Billy Wilder

US-amerikanischer Drehbuchautor, Regisseur und Filmproduzent österreichischer Herkunft
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Billy Wilder (* 22. Juni 1906 in Sucha Beskidzka, Galizien, Österreich-Ungarn, heute Polen; † 27. März 2002 in Beverly Hills/Los Angeles; eigentlich Samuel Wilder) war ein US-amerikanischer Drehbuchautor, Regisseur und Produzent österreichischer Herkunft. Sein Werk umfasst in mehr als 50 Jahren über 60 Filme.

Er erhielt 1945 für Das verlorene Wochenende und 1960 für Das Appartement den Oscar als bester Regisseur.

Herkunft

Der aus Galizien stammende Samuel Wilder war der Sohn jüdischer Eltern. Sein Vater Max Wilder betrieb in Krakau das Hotel City sowie mehrere Bahnhofsrestaurants in der Umgebung.

Bei Ausbruch des ersten Weltkriegs zog die Familie nach Wien. Nach seiner Matura ergriff Samuel den Beruf eines Reporters. 1926 zog er nach Berlin und arbeitete hier für verschiedene Zeitungen. Dabei lebte er in ärmlichen Verhältnissen.

Der Berliner

 
Gedenktafel in Berlin

In Berlin-Schöneberg erinnert am Haus Viktoria-Luise-Platz 11 eine Gedenktafel an ihn. Zu dieser Gedenktafel findet sich in Hellmuth Karaseks Wilder-Hommage Nahaufnahme folgende Anekdote: „Einmal (1987) kamen wir auch, es war abends, an dem Haus am Viktoria-Luise-Platz 11 vorbei. Wilder zeigte nach oben: „Dritter Stock. Familie York-Schulz. Eineinhalb Jahre. Ein winziges Zimmer mit düsterer Tapete. Wand an Wand mit einer ständig rauschenden Toilette.“ Wilder erzählte mir, wie er einen Abend zuvor zusammen mit seinem Freund, dem Filmproduzenten Willy Egger, eine Marmortafel an eben diesem Haus entdeckt habe. Er zeigte sie mir: „Dort!“ – „Und man hat mich nicht einmal um Erlaubnis gefragt“, habe er, halb geschmeichelt, halb entsetzt zu Egger gesagt. Egger und er traten näher. Auf der Tafel stand [Text siehe Abb.]. Egger versuchte ihn zu trösten. Aber Wilder sagte nur: „Dabei hätte ich ihnen, um die Wahrheit zu sagen, die Erlaubnis gegeben.“ Wilder wohnte hier 1927 zur Untermiete in einem winzigen Zimmer, hier begann auch seine Filmkarriere „als nämlich eines Nachts Herr Galitzenstein, Direktor der Maxim-Film, in Unterhosen in Wilders Zimmer stand, weil er aus dem Schlafzimmer der Nachbarin die Flucht ergreifen musste. Und darum gar nicht anders konnte, als Billy Wilders erstes Drehbuch zu kaufen“ .

Als Ghostwriter für bekannte Drehbuchautoren wie Robert Liebmann und Franz Schulz konnte er sich neben seiner Tätigkeit als Reporter eine zusätzliche Einkommensquelle erschließen. So trug er seinen Teil bei zu dem Filmklassiker Menschen am Sonntag (u. a. mit Curt Siodmak, Robert Siodmak, Fred Zinnemann und Edgar G. Ulmer). Alle Beteiligten an diesem filmischen Zeitdokument aus Berlin waren damals noch Filmamateure. Gemeinsam mit Erich Kästner schrieb er 1931 das Drehbuch für die Erstverfilmung von Emil und die Detektive.

Der Emigrant

Unmittelbar nach dem Reichtagsbrand 1933 floh er nach Paris, wo er sich als Ghostwriter für französische Drehbuchautoren seinen Lebensunterhalt verdiente. Hier inszenierte er auch, mit geringem Erfolg, seinen ersten Film. 1934 konnte er, durch Joe May mit einem Besuchervisum ausgestattet, in die USA einreisen.

Hier nannte er sich jetzt "Billy" und wurde 1936 von der Paramount Pictures unter Vertrag genommen. Er schrieb die Drehbücher zu überaus erfolgreichen Komödien wie Ninotschka und Enthüllung um Mitternacht (beide 1939). Da er aber mit der Umsetzung seiner Ideen zunehmend unzufrieden war, setzte er alles daran, um selbst den Regisseurssessel zu erobern. Dies gelang ihm erstmals 1942 mit dem Film Der Major und das Mädchen.

Der Promi

Nach Kriegsende kam Wilder im Auftrag der amerikanischen Regierung im Rang eines Colonels nach Deutschland und inszenierte im kriegszerstörten Berlin 1947/48 Eine auswärtige Affäre, die sich kritisch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit von Menschen im besetzten Deutschland auseinandersetzte.

Nach 1950 war Wilder meist auch als Produzent an seinen Filmen beteiligt. Er schuf Klassiker wie Boulevard der Dämmerung (1950) mit Gloria Swanson als verblendete Ex-Diva, Das verflixte 7. Jahr (1955) und Manche mögen's heiß (1959), jeweils mit Marilyn Monroe, Zeugin der Anklage (1958) mit Marlene Dietrich und Das Appartement (1960) sowie Das Mädchen Irma la Douce (1963), jeweils mit Shirley MacLaine.

Wilders spätere Werke konnten an die Erfolge seiner Glanzzeit nicht anknüpfen. Ab Mitte der 80-er Jahre beschränkte er sich auf die Tätigkeit eines Beraters bei United Artists. 1989 ließ er seine Gemäldesammlung versteigern. Der Erlös betrug 32,6 Millionen Dollar.

Billy Wilder war von 1936 bis 1947 mit Judith Coppicus-Iribe verheiratet (Tochter Victoria, *1939) und ab 1949 mit der Schauspielerin und Sängerin Audrey Young.

Sein Leitspruch lautete: „Langweile dich nicht und langweile andere nicht.“

Filmografie (Auszug)

Legende:

1 Jahr der ersten öffentlichen Aufführung
2 Beteiligung Wilders: Produktion, Regie, Buch, Darsteller

bis 1945

Vorlage:Filmographie2

ab 1946

Vorlage:Filmographie2

Auszeichnungen

Academy Awards

gemeinsam mit Charles Brackett

gemeinsam mit Charles Brackett, D.M. Marshman Jr.

gemeinsam mit I.A.L. Diamond

Golden Globes

Writers Guild of America

gemeinsam mit Charles Brackett und D.M. Marshman Jr.

  • 1955 WGA Awards (Screen) für die am besten geschriebene amerikanische Komödie Sabrina (1955),

gemeinsam mit Samuel L. Taylor und Ernest Lehman

gemeinsam mit I.A.L. Diamond

gemeinsam mit I.A.L. Diamond

  • 1961 WGA Award (Screen) für die am besten geschriebene amerikanische Komödie Das Appartement (1960)

gemeinsam mit I.A.L. Diamond

Directors Guild of America

gemeinsam mit Hal W. Polaire (Regie-Assistenz)

Cannes Film Festival

Laurel Awards

  • 1963 Golden Laurel für den Spitzen-Produzenten/Regisseur

PGA Golden Laurel Awards

BAFTA Awards

Blue Ribbon Awards

Bodil Awards

David di Donatello

  • 1975 David di Donatello für den besten Regisseur in Extrablatt (1974)

Fotogramas de Plata

  • 1982 Fotogramas de Plata für den besten (ausländischen) Film Fedora (1982),

gemeinsam mit "Atlantic City (1980)

Italian National Syndicate of Film Journalists

Venedig Film Festival

Walk of Fame

  • (Jahr unbek.) Stern auf dem Walk of Fame: 1751 Vine Street

Literatur (Auswahl)

  • Neil Sinyard, Adrian Turner: Billy Wilders Filme. Berlin: Wissenschaftlicher Verlag Spiess, 1980. ISBN 3-89166327-7
  • Claudius Seidl: Billy Wilder. Seine Filme – sein Leben. München: Heyne, 1988. ISBN 3-453-00657-7
  • Hellmuth Karasek: Billy Wilder. Eine Nahaufnahme. München: Heyne, 1994. ISBN 3-453-07201-4 [zuerst 1992]
  • Andreas Hutter, Klaus Kamolz: Billie Wilder. Eine europäische Karriere. Böhlau, Wien, Köln, Weimar, 1998. ISBN 3-205-98868-X
  • Cameron Crowe: Hat es Spaß gemacht, Mr. Wilder? Verlag Diana, 2000. ISBN 3-82845031-8
  • Glenn Hopp: Billy Wilder. Sämtliche Filme. Köln: Taschen, 2003. ISBN 3-82281685-X
  • Glenn Hopp: Billy Wilder. Filme mit Esprit 1906-2002. Köln: Taschen, 2003.
  • Michael Hanisch: Billy Wilder. Von Galizien nach Beverly Hills. Berlin: Hentrich und Hentrich, 2004. ISBN 3-93347172-9.
  • Daniel Hermsdorf: Billy Wilder. Filme - Motive - Kontroverses. Bochum: Paragon-Verlag, 2006. ISBN 3-932872-16-9.