Bei den kolumbianischen Präsidentschaftswahlen werden der Präsident und der Vizepräsident der Republik Kolumbien gewählt.
Wahlrechtliche Bestimmungen
Die Präsidentschaftswahlen in Kolumbien finden alle vier Jahre statt, zuletzt im Mai 2006. Eine einmalige direkte Wiederwahl des amtierenden Präsidenten und des Vizepräsidenten ist möglich. Die Bestimmungen zur Wahl und zum Amt des Präsidenten sind in den Artikeln 190 bis 199 der kolumbianischen Verfassung festgelegt; die entsprechenden Regelungen für den Vizepräsidenten in den Artikeln 202 bis 205.
Der Präsident Kolumbiens ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef des Landes und Oberhaupt der Streitkräfte. Er ernennt die Minister und die Leiter der Bundesbehörden, mit denen zusammen er die Regierung bildet. Seit der neuen Verfassung von 1991 gibt es in Kolumbien das Amt des Vizepräsidenten, der den Präsidenten vertritt und gleichzeitig mit diesem gewählt wird.
Eine 2004 durchgeführte Verfassungsreform ermöglicht die einmalige direkte Wiederwahl des Amtsinhabers, und, unabhängig davon, ob der amtierende Präsident zur Wiederwahl antritt, des Vizepräsidenten. Die Verfassung von 1991 sah zunächst ein lebenslanges Verbot der Wiederwahl vor, was eine Ausweitung des Verbots der direkten Wiederwahl des Präsidenten aus den alten Verfassungen von 1863 und 1886 darstellte. Diese Verfassungsänderung wurde in Kolumbien kontrovers diskutiert und im Oktober vom Verfassungsgericht für rechtmäßig erklärt.
Präsident und Vizepräsident werden direkt und geheim gewählt. Zur Wahl aufstellen lassen darf sich jeder Kolumbianer, der die kolumbianische Staatsangehörigkeit seit seiner Geburt besitzt und über 30 Jahre alt ist. Wahlberechtigt ist jeder Kolumbianer, der das 18. Lebensjahr vollendet hat.
Am Tag der Wahlen darf keine andere Wahl stattfinden. Sie müssen wiederholt werden, wenn die absolute Mehrheit der Stimmzettel aus Enthaltungen besteht. Dies war bisher bei keiner Wahl der Fall.
Falls im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht, wird drei Wochen später eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen bekamen, durchgeführt. In diesem zweiten Wahlgang reicht die relative Mehrheit der Stimmen.
Falls einer der beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen stirbt oder dauerhaft körperlich behindert wird, kann seine Partei einen Ersatzkandidaten für den zweiten Wahlgang aufstellen. Falls der Kandidat aus anderen Gründen nicht an der Stichwahl teilnehmen kann oder seine Partei keinen Ersatzkandidaten aufstellt, findet eine Stichwahl zwischen dem Kandidaten mit den zweit- und dem mit den drittmeisten Stimmen statt.
Geschichte
Nach dem Zerfall Großkolumbiens wurde 1832 der ehemalige Vizepräsident Francisco de Paula Santander vom Kongress als Präsident eingesetzt. 1833 fanden die ersten Wahlen statt, bei denen er von den Wahlmännern in seinem Amt bestätigt wurde. Bei den Wahlen 1857 und 1861 wurde der Präsident direkt von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt.
Nach der Einführung eines föderalen Systems mit der Verabschiedung der Verfassung von Rionegro 1863 wurde das Wahlrecht geändert. 1864 bis 1884 wurde der Präsident alle zwei Jahre von neun Vertretern der neun kolumbianischen Staaten gewählt.
Mit der neuen Verfassung von 1886 wurde die Amtsperiode des Präsidenten von zwei auf sechs Jahre verlängert und die direkte Wahl wieder eingeführt. Wahlberechtigt waren aber nur Männer, die lesen und schreiben konnten. Trotzdem fanden bis 1904 nur Wahlen zum Vizepräsidenten statt, da der Rafael Núñez zum Präsidenten auf Lebenszeit erklärt wurde.
1910 bestimmte die verfassungsgebende Versammlung den Präsidenten, ab 1914 fanden wieder allgemeine Wahlen statt. In der Verfassungsreform von 1910 wurde das Amt des Vizepräsidenten abgeschafft; es wurde erst 1991 wieder eingeführt.
1953 machte sich Gustavo Rojas Pinilla über einen Militärputsch zum Präsidenten. Er blieb bis 1957 im Amt.
Zwischen 1958 und 1970 fanden zwar offiziell Wahlen statt, da aber 1957 in einer Volksabstimmung ein Pakt beschlossen worden war, der unter anderem vorsah, dass die beiden großen Parteien 16 Jahre lang abwechselnd den Präsidenten stellen, waren diese Wahlen quasi bedeutungslos.
Präsidentschaftswahlen seit 1990
Übersicht
Amtsperiode | Präsident | Partei | Vizepräsident | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|
1990-1994 | César Gaviria Trujillo | Liberale | Wahl nach den Regeln der Verfassung von 1886, daher kein Vizepräsident | |
1994-1998 | Ernesto Samper Pizano | Liberale | Humberto de La Calle Lombana und Carlos Apolinar Lemos Simonds | |
1998-2002 | Andrés Pastrana Arango | Konservative | Gustavo Adolfo Bell Lemus | |
2002-2006 | Álvaro Uribe Vélez | Primero Colombia | Francisco Santos Calderón | |
2006-2010 | Álvaro Uribe Vélez | Francisco Santos Calderón | Einmalige direkte Wiederwahl seit 2004 möglich |
Präsidentschaftswahl 1990
Präsidentschaftswahl 1994
Präsidentschaftswahl 1994
Präsidentschaftswahl 1998
Präsidentschaftswahl 2002
Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen am 20. Mai 2002 [1]
Vorlage:Highlight1|Kandidat | Vorlage:Highlight1|Partei | Vorlage:Highlight1|Anzahl der Stimmen | Vorlage:Highlight1|% | Vorlage:Highlight1|Anmerkungen |
---|---|---|---|---|
Álvaro Uribe Vélez | Primero Colombia | 5.862.655 | 53,048 | Aufgrund der absoluten Mehrheit keine Stichwahl |
Horacio Serpa Uribe | Liberale | 3.514.779 | 31,803 | |
Luis Eduardo Garzón | Polo Democrático Independiente | 680.245 | 6,155 | Ehemaliger Bürgermeister Bogotás |
Noemi Sanin | 'Sí Colombia | 641.884 | 5,808 | |
Íngrid Betancourt | Oxígeno Verde | 53.922 | 0,488 | Wurde während des Wahlkampfes von der FARC entführt |
Harold Bedoya Pizarro | Fuerza Colombia | 50.763 | 0,459 | |
Sonstige | 51.281 | |||
colspan="2" align="left" Vorlage:Highlight1|Gesamtanzahl der für Kandidaten abgegebenen Stimmzettel | 11.607.672 | 98,05 | ||
Abgegebene Stimmen (Wahlbeteiligung 46.471%) | 10.855.529 | |||
Ungültige Stimmen und Enthaltungen | 394,295 |
Präsidentschaftswahl 2006
Die Bevölkerung Kolumbiens wählte am 28. Mai 2006 einen neuen Präsidenten. Zur Wahl standen unter anderem der amtierende Präsident Álvaro Uribe, der Kandidat der Liberalen Horacio Serpa, der Mitte-Links-Kandidat Carlos Gaviria vom PDA und der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Bogotá, Antanas Mockus.
Um im ersten Wahlgang zum Präsidenten gewählt zu werden, ist eine absolute Mehrheit nötig. Dieses Quorum wurde bei den Wahlen 2002 von Uribe erreicht; vorher gelang es keinem Kandidaten, im ersten Wahlgang gewählt zu werden. In diesem Fall kommt es zu einer Stichwahl zwischen den zwei Kandidaten mit den meisten Stimmen. Die Wahlbeteiligung bewegt sich seit vielen Jahren um die 50%[2].
Mit 62% der Stimmen, dem höchsten Wert der letzten 80 Jahre, wurde Álvaro Uribe am 29. Mai in seinem Amt bestätigt. Auch in absoluten Werten lag er mit 7,3 Millionen Stimmen vor allen seinen Vorgängern. Die neuen Linksparteien haben mit Carlos Gavira ein Rekordergebnis von über zwei Millionen Stimmen erreicht.
Die Wahlbeteiligung fiel im Vergleich zu den letzten Wahlen. 54,89% der Wahlberechtigten gaben keine Stimme ab, 53,53% waren es bei der letzten Wahl 2002 gewesen. Als großer Verlierer geht Horacio Serpa aus der Wahl hervor. Er erreichte das niedrigste Wahlergebnis der Liberalen in den letzten Jahrzehnten.
Seit 2003 versucht Álvaro Uribe, seine Wiederwahl zu ermöglichen, was aber durch die 1991 verabschiedete Verfassung nicht erlaubt war. Ein Gerichtsbeschluss vom 19. Oktober 2005 ermöglichte ihm aber zusammen mit dem Gesetz „Ley de Garantías“, das am 1. November 2005 verabschiedet und am 11. November vom Verfassungsgericht bestätigt wurde, faktisch die Kandidatur für 2006. Am 27. November 2005 gab Uribe seine Kandidatur bekannt. Er ist somit der erste Präsident Kolumbiens, der sich einer Wiederwahl stellt. Umfragen vor der Verabschiedung des Gerichtsbeschlusses besagten, dass nur etwas über 50% der Wähler für ihn stimmen würden. Dies ist verwunderlich, da im selben Zeitraum seine Akzeptanz bei der Bevölkerung weit über 70% lag.
Um sich weiterhin parteilos zur Wahl stellen zu können, musste Álvaro Uribe bis zum 16. Dezember 2005 über 360.000 Unterschriften sammeln, was er mit 1.318.262 Unterschriften leicht erreichte. Mehrere freiwillige Unterschriftensammler berichteten über verbale Angriffen von Uribe-Gegnern, die die Sammler unter anderem als Paramilitärs beschimpften.
Als Teil des Gesetzes „Ley de Garantías“ darf Uribe erst ab dem 28. Januar 2006 offiziell seine Wahlkampagne und seinen Wahlkampf starten. Er muss sich aus dem selben Grund bis zu diesem Datum aktiv aus der Öffentlichkeit und den Medien zurückziehen. Umfragen am 24. Januar 2006 ergaben, dass nur 48% der Wähler für Uribe ihre Stimme abgeben und 52,9% überhaupt wählen gehen würden [3]. Die politische Krise, die durch die Entfernung einiger Kongressabgeordneter aus der Wahlliste von Uribe auf Grund vermuteter Verbindungen dieser zu den Paramilitärs entstanden ist, hat dazu beigetragen, dass die Zustimmung zu Uribe unter die 50%-Grenze gefallen ist und er den Start seiner offiziellen Wahlkampagne verschoben hat.
Am 28. Mai 2006 haben ihm 62,21% der Wähler ihr Vertrauen ausgesprochen und ihn schon im ersten Wahlgang zum deutlichen Sieger dieser Präsidentenwahl gemacht[4], ausnahmslos der höchste Wert in den letzten 80 Jahren und der erste Präsident Kolumbiens, der in der ersten Runde über die notwendige Mehrheit gelang. Auch in absoluten Werten lag er mit 7,3 Mio. Stimmen vor allen seinen Vorgängern. Die Wahlbeteiligung lag mit 45% unter der der letzten 20 Jahre: von 25 Millionen Wahlberechtigten stimmten lediglich 11,5 Millionen ab.
Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen am 28. Mai 2006 [5]
Vorlage:Highlight1|Kandidat | Vorlage:Highlight1|Partei | Vorlage:Highlight1|Anzahl der Stimmen | Vorlage:Highlight1|% |
---|---|---|---|
Álvaro Uribe Vélez | Primero Colombia | 7.363.421 | 62,20 |
Carlos Gaviria Díaz | Polo Democrático Alternativo | 2.609.412 | 22,04 |
Horacio Serpa Uribe | Liberale | 1.401.173 | 11,84 |
Antanas Mockus Sivickas | Movimiento Alianza Social Indígena | 146.540 | 1,24 |
Enrique Parejo González | Reconstrucción Democrática Nacional | 44.610 | 0,38 |
Álvaro Leyva Durán | Movimiento Nacional de Reconciliación | 22.039 | 0,19 |
Carlos Arturo Rincón Barreto | Movimiento Politico Comunal y Comunidad Colombiano | 20.477 | 0,17 |
colspan="2" align="left" Vorlage:Highlight1|Gesamtanzahl der für Kandidaten abgegebenen Stimmzettel | 11.607.672 | 98,05 | |
Enthaltungen | 230.749 | 1,95 | |
Gültige Stimmen | 11.838.421 | 100,00 | |
Ungültige Stimmen | 136.326 | ||
Unausgefüllte Stimmzettel | 84.041 | ||
Abgegebene Stimmen (Wahlbeteiligung 45.1%) | 12.058.788 | ||
Registrierte Wähler | 26.731.700 |
Siehe auch
Weblinks
- Elecciones 2006 Portal der kolumbianischen Tageszeitung El Tiempo zu den Wahlen 2006 (spanisch)
- Zusammenfassung der Konrad-Adenauer-Stiftung zu den Wahlen 2006
- Semana Especiales
Quellen
- ↑ Registraduría Nacional del Estado Civil
- ↑ Elecciones en Colombia, no estamos solos [1]
- ↑ La intención de voto por el Presidente Uribe bajó al 48 por ciento según la última encuesta [2]
- ↑ [3] FAZ und [4]Süddeutsche
- ↑ Registraduría Nacional del Estado Civil