Chemiestudium in Deutschland
Allgemeines
Voraussetzungen
Alle hier beschriebenen Studiengänge stellen hohe Anforderungen sowohl an die mathematisch-physikalischen Fähigkeiten, sowie auch an die Fähigkeit, viel Faktenwissen in kurzer Zeit aufzunehmen. Auch sollte der zukünftige Student keine besondere Empfindlichkeit gegenüber gängigen Laborchemikalien besitzen und dazu in der Lage sein, mehrere Stunden im Stehen zu Arbeiten.
Bei Studiengang Biochemie kann es sein, dass im Grund- oder Hauptstudium Zoologische Übungen vorgesehen sind, was unter Umständen die Sektion (fast immer) und Tötung (sehr selten) von Versuchstieren beinhaltet. Der Student sollte dagegen keine Vorbehalte haben.
Zeitaufwand
Der Studiengang Chemie ist berüchtigt für den hohen Zeitaufwand, der vor allem durch die verschiedenen Laborpraktika bedingt ist. Arbeitstage von 8 Uhr bis 18 Uhr, wobei dann oft noch Übungen zu bearbeiten sind und für Klausuren gelernt werden muss, liegen durchaus im Bereich des Möglichen. Die Gesamtstudiumdauer ist länger als die anderen Studien, da eine Promotion in dem Fach Chemie von 90% bis 95% der Chemieabsolventen zum Titel Dr. rer. nat. angestrebt wird.
Zulassungsbeschränkungen
Bundesweite Zulassungsbeschränkungen existieren nicht. Das Chemiestudium (Diplom, Staatsexamen, Bachelor) ist auch in den letzten 10 Jahren nicht durch Numeri Clausi belegt gewesen.
Studienrichtungen wie Biochemie oder auch Wirtschaftschemie haben häufig lokale, d. h. von der Hochschule festgelegte, Zulassungsbeschränkungen. Informationen hierzu sind von der Wunschhochschule (Chemiefakultät, Studienberatung) zu erfahren.
Studiengang Diplom-Chemie
Der Studiengang Chemie existiert in Deutschland an Universitäten und Fachhochschulen. Üblicherweise wird er mit dem Titel Diplom-Chemiker oder neuerdings mit dem Bachelor/Master of Science abgeschlossen. Daneben kann man Chemie meist auch als Nebenfach in einem Magisterstudium belegen. Besonder bei Technischen Hochschulen/Universitäten ist auch der Abschluss Diplom-Ingenieur Chemie (in der Regel in Verbindung mit Pflichtvorlesungen und einer Diplomprüfung in Technischer Chemie) üblich. Das Grundstudium schließt mit der Diplomvorprüfung ab, die normalerweise in den Fächern Anorganik, Organik, Physikalische Chemie und (Experimental-)Physik, teilweise auch noch in Mathematik abgelegt wird. Üblicherweise ist die Reihenfolge der Lehrveranstaltungen im Grundstudium größtenteils festgelegt. Daran schließt sich das Hauptstudium an, das mit der Diplomhauptprüfung abgeschlossen wird.
Studienfächer
Die Inhalte im Grund- und Hauptstudium variieren je nach Hochschulort etwas. Manches was unter Grundstudium wiedergegeben wird, ist an andere Hochschulort Stoff des Hauptstudiums und umgekehrt.
Außerdem sind die Pflichtfächer im Hauptstudium unterschiedlich festgestlegt. An (ehemaligen) Technischen Universitäten ist in der Regel Technische Chemie ein Pflichtfach (z.B. Stuttgart, TU München, Darmstadt) oder es gibt besondere fachübergreifende Synthesepraktika (TU München). Außerdem ist an manchen Universitäten Theoretische Chemie in die Physikalische Chemie integriert (z.B. Frankfurt), an anderen ist es eigenständiges Pflichtfach (z.B. Stuttgart). Ferner gibt es eine große Fülle an Wahlpflichtfächern, das Angebot an den einzelnen Hochschulorten variiert jedoch sehr stark in Abhängigkeit der sonst gelehrten Fächer.
Allgemeine und Anorganische Chemie wird in der Regel zusammen gelehrt und nicht als getrennte Fächer.
- Im Grundstudium:
- Allgemeine Chemie - allgemeine Grundlagen der Chemie
- Physikalische Chemie - Chemische Thermodynamik, Elektrochemie, Reaktionskinetik, Einführung in die Quantenmechanik
- Anorganische Chemie - Anorganisch-Analytische Chemie, Eigenschaften der Metalle und Nichtmetalle (sog. Stoffchemie)
- Organische Chemie - Stoffklassen und Funktionelle Gruppen, Reaktionsmechanismen
- (Experimental-)Physik - allgemeinen Grundlagen der Experimentalphysik (Grundzüge aus Mechanik, Elekrizitätslehre, Magnetismus, Optik, Wärmelehre, Spezieller Relativitätstheorie, Atomphysik)
- Mathematik - Analysis, Analytische Geometrie, Lineare Algebra, Statistik (besonders in der Mathematik variiert die Tiefe und der Umfang des Stoffes abhängig vom Hochschulort sehr stark)
- Im Hauptstudium: Weitere vertiefende Vorlesungen in
- Physikalische Chemie: Quantenmechanik, Transportprozesse, statistische Thermodynamik,Theorie der kondensierten Materie
- Anorganische Chemie: Metallorganische Chemie, Bioanorganische Chemie, Festkörperchemie
- Organische Chemie: Vertiefung der Reaktionsmechanismen, Naturstoffe, Vertiefung der Kenntnisse in den Stoffklassen
- Je nach Auswahl zusätzlich:
In der Regel kommen noch Rechtsgebiete für Chemiker und Toxikologie hinzu. Damit wird die Sachkunde nach der Chemikalien-Verbotsverordnung erworben, wenn die Vorlesungen von der zuständigen Landesbehörde anerkannt sind und der Besuch im Vor- oder Hauptdiplomzeugnis vermerkt wird.
Studiengang Biochemie
Diplom-Studiengang
Grundstudium
Das Grundstudium im Diplom-Studiengang Biochemie ähnelt dem Grundstudium Chemie (Diplom) sehr.
Es sind folgende Fächer durch LLehrveranstaltungen enthalten.
- Allgemeine Chemie
- Anorganische Chemie
- Organische Chemie
- Physikalische und Theoretische Chemie
- Biochemie
- Experimentalphysik mit Mathematischen Grundlagen
- Biologie
Der Umfang der Physik und der Theoretischen und Physikalischen Chemie ist hierbei gegenüber dem Diplomstudiengang Chemie etwas reduziert, Biochemie und Grundlagen der Biologie kommen dafür hinzu.
Hauptstudium
Im Hauptstudium sind enthalten
- Anorganische Chemie
- Organische Chemie
- Biochemie
- Vertiefungen
Die Diplomarbeit dauert 6 Monate.
Bachelorstudium
Im Bachelor of Science sind ebenfalls die klassischen Elemente des Grundstudiums enthalten:
- Allgemeine und Analytische Chemie
- Anorganische Chemie
- Organische Chemie
- Physikalische Chemie
- Experimentalphysik mit Mathematischen Übungen
- Grundlagen der Biologie
- Biochemie (Grundlagen)
- Vertiefungen zur Biochemie
Masterstudium
Studiengang Lebensmittelchemie
Der Studiengang ist dem Diplom-Studiengang sehr eng verwandt. An Universitäten an welchen Diplom- und Lebensmittelchemiker ausgebildet werden, werden Praktika im Grundstudium oft gemeinsam durchgeführt.
Der Studiengang endet mit einer staatlichen Prüfung, der Abschluss ist "staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker". Die meisten Hochschulen vergeben zusätzlich noch den Grad "Diplom-Lebensmittelchemiker", da außer der mündlichen Prüfung auch eine praktische Abschlussarbeit angefertigt werden muss. Diese wird dann einer Diplomarbeit gelichgestellt.
Studienfächer
- Grundstudium
- Anorganische, Allgemeine und Analytische Chemie
- Organische Chemie
- Physikalische Chemie
- Physik
- Biologie (Schwerpunkt Botanik)
- Mathematik
- spezielle Rechtsgebiete für Chemiker
- Hauptstudium
- Chemie der Lebensmittel
- Chemie der Bedarfsgegenstände
- Technologie der Lebensmittel und Bedarfsgegenstände (entspricht zu großen Teilen der Technischen Chemie)
- Biochemie
- Ernährungslehre
- Mikrobiologie und Hygiene
- Toxikologie und Umweltchemie
Die Prüfung ist ein Staatsxamen. Auf dieser Seite findet man auch Näheres zum Ablauf der Prüfungen und zu den Prüfungsfächern.
Sind die Fächer Rechtskunde und Toxikologie von der zuständigen Landesbehörde als Prüfung im Sinne der Chemikalien-Verbotsverordnung anerkannt und wird dies im Abschlusszeugnis vermerkt, so wird Sachkunde zum Handel mit Gefahrstoffen erworben.
Studiengang Wirtschaftschemie
Den Studiengang Wirtschaftschemie gibt es zusätzlich zum normalen Chemiestudiengang an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (Westfalen). Erst im Hauptstudium unterscheidet er sich durch die zusätzliche Integration von betriebswirtschaftlichen und Chemiewirtschaftlichen Inhalten vom reinem Chemiestudium. Nach Abschluss des Studiums ist eine Promotion im Bereich Chemie (Dr. rer. nat.) oder eine im Bereich Betriebswirtschaftslehre (Dr. rer. pol.) möglich. Auch an der Technischen Universität Kaiserslautern, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie der Universität Ulm wird ein Studiengang Wirtschaftschemie angeboten.
Lehramtsstudium
Das Lehramtsstudium ist durch Landesrecht geregelt und kann daher von Land zu Land sehr unterschiedlich sein. Auch werden Lehrbefähigungen in der Regel nur für das Bundesland ausgesprochen, in dem das Examen abgelegt wurde, eine Anerkennung in einem anderen Land ist meist sehr aufwendig, mitunter nicht möglich. Eine gewisse Vergleichbarkeit existiert immerhin im Gymnasiallehramt.
Lehramt an Gymnasien
Das Lehramtstudium schließt mit dem 2. Staatsexamen ab und dauert 9 Semester, es existieren zudem Modellversuche mit Bachelor und Masterstudiengängen, z.B. in Bochum. Das Lehramtsstudium für das Lehramt an Gymnasien weist bundesweit noch eine gewisse Ähnlichkeit auf und gliedert sich in ein 4-semstriges Grundstudium und ein 5-semestriges Hauptstudium. Hierbei müssen beide Fächer zu je 40% und Erziehungswissenschaften zu 20% studiert werden.
Chemie ist in der Regel (nicht alle Länder) frei kombinierbar, zumeist wird es jedoch in Kombination mit Mathematik, Biologie oder Physik belegt.
Bestandteile des Studiums im Grund- und Hauptstudium sind:
- Allgemeine und Anorganische Chemie: Grundlagen, Elektrochemie, Analytische Chemie,...
- Organische Chemie: Chemie der Kohlenwasserstoffe
- Physikalische und Theoretische Chemie: Reaktionskinetik, Grundzüge der Quantenmechanik und Quantenchemie, Grundzüge der Thermodynamik
- Chemiedidaktik
Daneben werden noch Grundlagen in Höherer Mathematik und Experimentalphysik vermittelt, jedoch in deutlich komprimierterer Form als im Diplomstudiengang.
Das Chemiestudium zeichnet sich durch eine Vielzahl sehr intensiver Praktika aus und eigent sich nur für Studierende, die auch 10 und mehr Stunden hintereinander im Labor stehen können. Zudem sollten keine Allergien vorliegen.
Sonstige Lehrämter
In der Grundschule (Primarstufe) existieren kein eigenes Fach Chemie (alle Länder), sondern lediglich der Sachunterricht mit naturwissenschaftlicher Ausprägung, wobei jedoch biologische und physikalische Aspekte dominieren.
In der Sekundarstufe I (Hauptschulen, Realschulen, Unter- und Mittelstufe der Gesamtschulen, Regelschulen, Mittelschulen,...) existiert Chemie als eigenes Unterrichtsfach.
Das Studium findet in Baden-Württemberg und in Österreich (alle Länder) an Pädagogischen Hochschulen statt, in den übrigen deutschen Ländern an Universitäten.
Inhalte des Studium sind ebenfalls
- Allgemeine und Anorganische Chemie
- Organische Chemie
- Physikalische Chemie
- Chemiedidaktik
Die Ausgestaltung und Tiefe des Studiums ist dabei stark landesabhängig und nicht vergleichbar. In einigen Ländern, z.B. Schleswig-Holstein, existieren zudem Überlegungen zu einem fusioniertem Fach Naturwissenschaften. Dies stößt jedoch bei Fachverbänden auf Kritik.