Hermann Josef Abs

deutscher Bankmanager
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Hermann Josef Abs (* 15. Oktober 1901 in Bonn; † 5. Februar 1994 in Bad Soden am Taunus) war ein deutscher Bankier.

Leben

Hermann Josef Abs, geboren als Sohn des Rechtsanwalts Josef Abs und seiner Ehefrau Katharina, geb. Lückerath, wuchs in einer streng katholischen Familie auf. Nach dem Abitur am Städtischen (humanistischen) Gymnasium in Bonn absolvierte er eine Banklehre beim Bonner Privatbankhaus Louis David und begann anschließend Wirtschafts- und Rechtswissenschaften an der Universität Bonn zu studieren. Schon nach einem Semester brach er 1921 das Studium ab, um jeweils für kurze Zeit in Banken in Köln, Amsterdam, England, den USA und Lateinamerika zu arbeiten. 1928 heiratete er Inez Schnitzler, die einer angesehenen Kölner Familie entstammt. Beide gingen anschliessend für ein paar Monate nach Frankreich und Spanien, ehe Abs 1928 in Amsterdam seine Tätigkeit bei der Bank Rhodius Koenigs Handel-Maatschappij aufnahm. 1929 wechselte er nach Berlin zum renommierten Berliner Privatbankhaus Delbrück Schickler & Co, wo er 1935 als Teilhaber aufgenommen wurde.

1937 nahm Abs ein Angebot als Nachfolger des verstorbenen Vorstandmitgliedes Gustaf Schlieper zur Deutschen Bank zu wechseln, an. 1938 wird er in den Vorstand berufen, dessen Mitglied er bis Kriegsende 1945 blieb. Aufgrund seiner Auslandserfahrungen und Fremdsprachenkenntnisse (er spricht fließend Englisch, Holländisch, Französisch und Spanisch) war er im Vorstand für das Auslandsgeschäft und Industriefinanzierungen zuständig. Ab 1937 war er unter anderem auch Mitglied im Aufsichtsrat der IG Farben. 1941 wurde er Mitglied des Aufsichtsrates der Kontinentale Öl AG.
1941 wurde Abs Aufsichtsratsvorsitzender der Leipziger Pittler AG, einem Werkzeugmaschinenhersteller für die Produktion von Waffensystemen und Munition. Ende 1942 waren hier ein Drittel Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene beschäftigt. Auf Initiative von Abs wurden bei der Pittler AG im Juni 1944 110 beschäftigte Kriegsgefangene mit geringer Arbeitsleistung abgestossen die man kurze Zeit darauf im KZ Buchenwald einlieferte. Im Herbst 1944 war Abs Aufsichtsratschef der Mechanik GmbH Rochlitz einem Hydraulik-Hersteller für die Kriegsproduktion, die bei Leipzig ein unterirdisches KZ-Aussenlager (Tarnname "Kali-Werk Georgi") mit ca. 1000 Zwangsarbeitern und Häftlingen betrieb. [1]

Abs war als Vorstand der Deutschen Bank an der Arisierung ( = dem Zwangsverkauf) von jüdischen Unternehmen und Banken mitverantwortlich. Zu nennen sind hier das Bankhaus Mendelssohn und der Lederproduzent Adler & Oppenheimer. Die moralische Bewertung der Vorgänge ist bis heute umstritten. Im Jahr 1939 übernimmt die neu gegründete Erft AG, an der die Familie Abs 50% der Anteile hielt, den Gewerbebetrieb der Hubertus AG, die mehrheitlich zum Konzern der jüdischen Petschek-Brüder gehört. Sein Vater Josef Abs war dem Unternehmen seit seiner Gründung verbunden und hielt 12 % der Anteile. Die alte Hubertus AG wurde 1941 liquidiert. Die Deutsche Bank übernahm im besetzten Tschechien im Jahr 1939 die Böhmische Union-Bank, die Übernahmen und Transaktionen bei der Arisierung jüdischer Vermögen abwickelte. Eine direkte Beteiligung Abs an diesen Vorgängen ist umstritten. Der Historiker Lothar Gall erkennt kein direktes Involvement, da er nur Stellvertreter des für das Protektorat Böhmen und Mähren verantwortlichen Vorstands Oswald Rösler war. Rösler selber, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der Böhmischen Union-Bank war, beurteilte erst 1943 die Aktivitäten des verantwortlichen Mitarbeiters Walter Pohle in einer im Vorstand verbreiteten Aktennotiz äußerst kritisch.

Hermann Josef Abs hat zeitlebens keiner Partei angehört. 1943 dringt die NSDAP im Verlauf der Diskussion um die Reform der Banken ohne Erfolg auf die Entlassung der katholischen Vorstände Clemens Plassmann und Abs. Abs hat stets verneint, ein Teil des Widerstands gegen Hitler gewesen zu sein, auch wenn er Kontakte zu Personen des Widerstands hatte.

Nach dem Krieg wurde Abs gemäß Anweisung der Alliierten von seinem Vorstandsposten suspendiert und für etwa drei Monate inhaftiert. Danach wurde er als Finanzberater in der britischen Besatzungszone herangezogen. Im späteren Entnazifizierungsverfahren wurde er in die Kategorie V (entlastet) eingestuft.

Abs war am Aufbau der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich beteiligt, u.a. von 1948 bis 1952 als Vorstandsvorsitzender der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Er wurde Finanzberater von Konrad Adenauer und verhandelt mit den USA über Wirtschaftskredite. 1952 leitete Abs erfolgreich die deutsche Delegation zur Regelung der deutschen Auslandsschulden in London (Erfolg: Halbierung der Ansprüche auf etwa 14 Milliarden Deutsche Mark), 1955 erreichte er in USA die Freigabe der dort seit dem Zweiten Weltkrieg eingefrorenen deutschen Vermögen.

1952 nahm Abs seine offizielle Tätigkeit in der Deutschen Bank, Berlin-Düsseldorf wieder auf, zunächst als Sprecher des Vorstands in der Süddeutschen Bank AG, München, einem der drei Nachfolgeinstitute der Deutschen Bank. Sein Arbeitsplatz und Wohnsitz war allerdings in Frankfurt am Main. 1957 wurde er dann auch Sprecher des Vorstands der wieder vereinten Deutschen Bank, Frankfurt am Main. Mit bis zu 30 Aufsichtsratsmandaten, davon 20 als Vorsitzender, war er in den 1960er Jahren eine Schlüsselfigur der deutschen Wirtschaft und der einflussreichste Bankier in Deutschland. Nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand wurde er 1967 zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt. 1976 beendete er sein Aufsichtsratmandat, blieb aber bis zu seinem Tod im Februar 1994 Ehrenvorsitzender der Deutschen Bank. Aufgrund der Vielzahl seiner Aufsichtsratsmandate wurde die sogenannte "Lex Abs" erlassen, die die Anzahl der Aufsichtsratsmandate auf maximal 10 beschränkt, wobei Vorsitze doppelt gezählt wurden.

Der praktizierende Katholik gehörte seit 1955 dem Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem an und von 1968 bis 1971 dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Hermann Josef Abs war unter anderem Ehrenbürger der Stadt Frankfurt am Main. 1965 wurde ihm der Bayerische Verdienstorden verliehen.

Literatur

  • Konrad Fuchs: Hermann Josef Abs. In: BBKL Nr. 16 (1999), S. 2–6.
  • Lothar Gall: A man for all seasons? Hermann Josef Abs im Dritten Reich. In: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte Nr. 43 (1998), S. 1–53.
  • Lothar Gall: Der Bankier Hermann Josef Abs. Beck-Verlag, München 2004, ISBN 3406521959
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Quellen

  1. Christoph Pauly, Nico Wingert: Geheimes KZ im Untergrund. Der Spiegel 19/2006, S.70/71