Der Stuhl (hebräisch כִסֵּּא kisse) ist in der Bibel die Sitzgelegenheit bedeutender Menschen; das Bibelhebräische unterscheidet nicht zwischen Hocker, Stuhl und Thron. Die einfache Bevölkerung saß „in der noch heute im Vorderen Orient üblichen hockenden Stellung“ auf dem Fußboden.[1]

Hocker und Stühle
Das gleiche Wort kann Sitzmöbel mit und ohne Rückenlehne bezeichnen. Erst aus dem Kontext wird beispielsweise klar, dass der Priester Eli auf einem Hocker vor seinem Heiligtum saß, denn er fiel hintenüber und brach sich das Genick (1 Sam 4,12–18 LUT).
Die archäologische Bezeugung des Möbelstücks im palästinensichen Raum ist spärlich. In einem eisenzeitlichen Grab von Tell Fara wurden bronzene Fuß- und Eckstücke hölzerner Möbel gefunden, die sich zu einem Bett und wahrscheinlich auch Stuhl ergänzen lassen.[2]
Ein Alabasterrelief aus Ninive (Foto) zeigt, wie Assurbanipal und Ehefrau in einer Laube (man sieht die Weinranken) speisen. Der Herrscher ruht auf einem Diwan, wobei Details erkennbar sind: es ist ein hölzernes Möbelstück, auf das Elfenbeintäfelchen als Dekoration aufgeklebt wurden.[3] Die Königin sitzt auf einem Stuhl mit Rücken- und Seitenlehnen. Dessen Höhe erfordert einen Schemel.
Thron des Königs
Wirkungsgeschichtlich bedeutsam ist die Beschreibung des Thrones Salomos in 1 Kön 10,18–20 LUT. Von einem Stuhl hochgestellter Persönlichkeiten unterschied sich der Thron durch seine kostbaren Materialien. Der Thron bestand nicht „aus Elfenbein“, sondern war mit Elfenbeinplättchen dekoriert, wie die Gartenmöbel auf dem Relief aus Ninive illustrieren. Er besaß Rücken- und Seitenlehnen. Auch ist ein Thron oft durch Darstellungen mythischer Wesen hervorgehoben, im Falle Salomos mit Löwen.
Man kann sich Salomos Thron ähnlich vorstellen wie die Darstellungen eines Thrones auf dem Ahiram-Sarkophag und auf einem Elfenbeinrelief aus Megiddo.[4] Die Realität im Israel des Alten Testaments war vielleicht schlichter. Eine aus Palästina stammende Scherbe zeigt (fragmentarisch) einen sitzenden judäischen König auf seinem Thron, einem „offensichtlich recht einfach gefertigten Stuhl.“[5]
Kerubenthron Gottes
Keruben sind geflügelte Mischwesen mit einem Löwenkörper und einem menschlichen Gesicht, die in der Ikonographie des Alten Testaments und seiner Nachbarkulturen eine wichtige Rolle spielten. Sie hatten eine Wächter- und eine Tragefunktion. Letzteres macht sie zu einem passenden Motiv zur Gestaltung der Seitenteile eines Thrones. Solche Kerubenthone eines Königs sind in Megiddo (13./12. Jahrhundert v. Chr.) dargestellt. Sie steigerten die „numinose Mächtigkeit“ des darauf sitzenden Herrschers.[6]
Zu den Beinamen JHWHs gehört „der Kerubenthroner“, zum Beispiel in Ps 99,1 LUT. Dieser Gottesname kommt aus der Jerusalemer Kulttradition, denn damit ist der vom Zion aus die Welt regierende Gott gemeint.[7] Der Kerubenthron im Salomonischen Tempel war nach 1 Kön 6,23–28 LUT etwa 5 Meter hoch und bestand aus zwei parallel stehenden Kerubenfiguren aus Olivenholz, die mit ihren Flügeln die Sitz- und Rückenfläche des Thrones bildeten.[6]
Der Thron, auf dem JHWH unsichtbar Platz nahm, wurde also nach dem Bildmaterial der altorientalischen Umwelt gestaltet. Die in den Psalmen häufige Formulierung „Schutz im Schatten der Flügel“ (zum Beispiel Ps 91,4 LUT) bezieht sich auf die Flügel des Kerubenthrons.[8]
Fußschemel
Der Stuhl oder Thron wird oft um eine Fußbank ergänzt. Schemel sind nicht auf die Ikonographie des Herrschers oder der Gottheit beschränkt, haben hier aber eine besondere Funktion. Denn der Fußschemel gestattet es, den Thron und damit die Bedeutung des darauf Sitzenden zu erhöhen.[9]
Weblinks
- Erika Fischer: Möbel
- Peter Riede: Keruben/Kerubenthroner
Literatur
- Othmar Keel: Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das Alte Testament. Am Beispiel der Psalmen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1972, ISBN 3-525-53638-0.
- Martin Noth: Die Welt des Alten Testaments. Einführung in die Grenzgebiete der alttestamentlichen Wissenschaft. Töpelmann, Berlin2 1953.
- Wolfgang Zwickel: Die Welt des Alten und Neuen Testaments. Calwer Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-7668-3412-6.
Einzelnachweise
- ↑ Martin Noth: Die Welt des Alten Testaments. S. 125.
- ↑ Martin Noth: Die Welt des Alten Testaments. S. 124–125.
- ↑ Wolfgang Zwickel: Die Welt des Alten und Neuen Testaments. S. 112–113.
- ↑ Martin Noth: Die Welt des Alten Testaments. S. 125.
- ↑ Wolfgang Zwickel: Die Welt des Alten und Neuen Testaments. S. 132–133.
- ↑ a b Peter Riede: Keruben/Kerubenthroner. S. 2, abgerufen am 20. April 2018.
- ↑ Peter Riede: Keruben/Kerubenthroner. S. 3, abgerufen am 20. April 2018.
- ↑ Wolfgang Zwickel: Die Welt des Alten und Neuen Testaments. S. 218.
- ↑ Erika Fischer: Möbel. S. 21, abgerufen am 16. April 2018.