Kerr-Metrik

mathematische Beschreibung ungeladener rotierender Schwarzer Löcher
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Vorlage:Metriken schwarzer Löcher Die Kerr-Metrik ist eine stationäre und axialsymmetrische Vakuumlösung der einsteinschen Feldgleichungen für ungeladene, rotierende Schwarze Löcher. Sie ist nach Roy Kerr benannt, der sie 1963 veröffentlicht hat.[1] Jeweils kurz nach der Entdeckung der Schwarzschild- bzw. Kerr-Metrik wurden auch die zugehörigen Verallgemeinerungen für den Fall von elektrisch geladenen Schwarzen Löchern gefunden. Im Gegensatz zur Schwarzschild-Metrik, die auch im Außenbereich eines nichtrotierenden und sphärisch-symmetrischen Körpers beliebiger Ausdehnung gilt, beschreibt die Kerr-Metrik ausschließlich das Feld eines Schwarzen Lochs.[2] Schnell rotierende Sterne haben in der Praxis ein nicht zu vernachlässigendes Multipolmoment und unterschiedliche Dichtegradienten,[3] sodass sich deren Metrik erst in einem gewissen Abstand von der Oberfläche an die Kerr-Metrik annähert.[4]

Linienelement

Boyer-Lindquist Koordinaten

Mit den kovarianten

 

und den durch Matrixinvertierung erhaltenen kontravarianten

 

metrischen Koeffizienten[5][2][6] lautet das Linienelement der Kerr-Raumzeit in Boyer-Lindquist-Koordinaten und geometrisierten Einheiten, d. h.  :[5][7]

 

oder ausgeschrieben

 

Der D’Alembert-Operator lautet:

 

Dabei gilt:

 

Das gesamte Massenäquivalent, oder auch die gravitierende Masse des felderzeugenden Körpers (inklusive seiner Rotationsenergie) ist  .

 

ist dessen irreduzible Masse.[8][9] Nach M aufgelöst gilt

 

Wird einem Schwarzen Loch, beispielsweise mithilfe des Penrose-Prozesses,[10][11] seine gesamte Rotationsenergie   entzogen, reduziert sich sein verbleibendes Massenäquivalent   abzüglich der im Zuge dieses Prozesses hineingefallenen Masse auf  ; das heißt, im Fall der verschwindenden Rotation mit   ist  . Für den Fall dass der Körper mit   rotiert, ergibt sich damit ein um den Faktor   höheres Massenäquivalent als für einen statischen Körper mit der gleichen irreduziblen Masse. Das hat seinen Grund darin, dass einem Körper, wenn dieser in Rotation versetzt werden soll, Energie zugeführt werden muss, und diese Energie wegen der Äquivalenz von Masse und Energie wiederum selbst zu einer Masse äquivalent ist.

  ist der Schwarzschild-Radius. Der Parameter   wird auch Kerrparameter genannt. Er ist proportional zum Drehimpuls   des Schwarzen Loches. Ein positiver Drehimpuls beschreibt vom Nordpol aus betrachtet eine Rotation gegen den Uhrzeigersinn. Ein negativer Drehimpuls beschreibt die entgegengesetzte Richtung.

In kartesischen Koordinaten mit

 

ergibt sich aus dem obigen Linienelement:[2]

 
 
 

Für den Fall der verschwindenden Rotation   reduziert sich das Linienelement auf das Schwarzschild-Linienelement in Schwarzschild-Koordinaten, und für den Fall der verschwindenden Masse   auf das Linienelement der Minkowski-Raumzeit in Kugelkoordinaten.[2]

Kerr-Schild Koordinaten

Um die Koordinatensingularität am Ereignishorizont zu vermeiden,[10] kann in Kerr-Schild-Koordinaten[7][12] transformiert werden. In diesen lautet das Linienelement

 .

r wird dabei durch die folgende Gleichung festgelegt:

 

Mit der Koordinatenzeit

 

dem Azimuthalwinkel

 

und der Transformation zwischen Kugel- und kartesischen Hintergrundkoordinaten[12]

 

lauten die nichtverschwindenden kovarianten metrischen Komponenten in Kugelkoordinaten[13][2]

 

und die kontravarianten Komponenten

 

Die radiale Koordinate   und der Polwinkel   sind identisch mit ihren Boyer-Lindquist-Pendants. Der lokale Beobachter befindet sich jedoch nicht auf einer festen Radialkoordinate, sondern fällt radial mit

 

auf die zentrale Masse zu, während er wie der lokale Boyer-Lindquist-Beobachter (in der Literatur auch ZAMO[14][15] für „zero angular momentum observer“ genannt) mit der Winkelgeschwindigkeit

 

um die Symmetrieachse rotiert.[13]

Diese Koordinaten wurden von Roy Kerr in seiner originalen Arbeit von 1963[1] verwendet. Mit   reduziert sich das Linienelement auf das Schwarzschild-Linienelement in erweiterten Eddington-Finkelstein-Koordinaten.[12]

Besondere Flächen

Horizonte

 
Geometrische Darstellung der Ereignishorizonte und Ergosphären der Kerr-Raumzeit in kartesischen Hintergrundkoordinaten. Die Ringsingularität liegt an der äquatorialen Ausbuchtung der inneren Ergosphäre bei  [16]
 
Größenvergleich des Schattens (schwarz) und der besonderen Flächen (weiß) eines Schwarzen Lochs. Der Spinparameter   läuft von 0 bis   wobei die linke Seite des Schwarzen Lochs auf den Beobachter zu rotiert.[17]

In Boyer-Lindquist-Koordinaten entartet die Kerr-Metrik auf mehreren Flächen. Mit den Bezeichnungen von oben kann beispielsweise der Nenner der rein radialen Komponente der Kerr-Metrik   gleich Null werden, wenn   gesetzt und nach   aufgelöst wird. Die Ereignishorizonte liegen damit auf

 

Bei maximaler Rotation mit   fallen beide Werte mit dem Gravitationsradius   zusammen. Bei minimaler Rotation mit   fällt der positive Wert mit dem Schwarzschild-Radius   zusammen und der negative Wert fällt auf das Zentrum. Deshalb werden diese beiden Flächen auch als innerer und äußerer Ereignishorizont bezeichnet. Obwohl die radiale Koordinate   bei beiden Ereignishorizonten einen konstanten Wert besitzt, zeigt das Krümmungsverhalten der Ereignishorizonte, dass diese eher die geometrischen Eigenschaften eines Rotationsellipsoids besitzen.[18] Der innere Ereignishorizont, bei dem es sich um einen Cauchy-Horizont handelt, entzieht sich der direkten Beobachtung, solange für den Spinparameter   gilt.[19] Da die Raumzeit im Inneren desselben extrem instabil ist, gilt es als eher unwahrscheinlich, dass sich ein solcher bei einem realen Kollaps eines Sterns tatsächlich ausbildet.[16]

Ergosphären

Zwei weitere Flächen ergeben sich in Boyer-Lindquist-Koordinaten aufgrund eines Vorzeichenwechsels der zeitartigen Komponente  . Die Bedingung   führt hier erneut auf eine quadratische Gleichung mit den Lösungen

 

Diese zwei Flächen können wegen des Terms   unter der Wurzel bei geringem Spinparameter als abgeflachte Sphären bzw. Rotationsellipsoide dargestellt werden. Die äußere Fläche berührt dabei den äußeren Ereignishorizont an den zwei Polen, die durch die Rotationsachse definiert werden. Die beiden Pole entsprechen einem Winkel   von   bzw.  . Bei einem höheren Spinparameter beult sich die Ergosphäre von den Polen weg auch auf der z-Achse kürbisförmig[20] aus, während der innere Ereignishorizont auf den äußeren zukonvergiert und bei   mit diesem zusammenfällt.

Der Raum zwischen den zwei äußeren Flächen mit   und   wird Ergosphäre genannt. Für ein massebehaftetes Teilchen ist   entlang seiner Weltlinie negativ. Da innerhalb der Ergospäre die Komponente   der Metrik positiv ist, ist dies jedoch nur dann möglich, wenn das Teilchen mit einer gewissen Mindest-Winkelgeschwindigkeit   mit der inneren Masse   mitrotiert. Es kann deshalb innerhalb der Ergosphäre keine Teilchen geben, die ruhen oder sich in entgegengesetzter Richtung zu der Masse auf der Ringsingularität drehen, da die lokale Transversalgeschwindigkeit des Raumzeitstrudels (der Frame-Dragging-Effekt)   ab dem äußeren Rand der Ergosphäre größer gleich der Lichtgeschwindigkeit   ist.[21][22]

Schatten

Beim Schatten eines Schwarzen Lochs handelt es sich um den schwarzen Bereich den ein Beobachter an der Stelle wo sich das Schwarze Loch befindet sieht. Es handelt sich also um die scheinbare Ausdehnung des Schwarzen Lochs, die aufgrund der starken Krümmung der Raumzeit in der Nähe des Schwarzen Loches immer größer als der äußere Ereignishorizont ist.

Der Umriss des Schattens kann entweder mit numerischer Integration der lichtartigen Geodäten oder auch durch fouriertransformierte Limaςons berechnet werden.[23][24][25][26][27]

Der Beobachter wird im Folgenden als in weiter Entfernung vom Schwarzen Loch und stationär angenommen.   bezeichnet den Polarwinkel der Position des Beobachters.   und   entspricht also einer Position auf der Symmetrieachse der betrachteten Raumzeit.   entspricht dagegen einer Position in der äquatorialen Ebene. Die Wellenlänge des Lichts wird im Vergleich zum Gravitationsradius als vernachlässigbar klein betrachtet. Die Konturlinien sind gegeben durch

 

mit den beiden Parametern

 
 

die noch vom Kerrparameter und der Position des Beobachters abhängen. Ferner gilt noch die folgende Reihenentwicklung

 
 

mit  , wodurch die beobachteten Längenmaßstäbe hier in Einheiten von   betrachtet werden. Der beobachtete Radius des Schattens in Polarkoordinaten ist damit  . Aus der polaren Ansicht bei   rotiert das Schwarze Loch aus der Sicht des Beobachters gegen den Uhrzeigersinn und aus dem Blickwinkel   im Uhrzeigersinn. Der beobachtete Radius des Schattens eines nichtrotierenden Schwarzen Lochs liegt damit knapp über  . Das trifft auch für rotierende Schwarze Löcher zu, wenn diese aus der polaren Perspektive betrachtet werden. Je weiter die Position des Beobachters in der äquatorialen Ebene liegt, umso stärker wird die asymmetrische Verzerrung. Auf der dem Beobachter entgegenrotierenden Seite wird der Schatten eingedellt und auf der von ihm wegrotierenden Seite ausgebeult.

Umfangs- und Flächenformeln

Durch die nichteuklidische Geometrie ergibt sich als Umfang nicht  , sondern in axialer Richtung

 

und in polodialer Richtung

 .

wobei die Funktion   das elliptische Integral 2. Art bezeichnet. Deshalb ist auch die Oberfläche des Ereignishorizonts nicht  , sondern[28]

 

mit dem axialen Radius der Gyration[21][6]

 

der am äußeren Ereignishorizont auf der Äquatorebene für alle   mit dem Schwarzschildradius   zusammenfällt.

Spin

Bei   würde eine nackte Singularität auftreten, da bei derartig hohen Drehimpulswerten kein Ereignishorizont existieren kann.[19] Kip Thorne folgerte schon 1974 aus Computersimulationen des Wachstums von Schwarzen Löchern aus Akkretionsscheiben, dass Schwarze Löcher diesen Grenzwert nicht erreichen (seine Simulationen deuteten damals auf einen maximalen Spin von  )[29]. Auch Simulationen der Kollision zweier Schwarzer Löcher bei hohen Energien von 2009 von E. Berti und Kollegen[30] zeigten, dass man dabei dem Grenzwert zwar sehr nahe kommt ( ), er aber nicht überschritten wird, da Energie und Drehimpuls durch Gravitationswellen abgestrahlt werden.

Allgemein wird meist davon ausgegangen, dass der Grenzwert prinzipiell nicht überschritten werden kann (als Teil der Cosmic Censorship Hypothese).[31] Diese Begrenzung für Schwarze Löcher gilt jedoch nicht für Sterne und andere Objekte mit einer Ausdehnung, die signifikant größer als ihr äußerer Ereignishorizont ist. Diese müssen, bevor sie zu einem Schwarzen Loch kollabieren, einen Teil ihres überschüssigen Drehimpulses nach außen abwerfen, sodass der Spin des resultierenden Schwarzen Lochs letztendlich bei   liegt.[32][33][34]

Bei einem Spinparameter von   würde der Ereignishorizont zudem mit Lichtgeschwindigkeit rotieren. Dieser Grenzwert wird in der Natur zwar nicht erreicht, jedoch kommen manche Schwarze Löcher wie z. B. jenes im Kern der Spiralgalaxie NGC 1365 oder Markarian 335 sehr nah an dieses Limit heran.[35][36][37][38]

Wie bei der Schwarzschild-Metrik in Schwarzschildkoordinaten sind die Polstellen der Kerr-Metrik, welche die Lage der Ereignishorizonte beschreiben, in Boyer-Lindquist-Koordinaten ebenfalls nur Koordinaten-Singularitäten. Durch eine andere Wahl der Koordinaten kann die Raumzeit der Kerr-Metrik ebenfalls bis in das Innere der Ereignishorizonte stetig und ohne Polstellen in der Metrik beschrieben werden.

Bahn von Testkörpern

 
Prograde Bahn eines Testkörpers um ein rotierendes Schwarzes Loch mit  
 
Retrograde Bahn bei einem Spinparameter von  

Die Gleichung für die Bewegung eines Testkörpers in der Kerr-Raumzeit kann über geeignete Hamilton-Jacobi Gleichungen erhalten werden. Eine für die numerische Integration geeignete Form dieser Gleichungen in Boyer-Lindquist-Koordinaten lautet[27][39][40] in den natürlichen Einheiten  , wobei Längen in  , Zeiten in   und der Spinparameter in   gemessen werden:

 
 
 
 
 
 
 
 

Dabei steht der Punkt über den Variablen im Fall eines massebehafteten Testkörpers für das Differenzieren nach der Eigenzeit   und im Fall eines masselosen Testteilchens nach dem affinen Parameter, der anstatt der Eigenzeit die im System der ZAMOs lokal aufintegrierte Strecke des Photons bezeichnet. Im Fall eines massebehafteten Testpartikels erhält man die insgesamt zurückgelegte physikalische Wegstrecke mit dem Integral der Eigenzeit über die lokale 3er-Geschwindigkeit

  mit dem Lorentzfaktor  .

Dabei sind  ,   und   die Komponenten der lokalen 3er-Geschwindigkeit[41]

 

entlang der jeweiligen Achsen, und es ergibt sich[21]

 .

  und   sind die erhaltene spezifische Energie und die Komponente des spezifischen Drehimpulses entlang der Symmetrieachse der Raumzeit.   ist die nach ihrem Entdecker Brandon Carter benannte Carter-Konstante:[42][27][10][39]

 

Diese gehen mit

 

in die Bewegungsgleichungen ein.   ist die polare  -,   die radiale  - und das konstante   die azimutale  -Komponente des Bahndrehimpulses, die sich aus den kanonischen spezifischen Impulskomponenten[43]

 

ergeben. Der Zeitimpuls ist proportional zur Energie:  .   ist der Bahnneigungswinkel des Testteilchens.[5][10] Für massebehaftete Testteilchen ist   während für masselose Teilchen wie Photonen   gilt.

Die 4 Konstanten der Bewegung sind daher   und  .[27] Energie und Drehimpuls können aus den Eigenzeitableitungen der Koordinaten oder der lokalen Geschwindigkeit gewonnen werden:[21]

  
 

Mitbewegte Inertialsysteme

 
Korotation von lokal stationären Messbojen aufgrund des Inertial-Frame-Dragging-Effekts

Aufgrund des Frame-dragging-Effekts korotiert selbst das Inertialsystem eines drehimpulsfreien und lokal ruhenden Beobachters mit der Winkelgeschwindigkeit[36]

 

mit der sich drehenden zentralen Masse mit, wobei die Winkelgeschwindigkeit nach der Koordinatenzeit   des relativ zu den Fixsternen stationären und sich in ausreichend großer Entfernung von der Masse befindenden Beobachters beschrieben wird.

Da der ZAMO relativ zum ihn lokal umgebenden Raum ruht, nimmt die Beschreibung der lokalen physikalischen Vorgänge in seinem Bezugssystem die einfachste Gestalt an.[44][41] So ist z. B. nur in seinem Bezugssystem die Geschwindigkeit eines ihn passierenden Lichtstrahls gleich 1, während sie im System eines relativ zu den Fixsternen stationären Beobachters aufgrund der gravitativen Zeitdilatation verlangsamt und aufgrund des Frame-Draggings im Betrag und in der Richtung verschoben wäre. Der ZAMO kann deshalb als lokale Messboje, relativ zu der die Geschwindigkeit vor Ort   bestimmt wird, verwendet werden.

Die gravitative Zeitdilatation zwischen einem solchen mit   mitbewegten und auf fixem   sitzenden Beobachter und einem weit entfernten Beobachter beträgt

 .

Die radiale lokale Fluchtgeschwindigkeit   ergibt sich damit über

 .

Für einen Testkörper mit   ergibt sich  , d. h., er entkommt der Masse mit der exakten Fluchtgeschwindigkeit.

Kreisbahnen

 
Pro- und retrograde Kreisbahngeschwindigkeit als Funktion von   und  
 
Photonenorbit auf =(1+√2) GM/c² bei einem lokalen Inklinationswinkel von 90°   Wegen der Verdrehung der Raumzeit führt das Photon trotz verschwindenen axialen Drehimpulses eine Bewegung entlang der  -Achse aus. Das führt dazu, dass von weitem eine Bahnneigung von 61° gemessen wird.
 
Ein rotierendes Schwarzes Loch hat 2 Radien, zwischen denen Photonenorbits aller denkbaren Inklinationswinkel möglich sind. In dieser Animation werden alle Photonenorbits für   gezeigt.

Die pro- und retrograde Kreisbahngeschwindigkeit (relativ zum ZAMO) ergibt sich, indem

 

gesetzt und nach   aufgelöst wird. Damit ergibt sich als Lösung

 

für die prograde (+) und retrograde (−) Kreisbahngeschwindigkeit. Für Photonen mit   ergibt sich daher

 

für den pro- und retrograden Photonenkreisradius in Boyer-Lindquist-Koordinaten. Für ein Photon mit verschwindendem axialen Drehimpuls, also einem lokalen Inkliniationswinkel von 90°, ergibt sich ein geschlossener Orbit auf[45]

 

Zwischen   und   sind Photonenorbits aller denkbaren Bahnneigungswinkel zwischen ±180° (retrograd) und 0° (prograd) möglich. Da alle Photonenorbits einen konstanten Boyer-Lindquist-Radius haben,[46] kann der zum jeweiligen   und   passende Inklinationswinkel gefunden werden, indem die radiale Impulsableitung   wie oben auf 0, der initiale Breitengrad   auf den Äquator gesetzt und nach   aufgelöst wird.

Für Photonenorbits auf   ergibt sich außerdem für alle   ein aus der Ferne beobachteter äquatorialer Inklinationswinkel von 90°. Der lokale Inklinationswinkel relativ zu einem mitrotierenden Beobachter vor Ort (ZAMO) ist höher (der axiale Drehimpuls ist dann negativ), wird aber aufgrund des Frame-Dragging-Effekts kompensiert. Im Schwarzschild-Limit mit   fallen die Photonenobits aller Bahnneigungswinkel auf   und bilden die kugelschalenförmige Photonensphäre.

Im extremen Fall von   würden sich auf   sowohl äquatoriale Photonenkreisbahnen mit   als auch gleichzeitig Partikelkreisorbits mit   ergeben. Der Grund dafür ist, dass die vom Zentrum ausgehenden Kreise auf der radialen Koordinate denselben Wert einnehmen können, während sie in der euklidischen Einbettung auch einen unendlichen Abstand zueinander haben können, wenn sie wie im Fall von   den gleichen lokalen Umfang   einnehmen.[41]

Literatur

  • Robert H. Boyer, Richard W. Lindquist: Maximal Analytic Extension of the Kerr Metric. In: Journal of Mathematical Physics. Vol. 8, Issue 2, 1967, S. 265–281. doi:10.1063/1.1705193.
  • Barrett O’Neill: The geometry of Kerr black holes. Peters, Wellesley 1995, ISBN 1-56881-019-9.
  • David L. Wiltshire, Matt Visser, Susan M. Scott (Hrsg.): The Kerr spacetime: Rotating Black Holes in General Relativity. Cambridge University Press, Cambridge 2009, ISBN 978-0-521-88512-6.
  • Roy P. Kerr: The Kerr and Kerr-Schild-Metrics. In: Wiltshire, Visser, Scott: The Kerr Spacetime. Cambridge UP, 2009, S. 38–72 (Erstveröffentlichung: Discovering the Kerr and Kerr-Schild metrics. arxiv:0706.1109).

Einzelnachweise

  1. a b Roy P. Kerr: Gravitational field of a spinning mass as an example of algebraically special metrics. In: Physical Review Letters. Band 11, 1963, S. 237–238, doi:10.1103/PhysRevLett.11.237.
  2. a b c d e Leonardo Gualtieri, Valeria Ferrari (INFN Rome): The Kerr solution. Gleichungen 19.6, 19.7, 19.10 (Boyer-Lindquist), 19.52 (Kerr-Schild).
  3. Masaru Shibata, Misao Sasaki: Innermost stable circular orbits around relativistic rotating stars.
  4. Nikolaos Stergioulas: Rotating Stars in Relativity. S. 16, Kapitel 2.8.
  5. a b c Christopher M. Hirata: Lecture XXVI: Kerr black holes: I. Metric structure and regularity of particle orbits. S. 5.
  6. a b Raine, Thomas: Black Holes: A Student Text. S. 80 ff.
  7. a b Luciano Rezzolla, Olindo Zanotti: Relativistic Hydrodynamics. S. 55 bis 57, Gleichungen 1.249 bis 1.265.
  8. Stijn van Tongeren: Rotating Black Holes. S. 42.
  9. Thibault Damour: Black Holes: Energetics and Thermodynamics. S. 11.
  10. a b c d Misner, Thorne, Wheeler: Gravitation. S. 899, 900, 908.
  11. Bhat, Dhurandhar, Dadhich: Energetics of the Kerr-Newman Black Hole by the Penrose Process. S. 94 ff.
  12. a b c Matt Visser: The Kerr spacetime: A brief introduction. (Erstveröffentlichung: arxiv:0706.0622), S. 10–14, Gleichungen 32–42 u. 55–56.
  13. a b Serguei Komissarov: Electrodynamics of black hole magnetospheres. S. 20.
  14. Andrei u. Valeri Frolov: Rigidly rotating ZAMO surfaces in the Kerr spacetime. (arxiv:1408.6316v1)
  15. Marek Abramowicz: Foundations of Black Hole Accretion Disk Theory. S. 11 ff.
  16. a b Matt Visser: The Kerr spacetime: A brief introduction. (Erstveröffentlichung: arxiv:0706.0622), S. 35, Fig. 3.
  17. Andreas de Vries: Shadows of rotating black holes.
  18. Matt Visser: The Kerr spacetime: A brief introduction. (Erstveröffentlichung: arxiv:0706.0622), S. 27, Formel 116.
  19. a b Gerald Marsh: The infinite red-shift surfaces of the Kerr solution. S. 7. arxiv:gr-qc/0702114.
  20. Katherine Blundell: Black Holes: A Very Short Introduction. S. 31.
  21. a b c d Scott A. Hughes: Nearly horizon skimming orbits of Kerr black holes. S. 5 ff.
  22. Daniel Brennan: Energy Extraction from Black Holes. S. 17.
  23. Andreas de Vries: Shadows of rotating black holes. (12), (13).
  24. Claudio Paganini, Blazej Ruba, Marius Oancea: Null Geodesics on Kerr Spacetimes.
  25. Naoki Tsukamoto: Kerr-Newman and rotating regular black hole shadows in flat spacetime.
  26. Grenzebach, Perlick, Lämmerzahl: Photon Regions and Shadows of Kerr–Newman–NUT Black Holes.
  27. a b c d Hung-Yi Pu, Kiyun Yun, Ziri Younsi, Suk Jin Yoon: A public GPU-based code for general-relativistic radiative transfer in Kerr spacetime. arXiv:1601.02063, S. 2 ff.
  28. Mike Guidry: Rotating Black Holes. Kapitel 13, S. 9.
  29. Kip Thorne: Disk-Accretion onto a Black Hole. II. Evolution of the Hole. Astrophysical Journal, Band 191, 1974, S. 507–520, bibcode:1974ApJ...191..507T
  30. Berti u. a: Cross section, final spin and zoom-whirl behavior in high-energy black hole collisions. Phys. Rev. Lett. Band 103, 2009, S. 131102.
  31. Orlando Luongo, Hernando Quevedo: Characterizing repulsive gravity with curvature eigenvalues.
  32. Joakim Bolin, Ingemar Bengtsson: The Angular Momentum of Kerr Black Holes. S. 2, S. 10, S. 11.
  33. William Wheaton: Rotation Speed of a Black Hole.
  34. Roy Kerr (Crafoord Prize Symposium in Astronomy): Spinning Black Holes. (Youtube, Zeitstempel 36:47).
  35. Harvard Smithsonian Center for Astrophysics: Supermassive Black Hole Spins Super-Fast.
  36. a b Ignazio Ciufolini: Dragging of inertial frames. doi:10.1038/nature06071.
  37. NASA: NuSTAR Sees Rare Blurring of Black Hole Light.
  38. Jeremy Hsu: Black Holes Spin Near Speed of Light.
  39. a b Janna Levin, Gabe Perez-Giz: A Periodic Table for Black Hole Orbits. S. 32 ff. arxiv:0802.0459.
  40. Steven Fuerst, Kinwah Wu: Radiation Transfer of Emission Lines in Curved Space-Time. arXiv:astro-ph/0406401, S. 4 ff.
  41. a b c James Bardeen: Rotating Black Holes: LNRFs. In: The Astrophysical Journal. 1. Dez. 1972, bibcode:1972ApJ...178..347B. Gleichungen (2.9), (3.2), (3.9), Abschnitt III.
  42. Brandon Carter: Global Structure of the Kerr Family of Gravitational Fields. In: Physical Review. Bd. 174, Nr. 5, 25. Okt. 1968.
  43. Hakan Cebeci, Nülifer Özdemir: Motion of the charged test particles in Kerr-Newman-Taub-NUT spacetime and analytical solutions.
  44. Andreas Müller: Lexikon der Astronomie, Abschnitt ZAMO u. Abschnitt Tetrad.
  45. Edward Teo: Spherical Photon Orbits Around A Kerr Black Hole.
  46. Stein Leo: Kerr Spherical Photon Orbits.