Elektrischer Kurzschluss
Als einen elektrischen Kurzschluss bezeichnet man eine (meist ungewollte) direkte leitende Verbindung zwischen zwei aktiven elektrischen Polen, zum Beispiel zwischen dem Pluspol und dem Minuspol einer Batterie; zwischen den Außenleitern (L1-L2 oder L2-L3 oder L3-L1) beziehungsweise einem Außen- und dem Neutralleiter (L1-N, L2-N oder L3-N) bei Drehstromanlagen.
Kurzschlüsse werden meist durch eine schadhaft gewordene Isolation oder durch einen Schaltungsfehler in elektrischen Anlagen bzw. Stromkreisen verursacht.
Kurzschlüsse zwischen den Außenleitern L1/L2/L3 und Erde nennt man 3-polige Kurzschlüsse.
Während die elektrische Spannung dabei fast gegen Null geht, erreicht der elektrische Strom seinen Maximalwert, den Kurzschluss-Strom. Dieser Strom wird nur durch den in Reihe liegenden Innenwiderstand Ri der Stromquelle begrenzt. Der Kurzschluss-Strom beträgt daher:
- ,
wobei U die Spannung der Stromquelle, Z die Summe aller Impedanzen (Wirk- und Blindwiderstände) in der Kurzschluss-Strombahn bedeutet.
Ursachen und Arten
Ein Kurzschluss kann folgende Ursachen haben:
- Isolationsbruch, hervorgerufen z.B. durch Alterung
- Isolationsveränderungen
- durch ständige Beanspruchung der Isolationsmaterialien durch hohes elektrisches Feld ggf. mit Teilentladungen
- durch Überhitzung und nachfolgende Erweichung oder chemische Veränderungen der Isolation
- durch Einfluss von Wasser (es bilden sich Kriechwege oder der Isoliertsoff nimmt Wasser auf)
- durch mechanische Beschädigungen der Isolierung (hoch beanspruchte Handgeräte, auf Baustellen)
- durch menschliches Versagen (Fehlschaltung, leitfähige Gegenstände, Werkzeuge) in elektrischen Schaltanlagen und Geräten bei Nichtbeachtung der Sicherheitsregeln
Es wird zwischen Kurzschluss durch metallische Berührung (satter Kurzschluss) und Kurzschluss über einen Fehlerwiderstand (Wirkwiderstand und Blindwiderstand) unterschieden.
Beim Kurzschluss über einen Fehlerwiderstand kann ein Lichtbogen mit einer charakteristischen Lichtbogenspannung entstehen. Der Lichtbogen verhält sich stark nichtlinear, er begrenzt den Strom nicht und verursacht große Temperaturen (einige 1000°C) sowie Störspannungen. Durch seine thermische und ionisierende Wirkung können weitere Isolierbauteile Schaden nehmen.
In Dreiphasennetzen kann ein dreipoliger (symmetrischer), zweipoliger (zwischen je zwei von L1, L2 oder L3) oder ein einpoliger (unsymmetrischer, zwischen L1 und Erdungseinrichtungen) Kurzschluss entstehen.
Der zweipolige Kurzschluss ist dabei derjenige, bei dem in Drehstromnetzen der größte Kurzschlussstrom fließt, da die Drehstromquelle trotz des Kurzschlusses relativ gering belastet ist und daher bei diesem Kurzschluss noch die meisten Energiereserven zur Verfügung hat. Es treten überdies Unsymmetrien auf, die in den anderen Leitern zu Überspannungen führen können.
Die elektrischen Betriebsmittel (Al-Seile, Trennschalter, Leistungsschalter, Stromwandler, auch tragende Eisenkonstruktionen sowie die Erdungsleiter) müssen daher nach dem maximal auftretenden 2-poligen Kurzschlussstrom bemessen sein. Dabei wird zwischen thermischem (Wärmeerscheinungen) und dynamischem (magnetische Kraftwirkungen) Kurzschlussstrom unterschieden.
Elektrotechnische Vorschriften u. Richtlinien zur Berechnung des Kurzschlussstromes für Elektrische (Hochspannungs-)Schaltanlagen finden sich in der VDE Norm 0102.
Zur Vermeidung von Folgeschäden bei Lichtbogenfehlern aufgrund Überspannung gibt es in Schaltanlagen oft Kurzschließer. Diese verursachen einen gewollten Kurzschluss, um im Lichtbogenfall die Überstromschutzeinrichtung möglichst schnell auszulösen und somit Folgeschäden durch die Lichtbogenwirkung zu vermeiden.
Weiterhin gibt es mobile und stationäre Kurzschluss- und Erdungseinrichtungen zur Verwendung bei Wartungsarbeiten an Schaltanlagen und Oberleitungen. Diese werden bei abgeschalteter Anlage angelegt, um ein gefahrloses Arbeiten zu gewährleisten, falls der Strom unbeabsichtigt zugeschaltet wird.
Größe des Kurzschlussstromes
Ein hoher Kurzschlussstrom kann nur entstehen, wenn zwischen der Verbindung kein Wirk- oder Blindwiderstand mehr liegt. Hat der Widerstand zwischen den spannungsführenden Leitern noch einen sehr geringen Wert, dann spricht man von einem "kurzschlussähnlichen" Vorgang.
Zwischen Außenleiter (z. B. L1) und N (Neutralleiter) treiben 230 V, 50 Hz, den Fehlerstrom gegen Erdpotenzial, weil der N geerdet ist, und dieser den Gegenpol darstellt, und zwischen Außenleiter (L1) gegen Außenleiter (L2) und /oder (L3) treiben 400 Volt~ den Kurzschlussstrom.
Dieser Kurzschluss-Strom wird während der Kurzschlussdauer tk unter anderem durch den Innenwiderstand Ri der Stromquelle (prakt. die Sekundärwicklung des vorgeschalteten Ortsnetztransformators) oder auch durch den Lichtbogenwiderstand an der Kurzschluss-Stelle, den Fehlerwiderstand an der Kurzschluss-Stelle und die Leiterwiderstände (Wirk- und Blindwiderstand) von Hin- und Rückleiter bestimmt bzw. begrenzt.
Der maximale zu erwartende Kurzschlussstrom hängt somit vom Innenwiderstand bzw. der Netzimpedanz des Stromnetzes sowie dessen Nennspannung ab. Überlast-Schutzschalter (Leistungsschalter, Leitungsschutzschalter, Schmelzsicherungen) müssen diesen Strom abschalten können. Er liegt in Hausinstallationsnetzen etwa bei 500 bis 3000 A.
Folgen
Durch eine fehlende Begrenzung des Kurzschluss-Stromes bzw. des kurzschlussänlichen Fehlerstromes kann es zu Schäden durch Überhitzung im Verlauf der Leitungen oder Kabel, beziehungsweise der elektrischen Schaltanlagenkomponenten führen, wenn diese nicht durch querschnittsangepasste Sicherungen geschützt sind.
Die Sicherungen müssen bei Auftreten des hohen Kurzschluss-Stromes abschmelzen und dabei die Kurzschluss-Stelle schnellstens vom "gesunden" übrigen Versorgungsnetz trennen. Das Abschalten muss abhängig von der Anlage sehr rasch erfolgen (maximal im 1/10 Sekundenbereich), je nach Charakteristik des Anwendungsbereiches (Haushaltsinstallation, Elektronikschutz, Steuerungsschutz etc.) verschieden, um die Auswirkungen des Spannungseinbruches und des Kurzschluss-Stromes gering zu halten. Wenn dies nicht geschieht, ist die Möglichkeit der Entstehung eines Brandes nicht ausgeschlossen.
Zur Verhinderung der Folgen von Kurzschlüssen setzt man in Niederspannungsnetzen so genannte Leitungsschutzschalter und Schmelzsicherungen verschiedener Charakteristiken ein.
In den Hoch- und Mittelspannungsnetzen werden spezielle Netzschutzrelais eingesetzt. Netzschutz
Es ist auch die mechanische Festigkeit, z. B. von freiliegenden Sammelschienen, nach dem Kurzschluss-Strom zu bemessen. Da aufgrund des hohen Stromes enorme gleich- oder entgegengesetztgerichtete Magnetfelder auftreten. Diese mechanischen Belastungen zeigen aufgrund der Netzfrequenz ein dynamisches Verhalten.
Kurzschluss an Ein- und Ausgängen elektronischer Geräte
Um ein elektronisches Gerät dahingehend zu prüfen, ob am Eingang eines Gerätes Störungen anliegen, ist es oft hilfreich, die Eingänge (NF-Eingänge, Antennenbuchse) kurzzuschließen. Hierbei fließt kein nennenswerter Strom, jedoch werden eingestreute Störsignale kurzgeschlossen bzw. gegen Masse abgeleitet. Auf diese Weise kann man die Quelle von Störungen eingrenzen.
Dagegen ist es meist nicht ohne Schäden möglich, einen Ausgang (z.B. Lautsprecheranschluss eines Verstärkers, Antennenanschluss eines Senders) kurzzuschließen. Solche Kurzschlüsse verursachen zwar keine Gefahr, führen jedoch in der Regel zur Überlastung und Zerstörung der Endstufen bzw. einzelner Bauteile (Transistoren usw.).
Subtransienter Anfangskurzschlusswechselstrom
Der subtransiente Anfangskurzschlusswechselstrom ist ein Begriff aus der Elektrotechnik. Es handelt sich hierbei um eine rein theoretische Größe bei der Kurzschluss-Stromberechnung und bezeichnet den Effektivwert der Wechselstromkomponente des Kurzschluss-Stroms im Augenblick des Kurzschlusseintritts. Er wird zur mechanischen Beurteilung von Stromwirkungen im Kurzschlussfall verwendet.