Schichtstufe

Gelände- bzw. Reliefform
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Mit dem Begriff Schichtstufenlandschaft wird eine strukturbetonte Landschaftsform bezeichnet, deren Oberflächenform aus einem gleichmäßigen Wechsel zwischen geneigten und ebenen Flächen besteht. So entsteht eine Schichtstufenlandschaft immer durch den Wechsel zwischen härteren und weicheren Schichten, deren Petrovarianzen eine jeweils charakteristische Landform induzieren. Die härtere Schicht wird dabei in der Regel als Stufenbildner und die weichere als Sockelbildner bezeichnet.

Luftbild über die Schichtstufenlandschaft des Nord-Schwarzwalds

Die Schichtstufenlandschaft als strukturbetonte Landschaftsform

Die Wechsellagerung von Gesteinsschichten unterschiedlicher Härte ist demnach die Grundvoraussetzug für die Entstehung von Schichtstufen. Man kann sich das so vorstellen, dass die weicheren Schichten eher von Wind, Regen etc. zerstört werden als die härteren, weshalb die härteren stehen bleiben und große Stufen in der Landschaft bilden - so genannte Schichtstufen. Dabei unterscheidet man zwischen heterolithischen Schichtstufen und homolithischen Schichtstufen. Im ersten Fall handelt es sich um Schichten unterschiedlicher Gesteine, während im zweiten Fall die Schichtstufen durch unterschiedliche Härte innerhalb derselben Gesteinsart entstehen. Bei einer homolithischen Schichtstufenlandschaft können unterschiedliche Bindemittel oder eine oberflächliche Verkrustung für die Entstehung verantwortlich sein. Wichtig ist bei der Erklärung der Schichstufenlandschaft (Strukturform) ihr offensichtlicher Bezug zu ihrer geologisch-tektonischen Beschaffenheit. Sie sollten daher nicht mit den morphologisch ähnlich ausgeprägten Rumpfflächen verwechselt werden, deren Entstehung weitestgehend auf exogene Prozesse zurückgeht (Skulpturform).

Die Ausgangsmaterialien der Schichtstufenlandschaften sind in der Regel meistens mesozoische Sedimentgesteine. In Mitteleuropa findet man Muschelkalk oder Buntsandstein als häufigen Stufenbildner, während die Sockelbildner meist aus Mergel oder Tonschiefer bestehen. Andere stufenbildende Ausgangsmaterialien wie beispielsweise Vulkanite über Tuffen können allgemein auch zu Schichtstufenlandschaften führen, bleiben aber weltweit eine Ausnahme.

Anmerkung: In Lehrbüchern findet man zumeist die Unterscheidung zwischen "härteren" und "weicheren" Schichten. Dies ist nicht falsch, jedoch wird damit die wesentliche Eigenschaft der Gesteinsschichten verschwiegen. Es ist genaugenommen nicht die unterschiedliche Härte der Gesteinsschichten, welche zur Ausbildung von Schichtstufenlandschaften führt, sondern die unterschiedliche Wasserdurchlässigkeit und die damit verbundene Porösität und Klüftigkeit des Gesteins. Erst diese Eigenschaft führt zur Ausbildung von Schichtquellen und steht damit in direkter Verbindung zum Prozess der rückschreitenden Erosion. In der Regel decken sich aber beide Eigenschaften, so dass es dadurch nicht unbedingt zu einem Konflikt mit der Schulmeinung kommen muss.

Typischer Aufbau einer Schichtstufenlandschaft

 
Modell einer Schichtstufenlandschaft

Auf der Abbildung wird die mit der Schichtstufe verbundene Terminologie erläutert. Dazu ist hinzuzufügen, dass der Hang auch mit Schichtstufe bezeichnet wird. Damit wird der charakteristischste Teil zum Synonym der ganzen Landschaftsform. Den Hang selbst kann man nochmal in Oberhang und Unterhang einteilen. Der höchste Punkt einer Schichstufe wird als First bezeichnet, während der "Hangknick" im Oberhang als Trauf bezeichnet wird. Im ersten Fall auf der Abbildung (links) fallen Trauf und First in einem Punkt zusammen, weshalb man von einer Trauf-Schichtstufe spricht. Der zweite abgebildete Hang differenziert sich deutlich in Trauf und First, weshalb man diesen als Trauf-Schichtstufe mit Walm bezeichnet. Der Walm ist die Fläche zwischen First und Trauf. Als dritten (nicht abgebildet) Fall gibt es noch die Walm-Schichtstufe, bei welcher der First fehlt, da die Hangsteigung nach oben hin stetig gegen Null (oder einen negativen Wert) geht.

Durch rückschreitende Erosion werden die weichen Gesteinsschichten zum Beispiel durch Quellaustritte an den Schichtgrenzen nach und nach rückwärtig verlagert. Wenn die Schichtstufen in Richtung des Schichtfallens einfallen, spricht man von einer Frontstufe, im umgekehrten Fall, der meist weniger deutlich ausgeprägt ist, spricht man von einer Achternstufe.

Funktionale Typologie von Schichstufenlandschaften und ihre Verbreitung

Die in den meisten Lehrbüchern verbreitete Schichtstufentheorie orientiert sich an einem idealisierten Normalfall der Schichstufenlandschaften. In der Natur treten allerdings noch weitere Sonderfälle auf. Als Kriterium wird der Winkel des Schichtfallens herangezogen.

Schichttafellandschaften

Wenn die Schichten horizontal oder annähernd horizontal gelagert sind, dann spricht man von Schichttafellandschaften. Die Schichttafellandschaft ist gekennzeichnet durch ein Plateau mit steilen Stufenränder und ungestörter Schichtlagerung. Falls die alte Landoberfläche schon überwiegend abgetragen wurde, entstehen sogenannte Tafelberge. Ihre Stufen sind wesentlich steiler als die der Schichtstufenlandschaften und außerdem korrelieren die Schichttafelländer mit dem Gewässernetz. Aufgrund der horizontalen Schichtlagerung ist natürlich auch die flächenhafte Abspülung wesentlich geringer. Schichttafelländer benötigen zu ihrer Entstehung ungestörte Schichtlagerungsverhältnisse, weshalb sich ihr Vorkommen in den geringfügig geneigten Sedimentschichten der Kontinentalschilde häuft. Beispiele hierfür sind die Colorado Plateaus in den USA und das Elbsandsteingebirge in Mitteleuropa.

 
Grand Canyon Panorama

Schichtstufenlandschaften

 
Aussicht vom Trifels über den Pfälzer Wald

Wie bereits erwähnt sind die leicht geneigten (1% - 15%) Schichten der Schichstufenlandschaften der eigentliche Ausgangspunkt der Schichtstufentheorie. Ihre physiognomischen Merkmale sind in der Abbildung dargestellt. Im Zusammenhang mit dem "Rückschreiten" der Schichtstufen können manchmal Zeugenberge herauspräpariert werden.

Da Schichtstufen an das Vorkommen leicht geneigter Schichten gebunden sind, findet man sie gehäuft in den peripheren Bereichen der Festlandskerne oder "geologischen Schelfe", die seit ihrer kambrischen Ausprägung keiner Faltung mehr unterlagen. Eine Betrachtung der weltweiten Verbreitung von Schichtstufen lässt gar keine Korrelation sowohl mit aktuellen, wie auch mit prähistorischen Klimazonen erkennen, was ein Beleg dafür ist, dass ihre Ausprägung überwiegend stratigraphisch-tektonische Gründe hat.

Das südwestdeutsche Schichtstufenland bildet zusammen mit dem Pariser Becken und dem südenglischen Schichtstufenland die größten Schichtstufenareale Mitteleuropas. Ein Beispiel für eine homolithische Schichtstufenlandschaft in Deutschland ist der Pfälzer Wald.

Schichtkammlandschaften

Datei:Teutoburgerwald profil.jpg
Geologisches Profilschema des Teutoburger Waldes

Die Schichtkammlandschaften unterscheiden sich von den anderen beiden Landschaftsformen dadurch, da ihre besonders steile und gefaltete Schichtlagerung Formen ausbildet, die weniger an Stufen erinnern, sondern eher an kammartige, langgestreckte, der Streichrichtung der Schichten folgende Bergrücken (auch Schichtrippen genannt). Die führt zwangsläufig zu einer etwas anderen Terminologie. Sie treten auf wenn die Schichten stärker als 15% geneigt sind oder wenn eine Faltung der Schichten vorliegt. Dabei unterscheidet man zwischen synklinalen und antiklinalen Schichtkammlandschaften. Besonders charakteristisch für die Schichtkämme sind die sogenannten Rampenstufen, die von den hangenden relativ härteren Schichten an den Rückhängen ausgebildet werden können. Eine dreiecksförmige Ausbildung von Rampenstufen ist typisch für aride Klimate.

Schichtkammlandschaften treten naheliegenderweise in gefalteten Sedimentgesteinen auf und sind daher v.a. in Faltengebirgen bzw. tektonisch labilen Arealen zu finden. Der Teutoburger Wald als Beispiel ist ein aus kretazischem Sandstein gebildeter Schichtkamm. Auch die "ridge and valley topography" der Appalachen wird durch das Auftreten von Schichtkämmen gekennzeichnet.

Zur Entstehung der Schichtstufenlandschaften am Beispiel Südwestdeutschlands

Im südlichen Deutschland entstand im Karbon eine annähernd ebene Fläche aus metamorphen Gneisen und kristallinem Granit. Dieses Becken wurde von Gebirgszügen und Schwellen umgeben, von deren Rändern her gewaltige Sand und Geröllmassen in das Becken eingetragen wurden. Das damals vorherrschende Wüstenklima ging einher mit gewaltigen Sanddünen, die sich schließlich zum Beginn des Erdmittelalters vor 248 Mio. Jahren zu den Schichten des Buntsandsteins verdichteten. Gleichzeitig erfolgte eine Absenkung des Beckens, welche das Eindringen von Meerwasser ermöglichte. Aus den daraus resultierenden marinen Ablagerungen entstanden die Muschelkalk-Schichten (vor ca. 215 - 205 Mio. Jahren). So lagerten sich - vor allem bedingt durch das Vorstossen und Zurückweichen des Meeres - in einem Zeitraum von über 100 Millionen Jahren verschiedenste Schichten übereinander ab. Nach dem Buntsandstein und Muschelkalk sind das noch die Keuper- und die drei Jura-Schichten (schwarzer, brauner und weißer Jura).

 
Blick von den Vogesen über den Oberrheingraben zum Schwarzwald

Zu Beginn des Tertiärs vor 60 Mio. Jahren werden die Schichten durch Erdbewegungen im Untergrund entlang des heutigen Oberrheingrabens angehoben und aufgewölbt. Durch diese Aufwölbungsbewegung entstand die Schrägstellung der Schichten. In der Zeit des Alttertiärs bricht schließlich der Oberrheingraben (Grabenbruch) ein und trennt die ehemals zusammenhängenden Schichten (Beispiel: Vogesen und Schwarzwald) voneinander. Damit beginnt auch die Abtragung der nun schräggestellten Schichten durch rückschreitende Erosion und es bilden sich im Laufe von Jahrmillionen die Schichtstufen aus.

Aufgrund unterschiedlicher Hebungsraten kommt es im süddeutschen Schichtstufenland zu einer Auffächerung der Schichten von Süd nach Nord. Der nach Süden hin immer kürzer werdende Abstand zwischen zwei Schichten erklärt sich durch die im Süden stärkere Hebungsrate.

Nach Blume ergeben sich in der südwestdeutschen Schichtstufenlandschaft sechs verschiedene Stufenbildner:

  • Hauptbuntsandstein
  • Wellenkalk
  • Schilf- und Stubensandstein
  • Lias   und  
  • Dogger  
  • Malm  

Vor allem die Malm- -Stufe ist eine der auffälligsten, da sie die Stufe der Alb und den markanten Albtrauf bildet.

Gewässernetz in Schichtstufenlandschaften

 
Typisches Gewässernetz in Schichtstufenlandschaften

Während in Schichttafelländern das Gewässernetz mit den herausgebildeten Schichttafeln korreliert, bildet sich bei den typischen Schichtstufenlandschaften ein komplexeres Gewässernetz heraus, welches sogar mit einer eigenen Terminologie belegt wird.

Mit subsequentem Fluss wird der Vorfluter bezeichnet, welcher parallel zur Schichtstufe fließt. Der subsequente Fluss ist überwiegend (aber nicht immer) im weniger widerständigen Gestein des Stufensockels zu finden. In ihn münden sowohl die konsequenten Flüsse, die mit dem Schichtfallen fließen, als auch die obsequenten Flüsse, die gegen das Schichtfallen fließen. Einen Unterfall stellt der resequente Flusslauf dar. Er fließt wie der konsequente Fluss in Richtung des Schichtfallens, ist aber ein Fluss 2. Ordnung, da er nicht direkt in den Vorfluter fließt, sondern in einen größeren konsequenten Fluss mündet.

Zur Theoriebildung der Schichtstufenlandschaften

Die Frage, ob die Schichtfläche eine Akkordanz- oder eine Skulpturform ist, verbindet die Schichtstufenforschung auf das engste mit der Rumpfstufenforschung. Eine erste Höhephase erlebte die Schichtstufenforschung in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Entwicklung der Schichtstufenforschung begann im anglo-amerikanischen Raum, in dem zuerst die Vorstellung vorherrschte, dass die Schichtstufen marine Abrasionsplattformen seien (Lyell). Mit dieser These setzen sich mehrere bedeutende amerikanische Forscher kritisch auseinander (Ramsay, Powell, Gilbert), was wieder zu neuen Theorien führte. Die ersten Geomorphologen, die sich im deutschsprachigen Raum mit den Schichtstufen beschäftigten (Neumayr, Hettner) waren noch sehr stark von den anglo-amerikanischen Vorarbeiten beeinflusst. 1894 prägte A. Penck den Begriff der Schichtstufenlandschaft. Die Zyklentheorie von W. M. Davis aus den 1920er Jahren gab der gesamten Geomorphologie und damit auch der Schichtstufenforschung neue Impulse. An ihr wurde jedoch kritisiert, dass sie die unterschiedlichen Gesteinsschichten nicht ausreichend betone (Gradmann). So kam es acht Jahre nach dem Davis'schen Zyklusmodell zu der Veröffentlichung der klassischen Schichtstufentheorie durch Heinrich Schmitthenner (1887 - 1957), die zu Teilen noch heute das Verständnis von Schichtstufen bestimmt. In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg weitete sich die Schichtstufenforschung unter stärker empirisch geprägter Vorgehensweise zunehmend auf den außereuropäischen Raum aus, was zu einer größeren Berücksichtigung von klimatischen Aspekten führte (z.B. Mortensen, Tricart, Büdel oder Dörrer).

Dies führte schließlich zu einem markanten Forschungsstreit in den 50er - 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zwischen denjenigen, die die Schichtflächen als "strukturbedingte" Flächen interpretierten und denjenigen, die eher zu einer Skulpturform tendierten. Dieser Gelehrtenstreit war gleichzeitig der vorläufige Höhepunkt der Schichtstufenforschung. Dabei konnte sich aber keiner der beiden Lager in vollem Maße durchsetzen. Seit den 80er Jahren tendiert die Geomorphologie zunehmend zu einem prozessualen Verständnis und beschäftigt sich vornehmlich "nur" noch mit ausgewählten Teilaspekten oder Prozessen. Eine ganzheitliche Deutung ist dabei fast vollständig in den Hintergrund getreten. Somit begegnet man hier dem Grunddilemma der Schichtstufentheorie, welches darin besteht, dass es im deutschsprachigen Raum bis heute noch keine allgemein akzeptierte Schichtstufentheorie gab und gibt.

Die Versuche zur Erklärung der Schichtstufenlandschaften standen so immer im Spannungsfeld zwischen der Betonung von exogenen (Skulptur; Rumpfflächenbetonung) und endogenen (Struktur) Faktoren. Die Schichtstufenforschung folgte dabei zwar den Paradigmen der Geomorphologie, ist aber innerhalb derer ihrer ganz eigenen Dialektik bis heute treu geblieben. Die moderne Geomorphologie wird sicherlich ihrem Entwicklungszyklus folgend irgendwann zu einer Deutung ganzer Landschaftskomplexe zurückkehren, ob sich dann aber die erarbeiteten Einzelerkenntnisse zu einer ganzheitlichen Theorie zusammenfügen lassen, bleibt abzuwarten.

Literatur

  • Blume, H.: Probleme der Schichtstufenlandschaft, Darmstadt 1971.
  • Dongus, H.: Strukturbetone Züge im Relief der Erde, in: Geographische Rundschau, Vol. 9, 1975, S. 373 - 378.
  • Gwinner, M.: Zur Natur der Schichtstufen im Schichtstufenland von Südwestdeutschland, Mannheimer Geographische Arbeiten, Vol. 1, 1977, S. 277 - 293.
  • Schmitthenner, H.: Probleme der Schichtstufenlandschaft, Marburg 1956.
  • Schunke, E./ Spönemann, J.: Schichtstufen und Schichtkämme in Mitteleuropa, Göttinger Geographische Abhandlungen, Vol. 60, 1972, S. 65-92.