Erik Peterson

deutscher römisch-katholischer Theologe
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Juni 2006 um 00:29 Uhr durch Peter Hammer (Diskussion | Beiträge) (Wikifizierung und kleine Ergänzungen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Erik Peterson Grandjean (* 7. Juni 1890 in Hamburg; † 26. Oktober 1960 in Hamburg) war römisch-katholischer Theologe.

Leben

Peterson hatte Vorfahren, die teils schwedischer, teils französischer Herkunft waren. Nach seiner Promotion und Habilitation lehrte er seit 1920 als Privatdozent für christliche Archäologie und Kirchengeschichte in Göttingen sowie ab 1924 als Professor für Kirchengeschichte und Neues Testament in Bonn. Im Jahr 1930 konvertierte er in einem aufsehenerregenden Schritt vom evangelischen 1930 zum katholischen Glauben.

Nach der Machterfgreifung ohne Lehrmöglichkeit in Deutschland, erkämpft sich Peterson in Rom – wo er seit 1933 bis kurz vor seinem Tod lebte und eine Familie mit fünf Kindern gründete – unter größten wirtschaftlichen Schwierigkeiten ein kleines kirchenhistorisches Deputat am Päpstlichen Institut für christliche Archäologie (1937), das 1947 zu einer zunächst außerordentlichen, 1956 ordentlichen Professur erweitert wurde.

Werk und Wirkung

Seit den 1920er Jahren hatte sich Peterson zunächst befreit von früheren Bindungen an eine pietistische Religiosität sowie den Einflüssen der Religionsgeschichtlichen Schule und sich rasch einen umfassenden [[Patristik|patristischen auch einen breiten exegetischen Horizont erarbeitet.

Seine bedeutenden Publikationen beginnen im Jahr 1926 mit dem Buch "Heis Theos", die er in weiteren Spezialstudien zum christlichen Altertums fortsetzte, und damit wichtige Impulse zum Verständnis des antiken Gnostizismus, Askese und Apokalyptik sowie zum Verhältnis von Judentum und Christentum gab (Sammelband fachwissenschaftlicher Aufsätze "Frühkirche, Judentum, Gnosis", 1959).

In Auseinandersetzung sowohl mit der liberalen (Adolf von Harnack) wie auch mit der dialektischen Theologie (Karl Barth) provozierte Peterson 1925 mit den Traktaten "Was ist Theologie?" und 1928/1929 "Die Kirche" skandalträchtiges Aufsehen. Sein Plädoyer gilt der Rückgewinnung dogmatischer Autorität und spezifisch kirchlicher Öffentlichkeit, womit er sich zunehmend dem katholischen Kirchenbegriff annäherte. In ihrer phänomenologischen Methodik und inhaltlichen Orientierung an der urchristlichen Eschatologie weisen Petersons Schriften jedoch auch in der katholischen Theologie weit voraus.

Als Theologe wirkt er durch Vortragsreisen und Publikationen während der NS-Diktatur weiterhin vor allem im deutschsprachigen Raum mit sublimen ideologiekritischen Auseinandersetzungen in der Form von Schrift- und Geschichtsdeutung ("Die Kirche aus Juden und Heiden", 1933; "Zeuge der Wahrheit", 1937). 1935 erscheint die bis heute im Umkreis politischer Theologie viel diskutierte Studie "Der Monotheismus als politisches Problem", die auch den geistigen Bruch mit dem befreundeten Carl Schmitt öffentlich macht. Im selben Jahr vereinigt das Büchlein "Von den Engeln" (1935) luzide die kirchlichen, liturgischen, politischen und mystischen Dimensionen der Theologie Petersons.

Der Traktat "Die Kirche aus Juden und Heiden" beeinflusste Jacques Maritain, der sich in seiner Abhandlung "Les juifs parmi les nations" (Paris 1938) ausdrücklich auf ihn berief. Indirekt kommt Peterson damit die Rolle eines Anregers für die Wandlung der Haltung der katholischen Kirche zum Judentum zu, die nicht zuletzt auf Anregung Maritains auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil vollzogen wurde, obwohl ihm gerade für diese Anhamdlung "subtiler Antisemitismus" vorgeworfen worden ist (Karl Löwith).

Peterson blieb zeitlebens ein Außenseiter nach dem Vorbild Søren Kierkegaards und galt nach seinem Tod lange als ein "Geheimtipp". Am bekanntesten sind seine in den "Theologischen Traktaten" 1951 (neue Ausgabe Würzburg 1994) gesammelten Studien der Vorkriegszeit. In ihnen konzentriert sich brennpunktartig und fruchtbar die dialektische Spannung zwischen Theologie und moderner Geschichtswissenschaft.

Die meditativen, zum Teil rätselhaften "Marginalien zur Theologie" (1956) mit Aufsätzen u.a. über die "Theologie des Kleides", "Das Lachen Saras", den Existentialismus und die Gnosis sowie mit sehr persönlichen aphoristischen "Fragmenten" führen weit in die spirituelle Tiefenstruktur eines Denkers hinein, dem ein christlich motiviertes Exil inmitten von Kapitalismus und Technisierung schließlich zur einzig möglichen Existenzweise geworden war.

Erst mit der Aufarbeitung des umfangreichen Nachlasses (aufbewahrt an der Universität von Turin) wird nun der beträchtliche Einfluss sichtbar, den dieser Pionier auf Theologen wie Karl Barth, Ernst Käsemann, Heinrich Schlier, Joseph Ratzinger und die französische Theologie (Jean Daniélou, Yves Congar etc.) ausgeübt hat. Einzelne Schriften Petersons wurden seinerzeit und werden neuerdings wieder ins Italienische, Französische, Spanische und Englische übersetzt.


Literatur

Seit 1994 erscheinen bereits veröffentlichte und nachgelassene Werke Erik Petersons in der Ausgabe "Ausgewählte Schriften" beim Echter Verlag Würzburg (hg. von Barbara Nichtweiß).

Die maßgebliche Arbeit zu Erik Peterson ist die Biographie von Barbara Nichtweiß: Erik Peterson. Neue Sicht auf Leben und Werk. Freiburg u.a., Herder 1992.

Webseite über Erik Peterson Enthält: Bibliographie der Veröffentlichungen Petersons (418 Titel), aktuelle Übersicht über ältere und neuere Forschungsliteratur, Nachrichten über den Fortschritt der Werkausgabe.