Eigenmittel

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Nach § 10 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) muss jedes Kreditinstitut und nach § 53 c Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) jedes Versicherungsunternehmen angemessene Eigenmittel aufweisen, um seinen Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern bzw. Versicherungsnehmern nachkommen zu können.

Die Eigenmittel eines Kreditinstituts setzen sich nach § 10 Abs. 2 S. 1 KWG aus dem haftenden Eigenkapital (§ 10 Abs. 2 S.2 KWG) sowie den Drittrangmitteln zusammen. Als Drittrangmittel gelten nach § 10 Abs. 2c KWG:

  1. der anteilige Gewinn, der bei Glattstellung aller Handelsbuchpositionen entstünde sowie
  2. kurzfristige nachrangige Verbindlichkeiten nach § 10 Abs. 7 KWG (z.B. Inhaberschuldverschreibungen mit Nachrangabrede(IHS)).

Das haftende Eigenkapital lässt sich weiter unterteilen in

  • Kernkapital: eingezahlte Positionen, die dauerhaft dem Unternehmen zur Verfügung stehen
  • Ergänzungskapital: Positionen geringerer Haftungsqualität
 Haftendens Eigenkapital
   Kernkapital
   
   Ergänzungskapital
     Klasse I
     Klasse II
  
 Drittrangmittel


Haftungsqualität

Bei der Konzeption der aufsichtsrechtlichen Eigenmittel wird nach der Haftungsqualität der Komponenten unterschieden. Im Insolvenzfall dienen Eigenkapital, der Fonds für allgemeine Bankrisiken, Genussrechtskapital und nachrangige Verbindlichkeiten als Haftungesmasse für Verluste bevor Forderungen normaler Gläubiger ausfallen. Nachrangige Verbindlichkeiten haben demzufolge eine geriniger Haftungsqualität als Eigenkapital, stellen jedoch für normale Verbindlichkeiten einen Verlustpuffer dar. Aus diesem Grund machen es Sinn, dass nachrangige Verbindlichkeiten, obwohl Fremdkapital, aufsichtsrechtlich als Teil der Eigenmittel anzuerkennen.

Kernkapital

Kernkapital sind Positionen, die eingezahlt wurden und die dem Unternehmen dauerhaft zur Verfügung stehen. Von der Position "eingezahltes Kapital" werden nicht eingezahlte Kapitalanteile sowie eigene Geschäftsanteile und Aktien abgezogen. Mindestens 4 % des Kapitals müssen Kernkapital sein (generell 50% der Eigenmittel, d.h. bei 8% Unterlegung 4%).

Ergänzungskapital

Ergänzungskaptital sind Positionen geringerer Haftungsqualität. Zum Ergänzungskapital gehören Vorsorgereserven, nicht realisierte Reserven, kumlative Vorzugsaktien, Sonderposten mit Rücklageanteil sowie Genussrechtskapital.

Das Ergänzungskapital wird in 2 Klassen unterteilt:

Ergänzungskapital der Klasse I

Dazu zählen Vorsorgereserven gemäß § 340f HGB, die nicht auf Wertminderung der Aktiva beruhen und damit im Liquidationsfall aufch realisiert werden können. Sonderposten mit Rücklagenanteil ist der Buchgewinn, der bei der Veräußerung bestimmter Vermögensbestandteile ensteht. Genussrechtskapital muss zur Anerkennung als Eigenkapital die Eigenschaften von Eigenfinanzierungstiteln erfüllen (d.i. Teilnahme an laufenden Verlusten, nachrangige Bedienung, Dauerhaftigkeit). Nichtrealisierte Reserven ist die Differenz zwischen Marktwert und Buchwert eines Aktivums. Die Vorausstetzung dafür ist ein vorhandener Marktpreis oder ein objektives Verfahren zur Wertermittlung. Außerdem zählen kumulative Vorzugsaktien in ihren jeweiligen Nennwerten zum Ergänzungskapital der Klasse I.

Ergänzungskapital der Klasse II

Darunter fallen längerfristige nachrangige Verbindlichkeiten sowie der Haftsummenzuschlag bei Kreditgenossenschaften. Längerfristig nachrangige Verbindlichkeiten werden bei Erfüllung folgender Kriterien als Ergänzungskapital der Klasse 2 anerkannt:

  • Im Insolvenzfall müssen sie nachrangig befriedigt werden.
  • Die Ursprungslaufzeit bzw. die Kündigungsfirst muss mindesten 5 Jahre betragen.
  • Verbindlichkeiten lassen sich nicht mit Forderungen des Kreditinstitutes aufrechnen.
  • Diese Bedingungen dürfen nicht nachträglich verändert werden.


Somit zählen auch Verbindlichkeiten, die im Insolvenzfall erst nachrangig bedient werden unter den gegebenen Voraussetzungen zu den Eigenmitteln.

Drittrangmittel

Drittrangmittel umfassen:

  • Nettogewinn des Handelsbuches: Gewinn der bei Glattstellung aller Handelsbuchpositionen realisiert würde
  • kurzfristige nachrangige Verbindlichkeiten: mit Mindestursprungslaufzeit von 2 Jahren
  • u.U. gekapptes Ergänzungskapital: Ergänzungskapital, das aufgrund der Unerlegungsrelationen nicht mehr als Ergänzungskapital anerkannt werden kann.

Relationen bei der Unterlegung

Eigenmittel müssen gemäß Grundsatz 1 mindestens der Summe aller Risikoaktivaanrechnungsbeträge entsprechen.

Das Ergänzungskapital darf gemäß § 10 Abs. 2 KWG maximal 100 Prozent des Kernkapitals bei Unterlegung von 8 Prozenz der gewichteten Risikoaktiva mit haftendem Eigenkapital betragen. Davon darf Ergänzungskapital der Klasse II höchsten 50 Prozent betragen. Der Haftsummenzuschlag bei Kreditgenossenschaften kann unabhängig von seinem Haftungsumfang nur bis maximal 25% des Kernkapitals ohne Sonderposten für allgemeine Bankrisiken anerkannt werden.

Man bezeichnet die Zuordnung der Position mit unterschiedlichen Eigenmittelkomponenten als Building-Block-Approach (Baukastensytem).