Eulersche Formel

Brücke zwischen trigonometrischen Funktionen und Exponentialfunktionen
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 20. Juni 2006 um 11:11 Uhr durch 134.130.144.165 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die eulersche Identität bezeichnet die Formel

Veranschaulichung in der komplexen Zahlenebene

und bildet das Bindeglied zwischen trigonometrischen Funktionen und den komplexen Zahlen. Dabei bezeichnet e die eulersche Zahl (Basis des natürlichen Logarithmus) und die imaginäre Einheit der komplexen Zahlen.

Die Gleichung erscheint in Leonhard Eulers Introductio, veröffentlicht in Lausanne 1748 unter der Voraussetzung (aus der Anschauung wird klar, dass auch Winkel genannt wird), sie gilt jedoch auch für alle komplexen Argumente .

Für den Winkel (die Kreiszahl) ergibt sich die Identität

die einen verblüffend einfachen Zusammenhang zwischen den fünf beteiligten mathematischen Konstanten herstellt: Die Eulerschen Zahl , die imaginären Einheit der komplexen Zahlen, die Einheit 1 der reellen Zahlen, die Kreiszahl und die Null.

Richard Feynman nannte diese Gleichung in seinem Notizbuch die "bemerkenswerteste Formel der Welt", andere nennen sie die schönste Formel der Mathematik. Spötter sagen, diese Formel besage nichts anderes als: "Wenn man sich umdreht, schaut man in die andere Richtung."

Motivation

Wir betrachten die Funktion

 

Der Nenner ist nie Null, denn es gilt

 

Die eulersche Identität besagt gerade, dass   für alle   gilt. Wir zeigen das in den folgenden Schritten:

  • Wir zeigen f '(x)=0 für alle  .
  • Da die Ableitung überall Null ist, ist   konstant.
  • Da   gilt, muss   konstant gleich 1 sein.

Berechnen wir also die Ableitung von   nach der Quotientenregel: Die Ableitung des Zählers ist

 

die des Nenners

 

Damit ergibt sich

   
 
 

i hoch i

Die Potenz   der imaginären Einheit kann man mit der eulerschen Identität so berechnen: Setzt man   in die Identität ein, erhält man

 

Dies bedeutet aber gerade, dass   eine Lösung der Gleichung

 

ist und damit gilt nach Definition der Logarithmusfunktion (die sich vom Reellen ins Komplexe überträgt):

 

(Ln mit großem L bezeichnet den Hauptwert, mehr dazu unten).

Die Definition der Potenz zweier komplexer Zahlen   und   lautet:
 

(wobei zu beachten ist, dass es sich hierbei nicht, wie im Reellen, um eine beweisbare Aussage handelt, sondern überhaupt erst eine Definition der komplexen Potenz darstellt). Möchte man nun die Potenz   berechnen, so erhält man also:

 

Dies lässt sich mit dem Ergebnis von oben wie folgt schreiben:

 

so dass sich erstaunlicherweise ein reeller Zahlenwert ergibt.

Beachte:

Wegen der  -Periodizität der komplexen Exponentialfunktion, sind auch alle Werte der Form

  mit   Lösungen von  , damit gilt also auch
 

womit sich für die hier behandelte Potenz der Wert

  mit  

ergibt, was zeigt, dass ihr in Wirklichkeit unendlich viele Werte (die jedoch alle reell sind!) zugeordnet werden, eine Eigenschaft, die die komplexe Potenz allgemein hat. Lediglich für den Hauptwert des Logarithmus, dessen Imaginärteil im Intervall   liegt, ergibt sich der oben berechnete Wert.