Zum Inhalt springen

Hartz-Konzept

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. Juli 2004 um 17:13 Uhr durch 213.39.223.199 (Diskussion) ([[Hartz IV]]). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Reformvorschläge aus der Kommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" (Hartz-Kommission) vom Sommer 2002. Es ist Bestandteil der Agenda 2010.

Das Hartz-Konzept wird auch in den Medien als Hartz-Paket bezeichnet, da es ein Bündel von verschiedenen Reformmaßnahmen enthält. Zur besseren Umsetzung im Gesetzgebungsverfahren wurden die Maßnahmen aufgeteilt und werden daher mit der Kurzbezeichnung Hartz I, Hartz II, Hartz III und Hartz IV bezeichnet. Die Maßnahmen von Hartz I, II und III wurden bereits vom Gesetzgeber verabschiedet und in Kraft gesetzt. Hartz IV befindet sich gegenwärtig im laufenden Gesetzgebungsverfahren und ist daher noch nicht verabschiedet.

Hartz I

Gesetzliche Grundlage von Hartz I ist das "Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", das am 1. Januar 2003 in Kraft trat. Ziel ist die Erleichterung von neuen Formen der Arbeit. Dieses Gesetz schaffte die Voraussetzungen für eine mögliche Einstellung Arbeitsloser in Personal-Service-Agenturen (PSAs).

Datei:Lohnnebenkosten Minijob-Midijob-reguläre Beschäftigung.png
Lohnnebenkosten im Vergleich


Hartz II

Gesetzliche Grundlage von Hartz II ist das "Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" und ist ebenfalls am 1. Januar 2003 in Kraft getreten. Darin werden die neuen Beschäftigungsarten Minijob und Midijob geregelt, die Gründung einer Ich-AG und die Einrichtung von Job-Centern. Siehe auch die Grafik 'Lohnnebenkosten im Vergleich'.

Hartz III

Gesetzliche Grundlage von Hartz III ist das "Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" vom 1. Januar 2004. Schwerpunkt ist die Restrukturierung und der Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitsamt) in die Bundesagentur für Arbeit.

Gesetzliche Grundlage von Hartz IV wird das "Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" sein und zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Es wurde am 16. Dezember 2003 vom Deutschen Bundestag und am 9. Juli 2004 vom Bundesrates verabschiedet. Das Gesetz regelt die Zusammenführung von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe. Beide Sozialleistungen sollen bei erwerbsfähigen Arbeitslosen direkt bei der Arbeitsagentur verwaltet werden. Das bisherige Arbeitslosengeld wird zum neuen Arbeitslosengeld I, die Arbeitslosenhilfe entfällt. Wer die verschärften Kriterien für einen Bezug des Arbeitslosengeldes I nicht erfüllt, fällt direkt auf die Sozialhilfe zurück, die dann Arbeitslosengeld II heißt. Die Befürworter argumentieren, dass das Arbeitsamt dann näher am Arbeitslosen dran sein soll und ihm, ohne Umwege über verschiedene Behörden, schneller Arbeit vermitteln kann. Kritiker sehen darin einen Abbau des Sozialstaates mit negativen Folgen für die Betroffenen. Sie sagen, Arbeitslosigkeit sei kein persönliches Verschulden, sondern angesichts Millionen fehlender Stellen ein Massenphänomen, dem nicht mit Bestrafung der Arbeitslosen beizukommen sei.

Weitere Neuerungen neben dem Arbeitslosengeld II:

  • In der Arbeitsvermittlung sollen Langzeitarbeitslose mit speziellen Eingliederungsverträgen dazu verpflichtet werden sich auch selbst um Arbeit zu bemühen. Ein Fallmanager soll nicht mehr als 75 Personen betreuen.
  • Beim Arbeitslosengeld II kann mehr hinzuverdient werden als bisher. Ab 1500 € wird jeder hinzuverdiente Euro vom Arbeitslosengeld II abgezogen.
  • Wer jünger als 25 ist, wird sofort in ein Praktikum, eine Ausbildung, eine berufsvorbereitende Qualifizierung vermittelt.
  • Langzeitarbeitslose müssen zukünftig jeden legalen Job annehmen.
  • Für Arbeitslosengeld II-Empfänger werden Beiträge der Sozialversicherung (Rente, Kranken- und Pflegeversicherung) bezahlt.
  • Wer eine legale Arbeit ablehnt, dem wird das Arbeitslosengeld II für drei Monate um ca. 100 € gekürzt und für Personen unter 25 eventuell sogar ganz gestrichen.
  • Die Kommunen erhalten vom Bund 3,2 Milliarden €, so dass sie um ca. 2,5 Milliarden € entlastet werden.
  • 69 Kommunen dürfen ihre Langzeitarbeitslosen selbst betreuen.

Verwandte Themen: Arbeitslosigkeit, Bundesagentur für Arbeit, Sozialrecht, Agenda 2010, Sozialstaat, Sozialabbau, Reform, Staatsverschuldung

Kritik

Dr. Hermann Scherl, Professor für Sozialpolitik an der Universität Erlangen, hat im August 2003 eine Zwischenbilanz erstellt [1]. Darin prognostiziert er statt der im Hartz-Bericht angekündigten Senkung der Arbeitlosigkeit von 2 Millionen Arbeitslosen nur eine Senkung um höchstens 400.000 Arbeitslose. Außerdem kritisiert er die Missbrauchsmöglichkeiten bei der Ich-AG, Unattraktivität der Minijobs für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, Aufteilung regulärer Arbeitsplätze in mehrere Minijobs, geringe Nutzung und Mitnahmeeffekte beim Job-Floater, und die nur teilweise Deregulierung der Arbeitnehmerüberlassung. Er lobt die politische Anerkennung der Arbeitnehmerüberlassung, die Verbesserung der Vermittlung durch die Bundesanstalt für Arbeit, und die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe.

Hermann Scherl: Die Vorschläge der Hartz-Kommission und deren Umsetzung. Eine Zwischenbilanz. In: List-Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik, Band 29 (2003), Heft 3, Nomos-Verlags-Gesellschaft ISSN 0342-2623 ISSN 0937-0862, S. 216-236

Literatur

  • Peter Hartz u.a.: Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Vorschläge der Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Berlin 2002