalmatien würde er in Paris nur mit Hilfe Serbiens durchsetzen können, das von Anfang an mit der Entente verbündet gewesen war und im Gegensatz zu den Monarchie-Slawen auch über Streitkräfte verfügte. Die imperialistische Adriapolitik Italiens hat somit die Gründung des jugoslawischen Staates unter serbischer Dominanz begünstigt.


Datei:Aleksandar I. Karadjordjevic.jpg
Alexander I., 1921-1934 König der Serben, Kroaten und Slowenen

Die Serben sahen sich selbst als Befreier der Monarchie-Slawen und sie erwarteten von diesen dafür Dankbarkeit. Neben der Eigenstaatlichkeit und der Größe des serbischen Volkes war die ’’Befreiung der südslawischen Brüder vom österreichisch-ungarischen Joch’’ ein gewichtiges Argument, mit dem die serbischen Politiker ihren Anspruch auf Vorherrschaft im neuen gemeinsamen Staat begründeten.

Von Anfang verweigerten einflussreiche politische Gruppierungen dem neuen Staat ihre Anerkennung. Die kroatische Bauernpartei unter Stjepan Radić hatte im Dezember 1918 in Zagreb gegen die Vereinigung gestimmt. Radićs Ziel war die Errichtung einer unabhängigen kroatischen Republik, was aber wegen der Haltung der Entente von vornherein chancenlos war. Vier Tage nach der Vereinigung gab es in Zagreb die erste große Demonstration gegen den SHS-Staat.

Auch bei den Pariser Friedensverhandlungen verfolgten die Angehörigen der jugoslawischen Delegation unterschiedliche Ziele. Die Slowenen kümmerten sich nur um ihre Ansprüche auf Südkärnten und die Steiermark, den Kroaten ging es vor allem um Dalmatien und Istrien, während die Serben die Grenze des SHS-Staats möglichst weit im Norden beim heute ungarischen Pecs ziehen wollten. In den Alpenländern konnte sich Österreich weitgehend behaupten, Italien erhielt Istrien sowie einige dalmatinische Inseln und die Stadt Zara. Für Kroaten und Slowenen waren die in Paris festgelegten Grenzen also eine Enttäuschung, während die Serben mit dem Gewinn der Vojevodina und dem mazedonischen Strumica recht zufrieden waren. Mit der zwischen Italien und Jugoslawien umstrittenen Stadt Fiume (Rijeka), entstand ein Krisenherd, der die Beziehungen zwischen beiden Staaten vergiftete.

Nationalitäten im SHS-Staat.
Jugoslawen (als "Staatsnation") 9,93 Mio. 82,9 %
davon: Serben
(mit Mazedoniern)
5,35 Mio 44,57 %
Kroaten 2,82 Mio 23,5 %
Slowenen 1,02 Mio 8.51%
slaw. Muslime 755.000 6,29 %
Minderheiten
davon: Ungarn 468.000 3,9 %
Deutsche 506.000 4,22 %
Albaner 440.000 3.67%
Andere 638.000 5,32 %

Der neu geschaffenne Staat hatte eine Fläche von rund 220.000 km² und 12 Millionen Einwohner. Davon gehörten fast 83 Prozent zur Staatsnation mit den drei Namen, die freilich nur auf dem Papier existierte. Aber aufgrund dieses hohen Prozentsatzes von Südslawen betrachtete die Regierung Jugoslawien als National- und nicht als Vielvölkerstaat.

1920 wurden die ersten Wahlen für ein gesamtjugoslawisches Parlament abgehalten. Die den Gesamtstaat stützenden Partein gewinnen deutlich, allen voran die Radikale Volkspartei Pašićs. Überraschend stark ist die neu gegründete kommunistische Partei, die den Nationalismus ablehnt. Sie wird zweitstärkste Kraft, während die Kroatische Bauernpartei nur in Kroatien die knappe absolute Mehrheit der Stimmen gewinnt und auf gesamtstaatlicher Ebene lediglich rund 10 Prozent der Mandate erhält. Trotzdem deutet der kroatische Bauernführer Stjepan Radic das Ergebnis als kroatisches Plebiszit gegen den SHS-Staat. In der Belgrader Skupština verweigertn die Abgeordneten der Bauernpartei die Mitarbeit.

So tritt auch der Ausschuss für die Ausarbeitung der neuen Verfassung ohne die kroatischen Vertreter zusammen und wird daher von die unitarisch-zentralistischen serbischen Parteien dominiert. Dementsprechend sieht dann auch der dem Parlament vorgelegte Verfassungsentwurf aus. Es soll ein von Begrad aus zentralistisch regierter Einheitsstaat geschaffen werden. Die historischen Landesteile finden dabei keinerlei Berücksichtigung. Am 28. Juni 1921 wird diese Verfassung mit knapper Mehrheit in der Skupština angenommen; wiederum nehmen die Abgeordneten der Kroatischen Bauernpartei nicht an der Abstimmung teil.

Nach dem Tagesheiligen St. Veit geht das Grundgesetz des SHS-Staats als Vidovdan-Verfassung in die Geschichte ein. Die Kroaten behaupten seitdem, dass die Verfassung für sie nicht verbindlich ist, weil ihre Abgeordneten nicht darüber aabgestimmt hatten. Es bedeutete eine schwere Hypothek für den SHS-Staat, dass noch nicht einmal über die grundlegende staatliche Ordnung ein Konsens erzielt werden konnte, sondern bedeutende Minderheiten diesen Staat von vornherein ablehnten.

1921-1941

Chronologie 1917-1941.
20.7. 1917: Deklaration von Korfu
1.12. 1918: Ausrufung d. Königreichs d. Serben, Kroaten und Slowenen
12.11. 1920: Grenzvertrag von Rapallo mit Italien
24.6. 1921: Verabschiedung der Vidovdan-Verfassung
Juni 1928: Stjepan Radić wird Opfer einer Schießerei in der Skupština
6.1. 1929: Errichtung der Königsdiktatur
3.10. 1929: Umbennenung des SHS-Staats in Jugoslawien
3.9. 1931: Neue vom König erlassene Verfassung, weiterhin
zentralistischer Staataufbau u. serbische Vorherrschaft
9.10. 1934: Ermordung König Alexanders
durch einen Terroristen der IMRO in Marseille
1939: Vereinbarung der Kroatischen Bauernpartei
mit der Regierung, Teilautonomie Kroatiens
25.3. 1941: Prinz Paul unterzeichnet den Beitritt zum Dreimächtepakt,
dagegen putscht das Militär am 27.3. erfolgreich.
6.4. 1941: Deutschland überfällt Jugoslawien
17.4. 1941: Kapitulation der jugoslawischen Armee

Außenpolitik

Die jugoslawische Außenpolitik der Zwischenkriegszeit war einerseits geprägt durch das Bestreben, die Revisionsbestrebungen der ehemaligen Kriegsgegner Ungarn und Bulgarien zu neutralisieren, andererseits durch den latenten Konflikt mit Italien, das sich slowenisch und kroatisch besiedelte Gebiete im ehemaligen österreichischen Küstenland und in Dalmatien angeeignet hatte.

Als der traditionelle Hauptverbündete Serbiens, Russland, durch die Oktoberrevolution ausgefallen war, trat Frankreich an dessen Stelle. Jugoslawien war in der Zwischenkriegszeit ein wichtiges Glied des von Frankreich unterstützten Bündnissystems im östlichen Europa. Von 1920-1939 war das Land mit der Tschechoslowakei und Rumänien in der Kleinen Entente verbunden. Dieses Bündnis war vornehmlich gegen Ungarn gerichtet. Als Hitler-Deutschland seinen Einfluss nach Mittel- und Südosteuropa ausdehnte, wurde dieser Zusammenschluss obsolet. Die Zerschlagung der Tschechoslowakei durch das Münchener Abkommen, an dem auch Frankreich beteiligt war, entzog der Kleinen Entente die Existenzgrundlage.

Die Beziehungen zum Nachbarn Bulgarien waren wegen der Mazedonienfrage die gesamte Zwischenkriegszeit über schlecht. Bulgarien erkannte die Herrschaft Jugoslawiens über Vardar-Mazedonien nicht an. So wie Jugoslawien die slawischen Mazedonier als Südserben für sich reklamierte, sah Sofia in ihnen unterdrückte Bulgaren und unterstützte die Terrororganisation IMRO, die sich die Befreiung Mazedoniens auf die Fahnen geschrieben hatte. Die Jugoslawen bauten umfangreiche Grenzschutzanlagen an der bulgarischen Grenze auf. Trotzdem gelang es IMRO-Leuten immer wieder, aus ihren Rückzugsräumen in Bulgarien nach Jugoslawien einzudringen. 1934 schloss Jugoslawien mit Griechenland und der Türkei den gegen Bulgarien gerichteten Balkanpakt. Auch dieses Bündnis erlangte wie die Kleine Entente keine praktische Wirksamkeit.

Mit Italien konnte Jugoslawien ebenfalls keine gutnachberlichen Beziehungen erreichen. Am 12. November 1920 schlossen beide Mächte zwar den Grenzvertrag von Rapallo, freilich ohne dass beide Seiten weitergehende territoriale Ansprüche aufgaben. Italien wurde im Besitz Istriens bestätigt und erhielt dazu einige dalmatinische Inseln sowie Zadar (ital. Zara) auf dem Festland, verzichtete aber auf die Ansprüche auf Split und dessen Umgebung. Rijeka (ital. Fiume) wurde zur Freien Stadt erklärt. Diese Regelung hielt weniger als vier Jahre. Der italienische Faschist Gabriele d'Annunzio übernahm 1924 die Macht in der Stadt und löste damit eine neuerliche Krise in den jugoslawisch-italienischen Beziehungen aus. Im Vertrag von Rom wurde das Gebiet der Freien Stadt Fiume unter beiden Mächten aufgeteilt. Die in Rom eigentlich festgelegte engere Zusammenarbeit Jugoslawiens und Italiens kommt nie zustande. Die weiteren Beziehungen der beiden Staaten sind durch Konfrontation geprägt. So unterstützt Mussolini 1929 bis 1934 die faschistische Ustascha, um auf diesem Wege den Gegner Jugoslawien zu destabilisieren. Die Unterdrückung der slawischen Minderheiten in den an Italien gefallenen Gebieten führte dazu, dass sich in jenen Regionen während des Zweiten Weltkriegs viele Slowenen und Kroaten den Tito-Partisanen anschlossen.

Wegen der unsicheren Situation im Kosovo - dort brach nach dem Ersten Weltkrieg ein Aufstand gegen die erneuerte serbische Herrschaft aus - mischte sich Jugoslawien in Albanien ein, denn dort waren Exilkosovaren in der Regierung vertreten. Sie forderten in Tirana die militärische und politische Unterstützung ihrer Landsleute, obgleich das schwache Albanien dazu gar nicht in der Lage war. Um sich an dieser Grenze Ruhe zu verschaffen, unterstützte die Regierung Pašić 1924 Ahmet Zogu mit Truppen. Zogu putschte sich in Tirana an die Macht und stellte zum Dank jegliche Unterstützung Albaniens für die Kosovaren ein.

Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs war Jugoslawien außenpolitisch isoliert. Nachdem die Westmächte Nazi-Deutschand schon die Tschechoslowakei überlassen und 1939 auch Polen nicht wirksam unterstützt hatten, war Jugoslawien den Achsenmächten hilflos ausgeliefert.

Innenpolitik

Datei:Yugoslavia 1922-1941.png
Staatsflagge Jugoslawiens 1922-1941

Die innenpolitische Situation wurde im Wesentlichen durch die Nationalitätenkonflikte bestimmt. Dabei dominierte die Auseinandersetzung zwischen den überwiegend autonomistischen Kroaten und den zentralistischen Kräften auf Seiten der Serben. Dies war jedoch nicht der einzige Konfliktherd. Auch viele Slowenen, ein Teil der bosnischen Muslime ebenso wie die mazedonischen Slawen waren mit dem unitarischen Auffassung von der einen südslawischen Nation nicht zufrieden. Und schließlich fühlten sich die Angehörigen der deutschen und der ungarischen Minderheit als Bürger zweiter Klasse. Besonders schlecht wurden die Albaner im Kosovo von der Regierung behandelt.

Bei der Staatsgründung hatte man von einer Nation mit drei Namen (Serben, Kroaten und Slowenen) gesprochen. An diesem Konstrukt, das sich nicht mit dem Lebensgefühl der meisten Kroaten und Slowenen deckte, hielten die stets serbisch dominierten Regierungen eisern fest, denn auf dieser Grundlage war der Staat mit der „Vidovdan-Verfassung“ als Einheitsstaat konstruiert worden. Die slawischen Muslime und die Mazedonier wurden noch nicht einmal als relevante Teile der gemeinsamen Nation erwähnt, sondern als muslimische Serben bzw. Südserben bezeichnet. Die Bosnier wurden gleichzeitig auch von den Kroaten als Teil ihrer Nation beansprucht.

 
Ministerpräsident des SHS-Staats 1921-1926

Gemäß der Doktrin von der einen südslawischen Nation, hat die Regierung eine rigorose Sprachpolitik betrieben, durch die die anderen südslawischen Sprachvarianten an das Serbische angeglichen werden sollten. Die Slowenen konnten sich dieser Forderung am leichtesten entziehen, besaßen sie doch seit langem eine Schriftsprache, die sich deutlich von der serbokroatischen Sprache unterschied. Die Kroaten hatten weniger gute Argumente, denn abgesehen von den unterschiedlichen Schriften, die beide zugelassen waren, unterschied sich die kroatische nur wenig von der serbischen Standardsprache. Umso härter waren die Auseinandersetzungen in Detailfragen. In Mazedonien, wo dem Bulgarischen ähnliche Dialekte gesprochen wurden, aber keine eigene Schriftsprache existierte, trieben die Behörden die 1913 begonnene Serbisierung weiter voran.

Einen gesetzlichen Minderheitenschutz gab es im ersten Jugoslawien nicht. Gemäß den Pariser Vorortverträgen hätten darauf zumindest die deutsche und die ungarische Minderheit Anspruch gehabt, die Kosovo-Albaner dagegen nicht, weil ihr Siedlungsgebiet schon vor dem Ersten Weltkrieg erobert worden war. Das gleiche galt für die slawischen Mazedonier, die ja nach Belgrader Lesart ohnehin Südserben waren.

Die Serben waren in allen Teilen der Staatsverwaltung überproportional stark vertreten, hatten sie doch ihre eigene Bürokratie in den neuen Staat eingebracht. In den halbkolonial verwalteten südserbischen Gebieten Kosovo und Mazedonien herrschte eine schmale serbische Beamtenschicht über die anderssprachige Bevölkerung, die nicht zuletzt deshalb dem Staatsapparat gegenüber feindlich eingestellt war. Nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie, verloren in den nun zum SHS-Staat gekommenen Gebieten alle nichtslawischen Staatsdiener ihre Posten und viele von ihnen verließen das Land. (Diese ehemaligen k. u. k. Beamten machten den größten Teil der nichtslawischen Auswanderer aus. Die deutsche und ungarische Bevölkerung wurde nicht zur Emigration gezwungen.) Die vakanten Positionen wurden in Bosnien, der Vojvodina, im Süden Dalmatiens und Teilen Slawoniens vorwiegend mit Beamten aus Altserbien besetzt. Besonders dominant war die Position der Serben in der Armee, wo sie drei Viertel der Offiziersstellen inne hatten.

Datei:Stjepan Radic.jpg
Stjepan Radić, Führer der Kroatischen Bauernpartei

Das Parteiensystem des ersten Jugoslawien war weitgehend entlang der ethnischen und kulturellen Grenzen gespalten. In Serbien dominierte die konservative und zentralistisch-serbisch orientierte Radikale Volkspartei (Narodna radikalna stranka) des langjährigen serbischen Ministerpräsidenten Nikola Pašić. Daneben war dort die sozial und jugoslawisch orientierte Demokratische Partei (Demokratska stranka) von Bedeutung. Sie war in der Vojvodina (ehemals Donaumonarchie) stark und wurde auch von Minderheiten der Nichtserben in anderen Landesteilen gewählt. Die ebenfalls gesamtjugoslawisch auftretenden Kommunisten wurden 1921 verboten. In Kroatien dominierte förderalistisch-republikanische Kroatische Bauernpartei Stjepan Radićs. Daneben war die Kroatische Partei des Rechts (Hrvatska stranka prava) von Bedeutung, aus der heraus später die Ustascha-Bewegung entstand. Bei den Slowenen war die katholische Slowenische Volkspartei unter Anton Korošec führend. Anders als die kroatischen Parteien, verharrte die Volkspartei nicht in Fundamentalopposition, sondern versuchte die Interessen der Slowenen auf parlamentarischem Weg durchzusetzen. Schließlich ist noch die Jugoslawische muslimische Organisation zu erwähnen, die die meisten Anhänger unter den slawischen Muslimen in Bosnien und im Sandžak hatte, aber auch von Albanern gewählt wurde.

Nach Verabschiedung der Vidovdan-Verfassung 1921 blieben die Abgeordneten der kroatischen Bauernpartei dem Parlament noch jahrelang fern und Pašić beherrschte an der Spitze wechselnder Koalitionen das Land. Zur Machterhaltung nutzte er auch das Mittel politischer Prozesse. Auch sein schärfster politischer Gegner Radić wurde wegen staatsgefährdender Umtriebe kurzzeitig in Haft genommen. Trotzdem trat Radić 1925 in Pašićs Regierung ein, nachdem eine Koalition mit den Slowenen und den Muslimen gescheitert war. 1926 musste Pašić wegen einer Korruptionsaffäre seines Sohnes zurücktreten. Nach Neuwahlen bildeten Svetozar Pribičević (Demokratische Partei) und Radićs Bauernpartei 1927 eine Koalition. Doch auch das führte nicht zu mehr politischer Stabilität. Im Juni 1928 schoss ein montenegrinischer Abgeordneter der Radikalen Partei in der Belgrader Skupština wild um sich. Ihm fielen drei Abgeordnete darunter Stjepan Radić zum Opfer, der am 8. August 1928 an seinen Verletzungen starb. Nach diesem Gewaltakt wurde die politische Lage vollends chaotisch. Die Bilanz von 10 Jahren SHS-Staat sind 30 Regierungen, drei vorgezogene Neuwahlen, Korruption in allen Lagern und die Unfähigkeit der politischen Kräfte zum Kompromiss. Die Mehrheit der Kroaten, der Mazedonier und die Kosovo-Albaner lehnen den Staat überhaupt ab.

 
Die Banschaften Jugoslawiens seit 1929

In dieser Situation beschloss König Alexander Karađorđević am 6. Januar 1929 mit Hilfe der Armee die Macht zu übernehmen. Der gescheiterte Parlamentarismus wird beseitigt, die Skupština aufgelöst, die Parteien werden verboten. Der König wurde alleiniger Träger der Staatsgewalt. Alexander und die von ihm eingesetzte Regierung unter General Petar Živković, zuvor Kommandeur der königlichen Palastwache, versuchten nun mit anderen Mitteln, den Staat zu einen, der in „Jugoslawien“ umbenannt wurde. Die Verwaltung wird reformiert: es werden 9 Banschaften eingerichtet. Deren Grenzen werden so gezogen, dass in sechs Provinzen die Serben die Mehrheit bilden, während die kroatischen Gebiete auf vier Banschaften aufgeteilt sind, von denen nur eine mehrheitlich kroatisch ist. Dies macht deutlich, dass auch der König auf eine Einigung des Landes unter serbischer Führung setzte. Aber auch die Königsdiktatur kann die Probleme Jugoslawien, die sich durch die Weltwirtschaftskrise noch verschärften, nicht lösen. 1931 kam es zum nächsten Aufsehen erregenden politischen Mord. Der kroatische Wissenschaftler und Parlamentarier Milan Šufflay wurde in Zagreb auf offener Straße von einem serbischen Geheimpolizisten erschlagen.

Die alten großen Parteien der Slowenen, Kroaten und Muslime forderten 1932/1933 in programmatischen Resolutionen (Punktuationen von Zagreb, Ljubljana und Sarajewo) die Demokratisierung und Förderalisierung des Staates. Daraufhin wurden die Parteiführungen interniert. Zur gleichen Zeit verstärken die Ustascha und die IMRO ihre terroristischen Aktionen, die auf eine Zerschlagung des jugoslawischen Staates abzielen. Ein Aufstand der Ustascha kann 1932 mangels Beteiligung von der Polizei leicht niedergeschlagen werden. Die gemeinsamen Terroranschläge von IMRO und Ustascha erreichten am 9. Oktober 1934 mit der Ermordung König Alexanders in Marseille ihren Höhepunkt. Aber anders als von Ante Pavelić gedacht, konnte die Regierung diese Krise meistern. Prinz Paul, der Bruder des ermordeten Königs, übernahm die Regentschaft für dessen noch minderjährigen Sohn Peter II.. Mit Zustimmung des Regenten wurde nun eine neue regierungsfreundliche Einheitspartei, die Jugoslavenska radikalna zejednica gebildet, die 1935 auch die Wahlen gewann und stellte mit Milan Stojadinović den Ministerpräsidenten.

Die föderalistische Opposition (Udružena oposicija) aus Slowenen, Kroaten und Muslimen boykottierte erneut das Parlament. Sie forderte die Gliederung Jugoslawiens in sieben Länder: Slowenien, Kroatien, Bosnien, Serbien, Vojevodina, Montenegro und Mazedonien. Die Minderheit der serbischen Föderalisten wollte nur vier Teilstaaten schaffen, Montenegro, Mazedonien und die Vojevodina sollten serbisch bleiben.

Wirtschaft

Nachdem 1919/20 die Grenzen Jugoslawiens gezogen worden waren, musste das Land zu einem Wirtschafts- und Währungsraum vereinigt werden. In den ehemals habsburgischen Gebieten galt die Krone, in Serbien der Dinar. Die Regierung musste die Geldmenge verringern, um die kriegsbedingte Inflation zu bekämpfen. Die Schaffung der neuen Einheitswährung, ebenfalls Dinar genannt, erfolgte 1920. Dabei wurde der serbische Dinar 1:1 umgetauscht, die Krone aber im Verhältnis 4:1. Dies löste in Slowenien, Kroatien, Bosnien und in der Vojevodina große Erbitterung aus, verloren doch die früheren Monarchieslawen 75 Prozent ihres Vermögens und bezahlten auf diese Weise für die Schaffung der neuen Währung, während die Bewohner des alten Serbien keinen Beitrag leisten mussten.

Der SHS-Staat der Zwischenkriegszeit war ein wenig entwickeltes Agrarland. 75 Prozent der arbeitenden Bevölkerung betrieben kleinbäuerliche Subsistenzwirtschaft. Produktive mittelgroße und große Betriebe gab es vor allem in der Vojevodina, in Slawonien und Syrmien sowie im Norden des alten Serbien. Vor allem in der Vojevodina waren viele dieser Bauernwirtschaften im Besitz von Angehörigen der deutschen und ungarischen Minderheit. Zu den großen Grundbesitzern zählte in den entwickelten Gebieten, die vormals zur Donaumonarchie gehört hatten, die katholische Kirche. Vergleichsweise gut entwickelt war auch die slowenische Landwirtschaft. Die Betriebe in den genannten nördlichen Regionen hatten ihre Überschüsse vor dem Krieg in die Industrieregionen der Habsburgermonarchie verkauft. Ein Teil wurde vorher in der örtlichen Lebensmittelindustrie (Mühlen, Zuckerfabriken usw.) weiterverarbeitet. Durch die neuen Grenzen (Zölle) und die zurückgegangene Kaufkraft in Österreich, waren den jugoslawischen Bauern diese Märkte in der Zwischenkriegszeit weitgehend verschlossen. Seit Mitte der 30er Jahre importierte das nationalsozialistische Deutschland im Zuge der Kriegsvorbereitungen zunehmend Lebensmittel aus Jugoslawien.

In den südlichen Landesteilen (in Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Bosnien und Dalmatien aber auch in weiten Teilen Serbiens) gab es fast ausschließlich kleinbäuerliche Subsistenzwirtschaften, die kaum Entwicklungsmöglichkeiten hatten. Den Großgrundbesitzern in diesen Regionen, fehlte es an Kapital und Knowhow für die Modernisierung ihrer Betriebe und aufgrund der im Überfluss vorhandenen billigen Artbeitskräfte sowie fehlenden Marktperspektiven hatten sie auch nur geringes Interesse an Veränderungen.

Nennenswerte gewerbliche Produktion gab es in Slowenien, in der Region Belgrad und zunehmend in Zagreb. Industrieprodukte (z.B. Maschinen und Lokomotiven) mussten zum größten Teil eingeführt werden, allein es fehlte dafür an Kapital. So konnte auch die Infrastruktur des Landes in der Zwischenkriegszeit kaum weiterentwickelt werden. Es wurden nur einige Dutzend Kilometer Eisenbahnstrecken neu gebaut und auch das Straßennetz blieb auf dem Stand von vor dem Ersten Weltkrieg.

Von Bedeutung war die Gwinnung von Rohstoffen. In Serbien, Bosnien und Slowenien wurden verschiedene Erze (Eisen, Kupfer u.a.) und Kohle abgebaut. Es fehlte aber an Fabriken zur Weiterverarbeitung. Daneben war die Holzindustrie wichtig. Letztere war vor allem in Bosnien recht gut entwickelt, denn hier war vor dem Ersten Weltkrieg relativ viel investiert worden. Das Problem die Rohstoffe mit konkurrenzfähigen Transportkosten auf den Weltmarkt zu bringen, wurde teilweise gelöst, als man 1929 einen Vertrag mit Griechenland schloss, der Jugoslawien einen Freihafen in Thessaloniki einbrachte.

Bildung

Wie auch die übrigen Entwicklungsindikatoren wies auch der Bildungsstand der Jugoslawen ein extremes Nord-Süd-Gefälle auf. Slowenien hatte 1918 bereits ein gut ausgebautes Schulsystem. Über 90 Prozent der Kinder besuchten eine staatliche oder kirchliche Grundschule. Die Analphabetenrate lag unter 10 Prozent. Nach dem Krieg wurde vor allem die Mittelschulbildung (Realschulen und Gymnasien) für die Slowenen verbessert, zum einen indem vorher deutschsprachige Schulen in Krain und der Steiermark zur slowenischen Unterrichtssprache übergingen, zum anderen gab es auch zahlreiche Neugründungen, die teils von der katholischen Kirche, teils vom Staat getragen wurden.

Mehr noch als in Slowenien war das Schulwesen in Kroatien Sache der Kirche. Zwar wurde auch hier das Schulnetz verdichtet, aber der Abstand zu Slowenien verringerte sich nicht. In Binnenkroatien lag die Analphabetenrate bei über 15 Prozent, in Teilen Dalmatiens erreichte sie mehr als 25 Prozent. Die Vojevodina nahm bei der Entwicklung des Schulwesens einen mittleren Platz ein. Hier unterhielten neben dem Staat die Kirchen (außer der katholischen und der orthodoxen auch protestantische) viele Schulen. Die Minderheitensprachen Deutsch und Ungarisch wurden nur in den privaten Schulen unterrichtet. In Bosnien unterschied sich der Bildungsstand in extremer Weise nach der Religionszugehörigkeit. Am höchsten war er bei den Kroaten, denen ein in österreichischer Zeit ausgebautes Schulsystem der katholischen Kirche zur Verfügung stand, es folgten die Serben, während die Muslime das Schlusslicht bildeten, vor allem weil die große Mehrheit der muslimischen Mädchen überhaupt nicht zur Schule geschickt wurde.

Im engeren Serbien gab es zwar ein flächendeckendes Grundschulnetz, doch fehlte es an Mittelschulen. In den 1912 hinzugewonnenen Gebieten ließ das Schulwesen am meisten zu wünschen übrig. Es gab überhaupt zu wenig Grundschulen und in den vorhandenen wurden die Minderheitensprachen nicht berücksichtigt. Da die muslimischen Albaner auch keine kirchlichen Schulen hatten, existierten fast keine albanischsprachigen Bildungsanstalten. Dementsprechend war die Analphabetenrate in den südlichen Gebieten am höchsten. Hier konnten mehr zwei Drittel der Bevölkerung nicht lesen und schreiben.

Dem jugoslawischen Staat fehlte es sowohl an finanziellen Mitteln wie auch am politischen Willen, den geringen Bildungsstand vor allem in den südlichen Regionen zu heben. An einer Förderung der Albaner war man gar nicht interessiert. Diese wiederum hielten sich von den vorhandenen serbischen Schulen fern, weil man sie - nicht ganz zu Unrecht - als Instrument der Serbisierung ansah.

 
Hauptgebäude der 1919 gegründeten Universität von Ljubljana

Fortschritte gab es in der Zwischenkriegszeit vor allem in Kroatien und Serbien. In Kroatien gründete der jugoslawische Staat säkulare Schulen, um die Vorherrschaft der katholischen Kirche im Bildungswesen etwas zu mindern. Insgesamt blieb der Staat aber auf die Mitarbeit der Kirchen angewiesen. Der SHS-Staat hat sich auch nicht zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht entschließen können. Dies bedeutete für die ehemals österreichischen Gebiete einen Rückschritt, denn dort hatte es vor 1918 die achtjährige Schulpflicht gegeben.

1918 exisistierten auf dem Gebiet Jugoslawiens zwei Universitäten: in Belgrad und in Zagreb. Unmittelbar nach Kriegsende gründeten die Slowenen 1919 in Ljubljana die dritte Universität das Landes. Damit ging ein lange gehegter Wunsch der slowenischen Intellektuellen in Erfüllung. Unter der österreichischen Herrschaft war ihnen die Einrichtung einer eigenen Universität jahrzehntelang verweigert worden.

Staat und Religionen

So wie Jugoslawien ein Vielvölkerstaat war, so waren in diesem Land auch Anghehörige unterschiedlicher Religionen beheimatet. Die Slowenen und Kroaten gehörten fast alle der katholischen Kirche an (zusammen mit den Minderheiten 41%), die Serben und Montenegriner waren orthodox (45%). Reichlich 11 Prozent der Bevölkerung (Bosniaken, Albaner und Türken) waren Muslime. Unter der deutschen und der ungarischen Minderheiten gab es einige Protestanten, schließlich sei noch die kleine jüdische Minderheit erwähnt.

Von politischer Bedeutung war vor allem das Verhältnis der serbisch-orthodoxen und der katholischen Kirche zum Staat. Auch in dieser Hinsicht hat der SHS-Saat bei seiner Gründung ein äußerst heterogenes Erbe angetreten:

Abgesehen von den politisch weitgehend marginalisierten muslimischen Minderheiten waren Serbien und Montenegro rein orthodoxe Länder und die Orthodoxie war dort gleichsam Staatsreligion. 1920 konnte die Serbisch-Orthodoxe Kirche die montengrinischen Eparchien und die orthodoxen Bistümer in Bosnien, Slawonien, Dalmatien und der Vojevodina hinzugewinnen. Gleichzeitig wurde das serbische Patriarchat erneuert. In dieser Hinsicht hatte die serbische Nationalkirche ihre Ziele erreicht. Durch den Zusammenschluss Serbiens mit großen katholischen Gebieten verlor sie aber den Charakter einer Staatskirche. Die Einheit von Staat und Kirche, wie sie in den orthodoxen Nachbarländern Griechenland und Bulgarien praktiziert wurde, war in Jugoslawien nicht möglich und seitens der Regierung auch nicht erwünscht. Materiell war die Orthodoxie jedoch in hohem Maße vom Staat abhängig, verfügte sie doch aufgrund ihrer Geschichte über relativ wenige gewinnträchtige Besitzungen.

 
Katholische Kathedrale St. Marien u. St. Stefan in Zagreb

In der Habsburgermonarchie herrschte zwar religiöser Pluralismus, fast überall waren jedoch die Katholiken in der übergroßen Mehrheit, so auch in Kroatien und Slowenien, und die katholische Kirche war in der Gesellschaft eine sehr einflussreiche Kraft. Der Katholizismus hatte geradezu als eine der wichtigsten Stützen des Habsburgerreiches gegolten, wenngleich das Verhältnis zur Regierung nicht immer ungetrübt gewesen war und auch Priester und Bischöfe in den Nationalbewegungen mitgewirkt hatten. In Slowenien war die Katoliška narodna stranka, in der sich auch katholische Priester engagierten, bis 1941 die mit Abstand stärkste Partei. Auch in Kroatien war die katholische Kirche fest im katholischen Millieu verankert, sie hatte aber weniger direkten Einfluss auf die politischen Parteien. Jedenfalls musste sich auch die katholische Kirche auf eine neue Situation einstellen. Nach 1918 war sie nur mehr eine der beiden starken Religionsgemeinschaften. Aufgrund ihrer reichen Besitztümer sowie den aus österreichisch-ungarischer Zeit stammenden Schulen, sozialen Einrichtungen, Verlagen usw. war die gesellschaftliche Wirksamkeit der katholischen Kirche bei ihren Gläubigen aber deutlich größer als jene der Orthodoxie bei den Serben.

Zwischen den beiden großen Kirchen gab es kaum Kontakte. Der Staat gab sich säkular und ließ die Regelungen zum Staat-Kirche-Verhältnis weitgehend unangetastet. Dies galt auch für die Muslime in Bosnien. Die Muslime in Südserbien (Kosovo und Mazedonien) hatten keine Verträge mit dem Staat. Direkte Konflikte mit den Kirchen waren selten. Zur national umstrittenen Tagespolitik nahmen die kroatischen Bischöfe erst Stellung, als die Parteien der Kroaten verboten worden waren.

Im Einklang mit der Politik des Hl. Stuhls nach den Lateranverträgen bemühten sich die katholischen Bischöfe in den 30er Jahren um den Abschluss eines Konkordats und auch die jugoslawische Regierung hatte aus zwei Gründen großes Interesse daran: Zum einen hoffte man, dass die kroatischen Bischöfe dann die Meinung ihrer Gläubigen zur Regierung positiv beeinflussen würden, zum anderen wäre der Vertrag mit dem Papst ein außenpolitischer Erfolg gegenüber Italien gewesen.

Als das Konkordat 1937 unterzeichnet war, brach unter den orthodoxen Serben ein Sturm der Entrüstung los. Unter Führung des Ohrider Bischofs Nikolaj Velimirović kam es zu Massenprotesten gegen den Vertrag mit Rom. Die Serben warfen der Regierung den Ausverkauf orthodoxer Interessen vor. Aus Angst vor dem Anwachsen des Widerstands hat die Regierung das Konkordat nicht im Parlament ratifizieren lassen. Das wiederum brüskierte die katholischen Kroaten und Slowenen. Durch den Konkordatsstreit wurde das zuvor sehr kühle orthodox-katholische Verhältnis in Jugoslawien nationalpolitisch aufgeladen.

Das Ende des Königreichs

Ministerpräsident Stojadinović erkannte Ende der 30er Jahre die schwierige außenpolitische Lage Jugoslawiens und versuchte die Isolation des Landes durch Annäherung an die Achsenmächte zu überwinden. Sein Ziel war Nerutralität im zu erwartenden nächsten großen Krieg. Auch innenpolitisch orientierte er sich an Deutschland und Italien. Er ließ sich als Führer bezeichnen und schuf eine uniformierte Jugendorganisation. Im Februar 1939 wurde Stojadinović aber von der Macht verdrängt.

Unter seinem Nachfolger Dragiša Cvetković kam eine Einigung der Kroaten mit der Regierung zu stande. Im so genannten Sporazum (dt. Übereinkunft) vom 26. August 1939, das Vladimir Maček für die Bauernpartei mit Cvetković ausgehandelt hatte, war die Schaffung einer weitgehend autonomen Banschaft Kroatien vorgesehen. Die Zustimmung Belgrads zu diesem Vertrag war wesentlich durch die gefährliche außenpolitische Situation bewirkt worden. Es war bekannt, dass einige kroatische Politiker Verbindung zu den Regierungen in Rom und Berlin suchten, um ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen. Auch die Zerschlagung der Tschechoslowakei und die slowakische Selbsständigkeit von Hitlers Gnaden hatten die jugoslawische Regierung erschreckt.

Das Sporazum hatte aber für beide Vertragsparteien nicht die gewünschte Wirkung. Vielen Kroaten ging die Autonomie nicht weit genug; insbesondere warfen sie Maček vor, dass er mit der Preisgabe Bosniens, das zum größten Teil nicht zur kroatischen Banschaft gehörte, die nationale Sache Kroatiens verraten habe. Auch die zentralistischen Serben warfen der Regierung Verrat ihrer nationalen Interessen vor.

Nach dem Sieg Deutschlands über Frankreich geriet Jugoslawien immer mehr unter diplomatischen Druck. Hitler verlangte den Beitritt des Landes zum Pakt der Achsenmächte. Am 25. März 1941 gab die jugoslawische Regierung nach und unterschrieb. Daraufhin putschten in Belgrad Offiziere erfolgreich, die Jugoslawien auf die Seite der Alliierten bringen wollten. Sie erklärten den jungen Peter II. zum regierenden König und stellten General Dušan Simović an die Spitze der Regierung. Die kurzzeitig in Belgrad aufgeflammte Kriegsbegeisterung hält noch nicht einmal bis zum tatsächlichen Kriegsausbrtuch an. Schnell wird sich die Bevölkerung bewusst, dass die jugoslawische Armee keine Chance gegen die deutsche Wehrmacht hat. Viele Kroaten, Slowenen und Bosniaken folgen dem Einberufungsbefehl erst gar nicht, weil sie ihr Leben nicht für den ungeliebten Staat lassen wollen.

Am 6. April 1941 beginnt der deutsche Einmarsch und am 17. April unterzeichnen die Jugoslawen die bedingungslose Kapitulation. König und Regierung begeben sich ins englische Exil, aus dem sie nicht mehr zurückkehren sollten.

Der Zweite Weltkrieg

Titos Jugoslawien

Jugoslawische Partisanen unter Josip Broz Tito bildeten 1942 den Antifaschistischen Rat der nationalen Befreiung (AVNOJ), der schließlich die Exilregierung ersetzte. Der "Volksbefreiungskampf", der Tito-Partisanen hatte nicht nur die Befreiung Jugoslawiens, sondern auch eine kommunistische Revolution zum Ziel.

Auf Druck der Alliierten bildeten die Kommunisten im März 1945 eine Übergangsregierung. Die Westmächte erkannten Tito als "Marschall Jugoslawiens" an.

Bereits im Jahre 1945 gab es die ersten Enteignungen und Verstaatlichungen. Die gesamte Industrie, die Banken und die Bergwerke wurden verstaatlicht. Im Rahmen der Bodenreform wurde das Land zu einem erheblichen Teil in landwirtschaftliche Genossenschaften zusammengefasst, ein Teil wurde armen Bauern zugeteilt.

Wegen "Kollaboration mit dem Feind" wurde unter anderem die deutsche Minderheit enteignet. An der Stelle der Donauschwaben wurden in der Vojvodina und in Ostslawonien Menschen aus anderen Landesteilen, darunter viele Serben und Montenegriner, angesiedelt.

Am 11. November 1945 wurde schließlich die verfassungsgebende Nationalversammlung gewählt: Für jeden Wähler standen zwei Wahlurnen bereit: eine für die Einheitsliste der kommunistisch beherrschten Volksfront und eine andere, die sogenannte "Witwenurne", für die Opposition, die jedoch keine Kandidaten aufstellen durfte. Die Volksfront erhielt 90 Prozent der Stimmen.

Noch am selben Tag wurde die "Föderative Volksrepublik Jugoslawien" ausgerufen. Am 29. November 1945 rief eine verfassungsgebende Versammlung die Republik mit Tito als erstem Ministerpräsident aus. Am 15. Januar 1946 wurde die Verfassung der "Föderativen Volksrepublik Jugoslawien" verabschiedet. Zu dem Föderativstaat gehörten Serbien, Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Makedonien und Montenegro als Teilrepubliken mit jeweils eigenen Verfassungen. Die kommunistische Führung brach 1948 mit der Sowjetunion und ging von da an einen eigenen Weg. 1953 wurde Tito nach einer Verfassungsänderung Staatspräsident und blieb es bis zu seinem Tod 1980.

  • 1941 (6. April): Einmarsch deutscher und italienischer Truppen in Jugoslawien, das am 17. April kapituliert. Kroatien wird für unabhängig erklärt (10. April; faschistische Ustascha), Montenegro italienisches Protektorat, der Rest des Landes unter deutsche Militärverwaltung gestellt. König Peter II. bildet in London eine Exilregierung.
  • Ab 1941 wird auf Druck Italiens die deutschsprachige Minderheit der Gottschee in Slowenien in die Untersteiermark ausgesiedelt, von wo sie 1945 nochmals floh, evakuiert oder vertrieben wurde.
  • 1943 nach dem Seitenwechsel Italiens wird auch die vormals italienische Besatzungszone von deutschen Truppen besetzt
  • 1944: Die Volksbefreiungsarmee ("Partisanen") unter Josip Broz Tito (*1892, †1980) kontrolliert noch vor dem Einmarsch sowjetischer Truppen in der Vojvodina weite Teile des Landes.
  • 1944 durch ein Abkommen mit der Exilregierung, das eine gemeinsame Koalitionsregierung vorsieht, erreicht Tito die internationale Anerkennung seiner Herrschaft.
  • 1945: fast ¼ Million Donauschwaben fliehen, werden evakuiert oder vertrieben, viele erleiden den Tod (nur in Ungarn kann sich die Minderheit als Ungarndeutsche später Rechte erwerben).
  • 1945 (29. November): Das befreite Jugoslawien wird Republik unter der Bezeichnung Föderative Volksrepublik Jugoslawien (Federativna Narodna Republika Jugoslavija). Erster Staatspräsident ist Ivan Ribar (*1881-1968). Erster Ministerpräsident des nunmehr kommunistisch regierten Staates wird Josip Broz Tito.
  • 1946 (30. Januar): Die neue Bundesverfassung gliedert Jugoslawien in sechs Republiken: Serbien (mit den autonomen Provinzen Vojvodina und Kosovo), Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro.
  • 1948: Jugoslawien widerstrebt der sowjetischen Bevormundung, was zum Bruch mit der Sowjetunion führt. Außenpolitisch führt Jugoslawien nun einen unabhängigen Kurs und stellt sich an die Spitze der neutralen und blockfreien Staaten.
  • 1953 (14. Januar): Josip Broz Tito übernimmt auch das Amt des Staatspräsidenten (bis zu seinem Tod am 4. Mai 1980) und wird damit Alleinherrscher Jugoslawiens.
  • 1954: Beilegung des Konflikts mit Italien um Triest.
  • 1955: Aussöhnung mit der Sowjetunion.
  • 1963 (7. April): Die Föderative Volksrepublik Jugoslawien wird in Sozialistische Bundesrepublik Jugoslawien (Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija/SFRJ) umbenannt.
  • 1971: In Kroatien werden nationale Autonomiebestrebungen gewaltsam unterdrückt.
  • 1974: Durch eine neue Bundesverfassung erhalten die Teilrepubliken größere Selbständigkeit, auch die beiden autonomen Provinzen werden direkt an der Verwaltung des Gesamtstaates beteiligt. Falls die Verfassungen der einzelnen Teilrepubliken mit Bestimmungen der Bundesverfassung in Widerspruch gerieten, sollte die jeweilige Republiksverfassung Priorität haben. Die Republiken hatten somit ein Vetorecht gegenüber den Beschlüssen des Bundes, was die Bundesregierung in den Folgejahren nahezu handlungsunfähig machte.
  • 1980 (4. Mai): Tod von Josip Broz Tito. Vereinbarung über zyklischen Wechsel des Vorsitzes im Staatspräsidium unter den sechs Teilrepubliken tritt in Kraft.
  • 1981: Unruhen und Demonstrationen der Albaner im Kosovo, für das sie den Status einer eigenständigen Republik innerhalb der Föderation anstreben. Die Proteste und Forderungen werden mit Waffengewalt unterdrückt. In der Folge werden viele serbische und andere Bewohner aus dem Kosovo vertrieben.
  • 1987 (Sept.): Slobodan Milošević (*1941) wird Parteichef der Teilrepublik Serbien.
  • 1989 (8. Mai): Slobodan Milošević wird Präsident der Teilrepublik Serbien.
  • 1990: Die Autonomierechte der Provinzen Vojvodina und Kosovo werden auf den Stand vor 1974 zurückgestuft ("Antibürokratische Revolution") und werden der direkten Kontrolle der serbischen Regierung unterstellt.
  • 1990: In allen Teilrepubliken finden im Laufe des Jahres freie Wahlen statt. In Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien siegen die Anhänger einer größeren Selbständigkeit der Republiken, in Serbien und Montenegro die Anhänger einer Stärkung des Zentralstaates. Mehrere Gesprächsrunden der Republiken über die Zukunft des jugoslawischen Staates bleiben ergebnislos.

Zerfall Jugoslawiens

Datei:Bevoelkerungsgruppen-jugoslawien 1-700x700.png
Die Bevölkerungsgruppen Jugoslawiens 1991

Nach Titos Tod zerfiel der Vielvölkerstaat in Folge der vielerorts offen artikulierten Autonomiebestrebungen, die sich schließlich zu Kämpfen und zu den Jugoslawienkriegen entwickelten. Die Teilrepubliken strebten, auch unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, ihre Unabhängigkeit an und errangen nach insgesamt rund 10 Jahren teils äußerst brutal geführter Kämpfe die internationale Anerkennung als soveräne Staaten (Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Mazedonien). In anderen Regionen, vor allem dem Kosovo, wird die Auseinandersetzung um staatliche Unabhängigkeit bis heute weitergeführt.

  • 1991 (Mai) Die turnusgemäße Übernahme des Vorsitzes des Staatspräsidiums durch den Kroaten Stjepan Mesić scheitert zunächst am Widerstand der serbischen Vertreter.
  • 1991 (25. Juni): Kroatien und Slowenien erklären ihren Austritt aus dem jugoslawischen Staatsverband und werden unabhängig (definitiv am 8. Oktober 1991). Die Bundesarmee sowie - in Kroatien - serbische Freischärler reagieren mit Waffengewalt gegen die Sezession, doch Slowenien siegt gegen die "Bundesarmee" überraschend schnell. In Kroatien entbrennt ein lang anhaltender Krieg zwischen kroatischen Regierungstruppen und serbischen Freischärlern, die mit Unterstützung der Bundesarmee eine von Kroatien getrennte Republik Serbische Krajina errichten.
  • 1991 (15. September): Auch Republik Mazedonien proklamiert seine Unabhängigkeit (internationale Anerkennung am 8. April 1993 von der UNO als Former Yugoslav Republic of Macedonia / FYROM bzw. Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien / EJRM ).
  • 1991 (15. Oktober): Bosnien-Herzegowina löst sich ebenfalls von Jugoslawien und erklärt seine Unabhängigkeit.

Auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien brechen mehrer Kriege um die Verteilung des Erbes unter den Nachfolgestaaten aus.

Siehe dazu:

Literatur

Allgemeines

  • Holm Sundhaussen: Experiment Jugoslawien. Von der Staatsgründung bis zum Staatszerfall. Mannheim 1993, ISBN 3-411-10241-1
  • Wolf Dietrich Behschnitt: Nationalismus bei Serben und Kroaten / München 1980. ISBN 3-486-49831-2
  • Jill A. Irvine: The Croat question. Boulder, CO 1993. ISBN 0-8133-8542-3

Einzelne Zeitabschnitte

Königreich Jugoslawien

  • Korfu-Deklaration (engl.)
  • Alex N. Dragnich: The first Yugoslavia. Stanford, CA 1983. ISBN 0-8179-7841-0
  • Alex N. Dragnich: Serbia, Nikola Pašić, and Yugoslavia. New Brunswick, N.J. 1974. ISBN 0-8135-0773-1
  • J.B. Hoptner: Yugoslavia in Crisis 1934-1941. New York 1963.
  • Günter Reichert: Das Scheitern der Kleinen Entente. München 1971

Zweiter Weltkrieg

  • Hans Knoll: Jugoslawien in Strategie und Politik der Alliierten 1940 - 1943. München 1986. ISBN 3-486-52891-2
  • Walter R. Roberts: Tito, Mihailovic, and the Allies. 1941-1945. New Brunswick 1973.
  • Milovan Djilas: Der Krieg der Partisanen. Wien u.a. 1978.
  • Phyllis Auty & Richard Clogg (Hrsg.): Britisch Policy towards Wartime Resistance in Yugoslavia an Greece. London u.a. 1975
  • Holm Sundhaussen: Okkupation, Kollaboration und Widerstand in den Ländern Jugoslawiens, 1941-1945. In: Werner Röhr (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz. Okkupation und Kollaboration (1938-1945). Berlin & Heidelberg 1994. S. 349-365.

Sozialistisches Jugoslawien

  • Ivo Banac: The national question in Yugoslavia. Ithaca 1984. ISBN 0-8014-1675-2
  • Klaus Buchenau: Orthodoxie und Katholizismus in Jugoslawien 1945-1991. Ein serbisch-kroatischer Vergleich. (= Balkanologische Veröffentlichungen. 40). Wiesbaden 2004. ISBN 3-447-04847-6
  • Vladimir Dedijer: Stalins verlorene Schlacht. Erinnerungen 1948-1953. Wien u.a. 1970.
  • Klaus-Detlev Grothusen (Hrg.): Jugoslawien am Ende der Ära Tito. 2 Bde: 1. Außenpolitik; 2. Innenpolitik. München 1983/1986. ISBN 0-253-20703-7, 0-253-34794-7
  • Othmar Nikola Haberl: Die Emanzipation der KP Jugoslawiens von der Kontrolle der Komintern/KPdSU. München 1974. ISBN 3-486-47861-3
  • Hannelore Hamel (Hrsg.): Arbeiterselbstverwaltung in Jugoslawien. München 1974. ISBN 3-406-04913-3
  • Sabrina P. Ramet: Nationalism and federalism in Yugoslavia. 1962 - 1991. Bloomington u.a. 1992.
  • Duncan Wilson: Tito's Yugoslavia. Cambridge 1979. ISBN 0-521-22654-4
  • Statistički godišnjak Jugoslavije. Beograd 1990.
  • Wolfgang Libal: Das Ende Jugoslawiens. Wien u.a. 1993. ISBN 3-203-51204-1
  • Diana Johnstone: Fools' Crusade. Yugoslavia, NATO and Western Delusions. New York 2002. ISBN 1-58367-084-X.