Hüllkurve

in der Mathematik: Kurve, die jede Kurve einer Kurvenschar in einem Punkt berührt
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Mathematik

Eine Hüllkurve ist eine Kurve, die jede Kurve einer Kurvenschar in einem Punkt berührt.
Diese Punkte müssen eine Kurve bilden, eine Kurvenschar aus Ursprungsgeraden oder aus parallelen Geraden z. B. hat keine Hüllkurve.

Beispiel

Hüllkurven entstehen unter anderem bei bewegten Objekten, z. B. beim Öffnen und Schließen eines Garagentores.

(Vergleiche hierzu: Garage.pdf oder als Kaustik in einer Kaffeetasse.

Definition

Eine Kurve   ist Hüllkurve einer Kurvenschar  , wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • (1) Mindestens eine Kurve von   berührt   an einer Stelle  .
  • (2) Die Kurve   berührt jedes Element der Kurvenschar   an einer Stelle  .
  • (3) Zwei infinitesimal benachbarte Elemente von   müssen an einer Stelle   einen gemeinsamen Punkt   haben.   ist ein Punkt der Hüllkurve  .

Die Bedingungen (1) und (2) sind zusammen hinreichend, da durch die Bedingung (2) auch sichergestellt ist, dass benachbarte Elemente der Kurvenschar auch gemeinsame Punkte haben. Die Bedingung (3) ist auch alleine hinreichend.

Berechnung von Hüllfunktionen

Wir benutzen die 1. und die 2. Bedingung der Definition:

  • 1. Man leitet die Funktion   nach   ab und bestimmt die Nullstellen   in Abhängigkeit von   dieser Ableitung.
  • 2. In   setzt man   für   ein und erhält einen Kandidaten   für die Hüllfunktion.
  • 3. Man ermittelt alle  , für die   ein Element von   berührt.
  • 4. Man weist nach, dass alle Elemente von   die Kurve   an mindestens einer Stelle berühren.

Hüllkurven-Bestimmung durch Grenzwertbetrachtung

Wir benutzen die 3. Bedingung der Definition. Zwei infinitesimal benachbarte Elemente der Kurvenschar   müssen an der Stelle   einen gemeinsamen Punkt   haben. Dieser Punkt   ist ein Punkt der Hüllkurve  . Um zwei infinitesimal benachbarte Kurven zu erhalten, wählen wir zwei beliebige Kurven und lassen den Scharparameter   der einen Kurve gegen den Scharparameter   der anderen laufen. Für   nähert sich ihr Schnittpunkt P an den Punkt   der gesuchten Hüllkurve   an.

  • 1. Aufstellen der Gleichung   und nach   auflösen.
  • 2. Den Limes   von   für   berechnen.
  • 3.   in   einsetzen, um   zu erhalten,   ist ein Punkt der Hüllkurve   und alle Punkte von   haben die gleiche Form wie  , wir haben also die Funktion der Hüllkurve in Parameterdarstellung.
  • 4. Von der Parameterdarstellung in eine Funktion der Form   umformen.

Anwendung

Hüllkurven eignen sich gut, um den benötigten Platz für bewegte Gegenstände zu beschreiben. Man kann also mit Hüllkurven feststellen, ob man einen Schrank um eine Ecke im Flur bekommt (Vergleiche hierzu: http://jan.orend.lg-bs.de/~jan.orend/Presentation/html/slide_15.html), oder wie schmal eine Straße in einer Kurve sein darf, und wie diese aussehen muss, damit ein LKW sicher auf ihr fahren kann. Für die meisten technischen Anwendungen eignen sich numerische Verfahren am besten.

Musik

Die Hüllkurve zeigt in grafischer Form den Verlauf des Pegels, eines Tons an. Anwendungen und entsprechende elektronische oder digitale Bauteile finden sich z.B. im Tonstudio.
Oftmals wird der Begriff ADSR-Hüllkurve oder kurz Hüllkurve synonym für den Hüllkurvengenerator eines Synthesizers verwendet, bei dem die einzelnen Abschnitte der Hüllkurve - Attack, Decay, Sustain und Release - vom Benutzer editiert werden können. Dabei können zusätzlich zu dem Pegel auch die Hüllkurven der Tonhöhe und des Filters beeinflusst werden. Bei einem analogen Synthesizer durchläuft der Klang nacheinander die Hüllkurvengeneratoren VCO für die Tonhöhe (die eigendliche Klangerzeugung), VCF für den Filter und VCA für den Pegel. Das VCF und der VCA sind Bestandteile der subtraktiven Synthese.

Akustik

Die Hüllkurve eines Spektrums ist die Verbindung der Spitzen der Spektrallinien.

Bei einem Linienspektrum etwa kann man in schematischer Form die Amplituden oder Schalldruckpegel der einzelnen Teilfrequenzen durch sogenannte Spektrallinien darstellen. Jede dieser Linien kennzeichnet durch ihre Lage auf der Frequenzachse die Frequenz des interessierenden Teiltons; ihre Länge ist ein Maß für die Stärke. Bei der Verbindung der Spitzen dieser Spektrallinien erhält man die sogenannte Hüllkurve (Umhüllende), die in übersichtlicher Form die Amplitudeverteilung bzw. die Pegelverteilung über der Frequenzachse angibt, ohne die Ordnungszahl der einzelnen Harmonischen (Teiltöne) zu berücksichtigen.

Bei Geräuschvorgängen hingegen liegen die als Signal konstituierenden Frequenzen in der Regel so eng beieinander, dass - zumal bei der meistens logarithmischen Teilung der Frequenzskala - eine Angabe einzelner Spektrallinien nicht möglich ist und man zur orientierenden Darstellung über den Pegelverlauf in Abhängigkeit von der Signalfrequenz ein kontinuierliches Spektrum in Anwendung bringt.

Nachrichtentechnik

Wird die Amplitude eines hochfrequenten Signals zeitlich verändert (moduliert), so entspricht das modulierende Signal der Hüllkurve des modulierten Signals.

Anschaulich erhält man die Hüllkurve, indem man alle Maxima der hochfrequenten Trägerschwingung verbindet.

Die Demodulation eines amplitudenmodulierten Signals erfolgt in einem Hüllkurvendetektor.