Propliopithecus

Gattung der Familie Pliopithecidae
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Propliopithecus ist eine ausgestorbene Gattung der Primaten, deren rund 30 Millionen Jahre alte Überreste ausschließlich in Fayyum in Ägypten gefunden wurden. Propliopithecus ist einer der frühesten bekannten Vertreter der Altweltaffen, zu denen die heutigen Meerkatzenverwandten und Menschenaffen gehören. Die beiden zur Gattung gestellten Arten sind Propliopithecus haeckeli und Propliopithecus chirobates.

Propliopithecus

Unterkiefer von Propliopithecus haeckeli

Zeitliches Auftreten
Unteres Oligozän
34 bis 28 [1] Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Affen (Anthropoidea)
Altweltaffen (Catarrhini)
Propliopithecoidea
Propliopithecidae
Propliopithecus
Wissenschaftlicher Name
Propliopithecus
Schlosser, 1911

Namensgebung

Propliopithecus ist ein Kunstwort. Die Bezeichnung der Gattung verweist auf die deutlich jüngere fossile Gattung Pliopithecus und bedeutet sinngemäß „vor Pliopithecus“, wobei Plio Bezug nimmt auf die geologische Epoche des Pliozäns, rund 5 bis 2,5 Millionen Jahren vor heute. Die zweite Hälfte des Gattungsnamens ist abgeleitet aus dem griechischen Wort πίθηκος (altgriechisch ausgesprochen píthēkos: „Affe“).

Namensgeber der Gattung war der deutsche Geologe und Paläontologe Max Schlosser.[2] Die Typusart der Gattung wurde von Schlosser im Gedenken an Ernst Haeckel Propliopithecus haeckeli genannt. Typusexemplar von Gattung und Art ist der Unterkiefer SMN 12638, der in Stuttgart verwahrt wird.[3]

Eine zweite Art der Gattung

1965 benannte Elwyn L. Simons in der Fachzeitschrift Nature zwei neue Gattungen aus dem gleichen Horizont des Fundortes Fayyum: Aegyptopithecus zeuxis und Aeolopithecus chirobates.[4] Die Gattung Aeolopithecus benannte er nach dem griechischen Windgott Aeolus (weil stürmischer Wind das Typusexemplar in einem Steinbruch freigelegt hatte), das Epitheton chirobates leitete er ab von den griechischen Wörtern „cheiro“ (= Hand) und „bates“ (= Läufer), was zusammengesetzt als „Handläufer“ übersetzt werden kann.

Als Typusexemplar von Gattung und Art wies Simons den – abgesehen von den beiden Gelenk-Enden – fast komplett erhaltenen Unterkiefer C.G.M 26923 mit beidseits vorhandenen Zähnen (jeweils Eckzahn bis Molar M3) und erhaltenen Zahnfächern der Schneidezähne aus, der im Egyptian Geological Museum (früher: Cairo Geology Museum, C.G.M.) verwahrt wird. In der Erstbeschreibung wurde dieses Fossil ausdrücklich von der gleich alten Gattung Propliopithecus abgegrenzt, wobei vor allem Unterschiede im Bau der Kaufläche von Molar M3 und die deutlich größeren Eckzähne als bei Propliopithecus angeführt wurden. Nach weiteren Fossilfunden sahen jedoch diverse Forscher hinreichend große morphologische Gemeinsamkeiten von Aeolopithecus chirobates und Propliopithecus haeckeli, zumal die Größe der Eckzähne des Unterkiefers C.G.M 26923 als Folge eines Geschlechtsdimorphismus bei dieser Art und der Unterkiefer als der eines Männchen interpretiert wurde.[5] Dies hatte zur Folge, dass Aeolopithecus chirobates umbenannt und zur Gattung Propliopithecus gestellt wurde, wobei entsprechend den internationalen Regeln für die Zoologische Nomenklatur das Epitheton chirobates erhalten blieb, so dass die Art heute Propliopithecus chirobates heißt.[6]

1982 wurden Propliopithecus chirobates die Fragmente eines Oberarmknochens, einer Elle, eines Schienbeins und mehrerer Fersenbeine zugeordnet. Aus dem Bau dieser Knochen wurde abgeleitet, dass die Individuen der Art sich überwiegend vierfüßig auf Bäumen fortbewegten. Zugleich wurde erläutert, dass die Art zahlreiche ursprüngliche Merkmale aufweise, die eher auf eine Verwandtschaft mit den heutigen Neuweltaffen schließen lasse als auf eine verwandtschaftliche Nähe zu den heutigen Menschenartigen oder Meerkatzenverwandtem.[7]

Einzelnachweise

  1. Propliopithecus haeckeli Schlosser 1911. Auf: fossilworks.org, 23. März 2018
  2. Max Schlosser: Beiträge zur Kenntnis der oligozänen Landsäugetiere aus dem Fayum (Aegypten). In: Beiträge zur Paläontologie und Geologie Österreich-Ungarns und des Orients. Band 24, 1911, S. 51–167
  3. Philip D. Gingerich: The stuttgart collection of oligocene primates from the fayum province of Egypt. In: Paläontologische Zeitschrift. Band 52, Nr. 1–2, 1978, S. 82–92, doi:10.1007/BF03006731
  4. Elwyn L. Simons: New Fossil Apes from Egypt and the Initial Differentiation of Hominoidea. In: Nature. Band 205, 1965, S. 135–139, doi:10.1038/205135a0
  5. John G. Fleagle, Richard F. Kay und Elwyn L. Simons: Sexual dimorphism in early anthropoids. In: Nature. Band 287, 1980, S. 328–330, doi:10.1038/287328a0
  6. Richard F. Kay, John G. Fleagle und Elwyn L. Simons: A revision of the Oligocene apes of the Fayum Province, Egypt. In: American Journal of Physical Anthropology. Band 55, Nr. 3, 1981, S. 293–322, doi:10.1002/ajpa.1330550305
  7. John G. Fleagle und Elwyn L. Simons: Skeletal Remains of Propliopithecus chirobates from the Egyptian Oligocene. In: Folia Primatologica. Band 39, 1982, S. 161–177, doi:10.1159/000156075