Schlacht bei Waterloo

Schlacht der Koalitionskriege (1815)
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Schlacht von Watterloo Gemälde von William Sadler
Gemälde von William Sadler
Schlacht von Waterloo
Konflikt Frankreich - Koalition
Datum 18. Juni 1815
Ort Waterloo in Wallonisch-Brabant
Ergebnis Sieg der Koalition
Kontrahenten

Frankreich

Preußen

Großbritannien, Niederlande, Hannover u.a. deutsche Verbündete
Kommandeure
Napoléon Bonaparte
Gebhard von Blücher
Arthur Wellesley, Duke of Wellington
Truppenstärken
72.047 Mann 48.950 Infanterie 15.765 Kavallerie 7.332 Mann mit 246 Geschützen
48.000
67.661 Mann 49.608 Infanterie 12.408 Kavallerie 5.645 Mann mit 156 Geschützen
Verluste
29.000
7.000
15.000
Vorlage:Überblick Belgienfeldzug von 1815

Die Schlacht bei Waterloo [ˈvaːtərloː] (auch Schlacht bei Belle-Alliance) vom 18. Juni 1815 war die letzte Schlacht Napoleon Bonapartes.

Die Niederlage der von Napoleon geführten Franzosen gegen die anglo-alliierten Truppen unter General Wellington und die mit ihnen verbündeten Preußen unter Feldmarschall Blücher beendete die Episode der Hundert Tage und führte mit Napoleons endgültiger Abdankung am 22. Juni 1815 zum Ende des Ersten Französischen Kaiserreichs.

Nach dieser zweiten völligen militärischen Niederlage innerhalb kurzer Zeit wurden Frankreich im Zweiten Pariser Frieden verschärfte Friedensbedingungen auferlegt und Napoleon selbst als Kriegsgefangener der Engländer auf die Atlantikinsel St. Helena gebracht, wo er als Verbannter am 5. Mai 1821 starb.

Vorbereitungen

Napoleon übernahm das Oberkommando über die Armee, aber er konnte nicht mehr auf seine alte Mannschaft zurückgreifen. Marschall Louis Alexandre Berthier, sein ehemaliger Generalstabschef, war tot. Den Marschall Joachim Murat sah er als Verräter an. Andere Marschälle weigerten sich zu dienen, entweder aus Altersgründen oder weil sie Ludwig XVIII. einen Treueid geleistet hatten. Napoleons Ernennungen im Jahre 1815 werden von Historikern oft kritisiert, tatsächlich waren viele falsch. Marschall Nicolas-Jean de Dieu Soult, ein fähiger Befehlshaber in selbständiger Stellung, wurde Generalstabschef, obwohl er keine Ausbildung dafür hatte. Marschall Emmanuel de Grouchy sollte erst die Kavallerie führen, wofür er besonders geeignet war. Ihm wurde später der Befehl über den rechten Armeeflügel übertragen, obwohl er nie auch nur ein Korps befehligt hatte. Der linke Flügel wurde Marschall Michel Ney anvertraut, dessen Abfall von den Bourbonen und Übergang zu Napoleon für dessen Triumphzug nach Paris von größter Bedeutung gewesen war. Man wusste von ihm, dass er ein Kämpfer, aber kein Denker war. Marschall Louis-Nicolas Davout, der fähigste der Marschälle, blieb zurück, um Paris für den Kaiser zu halten.

Von französischen Sympathisanten in den Niederlanden hatte Napoleon eine klare Vorstellung von der Truppendisposition seiner Feinde. Die Armeen waren in loser Korpsformation gruppiert. Die Preußen lagen im Gebiet LüttichDinantCharleroiTirlemont. Wellingtons Armee befand sich im Gebiet BrüsselGentLeuzeMonsNivelles. Die Zusammenziehung einer solchen Armee konnte Tage dauern. Die Verbindungslinien beider Armeen führten auseinander. Wellingtons verlief nach Norden, die von Blücher ostwärts nach Deutschland. Bei einem Überraschungsangriff, der sie zum Rückzug zwang, würden die Verbündeten auf diesen Wegen zurückgehen. Napoleon wollte erst die eine, dann die andere Armee schlagen, ohne sich um die jeweils andere kümmern zu müssen. Die Aufstellung Napoleons war für solche Bewegung ideal ausgerichtet. Zwei Flügel unter Ney und Grouchy sollten der Armee vorausgehen und Napoleon in der Mitte folgen, wobei er das Gewicht auf die eine der Flanken werfen konnte.

Am 15. Juni überschritt die französische Armee die Grenze zu Belgien, bei Anbruch der Nacht nahm Napoleon Quartier in Charleroi. Seine Armee war zusammengezogen und stand zwischen den Verbündeten. Während des Abendessens erfuhr Wellington vom Prinzen von Oranien, dass französische Aufklärer Quatre-Bras erreicht hatten, eine wichtige Straßenkreuzung auf dem Wege der Armee zum Treffen mit Blücher. Er hatte mit einer Überflügelung an seiner rechten Flanke gerechnet und daher damit begonnen, seine Armee bei Nivelles zusammenzuziehen, weit entfernt von Quatre Bras und Sombreffe. Glücklicherweise hatte der holländische Befehlshaber bei Quatre Bras die Bedeutung des Kreuzweges erkannt und sich über die Befehle, nach Nivelles zu gehen, hinweggesetzt. Zwei Brigaden hielten jetzt diesen wichtigen Punkt, der 55 km von Brüssel entfernt war. Die Kreuzung konnte durch Täuschung den ganzen 16. Juni hindurch gehalten werden.

Datei:Image-Michelney1.jpg
Michel Ney

Ney, der vor sich einen leichten Hang sah, der bis zur Kreuzung führte, nahm an, dass dieser zwar nur von schwachen Kräften gehalten werde, dass aber dahinter verborgen die verbündete Armee in voller Stärke liege. Seine Erfahrungen in Spanien hatten Ney gelehrt, Angriffe auf Wellington in vorbereiteten Stellungen zu unterlassen. Am gleichen Tag stellten sich die Preußen in einer vorher ausgekundschafteten Stellung dem französischen Angriff und wurden bei der Schlacht bei Ligny schwer angeschlagen. Napoleon konnte jedoch keinen entscheidenden Sieg erringen, weil seine Reserven zu lange für den Marsch von einem Flügel zum anderen brauchten. Immerhin mussten sich die Preußen zurückziehen. Blücher war in der Schlacht verwundet und beinahe gefangen genommen worden. Das Kommando führte in der folgenden Nacht sein Generalstabschef General Gneisenau, der dafür sorgte, dass der Rückzug nicht in östlicher sondern in nördlicher Richtung auf Wavre erfolgte, von wo die Preußen entweder Wellington zur Hilfe kommen oder sich nach Osten zurückziehen konnten.

Nachdem Wellington am Morgen des 17. Juni von der Niederlage der Preußen in der Schlacht bei Ligny und deren Rückzug auf Wavre erfahren hatte, brach er um 10 Uhr von Quatre-Bras auf und nahm Stellung zwischen dem Städtchen Braine l'Alleud und dem Meierhof Papelotte. Seine Hauptmacht hatte er bis zum Morgen des 18. Juni in zwei Abteilungen beiderseits der Straße von Charleroi nach Brüssel auf einem von Westen nach Osten laufenden Höhenzug aufgestellt. Vor der Front des rechten Flügels lag das Schloss Hougomont, in der Mitte die befestigte Farm La Haye Sainte, vor dem äußersten linken Flügel die Gehöfte Papelotte und La Haye.

Wellington musste nach dem unglücklichen Ausgang der Schlacht bei Ligny erwarten, von Napoleons Hauptmacht angegriffen zu werden, und beschränkte sich daher bis zur Ankunft der Preußen auf eine absolute Verteidigung. Napoleon hatte seines Gegners Stellung sorgfältig bedacht und die Truppen erst gegen 10 Uhr vormittags aus ihren Nachtlagern aufbrechen lassen. Er stellte sie ungefähr 2 km von dem Feind entfernt so in Schlachtordnung auf, dass die Infanterie zwei Treffen, die Kavallerie ein drittes bildete.

Napoleons Plan war, den Hauptangriff auf den linken Flügel Wellingtons zu richten; ein Sturm auf Hougomont sollte diese Bewegung maskieren und einen Teil der feindlichen Kräfte dorthin ziehen. Des Regens wegen, der die ganze Nacht hindurch gefallen war, konnte er erst um 11.30 Uhr das Zeichen zum Angriff geben.

Entscheidende Entschlüsse

Napoleon verschob den Angriff von 9 auf 11:30 Uhr, damit das Erdreich trocken wurde, was der Artillerie die Möglichkeit gab, leichter Stellungswechsel vorzunehmen, und zudem die Wirkung abprallender Kugeln erhöhte. (Dies wird jedoch angezweifelt, da seine Truppen erst gegen 11:00 Uhr ihre Angriffspositionen gegenüber den Alliierten erreichten und manche gar nicht vor 13:00 Uhr. Es scheint daher, aufgrund dieser einsichtsvollen Argumentation, dass der befohlene Verzug weniger auf feuchtes Erdreich zurückzuführen ist, als auf die Aufstellung der Einheiten am Abend zuvor und auf die Erschöpfung der französischen Truppen und schließlich die Verstopfung der einzigen vorhandenen Anmarsch-Strasse.)

Zweitens unterließ er es, frühzeitig die Befehle an Grouchy zu senden, so schnell wie möglich in Richtung Wavre vorzugehen und mit ihm Fühlung zu halten.

Die Schlacht

 
 
Jérôme Bonaparte

Die 6. französische Infanteriedivision unter Jérôme Bonaparte rückte um 11.30 Uhr gegen das Schloss Hougomont vor. Das davor liegende Lustwäldchen fiel nach mehrstündigem Gefecht in die Hand der Franzosen, der Verlust führte jedoch zu umso hartnäckigerer Verteidigung des Vorhofes und des Schlosses selbst durch ein britisches Gardeinfanterieregiment mit Verstärkung durch Braunschweiger und Nassauer Abteilungen.

Der Angriff auf den linken Flügel der Alliierten wurde durch das Feuer von 70 Geschützen eröffnet; doch verzögerte er sich etwas, da Napoléon gegen 13.30 Uhr die unerwartete Nachricht vom Anmarsch der Preußen in seiner rechten Flanke erhielt. Darauf reagierte er aber nur zögerlich und unzureichend.

Ebenfalls gegen 13.30 Uhr griff Marschall Michel Ney mit der Infanterie des I. Korps unter General d'Erlon La Haye Sainte an. Dieser Hof wurde von dem 2. leichten Bataillon der Kings German Legion (KGL) unter Major Baring (knapp 400 Mann), später verstärkt durch Schützen des 5. Linienbataillons KGL, des 1. leichten Bataillons KGL, einige Nassauer und das Feldbattaillon Lüneburg (s. Carl Jacobi), gehalten. Die Franzosen konnten La Haye Sainte nicht erobern, sondern drangen unter großen Opfern um den Hof herum vor und versuchten die Hügel zu stürmen, auf denen die Niederländer postiert waren. Als diese nachgaben, griffen General Picton mit zwei Infanteriebrigaden (die 8. unter Sir James Kempt und die 9. unter Sir Denis Pack) und dann Somerset und Ponsonby mit der 1. und der 2. britischen Kavalleriebrigade Reiterei an. Sie warfen die Franzosen zurück und verfolgten sie bis unter ihre Batterien; die Generäle Picton und Ponsonby fanden dabei den Tod. Von der britischen Kavallerie blieb fast die Hälfte auf dem Schlachtfeld. Aber der erste große Angriff war abgeschlagen, und 3.000 Franzosen waren in Gefangenschaft geraten.

Nach einer Pause, während der die Franzosen eine furchtbare Kanonade mit 84 Geschützen eröffneten, unternahm die französische Reiterei (40 Schwadronen) einen zweiten Angriff, um zwischen La Haye Sainte und Hougomont durchzubrechen. Trotz des Kartätschenhagels erklomm sie die Höhe; erst als sie auf 30 Schritt an die englischen Karrees herangekommen war, eröffneten diese ein verheerendes Feuer. Zugleich stürmte die verbündete Kavallerie hervor und warf die französische Reiterei zurück. Auch deren zweiter Versuch scheiterte am Widerstand der Alliierten, ebenso ein dritter, der mit mehr Nachdruck unternommen wurde und dem die französische Reiterei durch Kellermanns schwere Reiterei und den Rest der Kaiserlichen Garde auf 77 Schwadronen verstärkt worden war. An der Kavallerieattacke beteiligten sich im Laufe der Schlacht mehrfach Einheiten, die möglicherweise nicht an diesem Angriff hatten mitwirken sollen, sondern sich von der Masse der stürmenden Kavallerie mit in den Kampf reißen ließen. Dies ergibt sich jedenfalls aus französischen Quellen und Aussagen, deren Wahrheitsgehalt allerdings unterschiedlich bewertet wird. Die Angriffe scheiterten unter anderem daran, dass die Infanterie nicht rechtzeitig nachrückte, um die Attacken zu unterstützen.

 
Napoleon Gemälde von Jacques-Louis David (1812)
Datei:Arthur Wellesley, duc de Wellington.jpg
Wellington
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Thomas Picton
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Gebhard Leberecht von Blücher


Unterdessen tobte der Kampf der Infanterie um den Besitz der Dörfer und Gehöfte. Hougomont wurde trotz immer neuer Angriffe von den Alliierten behauptet, La Haye Sainte musste aber zwischen 17 und 18 Uhr geräumt werden, da die Munition trotz mehrfacher Anforderungen nicht geliefert worden war. Die KGL war mit Baker Rifles ausgerüstet, die ein anderes Kaliber hatten als die Gewehre der Linientruppen, und daher nicht benutzt werden konnten. Von den Männern waren nur noch 42 einsatzfähig. Wellingtons Heer war fast bis auf die Hälfte zusammengeschmolzen. Auch die Franzosen hatten große Verluste erlitten; aber sie waren bis dicht an die Linie der Verbündeten vorgedrungen und durften hoffen, sie durch immer neue Vorstöße zu ermüden und endlich zu vernichten. Doch im Vertrauen auf die von Blücher zugesagte preußische Hilfe hielt Wellington stand, angeblich mit den Worten "Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen". Obwohl dieses Zitat sehr bekannt ist, darf seine Echtheit angezweifelt werden.

Preußen erscheinen auf dem Schlachtfeld

 
Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz
 
August Graf Neidhardt von Gneisenau
Datei:Emmanuel de grauchy.jpg
Emmanuel de Grouchy

Und die Preußen erschienen wirklich. Trotz der Mühen und Beschwerden, welche die durch den Regen aufgeweichten Wege den marschierenden Kolonnen bereiteten, erreichten die Spitzen von Bülows Korps nach 13 Uhr den östlichen Rand des Schlachtfeldes bei St. Lambert, und um 16.30 Uhr konnte Bülow zunächst mit zwei Divisionen, ab 17.30 Uhr mit seinem ganzen Korps bei Frichemont zum Angriff auf Lobau übergehen, der mit zwei Divisionen den Preußen entgegengeschickt worden war, um sie aufzuhalten. Doch dazu war Lobau bereits zu schwach. Er musste sich auf Planchenoit, ein Dorf ungefähr im Rücken des französischen Zentrums, zurückziehen, um dessen Besitz sich nun ein hitziger Kampf entspann.

Napoleon schickte General Lobau 12 Bataillone der Jungen Garde mit 24 Geschützen zu Hilfe, um Planchenoit in jedem Fall gegen die inzwischen auf 45.000 Mann verstärkten Preußen zu halten. Er selbst beschloss, mit einem letzten großen Schlag, ehe Planchenoit gefallen war, Wellingtons Schlachtlinie zu durchbrechen und so eine Niederlage abzuwenden. Die verbleibende einsatzbereite Infanterie von d'Erlons I. Korps und 10 Bataillone der Kaisergarde gingen zum Angriff vor, doch sie wurden von den Verbündeten unter Wellingtons persönlicher Führung zurückgeschlagen. Überall waren die Franzosen nun im Weichen begriffen und sammelten ihre Reste bei Belle-Alliance. Nur die Garde bewahrte einigermaßen ihre Haltung. Ihrem kommandierenden General Pierre Étienne Cambronne wird das Zitat „Die (alte) Garde stirbt, aber sie ergibt sich nicht - la vieille garde meurt, mais elle ne se rend pas“ zugeschrieben. In manchen Quellen wird allerdings behauptet, Cambronne habe angesichts des drohenden Todes durch eine in unmittelbarer Nähe aufgefahrene britische Batterie lediglich „Merde“ („Scheiße“, danach auch „le mot de Cambronne“ genannt) gebrüllt. (Der General überlebte die Schlacht schwer verletzt und schwieg sich bis zu seinem Tode über das „Wort“ beharrlich aus.)

Zu dieser Zeit eroberten die Preußen endlich Planchenoit, drängten dem geschlagenen Feind energisch nach, drückten seinen rechten Flügel völlig ein und verwandelten seinen Rückzug in wilde Flucht. Blücher und Wellington trafen um 21 Uhr bei Belle-Alliance zusammen. Die Verfolgung betrieben die Preußen unter Gneisenaus Leitung mit rastloser Energie die ganze Nacht hindurch. Die Flucht der Franzosen ging über Charleroi und Philippeville nach Laon, wo sich höchstens 2.000 Mann zusammenfanden.

Die Resultate der Schlacht waren ungeheuer. Der gesamte Artilleriepark, die Geschütze und die Feldequipage des Kaisers fielen in die Hände der Sieger. Die Franzosen verloren mit allen Toten, Verwundeten und Gefangenen mehr als die Hälfte der Armee, außerdem 182 Geschütze. Der Verlust auf Seiten der Verbündeten betrug 1.120 Offiziere und 20.877 Mann. Auf St. Helena schrieb Napoleon dem scheinbar willkürlichen Vordringen der Reservekavallerie und dem Nichteintreffen des Marschall Grouchy die Schuld an seiner Niederlage zu. Grouchy behauptete später, den von Napoleon am 18. Juni vormittags gegebenen Befehl erst nach 19 Uhr erhalten zu haben, seine Generäle Girard und Vandamme widersprachen dem allerdings, und auch Soult bestätigte, auf Napoleons Aufforderung mehr als nur einen Kurier geschickt zu haben.

Zum scheinbar „willkürlichen“ Vordringen der Kavallerie ab etwa 16 Uhr ist zu sagen: Selbst wenn die Initialattacke nicht unmittelbar von Napoleon befohlen gewesen sein sollte, unternahm er in der Folge nichts, um entweder a) diese Kavallerieattacken hinreichend mit Infanterie (Garde) zu unterstützen oder b) den Angriff abzubrechen, der immerhin über einen Zeitraum von rund zwei Stunden erfolgte und schließlich etwa 9.000 Pferde umfasste. Im Gegenteil: Wir wissen positiv (Houssaye, 1815), dass Napoleon persönlich der zunächst zurückgehaltenen Brigade Kellermann befahl anzureiten und die allgemeine Kavallerieattacke zu unterstützen, was aus heutiger Sicht ebenfalls militärisch sinnlos war und spätere Gegenargumente und Vertuschungsversuche bezüglich eines persönlichen „Unbeteiligtseins“ Napoleons ausreichend entkräftigt.

Zum Fragenkomplex „Grouchy“ muss gesagt werden, dass Grouchy nur von Nutzen hätte sein können, wenn er die Befehle am 18. Juni früh erhalten hätte, da die zurückzulegende Distanz seiner Truppen von Gembloux zum Schlachtfeld weit länger war als der Weg der Preußen von Wavre. Für eine rechtzeitige Intervention hätten entsprechende Nachrichten und Befehle bereits am 17. Juni nachts an Grouchy ergehen müssen. Es besteht aber nicht der geringste Zweifel an der Tatsache, dass Napoleon der Ernst seiner Lage am 18. Juni erst gegen 13.30 Uhr bewusst wurde und er zunächst auch annahm, mit Bülows Korps fertigwerden zu können. Er wusste nicht, dass Ziethen auf dem Marsch war, um Wellingtons wankende linke Flanke zu unterstützen. Ebenso wenig ahnte Napoleon, dass schließlich General von Pirchs Divisionen, die hinter Bülow aufmarschierten, Plancenoit flankierend nehmen und alsbald die direkte Rückzugslinie der Franzosen unterbrechen würden. Als dann gegen 18.30 Uhr die ersten Salven preußischer Zwölfpfünder auf der Straße von Charleroi nach Brüssel niederkrachten, war Napoleons fehlerhafte Strategie dieses Feldzugs offenkundig. Napoleon selbst hatte an diesem Tag seine gewohnte feste und kaltblütige Haltung verloren und durch den letzten verzweifelten Angriff die Vernichtung seines Heers und damit den Verlust seiner hunderttägigen Herrschaft militärisch verschuldet. Politisch waren Napoleons Überlebenschancen in Frankreich von vorneherein recht gering angesichts der großen Zahl seiner innenpolitischen Gegner und der gewaltigen Übermacht seiner außenpolitischen Feinde. Das Ende von Waterloo, Napoleons Abdankung und endlich die Verschiffung des „korsischen Menschenfressers“ nach St. Helena brachten Europa den ersehnten Frieden nach mehr als 20 Jahren, in denen ununterbrochen Kriege und Unterdrückung geherrscht hatten.

Die Folgen

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Waterloo-Denkmal ("Butte du Lion") in Waterloo
 
Waterloo-Denkmal in Wiesbaden

Auf alliierter Seite entbrannte infolge britischer Anmaßung, auch Wellingtons selbst, der sich das alleinige Verdienst am Sieg beimessen wollte, ein Streit über den Anteil der verschiedenen Heere der Verbündeten am Sieg. Heute wird von deutscher Seite behauptet, dass den Preußen unter Blücher ein gleicher Anteil zukommt wie dem Wellingtonschen Heer, welches überdies fast zur Hälfte aus deutschen Truppen bestand. Von dieser Schlacht an führte Wellington den Titel Fürst von Waterloo.

Nahe bei Waterloo, auf dem Schlachtfeld in der Gemarkung des Weilers Mont St.-Jean, steht der von König Wilhelm I. (der Niederlande) errichtete Löwenhügel, ein 60 m hoher künstlicher Hügel in Form eines Hünengrabs mit einer 19 m hohen Säule, die einen kolossalen Löwen trägt. Bei Planchenois, südlich von Waterloo, befindet sich in der Nähe der Ortsmitte, unweit des Meierhofs Belle-Alliance, ein vom König von Preußen errichtetes eisernes Denkmal. Diese beiden Denkmäler wurden 1832 von den Franzosen bei Gelegenheit ihrer Intervention zu Gunsten Belgiens stark beschädigt. Außerdem stehen noch in direkter Nähe zu La Haye Sainte zwei Denkmäler für den Obersten Gordon und die gefallenen Offiziere und Mannschaften der Königlich Deutschen Legion (Kings German Legion). Entlang der Stellungen der Alliierten verteilt befinden sich Gedenktafeln für die verschiedensten Einheiten, ebenso in und bei Hougoumont.

Zeitungsbericht

Die Neue Zürcher Zeitung vom 4. Juli 1815 berichtete wie folgt:

Nachrichten aus den Niederlanden vom 19. Jun.
(Zusätze zu der umständlichen Erzählung der grossen Schlacht.)
Feldmarschall Blücher befand sich einmal in der Mitte der Französischen Kuirassire, aber die wackern Uhlanen der Preussischen Landwehr retteten ihn durch die tapferste Gegenwehr. Der Gen. Gneisenau, dem in den Schlachttagen zwey Pferde unter dem Leibe erschossen und der Degen in der Hand zerschmettert wurde, übernahm die Verfolgung des Feindes, und er soll der Erste am Wagen Buonaparte's gewesen seyn, aus dem dieser, mit Zurücklassung von Hut und Mantel, sich eben auf kaum begreifliche Weise gerettet. Am Abend des Schlachttages hatte er Charleroy schon erreicht und verfolgte die Flüchtigen bis Beaumont. Nach Mitternacht schwieg der Kanonendonner; und der Feldmarschall hatte am 18. sein Hauptquartier in Charleroy. Die Schlacht löste sich zuletzt an den Punkten, wo sie am heftigsten entbrannte, in ein Handgemenge und ein allgemeines Metzeln auf, indem kein Kommando mehr galt, weil Offiziere und Soldaten gleich fochten und allein Kolben und Bajonette arbeiteten. Die Englische Reiterei, die am Ende in die Haufen eingebrochen, entschied die Schicksale des Tages, und der Feind gab sich auf die Flucht, auf der im Durchzug durch die engen Wege und die mit Tross und Kanonen und Gepäcke zugefahrnen Dörfer ganze Massen vom Kartätschenfeuer des Geschützes aufgerieben wurden. 20 000 Mann Gefangene hat man gezählt, und mit den Kanonen ist das ganze Feldgeräte des feindlichen Heeres genommen.

Der in dem Zeitungsartikel genannte Hut Napeloeons ist in der im Jahre 2006 eröffneten Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums zu sehen.

Verschiedene Benennungen

In der preußischen und deutschen Geschichtsschreibung wurde bis ins 20. Jahrhundert der Name „Belle Alliance“ verwendet, weil aus preußischer Sicht das dortige Gefecht entscheidend für den Ausgang der Schlacht war. Der sehr englisch klingende Name „Waterloo“ setzte sich jedoch international durch.

Wie präsent die Bezeichnung „Belle Alliance“ einmal war, illustriert folgendes Beispiel. In Berlin wurden nach den Befreiungskriegen viele Straßen und Plätze nach herausragenden Ereignissen und Schlachten der Jahre 1813-1815 benannt. Am bekanntesten sind der Pariser Platz am Brandenburger Tor zur Erinnerung an den siegreichen Einmarsch der Preußen in Paris, der Leipziger Platz für die Völkerschlacht bei Leipzig und der „Belle-Alliance-Platz“ und die "Belle-Alliance-Straße" am Halleschen Tor. Der ehemalige Belle-Alliance-Platz und die gleichnamige Straße wurden 1947 in Mehringplatz und –straße umbenannt. Damit verschwand auch eine der merkwürdigsten Bezeichnungen eines U-Bahnhofes (Belle-Alliance-Straße) in Berlin. Auf dem Mehringplatz erinnert eine kleine Siegessäule mit einer Victoria noch heute an die Schlacht. In der Nähe befindet sich auch die Straße "Waterlooufer".

Literatur

  • North Ludlow Beamish: History of the King's German Legion 2 Bde., London 1832 (Nachdruck 1997)
  • Heinrich Beitzke: Geschichte des Jahres 1815 2 Bde., Berlin 1865
  • Mike Chappell: The King's German Legion (2) 1812-1816, London 2000
  • Colonel Charles C. Chesney: Waterloo Lectures. A Study of the Campaign of 1815. Introduction by Peter Hofschröer. London 1868, Nachdruck 1997 (herausragendes Meisterwerk), ISBN 1-85367-288-2
  • Étienne Maurice de Gérard, Quelques documents sur la bataille de Waterloo, Paris 1829
  • Étienne Maurice de Gérard: Dernières observations sur la bataille de Waterloo en réponse à Mr. de Grouchy, Paris 1830
  • George Robert Gleig: History of the battle of Waterloo, London 21861
  • Gaspar Gourgaud: Campagne de 1815, Berlin 1819 (mit den Noten eines deutschen Offiziers)
  • Peter Hofschröer: 1815, the Waterloo Campaign 2 Bde., London 1998 und 1999
  • Henry Houssaye: 1815 Waterloo, London 1900
  • Helmut Konrad von Keusgen: Waterloo 1815. Meilenstein europäischer Geschichte, Garbsen 1999, ISBN 3-932922-04-2
  • Helmut Konrad von Keusgen: Waterloo-Lexikon. Napoléons Belgien-Feldzug 1815 von A bis Z, Garbsen 1999, ISBN 3-932922-05-0
  • William Siborne: Geschichte des Kriegs in Frankreich und Belgien im Jahr 1815 2 Bde., Berlin 1846
  • Thomas Speckmann: Verheertes Land, verbrannte Leiber, in: FAZ, 18. Juni 2005, S. 41
  • Detlef Wenzlik: Waterloo. Der Feldzug von 1815, Hamburg 1997, ISBN 3-931482-04-9
  • Johannes Wilms: Triumph der Defensive. Waterloo, 18. Juni 1815, in: Schlachten der Weltgeschichte. Von Salamis bis Sinai, hrsg. v. Stig Förster, Dierk Walter und Markus Pöhlmann, München 22004, S. 184-199, ISBN 3-423-34083-5

Siehe auch


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