Andreas Reckwitz (* 18. März 1970 in Witten) ist ein deutscher Soziologe und Kulturwissenschaftler. Er ist Professor für vergleichende Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. Reckwitz hat maßgeblich die Entwicklung der Praxeologie als umfassender Sozial- und Kulturtheorie vorangetrieben, eine Perspektive, die auch seine einflussreichen Arbeiten zur Subjektivierung und Kreativität grundiert.
Wissenschaftlicher Werdegang
Von 1989 bis 1995 studierte Andreas Reckwitz Soziologie, Politikwissenschaft und Philosophie an den Universitäten Bonn, Hamburg und Cambridge. Er war Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. 1994 schloss er sein Master-Studium an der Universität Cambridge unter der Betreuung von Anthony Giddens ab.[1] 1999 wurde er an der Universität Hamburg mit der Dissertation „Die Transformation der Kulturtheorien“ zum Dr. phil. promoviert. Dissertationsbetreuer war der Soziologe Max Miller.[2] Von 2001 bis 2005 war er wissenschaftlicher Assistent am Institut für Soziologie der Universität Hamburg. Dort habilitierte sich Andreas Reckwitz im Jahr 2005 mit der Schrift Das hybride Subjekt. Eine Theorie der Subjektkulturen von der bürgerlichen Moderne zur Postmoderne.
2005 wurde Reckwitz auf die Professur für Allgemeine Soziologie und Kultursoziologie an der Universität Konstanz berufen, auf der er bis 2010 tätig war. Seit 2010 ist er Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. 2010 und 2014 erhielt er Rufe auf Professuren an den Universitäten Mainz und Dresden.[3] Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte hatte Andreas Reckwitz unter anderem an den Universitäten in Berkeley, London (LSE), Berlin (Freie Universität), Wien, Bielefeld, Heidelberg, St. Gallen, Witten/Herdecke und Freiburg. Seit 2011 ist Reckwitz Mitglied des Beirats "Wissenschaft und Zeitgeschehen" am Goethe-Institut. 2015 wurde er mit der 'Opus magnum'-Förderung der Volkswagen-Stiftung ausgezeichnet.
Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Soziologische Theorien, Kulturtheorien, Kultursoziologie, Historische Soziologie, Poststrukturalismus, Praxistheorie, Kreativitäts- und Subjektkulturen.
Auszeichnungen und Preise
Andreas Reckwitz' Buch Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne wurde im November 2017 mit dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet[4] und von einer Jury aus 30 Kritikern auf den Spitzenplatz der neu geschaffenen gemeinsamen monatlichen Sachbuchbestenliste von Deutschlandfunk Kultur, ZDF und Die Zeit gewählt.[5] 2018 war das Buch auch für den Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse nominiert.[6] Sein Buch "Die Erfindung der Kreativität" wurde 2014 und "Die Gesellschaft der Singularitäten" wurde 2018 mit dem Preis "Geisteswissenschaften international" des Börsenvereins des deutschen Buchhandels ausgezeichnet.[7] 2018 wurde Reckwitz als Thomas-Mann-Fellow für ein Fellowship im Thomas-Mann-Haus in Los Angeles ausgewählt. Das vom Auswärtigen Amt und vom Bundeskulturstaatsministerium ausgelobte Fellowship findet 2019 statt.[8]
Schriften
- Struktur. Zur sozialwissenschaftlichen Analyse von Regeln und Regelmäßigkeiten, Westdeutscher Verlag, Opladen/Wiesbaden 1997, ISBN 3531130005
- Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms, Velbrück Wissenschaft, Weilerswist 2000, ISBN 3934730159
- Das hybride Subjekt. Eine Theorie der Subjektkulturen von der bürgerlichen Moderne zur Postmoderne, Velbrück Wissenschaft, Weilerswist 2006, ISBN; zugleich Habilitationsschrift, eingereicht bei der Universität Hamburg 2005
- Subjekt, transcript, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89942-570-3
- Unscharfe Grenzen. Perspektiven der Kultursoziologie, transcript, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89942-917-6
- Die Erfindung der Kreativität. Zum Prozess gesellschaftlicher Ästhetisierung, Suhrkamp, Berlin 2012, ISBN 978-3-518-29595-3 (englische Übersetzung: The Invention of Creativity. Modern Society and the Culture of the New, Cambridge: Polity 2017, ISBN 9780745697031).
- Kreativität und soziale Praxis. Studien zur Sozial- und Gesellschaftstheorie, Bielefeld: transcript 2016, ISBN 978-3-8376-3345-0 (gesammelte Aufsätze).
- Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne, Suhrkamp, Berlin 2017, ISBN 978-3-518-58706-5.
als Herausgeber
- Mit Holger Sievert: Interpretation, Konstruktion, Kultur. Ein Paradigmenwechsel in den Sozialwissenschaften, Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, Opladen/Wiesbaden 1999, ISBN 3531133098
- Kulturen der Moderne. Soziologische Perspektiven der Gegenwart, Campus Verlag, Frankfurt (Main)/New York 2007 (Hg. mit Thorsten Bonacker)
- Poststrukturalistische Sozialwissenschaften, Suhrkamp, Frankfurt (Main) 2008 (Hg. mit Stephan Moebius)
- Ästhetik und Gesellschaft, Suhrkamp, Berlin 2015 (Hg. mit Sophia Prinz u. Hilmar Schäfer), ISBN 978-3-518-29718-6
Weblinks
- Literatur von und über Andreas Reckwitz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Professur für Vergleichende Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina
- Thomas Assheuer: Kapitalismus: Wollen sollen. In: Zeit Online, vom 7. Februar 2013.
- „Sehr unterschiedliche Lebenswirklichkeiten“, Interview, die tageszeitung, 30. Juli 2018
Einzelnachweise
- ↑ Andreas Reckwitz: Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms, mit einem Nachwort zur Studienausgabe 2006: Aktuelle Tendenzen der Kulturtheorien. 2. Auflage. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2008, S. 12.
- ↑ Andreas Reckwitz: Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms, mit einem Nachwort zur Studienausgabe 2006: Aktuelle Tendenzen der Kulturtheorien. 2. Auflage. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2008, S. 11.
- ↑ Informationen Homepage
- ↑ orf.at: Franzobel bekommt Bayerischen Buchpreis. Artikel vom 7. November 2017, abgerufen am 7. November 2017.
- ↑ Sachbuchbestenliste: Die 10 besten Sachbücher im November, Deutschlandfunk Kultur vom 1. November 2017, abgerufen 2. November 2017
- ↑ [1], abgerufen am 21. Februar 2018
- ↑ [2], [3]
- ↑ [4], abgerufen am 18. Juli 2018
Personendaten | |
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NAME | Reckwitz, Andreas |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Soziologe und Kulturwissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 18. März 1970 |
GEBURTSORT | Witten |