Soliman (Elefant)

erster Elefant in Wien
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Soliman, *1540, †18. Dezember 1553, Elefant, war ein Geschenk Johannas, der Tochter Kaiser Karls V. und Isabellas von Portugal, an Kaiser Maximilian II. und der erste Elefant in Wien. Er hinterließ die stattlichste Anzahl von Spuren aller Elefantengeschenke in Europa.

Soliman bei Wasserburg am Inn am 24. Januar 1552

Hintergrund

Zu den diplomatischen Gepflogenheiten unter den europäischen Herrschern gehörte seit dem 16. Jahrhundert auch das Geschenk eines Elefanten. Bereits um 800 ist der weiße Elefant Abul Abbas, vom Kalifen Harun ar-Raschid aus Bagdad an Karl den Großen in Aachen geschickt, urkundlich und namentlich erwähnt. Durch Quellen abgesichert sind ein Elefantengeschenk an Friedrich II., der sogenannte Elefant von Cremona, und ein Geschenk Ludwig IX., des Heiligen, von Frankreich an Heinrich III. von England. Ebenfalls namentlich bekannt wurde Hanno, von König Emanuel I. von Portugal nach Rom geschickt an Leo X. zum Anlass seiner Wahl zum Papst.

Kaiser Maximilian II., seit 1548 mit Maria von Spanien verheiratet, hatte Soliman in Madrid kennen gelernt bei Johanna, der jüngsten Tochter Karls V. und Isabellas von Portugal, die den Elefanten von ihrem zukünftigen Gemahl, Prinz Johann von Brasilien, Sohn König Johanns III. von Portugal, erhalten hatte. Womöglich war Maximilians bekannte Vorliebe für Raritäten Anlass, den Elefanten nunmehr erneut auf die Reise zu schicken.

Leben auf Reisen

Soliman, wie Hanno ein asiatischer Elefant und aus den portugiesischen Kolonien zunächst nach Lissabon, dann nach Spanien gelangt, wird in einer Quelle vom Januar 1552 als ein zwölf Jahre alter Bulle erwähnt. Im Winter 1551/52 wanderte er von Madrid nach Wien.

Von Madrid nach Trient

Begleitet von Maximilian und seinem Gefolge, wurde er auf den Weg geschickt quer über die iberische Halbinsel nach Barcelona, von wo aus er nach Genua eingeschifft wurde. In einem Schreiben hatte König Johann III. von Portugal dem neuen Besitzer Maximilian den Namen „Soliman“ für das Geschenk empfohlen, damit der habsburgische Erzfeind, Sultan Soliman, „gleichsam zu Euerem Sklaven und geziemend gedemütigt werde“. Am 12. November 1551 erreichte Soliman Genua, um von dort den Weg über Mailand, Cremona und Mantua nach Norden einzuschlagen; der kaiserliche Zug erreichte am 13. Dezember Trient, wo soeben das Konzil tagte und Soliman für ein keineswegs unbeabsichtigtes Aufsehen sorgte. Man hatte in der Stadt einen hölzernes Abbild des Tieres aufgebaut, aus dem ein Feuerwerk gezündet wurde; Solimans Einzug mit seinem Kaiser war als Triumphzug gestaltet worden.

Tirol

Der kaiserliche Elefanten-Zug folgte von Trient aus der Route über den Brenner. Man hatte gehofft, in Bozen die renitenten Tiroler durch ein ähnliches Spektakel wie in Trient beeindrucken zu können, allerdings scheinen die hier eher schleppenden diplomatischen Verhandlungen dazu geführt zu haben, den Elefanten weiter nach Brixen zu schicken, wo er am 2. Januar 1552 eintraf und vierzehn Tage rasten konnte. Zur Erinnerung an diesen Aufenthalt benannte sein Wirt seinen Gasthof um „Zum Elefanten“, der bis auf den heutigen Tag existiert und in einem Fresko und einer über die Jahrhunderte stets erneuerten Inschrift an Soliman erinnert.

Von Innsbruck nach Wien

Am Dreikönigstag erreichte Soliman Innsbruck; von Hall aus reiste er mit seinem Gefolge auf dem Inn, was ihm die Reise erleichterte, insbesondere angesichts der winterlichen Witterung. Anlässlich seines Aufenthalts Ende Februar in der habsburgischen Residenz Linz ließ der Bürgermeister an seinem Haus ein Elefanten-Relief anbringen, das bis heute erhalten ist.

Triumph und Tod in Wien

 
Elefantenmedaille für Soliman, 1554 gefertigt von Michael Fuchs

An 6. März 1552 traf Soliman in Wien ein. Der Einzug des ersten Elefanten mit seinem Kaiser in die Stadt gestaltete sich als triumphale Parade, deren Weg durchs Kärntner Tor bis zu Solimans erster Unterkunft in einer Scheune am Wasserglacis von der Wiener Bevölkerung gesäumt war. Die Mischung aus Furcht und Faszination angesichts des großen, grauen Geschöpfs wird in Folge nicht nur zahlreiche Anekdoten, sondern auch zahlreiche Hausbezeichnungen hervorbringen. So wurde dem im 19. Jahrhundert abgerissenen „Elefantenhaus“ am Graben, dem eine Elefantenskulptur entragte, nachgesagt, es sei von seinem Besitzer, einem überglücklichen Vater, mit der Skulptur versehen worden, nachdem Soliman des Hausbesitzers Töchterchen, das in der Hektik des Triumphzugs Soliman vor die Füße gefallen sei, sanft mit dem Rüssel aufgehoben und der Mutter zurückgegeben habe. Die recht häufig in Wien vorkommende Bezeichnung „Zum Wilden Mann“ gehe ebenfalls auf Solimans Einzug in Wien zurück; in diesen Häusern sollen die dunkelhäutigen Pfleger Solimans, die Mahouts, untergebracht gewesen sein.

Soliman wurde zunächst in seiner Scheune für einige Zeit zur Schau gestellt; später wurde er in die neue Menagerie in Ebersdorf verbracht. Kaum anderthalb Jahre nach seiner Ankunft in Wien, am 18. Dezember 1553, ging er ein, vermutlich aufgrund falscher Haltung und Ernährung.

Nachleben

Soliman wurde zerlegt. Aus seinen Knochen fertigte man einen Stuhl mit einer in den Sitz geritzten Inschrift, die über Solimans Herkunft, Gewicht und Weg nach Wien Auskunft gibt; der Stuhl wechselte in der Folge mehrfach die Kunstkammer, was zu weiteren Einritzungen führte, u.a. der Wappen seiner Besitzer. Seit Ende des 17. Jahrhunderts befindet sich der Elefantenstuhl in der Sammlung des Stifts Kremsmünster, das heute ein Gymnasium beherbergt. Was aus Solimans übrigen Knochen wurde, ist unbekannt.

Die Haut Solimans ließ Kaiser Maximilian ausstopfen und mit Stoßzähnen aus Gips versehen. Das Präparat gelangte durch Albrecht den V. von Bayern (1528-1579) in eine Kunstkammer in München; Maximilian hatte 1563 einen lebenden Ersatzelefanten von König Johann von Portugal erhalten. 1928 kam der ausgestopfte Soliman ins Bayerische Nationalmuseum, wo er in einem feuchten Bombenkeller verschimmelte; das Inverntar vermerkt seinen Abgang am 28. November 1950.

Quellenlage

Soliman ist in zahlreichen Quellen belegt; Ferdinand Opll (2004) hat sie anhand der Referenzen bei Oettermann (1982) gründlich erforschen und erweitern können. Über Soliman existieren schriftliche Überlieferungen, insbesondere aus dem Umfeld des Wiener Hofes, aber auch städtische Chroniken und Aufzeichnungen, die eine nahezu lückenlose Nachzeichnung von Solimans Weg über die Alpen erlauben. Des weiteren ist der Elefant in einer ganzen Reihe von Inschriften und Reliefs in Stein gehauen worden. Erwähnung fand er nicht zuletzt auch in vielen Huldigungsgedichten auf Maximilian, in denen er zuweilen zur Hauptperson wurde. Von Solimans Reise über die Alpen zeugt bis auf den heutigen Tag die beträchtliche Anzahl von Herbergen „Zum Elefanten“.

Rezeption

Die erst in jüngster Zeit auch in Wien verstärkt auf dessen ersten Elefanten gerichtete Blick hat indes auch einen Irrtum in die Welt gesetzt, indem von Immervoll (1989) Soliman irrtümlich Kaiser Maximilian I. zugeschrieben wurde; womöglich ist dieser Irrtum und dessen weitere Referenzierung die Quelle für den in Online-Enzyklopädien und deren „Klonen“ nunmehr auch international vorhandenen Fehler.

Die gründliche Spurensuche hat unterdessen auch Zweifel aufkommen lassen an der Referenz für Solimans Namen; die Existenz des Briefs Johanns III. von Portugal, in dem er Maximilian den Namen nahe legt, wird bestritten. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Brief eine Erfindung der Chronisten gewesen sein könnte, die den habsburgischen Zeitgeist mit einem passenden Dickhäuter zu untermalen trachteten.

Literatur

  • Gertrude Immervoll: Der Elefant in der europäischen Volkskultur. Ungedruckte Diplomarbeit. Graz 1989, S. 62 f.
  • Stephan Oettermann: Die Schaulust am Elefanten. Eine Elephantographia Curiosa. Frankfurt am Main 1982, S. 102 ff.
  • Ferdinand Opll: „... ein(e) vorhin in Wien nie gesehene Rarität von jedermann bewundert”. Zu Leben, Tod und Nachleben des ersten Wiener Elefanten. In: Studien zur Wiener Geschichte. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, Band 60. Wien 2004, S. 229 - 273