Der Wankelmotor (gehört zu den Kreiskolbenmotoren) ist ein Verbrennungsmotor, der ohne den Umweg einer Hubbewegung (wie es beim Hubkolbenmotor der Fall ist) die Verbrennungsenergie direkt in eine Drehbewegung der Exzenterwelle umsetzt. Der Läufer (Kreiskolben) übernimmt dabei gleichzeitig die Funktion der Kraftabgabe und Steuerung der Gaswechselvorgänge. Der Wankelmotor KKM57P gehört zu den Rotationskolbenmaschinen. Die Rotationskolbenmaschinen unterteilen sich in Kreiskolben- und Drehkolbenmaschinen. Bei Kreiskolbenmaschinen liegt eine Planetenbewegung vor, mindestens zwei Drehbewegungen überlagern sich. Bei Drehkolbenmaschinen kommen nur reine Drehbewegungen vor.
Benannt ist der Wankelmotor nach seinem Erfinder Felix Wankel, der ihn ab 1954 entwickelt hat. Zuerst wurde er als Drehkolbenmotor (DKM54) ausgeführt. Später setzte der NSU-Ingenieur Hanns Dieter Paschke den Außenläufer still, so entstand der Kreiskolbenmotor KKM57P.
Sämtliche der heute benutzten Wankelmotoren sind Kreiskolbenmotoren. Kreiskolbenmotoren sind in der Praxis sehr viel leichter zu beherrschen, wurden von Wankel selbst aber skeptisch beurteilt, da sie ihm als Verwässerung seines Konzeptes erschienen. Der Kreiskolben-Wankelmotor KKM57P ist zum einen kompakter, als ein DKM 54 Drehkolbenmotor, weil kein zusätzlicher Abgassammelraum benötigt wird. Der KKM57P benötigt nicht so hohe Drehzahlen, wie der DKM54, um die gleiche Leistung zu erzeugen. Beim KKM57P befinden sich die Zündkerzen in der feststehenden Trochoide, beim DKM54 hingegen in den schwer zugänglichen Läufermulden.
Geometrie des Wankelmotors
Beim Wankelkreiskolbenmotor dreht sich ein dreieckiger Läufer in einem fast viereckigen Gehäuse und berührt dabei ständig die Gehäusewand. Die Kontur des Kreiskolbens besteht aus drei abgeflachten Kreisbögen und sieht wie ein "bauchiges" Dreieck aus. Dieses ist als Reuleaux-Dreieck bekannt und stellt entsprechend der innenlaufenden Funktion eine Hypotrochoide dar. Der so geformte Läufer dreht sich in einem Gehäuse welches die Form einer an der langen Seite abgeflachten und an der kurzen Seite eingebuchteten Ellipse hat. Die Kontur des Gehäuses ist eine Epitrochoide die als sogenannte Radkurve erzeugt wird. Sie entsteht als Verlauf eines markierten Punktes auf einem kleineren Rollrad, wenn dieses auf einem grösseren Rad schlupffrei abrollt. Die Form der Radkurve entsteht entsprechend dem Radienverhältnis der beiden Räder. Im Falle des Wankelmotors verhalten sich die Radien des Grundkreises zum Abrollkreis wie 2:1 und ergeben die bekannte Gehäusekontur. Für den realen Motor wählt man als Gehäusekontur eine Äquidistante zur Radkurve, damit die Dichtleisten Platz und Spiel haben. Der Läufer bildet zusammen mit dem Gehäuse, auch Stator genannt, drei unabhängige, wechselnd große Kammern. Betrachtet man den Verlauf des Kolbenmittelpunktes im Motorraum, so bewegt sich dieser auf einem Kreis, der zugleich Mittelpunkt und Sitz des Exzenters ist. Entsprechend der Verzahnung von Kolben und Ritzel ergibt sich das Drehzahlverhältnis von Kolben und Exzenterwelle. Im Falle des Wankelmotors ist die Innenverzahnung des Läufers mit 30 Zähnen und die Außenverzahnung des Ritzels mit 20 Zähnen ausgestattet. Daraus folgen drei Umdrehungen der Exzenterwelle wenn sich der Kolben einmal gedreht hat.
Die Geometrie des Wankelmotors stellt eine Auswahl aus einer Palette von Möglichkeiten dar, welche sich ergeben können, wenn Innenläufer und Gehäuse mit variierenden Rollkurven erzeugt werden. Zugrunde liegt allen Figuren die Bedingung des Gleichdick.
Beschreibung des Arbeitsablaufes für einen Arbeitsraum
Läuft der Kolben am Einlassschlitz vorbei, wird durch Volumenzunahme des Arbeitsraumes das Kraftstoff-Luft-Gemisch angesaugt. Durch den bei der weiteren Drehung des Kreiskolbens immer kleiner werdenden Arbeitsraum, wird das Kraftstoff-Luft-Gemisch im zweiten Arbeitstakt verdichtet. Nach dem Gasgesetz erwärmt es sich bereits durch die Verdichtung. Wenn das Kraftstoff-Luft-Gemisch seine höchste Dichte erreicht und die Zündkerze(n) passiert hat, wird das Gemisch gezündet. Die bei der Verbrennung freiwerdende Wärme führt zu einer Druckzunahme, wodurch der Kreiskolben beschleunigt wird. Bei dieser Drehung des Arbeitsraumes vergrößert sich das Brennraumvolumen wieder. Man spricht dabei vom Arbeitstakt.
Im Gegensatz zu einem Otto- oder Dieselmotor geht die bei der Verbrennung freiwerdende Energie direkt in eine Drehbewegung der Exzenterwelle über. Nach Erreichen des Auslassschlitzes wird das Abgas durch diesen ausgestoßen. Dieser Zyklus wird von jeder der drei Läuferflanken durchlaufen, was bedeutet, dass bei einer Läuferumdrehung drei Zündungen stattfinden. Der Verbrennungsraum wird aus der Läuferflanke und dem entsprechenden Teilstück der Kammer gebildet.
Der Kreiskolbenmotor arbeitet nach dem Viertaktprinzip. Ein Kreisprozess beträgt beim Wankelmotor genau 1080°, auf die Exzenterwelle bezogen. Das bedeutet es dauert drei Exzenterwellenumdrehungen, bis eine Flanke des Läufers alle vier Takte durchlaufen hat. Wegen der an allen drei Flanken gleichzeitig ablaufenden Takte findet bei jeder Exzenterwellenumdrehung ein Arbeitstakt statt, der über 270° dauert. Zum Vergleich: ein Viertakt-Hubkolbenmotor benötigt für einen Kreisprozess 720° pro Zylinder, "arbeitet" damit nur bei jeder zweiten Kurbelwellenumdrehung, weil zum Ladungswechsel ein Leerhub notwendig ist. Deshalb setzt der Wankelmotor das doppelte Verdrängungsvolumen gegenüber einem hubraumgleichen Viertakt-Hubkolbenmotor durch. Hinzu kommt noch ein besserer Füllungsgrad des Wankelmotors durch den freien ungedrosselten Einlass. Steuerzeiten und Arbeitsabläufe werden grundsätzlich nur auf die Exzenterwelle oder Kurbelwelle bezogen.
Vor- und Nachteile (gegenüber dem Hubkolbenmotor)
Ein Vorteil des Wankelmotors ist sein relativ einfacher Aufbau. Er hat nur wenige bewegliche Teile (je nach Bauart unterschiedlich viele, meist zwei Kreiskolben und die Exzenterwelle). Dadurch, dass sich alle Teile nur um ihren Schwerpunkt drehen oder kreisen, kann man einen Wankelmotor vollkommen auswuchten und zwar schon ab einem Läufer. Der Wankelmotor hat wegen einer um 50 Prozent längeren Taktdauer eine weit größere Gleichförmigkeit im Motorenlauf als ein Hubkolbenmotor. Die Kraftübertragung geschieht direkt auf die Exzenterwelle und benötigt keinen Umweg über die beim Hubkolbenmotor vorhandenen Pleuel. Auch benötigt ein Wankelmotor keinerlei Ventile wie ein Viertakt-Hubkolbenmotor. Darüber hinaus hat er einen niedrigen Oktanzahlbedarf und eine höhere Ausfallsicherheit.
Der Wankelmotor besitzt eine relativ geringe Baugröße. Das heißt, er ermöglicht eine hohe Leistungsdichte bei geringem Gewicht. Der Grund liegt in der kompakteren Anordnung von Exzenterwelle und Läufer im Vergleich zu Kolben, Pleuel und Kurbelwelle beim Hubkolbenmotor. Auch benötigt man nur die Hälfte an Kammervolumen im Vergleich zum Hubraum des Viertakt-Hubkolbenmotors, weil bei jeder Exzenterwellenumdrehung ein Arbeitstakt pro Kammer stattfindet. Der beim Viertakthubkolbenmotor vorhandene Leertakt entfällt. Durch die räumliche Trennung von Ansaug- und Verbrennungsraum ist der Wankelmotor besonders geeignet zur Verbrennung von Wasserstoff (Wasserstoffbetrieb) und ähnlichen Brennstoffen mit geringer Oktanzahl, da sich das Gasgemisch nicht vorzeitig an heißen Bauteilen (wie etwa den Auslassventilen und der Brennraumoberfläche) entzünden kann. Dies steigert gegenüber dem Viertakt-Hubkolbenmotor die Klopffestigkeit.
Der Wankelmotor eignet sich besonders für den Schichtladebetrieb, weil zum Einspritzen mehr Zeit zur Verfügung steht und die Ladungsschichtung sich ohne Hilfsmittel einstellt.
Der Hauptnachteil des Wankelmotors ist sein sehr flacher, langgestreckter Verbrennungsraum, der im Vergleich zum Hubkolbenmotor ein ungünstiges Verhältnis zwischen Brennraumvolumen und -oberfläche hat und deshalb relativ viel Energie in Form von Verlustwärme verlorengeht. Bei alten Wankelmotoren mit Umfangsauslass wurde relativ viel Gemisch unverbrannt zum Auslassschlitz ausgeschoben. Dies führte zu hohen HC-Werten im Abgas. Gleichzeitig hatte man eine unerwünscht hohe Abgasrückführungsrate, was zu Zündaussetzern im Leerlauf und im Teillastbetrieb führen konnte. Dies kann man mit einem Seitenauslass vermeiden, wie er beim Mazda Renesis in der Serie eingesetzt wird. Dort wird kein unverbranntes Gemisch mehr durch den Auslass ausgestoßen.
Das Ausschieben von unverbranntem Gemisch reduziert man durch die Verwendung einer Doppelzündung und/oder auch mit einer einzigen Kerze in der Late-Trailing-Position (Late Trailing = die nacheilende Kerze ist weit oberhalb der Einschnürung angeordnet); der Verbrauch wird so gegenüber den frühen Ausführungen um etwa 30 Prozent gesenkt. Die zweite Kerze ist ohnehin bei Flugzeugmotoren wegen der damit verbundenen höheren Ausfallsicherheit Pflicht. Im Mazda 26B (24-Stunden-Rennen von Le Mans 1991) wurde sogar eine Dreifach-Zündung eingesetzt, womit ein spezifischer Verbrauch von 210 g/Psh bei 6000 Upm erreicht wurde.
Mazda hat die Äquidistante (Abstand zwischen rechnerischer Trochoide zur tatsächlichen Laufbahn) beim Renesis (RX-8) gegenüber den bisherigen Mazda 13B verkleinert; hierdurch wurde das Volumen der Zwickel verkleinert und im Gegenzug der Verbrennungsraum mehr in die Brennraummulde des Läufers verlagert. Man hat somit die Brennraumoberfläche und das Volumen der Zwickel verringert. Beim Wärmeübergang kann man nicht eindeutig nur die Brennraumoberfläche betrachten, weil auch Brennraumdrücke beim Wärmeverlust und die herrschenden Brennraumtemperaturen berücksichtigt werden müssen. Auch sieht man heute eine drehzahl- und temperaturabhängige Kühlung des Läufers vor. Bei aktuellen Mazda-Modellen werden die Läufer bis 60°C Öltemperatur überhaupt nicht gekühlt, darüber erst ab einer Motordrehzahl von 3000 U/min. So erreicht man eine lastkonforme Kühlung des Läufers, was den Wirkungsgrad des Motors verbessert. Insgesamt verringert man den Wärmeverlust allgemein durch heute deutlich höhere Betriebstemperaturen. Das Wärmemanagement eines modernen Viertakt-Hubkolbenmotors ist ähnlich kompliziert.
Während beim Hubkolbenmotor der Brennraum im Ansaugtakt durch das Frischgas gekühlt wird, bildet sich beim Wankelmotor eine heiße Zone (warmer Bogen) aus, die gekühlt werden muss. Den mit einer ungleichmäßigen Temperatur des Motorblocks verbundenen Wärmeverzug kann man beim Wankelmotor durch entsprechende Kühlwasserführung und/oder Stahleinlagen (zum Beispiel SIP-Verfahren bei Mazda) in tolerierbaren Bereichen halten.
Fahrzeuge mit Wankelmotor
Automobile
- Mazda RX-8 (seit 2003)
- Mazda RX-7 (1978–2002)
- Mazda RX-5 (1975–1981)
- Mazda RX-3 (1972–1977)
- Mazda RX-2 (1971–1974)
- Mazda 110 S Cosmo Sport (1967–1972) 1. Serienwankel mit Zweischeibenmotor
- Mazda 787B (1991 LeMans 24h Gewinner)
- NSU Ro 80 (1967–1977)
- NSU Wankel Spider (1964–1967)
- Audi 100 C2 (1976–1977) ca. 25 Prototypen in der Erprobung
- Citroën GS Birotor (1974–1977)
- Citroën M35 (19??–19??)
- Datsun ?? (19??–19??)
- Mercedes-Benz C111 (Prototyp 1969–1980)
- IFA (Trabant, Wartburg), einzelne Prototypen von 1961 bis Ende der 1960er Jahre
- Lada (1970er–1990er Jahre)
- Die Flugautos M200 und M400 der Firma Moller
Motorräder
- Hercules W 2000 "Staubsauger"
- Suzuki RE 5
- Van Veen OCR 1000
- Norton P41 "Interpol II"
- Norton P43 "Classic"
- Norton P52 "Commander Police"
- Norton P53 "Commander Civilian"
- Norton P55 "F1"
- Norton P55B "F1 Sports"
- MZ Prototypen
Wasserfahrzeuge
- Zisch 42
- Zisch 68
- Zisch 74
Weitere Anwendungen
Anwendung findet der Wankelmotor auch als Flugzeugantrieb. Auch als Antrieb für Gurtstraffer kommen kleine Wankelmotoren zum Einsatz.
Eine Variante ist der "Wankel-Fremdzündungsdiesel", ein Vielstoffmotor, der mit Fremdzündung für den Antrieb von sogenannten Drohnen arbeitet. Zwar wird hier Diesel als Kraftstoff mit eingespritzt, jedoch kommt die dieseltypische Selbstzündung nicht zum Einsatz. Die 1998 begonnene Entwicklung ist bis zum heutigen Tage (2004) nicht zu einem Abschluss gekommen. Die englische Firma UAV ist zur Zeit der Weltmarktführer bei Drohnen-Wankelmotoren. Die Firma Wankel Supertec in Cottbus hat einen Fremdzündungsdiesel-Wankelmotor entwickelt, der im Verbrauch an hochoptimierte HKM-TDIs heranreicht. Dieser soll in Flugzeugen eingesetzt werden.
Seit neuerem werden auch Karts von Wankelmotoren angetrieben. Die Vorteile liegen im geringen Gewicht, den wenigen bewegten Teilen im Vergleich zum Viertaktmotor und der gleichmäßigen, turbinenartigen Leistungsentfaltung. Die Leistung beträgt über 30 kW bei einem Hubraum von weniger als 300 cm³ und einem Gewicht von 17 Kilo. Der Achsantrieb erfolgt über eine Fliehkraftkupplung ohne Getriebe, was einen gleichmäßigen Drehmomentverlauf erfordert.
Die Firma Mazda erprobt aktuell im RX-8 den Betrieb mit Wasserstoff. Hier kommt dem Wankelmotor seine spezielle Brennraumform zugute.
Kraftfahrzeugsteuer (in Deutschland)
Wankelmotoren werden nach dem zulässigen Gesamtgewicht wie LKWs besteuert.
Die Höhe der Kraftfahrzeugsteuer für PKW bemisst sich in Deutschland nach dem Hubraum. Der NSU-RO80 mit knapp 1000 ccm Kammervolumen und 115 PS hätte bei Anwendung der damaligen Hubraumsteuer von 14,40 DM/100 ccm eine Steuer von nur 144,00 DM/Jahr bedeutet. Um Wankelmotoren gegenüber Hubkolbenmotoren nicht zu begünstigen, wollten die Steuerbehörden zuerst das Kammervolumen doppelt rechnen, da ein Auto mit 115 PS zu dieser Zeit einem Hubraum von 2 Litern eines Hubkolbenmotors entsprach. Nach etlichen Verhandlungen einigte man sich aber auf die Anwendung der LKW-Steuer. Die Steuer bemisst sich nach dem verkehrsrechtlich zulässigen Gesammtgewicht. Pro 200 kg kosten bei einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2000 kg: 11,25 Euro
Literatur
- Andreas Knie, Wankel-Mut in der Autoindustrie, 290 Seiten - Edition Sigma, ISBN 3894041455
- Richard F. Ansdale, Der Wankelmotor. Konstruktion und Wirkungsweise, 228 Seiten - Motorbuch Vlg., Stuttgart, ISBN 3879432147
- Dieter Korb, Protokoll einer Erfindung: Der Wankelmotor, 224 Seiten, ISBN 387943381X be.
- Claus Myhr, NSU Ro 80 und Wankel Spider 1964-1977, 96 Seiten, ISBN 3922617492 be.
Fetter Text[[[andreas@behronline.de]]]
Verwandte Themen
- Vorläufermodell von Felix Wankel: Drehkolbenmotor
- Verbrennungsmotoren mit anderen Brennverfahren: Dieselmotor, Ottomotor
- Andere Ladungswechselverfahren für Hubkolbenmotoren: Zweitaktverfahren, Viertaktverfahren
Weblinks
- Informationen über den Wankelmotor
- Flugzeuge mit Wankelmotor
- Homepage der Firma Wankel Supertec Cottbus
- Film "Das Prinzip" (wmv-Datei etwa 15,9 MB)
- BMF Bericht über den Fremdzündungsdiesel-Wankelmotor
- Mazda Delivers First Rotary Hydrogen Vehicles to Corporate Customer Fleets (Bericht über den Wasserstoff-RX-8)