Warlord

militärischer Anführer, der gegen die Staatsordnung ein Gebiet kontrolliert
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Ein Kriegsherr, Kriegsfürst bzw. Warlord (englisch, abgeleitetet dort aus dem deutschen Wort Kriegsherr) ist ein militärischer und politischer Anführer, der in einem begrenzten Gebiet die Kontrolle übernommen hat. Erstmals tauchte der Begriff im Zusammenhang mit der Republik China auf, die von 1911 bis 1949 das chinesische Festland kontrollierte und in dieser Zeit trotz formaler Existenz einer Zentralregierung über die gesamte Periode zu einem gewissen Ausmaße von lokalen Kriegsherren dominiert wurde. Heute wird er in allgemeinerem Sinne verwandt.


Herausbildung von Warlords

Ein Warlord kann nur dann seine Position erreichen, wenn das Gewaltmonopol des Staates (zumindest lokal) zusammenbricht (Staatszerfall). Diese Situation tritt oft im Zusammenhang mit Bürgerkriegen auf; aber auch der Fall eines Machtvakuums, etwa nach einem Krieg oder dem Abzug von Besatzungstruppen, schafft die Bedingungen, unter denen Warlords möglich werden. Bei Erfolg entwickeln sie sich unter Vernachlässigung ursprünglicher Ziele regelmäßig zu "Gewaltunternehmern" (Georg Elwert). Elwert hat demgemäß das Aufkommen von Warlords unter dem Gesichtspunkt der Entstehung von "Gewaltmärkten" in "Failing States" untersucht.

Vergleichbar sind auch die älteren Formen des "Räuberkapitalismus" (Max Weber): Raubritter, Condottiere, Piraten.

Antike

Zeit der Drei Reiche

Das China in der Zeit der Drei Reiche - ca. 220 bis 280 - war vergleichbar von Warlords geprägt, ehemaligen Kommandeuren und Beamten die nach dem Zerfall der Han-Dynastie die Macht in ihren Provinzen übernahmen und diese als Machtbasis nutzten um ihren Einfluß zu erweitern. Die Periode wurde auch literarisch verarbeitet. Der klassische chinesische Roman "Die Geschichte der drei Reiche" ist eines der bedeutsamsten Werke der chinesischen Literatur und bis heute eines der beliebtesten.

Soldatenkaiser

Zahlreiche Soldatenkaiser des zerfallenden Römischen Reiches - z.B. Silbannacus (zwischen 244 und 249) oder Aemilianus (253) - sind besser als Warlords denn als Anwärter auf das Imperium zu verstehen.

Sengoku-Periode

Die Sengoku-Periode von 1477 bis 1600 in Japan war ebenfalls durch streitende Kriegsherren dominiert. Bedeutende Warlords waren

Die ersten drei gelten als die japanischen Reichseiniger (ihre zeitliche Abfolge entspricht der Reihenfolge der Namen), wobei die Reichseinigung erst unter Tokugawa Ieyasu vollständig erreicht und soweit konsolidiert war, dass alle anderen Kriegsherren als ernsthafte Machtfaktoren ausgeschaltet waren.

China 1912-49

Erst in dieser Zeit wurde der englische Begriff "warlords" geprägt.

In China waren diese „Kriegsherren“ in der Regel im Beamtenapparat aufgestiegene Angehörige der Gentry (niederer Land-Adel), die insbesondere in der Republik-Zeit (Herrschaft der Nationalpartei, chin. Guomindang, 1912-1949) als Gouverneure mehr oder weniger selbständig und mit eigener Hausmacht über Provinzen oder Teilgebiete Chinas herrschten. So z.B. herrschten Liu Wenhui über Sichuan, die Provinz, die sich östlich an Tibet anschließt, und der muslim-chinesische Hui-Gouverneur Ma Bufang in Amdo/Qinghai. Als eigentliche Periode der Warlords gelten die Jahre 1916-1927. Nach dem Tode des chinesischen Diktators Yuan Shikais zerfiel die Autorität der Zentralregierung dermaßen, daß sie faktisch auf die Kontrolle der Hauptstadt Peking beschränkt war. Derjenige Warlord, der Peking dominierte, stellte somit auch die Zentralregierung. Mit dem Nordfeldzug der Guomindang 1927 einigte Chiang Kai-shek das Land zwar formell unter der neuen nationalchinesischen Regierung in Nanking. Faktisch wechselten aber viele Warlords einfach die Seiten anstatt wirklich militärisch besiegt zu werden. Bis zu Beginn des chinesisch-japanischen Krieges 1937 gelang es der Nationalregierung nur begrenzt die lokalen Machthaber unter Kontrolle zu bringen. Diese reagierten auf derartige Versuche immer wieder mit Aufständen.

Es ist hervorzuheben, daß sich die Warlords v.a. auf die lokale Kontrolle und Sicherung ihres Machtbereiches konzentrierten und nicht daran interessiert waren, das gesamte Land unter ihrer Führung zu vereinigen.

Gegenwart

Beispiele für von Warlords dominierte Länder in der jüngsten Geschichte sind Somalia seit 1991, Afghanistan, die Demokratische Republik Kongo und der Sudan. Aber auch andere Länder der Dritten Welt kennen Warlords, wenn auch in geringerem Ausmaße.