Rhöner Platt (auch Rhönerisch oder Rhönisch) ist die Mundart, die in der Rhön gesprochen wird.
Die Rhön erstreckt sich über die drei Bundesländer Bayern, Hessen, Thüringen. Man kann danach grob den Rhöner Dialekt untergliedern. Allerdings unterscheidet sich die Mundart oft auch schon von Dorf zu Dorf.
Regionale Besonderheiten
Das „Rhöner Platt “ Thüringens, genauer Südthüringens, und Hessens teilt sich in zwei deutlich voneinander abzugrenzende Sprachgebiete. Die Grenze verläuft durch die gesamte Rhön aus Süd-West nach Nord–Ost und grenzt den mainfränkischen von einem osthessischen Teil ab. Diese Tatsache hat zur Folge, dass man sehr starke Parallelen auf einer Linie von Fulda über Tann nach Bad Salzungen erkennen kann, währenddessen südlich dieser Sprachgrenze in Hessen, Bayern und Thüringen Hennebergisch bzw. Grabfeldisch gesprochen wird. Grundsätzlich kann man eine starke fränkische Prägung der gesamten Rhön nicht verleugnen. Die gesprochenen Dialekte verdeutlichen die Besiedlungsgeschichte der Rhön und ihrer angrenzenden Territorien maßgeblich, welche noch in die Zeiten Karl des Großen zurückgehen dürfte und sich in mehreren Etappen vollzog. Abgesehen von der keltischen Urbesiedlung wurden die ersten germanischen Siedlungen vermutlich von Chatten, Hermunduren und später von Thüringern gegründet. Es ist auch zu vermuten, dass Alemannen dieses Gebiet durchzogen und z.B. Orten mit -ingen und -ungen ihre Namen gaben. (z.B. Meiningen,Salzungen,Breitungen...) Der Dialekt südlich des Salzbogens wird sich aus dem Mainfränkischen entwickelt haben. Nach der Eroberung des Thüringer Reiches im 5. Jh., drängten fränkische Siedler, die einst bis an den Main siedelnden Thüringer, bis über den Rennsteig zurück. (Im wesentlichem entspricht das thüringische Franken dem ehm. Bezirk Suhl, also der fränkischen Grafschaft Henneberg.) Da es im Gebiet um Bad Salzungen immer wieder zu erbitterten Machtkämpfen um die existierenden Salzquellen kam, entstand hier ein Mischdialekt aus mainfränkischen, osthessischen und westthüringischen Mundarten, was den ständigen Wechsel der hiesigen Machtverhältnisse verdeutlicht.
Auch wenn das Territorium der thüringischen Rhön, nördlich des Salzbogens, als Westthüringisch (Thüringisches Wörterbuch) bezeichnet wird, sucht man die für Thüringen sprachlich charakteristischen Eigenschaften wie den typischen Gesang in der Sprache hier vergebens. Sprachforschungen haben, im Vergleich ausgewählter Begriffe, zu einer solchen Einordnung geführt. Betrachtet man aber die Gesamtheit der Sprache, kann man kaum Parallelen feststellen und der „Uiswäardije“ wird meinen er sei schon in Hessen oder Franken. Eventuell war vor 130 Jahren auch mehr der Wunsch der Vater des Gedanken, um den fränkischen Süden mental an das zukünftige Land Thüringen zu binden.
Deshalb werden in diesem Artikel für diese Dialektbetrachtung die ausgesuchten Wörter der Sprachforschung, wie z.B. Apfel, Wein, Mann etc., bewusst nicht einbezogen, da man damit das Gesamtbild einer Sprache, gerade in Grenzregionen und Übergangsbereichen, fast vollständig verzerrt.
In einem Wörterbuch oder beim Festlegen von Dialektgrenzen, wären eventuell die Eigenheit des „B“ für „W“ bei Fragewörtern oder die Bezeichnung für Gestern „Nächde“ ein entscheidendes Kriterium Sprachgrenzen festzulegen. Rhöner, die des Dialekts noch mächtig sind, haben ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer näheren Sprachregion, als zu wissenschaftlich festgelegten Grenzen welche kaum nachzuvollziehen sind.
Wortschatz, Grammatik
Beispiele aus der Thüringischen Rhön und Vorderrhön:
Typisch für die gesamte Rhön ist die Aussprache von Fragewörter mit „W“, welches zu „B“ wird. Aus WIE wird BIE ; WAS – BOAS ; WARUM – BOARÜMM und so weiter. Beispiel: „ Wer es nicht glaubt, soll es mauern - Baers ned glaid , d’r müerds. Deutlich fränkisch ist z.B. die Bezeichnung für Hausflur, welcher fast überall (Hus-, / Huis- ) Earrn genannt wird. Das Wort für Gestern ist trotz einiger Abwandlungen Nächde.Das hessische bämbeln für hängen , eiwie für jetzt und iwes für irgend hört man hier genauso wie das thüringische Kärrnje als kleiner Wagen , dämmeln für treten oder unsere bekannten Klöße, die Hütes. Einen guten Einblick in das "Platte" der Thüringischen Rhön und Vorderrhön liefert der Dichter und Sagensammler Christian Ludwig Wucke in seinem Buch „ Uis minner Haimet „ .
Lautverschiebungen
Umlaut "au" --> ui ; u; ü
Bsp.: *Aus Haus wird Huis; Hus oder in einigen Dörfern auch als Hüüs gesprochen.
Wir sind aus dem Haus raus gegangen. "Mei senn uis'm Huis ruis goange"
Voersilbe "ei" --> ih
Bsp.: *Aus eingekauft wird ihn'käuwd; ihn'kaiwd oder südlicher ihn'köuwt.
Was hast du gestern eingekauft ? " Boas hoast dou nächde ihn'käuft ? "
eingeben --> inga
einschenken --> inscheank
Einkommen --> Inkomm
Umlaut -ei
-Ei wird nicht wie im Hochdeutschen (er weiss, heiraten ...)gesprochen.
Die Aussprache dieses Umlautes gleicht dem Ruf "Hey" also einem -äi.
Der "a"- Laut --> oa
Bsp.: *Aus der Zahl acht wird oacht, aus gedacht wird gedoacht , aus was wird boas
Was machst du heute um acht ? Boas moachst dou hitt (hütt) omm (ümm) oacht ?
Achtung Ausnahme! Aus Arbeit wird nicht Oarwed sondern Ärwed.
Einzelwörter:
Arbeit | Ärwed | |
aus | uis | |
Ausrede | Uisrede' | |
baumeln, hängen | bämbel | |
Bohnen | Buinn | |
Deichsel | Gischel | |
etwa | *ängst | "Weisd dous ängst bäss'r ?" |
Großmutter | Äller | |
Großvater | Ällerfoad’r | |
heiraten | frei | |
irgend (igendwie) | *iwes(-d) (iwesbie) | "Bann ech iwes (-d) äbbes feng!" |
Kopf | Haid | |
Kopftuch | Haidleappje | |
Kücken | Liffche | |
Linkshänder | Läinkdoadsch | |
Nacken | Anke | |
Ohrfeige | Doachtel | |
rollen | hullern | |
St. Nikolaus | Herrsche Kloas | |
Vogel | Voil | |
Vogelhaus | Voilcheshuis | |
Übriggebliebenes | ewwerläng's | |
Klöße | Hüt's (Hütes) |
Fragewörter:
wie ? | bie ? |
wer ? | baa(r)? |
was ? | boas? |
warumm? | boarümm? (b'rümm?) |
wohin? | bohenn? (bohi?) |
woher? | bohaer? (buhaer?) |
Ortsnamen:
Breitungen | Breidje |
Dermbach | Därmich |
Dietlas | Dädels |
Dorndorf | Dornef |
Gaisa | Gais |
Kaltenborn | Kalleborn |
Kaltennordheim | Nurde |
Kaltensundheim | Soinde |
Pleß(berg)- | Bläss(baerk) |
Salzungen | Sälzenge |
Vacha | Fach |
Weilar | Wiler |
Satz-Beispiele
Wir gehen arbeiten. | Mäi genn ärwed. | |
Halte deinen Mund! | Hall’s Muill! ( Moach kai geblärr!) | |
Gestern waren wir auf dem Friedhof. | Nächde sinn mai uif’m Kerfech gewoasd | |
Das war ein alter Lump! | Doas woar’ a aller Huiddich! | |
Es gibt noch Kraut von Gestern | s gitt noach ewwerlängs Kruid vuon nächde. | |
Er will heiraten | e gedd off de Freierei | (Achtung ! Aussprache siehe oben!) |
Komm einmal zu mir! | Ge' ma haa! / Kömm (Kimm) moa bäi mech! | |
Er trinkt zuerst ein Bier | Doa pfizd e ärschd e Gaales | |
Es regt und rührt sich nichts | 's raed uon rebbeld sech nöschd |
Franken- fränkisch(Bayrische Rhön/Thür.südlich Salzbogen)
Aussprache
Bei der Aussprache der Worte kommt es häufig zu Lautverschiebungen:
aus | wird | aus | wird | |
a | o, å | e | ä | |
i | i(e), ai | o | ü | |
u | u(o), au | t | d | |
p | b | w | b |
Beispiele
Moggele | Kalb |
Hammele | Lamm, Schäfchen |
Hebbele | Zicklein, kleine Ziege |
Läüskaaber | Lausejunge |
Kaind | Kind |
Jongg | Junge |
Fraa | Frau |
Moo | Mann |
Weißbill | Mädchen, junge Frau |
uendisnächde | vorgestern |
Drabbe | Treppe |
äbbes | etwas |
Bås hasde gsöhd? | Was hast du gesagt? |
Mer sinn hemm gange. | Wir sind heim gegangen. |
Die Rhüe is schüe. | Die Rhön ist schön. |