Kuranstalt Jungborn

Kur- und Naturheilanstalt
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Die Kuranstalt Jungborn war eine Kuranstalt, die 1896 im Eckertal bei Stapelburg gegründet wurde. Sie gilt als Deutschlands erste und größte Naturheilanstalt.

Nachgebautes Lichtlufthäuschen auf dem Gelände der früheren Kuranstalt Jungborn

Lage und Beschreibung

 
Sonderstempelstelle „Jungborn“ der Harzer Wandernadel

Die Kuranstalt Jungborn lag in 250 m Höhe über Normalnull an der geschützten Leeseite des Harzes mit einem milderen Klima. Das Gelände in einem Tal war durch Baumwuchs windgeschützt. Es war anfang rund 10 Hektar groß und dehnte sich später auf 40 Hektar aus. Darauf befanden sich zahlreiche Bauten, darunter Lufthütten, rund 100 Lichtlufthäuschen, Speisesäle sowie Verwaltungs- und Versorgungsgebäude. Die aus Holz errichteten Lichtlufthäuschen dienten Kurgästen als Unterkunft. Sie hatten ein bis zwei Zimmer und wiesen große Fenster und Luftklappen auf.

Zur Kuranstalt gehörte eine Gärtnerei mit Gewächshäusern, Ackerland und Obstplantagen, deren Produkte im Kurbetrieb verwertet wurden. Anfangs war die Unterbringung von rund 250 Kurgästen möglich. Die Blütezeit der Kureinrichtung waren die 1920er-Jahre, gegen deren Ende sie Ortsteil von Stapelburg wurde. Mit der Errichtung von festen Gebäuden und den Einbau von Heizung und Warmwasser ab 1924 wurde der Kurbetrieb auf das ganze Jahr erweitert. Im Sommer kamen bis zu 1000 Kurgäste. 1930 wurde die Kuranstalt durch die Anpachtung der Villa Waidmannsruh und den Kauf des benachbarten Föhrenhauses erweitert.

Die Kuranstalt war grob in den Friedrichspark, den Damenluftpark und den Herrenluftpark unterteilt. In den Parkbereichen fanden morgentlichen Freiübungen mit Gesang und Spiel statt. Die Damen- und Herrenpark war durch eine zwei Meter hohe Holzwand getrennt, da viele Kurbehandlungen in Freikörperkultur statt fanden. Daneben gab es weitere kleinere Parks.

Heute stellt sich das Gelände als eine große Wiese mit lichtem Baumbestand dar. Am Gelände führt der Harzer Grenzweg vorbei, der hier eine Sonderstempelstelle der Harzer Wandernadel besitzt.

Kuren

 
Aus Stein geschaffenes Logo der Kuranstalt Jungborn mit Symbolen für Licht, Luft, Wasser, Lehm

Die Kurzeit ging vom 15. Januar bis 15. Oktober. Die Kurgäste blieben je nach Krankheit zwischen drei und sechs Wochen. Die Kuren basierten auf einer „planmäßigen Krankenernährung nur mit Beeren, rohem Obst, Nüssen, Vollkornbrot, roher Süß- und Sauermilch sowie Milcherzeugnissen“.

Prominente Kurgäste besuchten die Kuranstalt Jungborn zur Erholung und Entspannung. Die Abgeschiedenheit der Kuranstalt nutzten Schauspieler wie Marika Rökk, Viktor de Kowa und Hans Albers sowie der Sänger Leo Slezak und der Schriftsteller Franz Kafka, der hier seine Schreibkrise überwunden haben soll.

Geschichte

Gründer

Gründer der Kuranstalt Jungborn ist der gelernte Buchhändler Adolf Just, der ab 1882 in der Braunschweiger Buchhandlung Graff tätig war. Als er wenige Jahre später an einem Nervenleiden erkrankte und schulmedizinische Behandlungsmethoden versagten, wandte er sich verschiedenen Naturheilverfahren zu, unter anderem Kneippkuren. Durch Selbststudium wurde er zum Laienmediziner und empfahl Lösserde als Heilmittel. Ab 1908 leitete Rudolf Just, der Bruder des Gründers Adolf Just, die Kuranstalt. Er baute sie weiter aus.

Gründung

 
Skizze des Kurgeländes mit Gebäuden

1895 erwarb Adolf Just das außerhalb von Stapelburg an der Ecker gelegene Gasthaus Eckerkrug mit 14 Morgen Wiese. Darauf errichtete er die Kuranstalt Jungborn, deren erster Spatenstich am 1. April 1896 erfolgte und die am 20. Juni 1896 eröffnet wurde. Der Name „Jungborn“ ist angelehnt an den mythologischen Begriff Jungbrunnen.

Ende

Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Kuranstalt zum Lazarett. Nachdem Krieg diente sie von 1945 bis 1953 innerhalb der sowjetischen Besatzungszone als Lungenheilstätte für Tuberkulosekranke. 1952 wurde das Krankenhaus geräumt und es kam zu einem mehrjährigem Leerstand. Die Räumung des Geländes erfolgte wegen seiner Nähe zur Innerdeutschen Grenze, die die Ecker darstellte. Nach einer Renovierung wurde die Einrichtung von 1960 bis 1962 als staatliches Altersheim der DDR weiter genutzt. Im Rahmen der Grenzsicherung wurden 1964 alle Gebäude abgetragen, da sie in der Sperrzone lagen.

Heute

Nachdem 1990 die Grenzanlagen beseitigt wurden, ist das Gelände der früheren Kuranstalt Jungborn wieder zugänglich. Im Laufe der Zeit wucherte es durch Baumbewuchs zu. 2006 führte eine Bildungsinstitution ein Rechercheprojekt zur Geschichte der Kuranstalt durch.

2007 kam es am Gelände zu einer 111. Jahr-Feier und auf Grundlage alter Fotos und Zeichnungen ein Modell der Kuranstalt im Maßstab 1:100 angefertigt. 2008 entstand der Nachbau eines Lichtlufthäuschens. Das Gelände wird vom Förderverein Jungborn Harz betreut.

Commons: Jungborn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 53′ 11,5″ N, 10° 38′ 53,5″ O