Liselotte Richter

deutsche Theologin
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Juni 2006 um 20:18 Uhr durch Ralf Gartner (Diskussion | Beiträge) (Literatur). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Liselotte Richter (* 1906 in Berlin; † 1968) war eine deutsche Theologin.

Prof. D. Dr. theol. Dr. phil. habil. Richter studierte von 1926 bis 1932 Philosophie, Theologie und Germanistik in Berlin, Marburg und Freiburg. Sie hörte u.a. bei Martin Heidegger, Edmund Husserl und Erich Frank. Ihr besonderes Interesse galt den Schriften Sören Kierkegaards.

Akademische Tätigkeit

Während des Nationalsozialismus arbeitete sie für die Leibniz-Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Nach dem Krieg wurde sie Bezirkstadträtin für Bildung und Kultur in Charlottenburg, habilitierte sich an der Berliner Universität und wurde 1948 als erste Frau in Deutschland auf einen Lehrstuhl für (reine) Philosophie berufen. Im Zuge der Umgestaltung des Philosophischen Seminars (2. Hochschulreform 1950/51) in der DDR wurde Liselotte Richter an die Theologische Fakultät der Humboldt-Universität umgesetzt und erhielt dort den Lehrstuhl für Religionswissenschaft, Unterabteilung Systematische Theologie. Sie las Geschichte der Philosophie und widmete sich religionsphilosophischen Studien.

Für ihre engagierte Lehrtätigkeit wurde ihr 1965 die Ehrendortorwürde der Theologischen Fakultät verliehen. Ihre Schriften spiegeln ein vielseitiges Interesse wider. Neben Sören Kierkegaard finden sich auch Publikationen über René Descartes, Jakob Böhme, Gottfried Wilhelm Leibniz, Moses Mendelssohn, Angelus Silesius, Rainer Maria Rilke, Karl Jaspers, Albert Camus, Jean Paul Sartre und Mahatma Gandhi. Sie pendelte zwischen ihrem Wohnort in Westberlin und dem Arbeitsort Ostberlin; ab dem Mauerbau 1961 wurde sie zur Grenzgängerin. Nach langer schwerer Krankheit verstarb sie am 16.1.1968 und wurde auf dem Charlottenburger Luisen-Friedhof beigesetzt.

Die Theologische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin ehrte Liselotte Richter zu ihrem 100. Geburtstag mit einer Gedenkveranstaltung am 7. Juni 2006 . Außerdem wurde ein Gedenkband: >„Nach jedem Sonnenuntergange bin ich verwundet und verweist“. Liselotte Richter zum 100. Geburtstag< von Richard Schröder, Catherina Wenzel und Michael Weichenhan herausgegeben.

Werke (Auswahl)

als Autorin

  • Der Begriff der Subjektivität bei Kierkegaard. Ein Beitrag zur christlichen Existenzdarstellung. Triltsch, Würzburg 1934 (zugl. Marburg Univ. Diss.)
  • Immanenz und Transzendenz im nachreformatorischen Gottesbild. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1955
  • Jakob Böhme. Mystische Schau (Geistiges Europa). Hoffmann & Campe, Hamburg 1947
  • Jean-Paul Sartre (Köpfe des XX. Jahrhunderts; 23). Colloquium-Verlag, Berlin 1964
  • Leibniz und sein Rußlandbild. Akademie-Verlag, Berlin 1949
  • Mahatma Gandhi (Köpfe des XX. Jahrhunderts; 25). Colloquium-Verlag, Berlin 1962
  • Philosophie der Dichtkunst. Moses Mendelssohns Ästhetik zwischen Aufklärung und Sturm und Drang. Chronos-Verlag, Berlin 1948
  • René Descartes. Dialoge mit deutschen Denkern (Geistiges Europa). Hoffmann & Campe, Hamburg 1949
  • Schöpferischer Glaube im Zeitalter der Angst. Glock, Wiesbaden 1954

als Herausgeberin

  • Albert Camus: Der Mythos von Sisyphos. Ein Versuch über das Absurde. Rowohlt, Reinbek 1997, ISBN 3-499-22198-5 (mit dem Essay "Camus und die Philosophen in ihrer Aussage über das Absurde" von Liselotte Richter)
  • Sören Kierkegaard: Werke. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg (mit dem Essay "Zum Verständnis des Werks")
  1. Der Begriff Angst. 1996, ISBN 3-434-46021-7
  2. Die Wiederholung. 1001, ISBN 3-434-46022-5
  3. Furcht und Zittern. 1998, ISBN 3-434-46023-3
  4. Die Krankheit zum Tode. 1995, ISBN 3-434-46024-1
  5. Philosophische Brocken. 1992, ISBN 3-434-46025-X

Literatur

  • Richard Schröder u.a. (Hrsg.): Nach jedem Sonnenuntergange bin ich verwundet und verweist. Liselotte Richter zum 100. Geburtstag. Frank & Timme, Berlin 2006, ISBN 3-86596-088-X
  • Karl-Wolfgang Tröger: Liselotte Richter als Forscher- und Lehrerpersönlichkeit. In: Die Zeichen der Zeit, Jg. 40 (1986), Heft 11, S. 283- 287;
  • Karl-Wolfgang Tröger: Zur Geschichte des Spezialfaches Allgemeine Religionsgeschichte. In: Helmut Klein (Hrsg.): Zur Geschichte der Theologischen Fakultät Berlins. Humboldt-Universität, Berlin 1975, S. 577-579 (= Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin Jg. 34. (1985))
  • Catharina Wenzel: Von der Leidenschaft des Religiösen. Leben und Werk der Liselotte Richter (1906-1968). Böhlau, Köln 1999, ISBN 3-412-12198-3