Andrei Andrejewitsch Wlassow

sowjetischer Generalleutnant (1901-1946)
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. Juni 2006 um 17:15 Uhr durch UW (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Andrei Andrejewitsch Wlassow (russisch Андрей Андреевич Власов; wiss. Transliteration Andrej Andreevič Vlasov (* 1. September 1901 in Lomakino bei Nischni Nowgorod; † 2. August 1946 in Moskau) war ein russischer General. In deutscher Gefangenschaft wechselte er die Seiten und baute die Russische Befreiungsarmee (ROA) auf, die mit der Wehrmacht gegen die Sowjetunion kämpfte.

Leben

Datei:Andrei A Wlassow.jpg
Andrei Andrejewitsch Wlassow

Wlassow kämpfte im 2. Weltkrieg zunächst auf sowjetischer Seite gegen die Deutschen. Er führte im Juli 1941 mit dem 4. mechanisierten Korps bei Berditschew einen Gegenangriff, befehligte im September 1941 vor Kiew die 37. Armee und eroberte bei der Winteroffensive der Sowjets im Januar 1942 nahe Moskau die Stadt Solnetschnogorsk zurück. Dafür wurde er von dem sowjetischen Dichter Ilja Ehrenburg literarisch verewigt. Im März 1942 wurde er zum Oberbefehlshaber der 2. Stoßarmee ernannt und kämpfte unter Marschall der Sowjetunion Merezkow an der Wolchow-Front um die Befreiung Leningrads. Die 2. Stoßarmee wurde eingekesselt, und von den Deutschen aufgerieben. Ob General Wlassow daran eine Mitschuld trifft, ist umstritten. Wlassow versteckte sich fast zwei Wochen erfolgreich, wurde dann aber entdeckt und am 12. Juli 1942 gefangen genommen.

In deutscher Gefangenschaft initiierte er eine Widerstandsbewegung gegen Stalin. Er verbündete sich mit der Wehrmacht und baute mit ihrer Hilfe die Russische Befreiungsarmee auf. Er hoffte, die Rote Armee besiegen und Stalin stürzen zu können. Am 10. Februar 1945 übernahm er in Münsingen auf der Schwäbischen Alb den Oberbefehl über die neue Armee.

In den ersten Maitagen 1945 brach er das Bündnis mit Deutschland, indem er es zuließ, dass sich seine 1. Division unter General Sergei Bunjatschenko vorübergehend den Aufständischen in Prag anschloss. Er selbst stand diesem Unternehmen offenbar distanziert gegenüber. Nach der Befreiung Prags von der deutschen Besatzung ergab er sich den amerikanischen Truppen. Den herangerückten Sowjets gelang es, Wlassow am 12. Mai 1945 während einer Autofahrt festzunehmen. Ob die Amerikaner der Festnahme Vorschub geleistet haben, um ihn auf diese Weise an die Sowjets auszuliefern, ist umstritten.

Sein Prozess, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wurde, begann am 30. Juli 1946 und endete schon zwei Tage später mit dem Todesurteil. Am 2. August 1946 wurde Wlassow im Moskauer Taganka-Gefängnis gehängt.

Seine politischen Ziele veröffentlichte Wlassow im sogenannten Prager Manifest vom 14. November 1944. Er wollte einen Sturz des Bolschewismus, aber keine Rückkehr zum Zarentum. Er proklamierte den Schutz der einzelnen vor Willkür und die Möglichkeit der Aneignung der Früchte eigener Arbeit, ferner die bürgerlichen Freiheits-Grundrechte und den Schutz des durch eigene Arbeit erworbenen Privateigentums. Das Ansinnen Himmlers, auch den "Kampf gegen das Judentum" als Ziel in das Manifest aufzunehmen, wies Wlassow zurück. Dennoch bleibt der Umstand, dass Wlassow die Sowjetunion mit Hilfe der deutschen Wehrmacht befreien wollte, - eine Unverhältnismäßigkeit zwischen Zweck und Mittel, die auch Wlassow klar gewesen sein musste.

Die Sowjets betrachteten ihn natürlich durchweg als Verräter, doch wird seine historische Rolle im heutigen Russland von einigen Historikern auch positiver gesehen.

Literatur

Jürgen Thorwald: Die Illusion Rotarmisten gegen Stalin Die Tragödie der Wlassow-Armee 1976 Knaur Taschebuchverlag ISBN 3-426-80066-7